Normen
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1;
BDG 1979 §93 Abs1;
B-VG Art130 Abs3 impl;
B-VG Art133 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §24;
VwGVG 2014 §29 Abs1;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017090017.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der im Jahr 1966 geborene Revisionswerber steht als Zusteller der Österreichischen Post AG in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
2 Mit Bescheid der Disziplinarkommission vom 8. November 2016 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe sich in seiner Tätigkeit als Zusteller einer näher bezeichneten Zustellbasis "von Jänner 2016 bis 28. Juni 2016 widerrechtlich ihm anvertraute Gelder der Österreichischen Post AG in der Höhe von insgesamt EUR 1.104,15" (und zwar mehrmals Geldbeträge in nicht mehr eruierbarer Höhe in zeitlich nicht mehr feststellbaren Zugriffen) angeeignet und für private Zwecke verwendet und unter Missachtung der Bestimmungen des Handbuches BLV, Bargeldbewirtschaftung und Verrechnung die Geldaufstellungen bei der Geldprüfung manipuliert, damit die entstandenen Kassendifferenzen verschleiert und nicht den tatsächlich vorhandenen Bargeldbestand ausgewiesen. Der Revisionswerber habe dadurch seine Dienstpflichten gemäß § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 schuldhaft verletzt. Wegen dieser Dienstpflichtverletzungen wurde über ihn die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.
3 Die gegen die Strafhöhe dieser Entscheidung erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für nicht zulässig erklärt.
4 Zur Begründung der Entscheidung führte das Verwaltungsgericht ausgehend vom unstrittigen Sachverhalt - soweit im Revisionsverfahren von Bedeutung - zur Strafhöhe im Wesentlichen neben Zitierung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, dass bei der Beurteilung der Schuld und deren Schwere kein Ermessen zu üben sei. Erst die Auswahl der Strafmittel und gegebenenfalls (im Fall einer Geldbuße oder Geldstrafe) die Festlegung von deren Höhe stellten Ermessensentscheidungen dar. Nach der nunmehr geltenden Rechtslage seien Gründe der Generalprävention wie solche der Spezialprävention für die Bemessung der Strafe gleichrangig zu berücksichtigen.
5 Als Ergebnis einer ausführlichen Auseinandersetzung und Abwägung der dargelegten Milderungs- und Erschwerungsgründe erachtete das Verwaltungsgericht aus spezialpräventiven Gründen - unter Berücksichtigung einer negativen Zukunftsprognose - wie auch aus generalpräventiven Gründen eine Entlassung als die höchste Disziplinarstrafe als gerechtfertigt.
6 Gegen dieses Erkenntnis (und somit gegen die Strafhöhe) richtet sich die vorliegende Revision.
7 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, so hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben (vgl. die hg. Beschlüsse vom 20. Juni 2016, Ra 2016/09/0071, und vom 25. Jänner 2016, Ra 2015/09/0144).
10 Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Er ist weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. den hg. Beschluss vom 10. Dezember 2014, Ra 2014/20/0115).
11 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision zusammengefasst vor, dass die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob eine Entlassung zu verhängen sei oder mit einer Geldstrafe von fünf Monatsgehältern das Auslangen gefunden werden könnte, "keinesfalls so einheitlich sei". Dazu führt er einen in der Kanzlei seines Rechtsvertreters früher anhängigen - seiner Ansicht nach vergleichbaren - Fall ins Treffen. Außerdem moniert er, dass sich die Würdigung der Milderungs- und Erschwerungsgründe von einer pflichtgemäßen Ermessensausübung entferne und die Vertretbarkeit einer negativen Zukunftsprognose auch bei seinem Verbleib im aktiven Dienststand im Hinblick auf seine Verantwortung in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollzogen werden könne.
12 Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:
13 Wird als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorgebracht, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, ist konkret anzuführen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. den hg. Beschluss vom 28. Februar 2014, Ro 2014/16/0004). Auch eine bloße Wiedergabe von Rechtssätzen von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes oder ein Zitieren von Erkenntnissen der Zahl nach, ohne auf konkrete Unterschiede hinzuweisen, wird diesen Anforderungen nicht gerecht (vgl. den bereits zitierten Beschluss vom 28. Februar 2014 sowie den hg. Beschluss vom 19. Mai 2014, Ra 2014/09/0001). Der Revisionswerber hat in seinem Zulässigkeitsvorbringen nicht konkret angeführt, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das angefochtene Erkenntnis abweicht, sondern lediglich eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zitiert.
14 Bei der Entscheidung über die disziplinarrechtliche Schuld und Strafe (§§ 91ff BDG 1979) handelt es sich um eine aus gebundenen Entscheidungen und einer Ermessensentscheidung zusammengesetzte Entscheidung. Bei der Beurteilung der Schuld und deren Schwere ist kein Ermessen zu üben, erst die Auswahl der Strafmittel (§ 92 Abs. 1 leg. cit.) und gegebenenfalls (im Fall einer Geldbuße oder Geldstrafe) die Festlegung von deren Höhe stellen Ermessensentscheidungen dar. Hiebei sind Beurteilungen betreffend die Persönlichkeit des Beschuldigten, sein vergangenes und zukünftiges Verhalten zu treffen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits zur Rechtslage vor Einführung der Verwaltungsgerichte wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass bei Erstellung einer Prognose über das zukünftige Verhalten einer natürlichen Person der Verschaffung eines - im Rahmen einer mündlichen Verhandlung gewonnenen - persönlichen Eindrucks besondere Bedeutung zukommt. Bei der Entscheidung über eine disziplinarrechtliche Schuld und Strafe, bei welcher es gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 ua darauf ankommt, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, ist eine solche Prognoseentscheidung zu treffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. April 2015, Ra 2015/09/0009, mwN).
15 Die Strafbemessung unterliegt als Ermessensentscheidung nur insofern der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof im Rahmen von dessen Befugnissen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG, als dieser gegebenenfalls zu prüfen hat, ob von dem im Gesetz eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde. Das Verwaltungsgericht ist verpflichtet, in der Begründung seines Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG die für die Überprüfung der Ermessensübung maßgeblichen Gründe insoweit offen zu legen als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich sein kann (vgl. die hg. Beschlüsse vom 23. Februar 2017, Ra 2016/09/0120, und vom 20. Juni 2016, Ra 2016/09/0070, sowie das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 2014, 2013/09/0141). Sofern sohin weder Ermessensmissbrauch noch Ermessensüberschreitung vorliegt, geht die Ausübung des Ermessens über die Bedeutung des Einzelfalls nicht hinaus und stellt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar (vgl. den hg. Beschluss vom 28. September 2016, Ra 2016/16/0068).
16 Nach der seit der Dienstrechts-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 147, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der spezialpräventiven Erforderlichkeit der Strafe bei der Bemessung nicht mehr eine derart wesentliche Bedeutung wie bisher zu und sind Gründe der Generalprävention wie solche der Spezialprävention für die Bemessung der Strafe gleichrangig zu berücksichtigen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 10. September 2015, Ra 2015/09/0053, und vom 24. Jänner 2014, 2013/09/0133, mwN).
17 Im Revisionsfall hat sich das Verwaltungsgericht in Entsprechung der wiedergegebenen Rechtsprechung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschafft. Auf Basis dieses persönlichen Eindrucks hat das Verwaltungsgericht in einer umfassenden und nachvollziehbaren Abwägung der Strafbemessungsgründe dargelegt, aus welchen Gründen es eine negative Zukunftsprognose für gegeben erachtet, warum es - in Nachprüfung der Ermessensentscheidung der Disziplinarkommission - eine Geldstrafe als nicht ausreichend ansieht, den Revisionswerber von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten und weshalb generalpräventive Erwägungen die Entlassung erforderten. Eine krasse Fehlbeurteilung im Sinne eines Ermessensmissbrauches bzw. eine Ausübung des Ermessens auf gesetzwidrige Weise vermag der Revisionswerber mit seinem Vorbringen nicht aufzuzeigen.
18 Soweit sich die Revision mit ihrem Vorbringen gegen die Beurteilung der Zukunftsprognose hinsichtlich des Revisionswerbers durch das Verwaltungsgericht und damit gegen die Beweiswürdigung richtet, ist darauf hinzuweisen, dass die Beweiswürdigung nur dahingehend der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes unterworfen ist, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen bzw. ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt wurden (vgl. den hg. Beschluss vom 8. November 2016, Ra 2016/09/0097, mwN). Derartige Mängel zeigt die Revision aber nicht auf.
19 Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
20 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 24. Mai 2017
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