VwGH 2013/09/0133

VwGH2013/09/013324.1.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des WG in B, vertreten durch Mag. Matthias Prückler, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Florianigasse 16/8, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 3. Juli 2013, Zl. 8/11-DOK/13, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung (weitere Parteien: Bundeskanzler, Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1 idF 2008/I/147;
BDG 1979 §93 idF 2008/I/147;
StGB §32;
StGB §33;
StGB §34;
VwRallg;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1 idF 2008/I/147;
BDG 1979 §93 idF 2008/I/147;
StGB §32;
StGB §33;
StGB §34;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen

Begründung

Der Beschwerdeführer stand bis zu seiner Entlassung mit dem angefochtenen Disziplinarerkenntnis als Kontrollinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Mit Urteil des Landesgerichtes L vom 3. Dezember 2012 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB zu einer auf eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt.

Dem Schuldspruch lag zu Grunde, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum zwischen dem 26. Juni und 28. Juli 2012 von ihm selbst eingehobene Strafbeträge entgegen den einschlägigen Aufbewahrungsvorschriften, insbesondere des Erlasses des BMI vom 17. Jänner 1995 und der Befehle des LPK für Steiermark vom 5. Jänner 2010 und 14. Dezember 2011, nicht am selben Tag abführte, sondern im Wert von insgesamt EUR 450,-- für private Zwecke entnahm und somit mit eigenem Geld vermengte.

In der Folge hat die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres mit Disziplinarerkenntnis vom 30. Jänner 2013 ausgesprochen (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Der vom Dienst suspendierte stellvertretende Inspektionskommandant der API (B) Kontrollinspektor (G - der Beschwerdeführer) ist - im Zusammenhang mit dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes (L) vom 03. Dezember 2012, (…) - gemäß § 126 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz (BDG) 1979), BGBl. Nr. 333/1979 idgF., schuldig:

Er hat in seiner Dienstzeit im Zeitraum von 26. Juni 2012 bis 28. Juli 2012, persönlich eingehobene Strafgelder aus 12 Organstrafverfügungen in der Gesamthöhe von EUR 450,-- nicht unverzüglich zur Abrechnung abgeführt, sondern zurückbehalten und für persönliche/private Zwecke verwendet und dadurch das Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt (§ 302 Abs. 1 StGB) begangen.

Der Beamte hat dadurch - unbeschadet seiner strafgerichtlichen Verantwortung - auch seine Dienstpflichten nach

o § 43 Abs. 2 BDG, nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seines Amtes erhalten bleibt und

o § 44 Abs. 1 BDG in Verbindung mit dem LPD Befehl vom 5. Jänner 2010, nämlich die Weisungen seiner Vorgesetzten zu beachten gemäß § 91 BDG verletzt.

Gegen (den Beschwerdeführer) wird gemäß § 92 Abs. 1 Zi. 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung ausgesprochen. Die bereits gemäß § 112 Abs. 3 BDG verfügte Suspendierung bleibt bis zur Rechtskraft dieses Disziplinarerkenntnisses aufrecht."

Der gegen dieses Erkenntnis vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung, die den Schuldausspruch unbekämpft lässt, gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge.

In ihrer Begründung stellte die belangte Behörde zunächst den bisherigen Verfahrensverlauf und den Inhalt des Strafurteils dar. Aus der im angefochtenen Bescheid wörtlich wiedergegebenen Begründung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses sind hier die Ausführungen zur Strafbemessung hervorzuheben. Als Erschwerungsgrund wurden darin in diesem Zusammenhang die lange Tatzeit, die wiederholten Zugriffe sowie die Führungsposition und Führungsverantwortung und die daraus resultierende besondere Vertrauensstellung gewertet; als Milderungsgründe die Unbescholtenheit und der bisherige ordentliche Lebenswandel des Beschwerdeführers, sein umfassendes Geständnis, die Schadenswiedergutmachung, die gute Dienstbeschreibung sowie seine familiäre Situation. Weiters führte die erstinstanzliche Behörde unter diesem Gesichtspunkt zusammengefasst aus, dass die über einen Zeitraum von mehr als einem Monat wiederholten Veruntreuungen eingehobener Strafgelder bereits für sich allein betrachtet einen nicht wiederherstellbaren Vertrauensverlust gegenüber der Allgemeinheit und gegenüber dem Dienstgeber darstellten, welcher eine Entlassung sowohl aus spezial-, aber auch als generalpräventiven Gründen zwingend erfordere. Die korrekte Gebarung von eingehobenen Strafgeldern und die unbedingte Achtung fremden Eigentums würden zum unmittelbaren Interesse des Dienstgebers und zum innersten Kernbereich der dienstlichen Aufgaben des mit Führungsaufgaben betrauten Beschwerdeführers gehören, gegen die er mit seinen Taten verstoßen habe. Er habe unter Ausnützung seiner dienstlichen Möglichkeiten und Vertrauensstellung über mehr als einen Monat wiederholt und gezielt auf seiner eigenen Dienststelle Strafgelder zu Lasten der Republik Österreich unterschlagen, ohne dass eine drückende Notlage vorgelegen habe. Der Beschwerdeführer habe somit durch sein schwerwiegendes Fehlverhalten nicht nur das für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendige Vertrauensverhältnis zu seinen Vorgesetzten und zu seinem Dienstgeber, sondern auch das Vertrauen der Allgemeinheit wesentlich zerstört und könne daher nicht mehr im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis verwendet werden.

Selbst das zweifellos zu berücksichtigende Geständnis des Beschwerdeführers und seine gute Dienstbeschreibung, nebst weiterer Milderungsgründe (Unbescholtenheit, familiäre Situation) seien vor dem Hintergrund seiner verbrecherischen Taten nicht ausreichend gewichtig, um von der Entlassung Abstand nehmen zu können. Einerseits stellten bereits die Tathandlungen an sich einen nicht wiederherstellbaren Vertrauensverlust zwischen ihm und dem Dienstgeber bzw. der Öffentlichkeit dar, der für sich allein schon zwingend zur Entlassung führen müsse. Andererseits komme hinzu, dass bei einer allfälligen Belassung im Dienst die Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Der Beschwerdeführer habe nämlich nicht aus einer Kurzschlusshandlung heraus ein- oder einige wenige Male Gelder unterschlagen, sondern dies über einen Zeitraum von mehr als einem Monat mehrfach getan. Der Beschwerdeführer habe die Möglichkeit gehabt, seine Tathandlungen jederzeit zu beenden, dies aber unterlassen. Er habe die Taten im Dienst begangen und seine dienstlichen Möglichkeiten im Zusammenhang mit der Einhebung von Strafgeldern ausgenützt, um sich zu bereichern. Auch unter Berücksichtigung der - näher dargestellten - persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers kam die erstinstanzliche Behörde daher zum Ergebnis, dass die Milderungsgründe das Gewicht und die Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen nicht ausreichend aufwiegen könnten und somit nicht geeignet seien, die Entlassung des Beschwerdeführers zu verhindern, die allein schon aus generalpräventiven Gründen zwingend erforderlich sei.

Nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens und Darstellung der relevanten Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde im bekämpften Bescheid aus, dass die im vorliegenden Fall inkriminierten, bereits rechtskräftig festgestellten Dienstpflichtverletzungen, was deren Schweregrad betreffe, von ganz besonderem Gewicht (Unrechtsgehalt) seien. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass es zum Kernbereich des dienstlichen Pflichtenkreises des Beschwerdeführers als Exekutivbeamten gehöre, jeden Verstoß gegen strafgesetzliche Vorschriften zu verhindern bzw. aufzuklären, wozu zweifellos insbesondere auch die von ihm selbst begangenen Straftaten gegen fremdes Vermögen zählen würden. Er habe sich damit in eklatanter Weise gerade gegen jene Werte vergangen, zu deren Schutz und zur Verfolgung deren Verletzung er kraft seines Amtes eigentlich berufen gewesen wäre.

Der Beschwerdeführer habe unter Ausnützung seiner dienstlichen Vertrauensstellung während eines Zeitraumes von mehr als einem Monat wiederholt und gezielt danach getrachtet, sich einen Vermögensvorteil zu Lasten des Bundes zu verschaffen, indem er ihm zur Abrechnung anvertraute Organmandatsgelder nicht abgeführt, sondern entgegen den einschlägigen Vorschriften mit seinem eigenen Geld vermischt und zur Verwendung für private Zwecke einbehalten habe. Ein im Polizeidienst eingesetzter Beamter, der unter Ausnützung seiner dienstlichen Möglichkeiten und während seines Dienstes, so wie der Beschwerdeführer, ihm dienstlich anvertraute (Straf‑)Gelder zum Nachteil jener, zur deren Gunsten er diese einzutreiben habe, einbehalte, begehe ganz besonders schwerwiegende Straftaten, mit denen er nicht nur das Vertrauensverhältnis zu seinem Vorgesetzten, sondern auch das Vertrauen der Allgemeinheit in seine Loyalität seinem Dienstgeber gegenüber und in die Ordnungsgemäßheit seiner Diensterfüllung in ganz gravierender Weise missbrauche und aufs Spiel setze. Ein solcher mit polizeilichen Aufgaben betrauter Exekutivbeamter, der auf Grund seiner Tätigkeit stets mit fremden Vermögenswerten in Berührung kommen könne, setze durch ein Fehlverhalten der verfahrensgegenständlichen Art einen eklatanten Bruch des für die Ausübung seines verantwortungsvollen Dienstes unabdingbaren Vertrauens, einen Bruch, dem angesichts der objektiven Schwere der Verfehlungen seitens der Disziplinarbehörden - schuld- und tatangemessen - mit entsprechender Deutlichkeit, d.h. in ganz unmissverständlicher Art und Weise begegnet werden müsse. Der objektive Unrechtsgehalt (die Schwere) derartiger Verfehlungen sei jedenfalls als überaus bedeutend anzusehen.

Die belangte Behörde stimmte den Ausführungen der erstinstanzlichen Disziplinarkommission zur Schwere der inkriminierten, rechtskräftig festgestellten Dienstpflichtverletzungen vollinhaltlich zu und setzte fort, dass unter Bindung an die Feststellungen des Strafgerichtes zur subjektiven Tatseite auch im Disziplinarverfahren von vorsätzlichem Vorgehen des Beamten auszugehen gewesen sei. Das Berufungsvorbringen, der beschuldigte Beamte habe die unterschlagenen Beträge von Anfang an zurückzahlen wollen, sobald Überstunden-/Sonderzahlungen auf seinem Gehaltskonto eingelangt wären, vermöge - selbst wenn man dieser Verantwortung Glauben schenken wollte (der diesbezüglichen Argumentation der Erstinstanz, der Beschwerdeführer habe den Beweisergebnissen zufolge die Möglichkeit zur Zurückzahlung der von ihm veruntreuten Beträge zumindest zweimal - nämlich Anfang Juni und Anfang August 2012 - ungenützt verstreichen lassen, schloss sich die Disziplinaroberkommission jedoch an) - am festgestellten Bereicherungsvorsatz als Verschuldensform wegen der gemäß § 95 Abs. 2 BDG 1979 bestehenden Bindungswirkung an die in Rechtskraft erwachsenen Feststellungen des Strafgerichtes daher nichts zu ändern.

Aus der gerichtlich rechtskräftig festgestellten wiederholte Male und während eines mehr als einmonatigen Tatzeitraumes planvoll erfolgten Tatausführung durch diesen müsse zudem eine gegenüber den rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Beschwerdeführers abgeleitet werden; einem mit rechtlich geschützten Werten verbundenen Exekutivbeamten würden Tathandlungen der gegenständlichen Art selbst angesichts privater finanzieller Probleme nicht nahe liegen können.

Was die in der Berufung als Milderungsgrund relevierte im Tatzeitraum behauptetermaßen bestandene drückende private finanzielle Notlage des Beschwerdeführers beträfe, die ihn zur Begehung der inkriminierten Taten veranlasst habe, sei darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer im Verfahren selbst angegeben habe, er habe damals über einen monatlichen Nettobezug idHv etwa EUR 3.000 verfügt und die von ihm veruntreuten Beträge nicht unmittelbar zur Bestreitung des Lebensunterhaltes - z.B. zum Einkauf von Lebensmitteln - benötigt; er habe sich damit vielmehr einen gewissen finanziellen Spielraum ("Polster") schaffen wollen. Dieses Argument sei daher nicht geeignet, zu Gunsten des Beamten als im Rahmen der Strafbemessung mildernd herangezogen zu werden und sei dessen Vorbringen hinsichtlich seiner akuten wirtschaftlichen Notlage zur Tatzeit doch zu relativieren. Die vom Beschwerdeführer weiters ins Treffen geführte Tatbegehung aus Unbesonnenheit (Kurzschlusshandlung) könne angesichts der von ihm mehrmals wiederholten deliktischen Zugriffe auf Organmandatsgelder (fremdes Vermögen) während eines Zeitraumes von mehr als einem Monat im Übrigen ebenfalls nicht als strafmildernd anerkannt werden.

Angesichts der besonderen Schwere der inkriminierten Taten sei hier die Verhängung einer zu der in Rechtskraft erwachsenen strafgerichtlichen Verurteilung des Beamten deutlichen zusätzlichen Sanktion gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 aus spezialpräventiven, insbesondere aber auch aus generalpräventiven Gründen jedenfalls erforderlich, um einerseits dem Beschwerdeführer selbst mit ausreichender Klarheit vor Augen zu führen, dass der auch disziplinarrechtliche Unrechtsgehalt der ihm angelasteten Straftaten keinesfalls als bloß geringfügig einzustufen sei, und auch anderen Beamten gegenüber das außerordentlich bedeutende disziplinarrechtliche Gewicht der inkriminierten Vorgehensweisen unmissverständlich aufzuzeigen.

Im Rahmen der - so die belangte Behörde weiter - von ihr ohne Bindung an die diesbezüglichen Erwägungen des Strafgerichtes vorzunehmen gewesenen Strafbemessung habe zu Gunsten des beschuldigten Beamten das von ihm zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf - wenn auch erst nach Tatentdeckung - abgelegte Geständnis sowie seine disziplinarrechtliche und bis zu dem den tatidenten Sachverhalt betreffenden Strafurteil auch strafrechtliche Unbescholtenheit (die inkriminierten Taten stellten Erstdelikte dar) als strafmildernd gewertet werden können, somit der Umstand, dass er bisher einen inner- und außerdienstlich ordentlichen Lebenswandel geführt habe, dass er die verfahrensgegenständlich veruntreuten Beträge insgesamt zurückgezahlt habe (die Wiedergutmachung des materiellen Schadens) sowie, dass es sich bei ihm um einen Beamten mit annähernd 30-jähriger Dienstzeit handle, der eine gute Dienstbeschreibung aufweisen könne und seine dienstlichen Aufgaben demnach zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten erledigt habe. Zudem seien die privaten Probleme des Beamten im Tatzeitraum nach der Scheidung von seiner Ehefrau und die dadurch entstandene Notwendigkeit der Veräußerung des (ehemaligen) Wohnhauses der Familie als weitere Gesichtspunkte im Rahmen der Ermessensentscheidung zu seinen Gunsten bedacht worden.

Diesen Milderungsgründen stünde die mehrmalige Tatwiederholung während eines mehr als einmonatigen Zeitraumes als im Rahmen der Strafbemessung erschwerend gegenüber.

Entgegen dem Berufungsvorbringen fiele auch die Funktion des beschuldigten Beamten als Ersten Stellvertreters des Inspektionskommandanten der konkreten Polizeiinspektion - seit dem Jahr 2005 sei er im Übrigen auch für die Geldgebarung/Organmandatsabrechnung der gesamten Dienststelle verantwortlich gewesen - in diesem Zusammenhang zu seinen Lasten ins Gewicht, zumal die in § 33 Abs. 1 Z 1 bis 7 StGB angeführten Erschwerungsgründe keineswegs abschließend normiert seien. Auf Grund der mit der genannten dienstlichen Stellung des Beschwerdeführers als für die finanzielle Gebarung der Dienststelle zuständig gewesenen Beamten verbunden gewesenen Vorbildwirkung für andere Beamte werde das Gewicht (der Unrechts- und Schuldgehalt) der hier in Rede stehenden Dienstpflichtverletzungen fraglos noch weiter erhöht. Bei der Disziplinaroberkommission habe - wenn auch nicht als Milderungsgrund im eigentlichen Sinn, aber doch - Beachtung gefunden, dass dem Beschwerdeführer hier keine Vertuschungshandlungen, etwa in Form von Manipulationen an den von ihm bei den verfahrensgegenständlichen Unterschlagungen von Organmandatsgeldern verwendeten Organmandatblöcken bzw. - formularen zur Last zu legen seien.

Was die Beurteilung der spezialpräventiven Funktion der Disziplinarstrafe im vorliegenden Fall betreffen würde, sei - so die belangte Behörde weiter - abgesehen von den genannten Milderungsgründen zu Gunsten des Beamten ins Kalkül zu ziehen gewesen, dass dieser seine persönliche wirtschaftliche Lage zwischenzeitig offenbar habe bereinigen bzw. seine finanziellen Verhältnisse ordnen können sowie dass ihm von Seiten seiner Vorgesetzten grundsätzlich Besserungsfähigkeit attestiert werde. Zu dem auf dem Boden der hier anzuwendenden Fassung des § 93 Abs. 1 BDG 1979 (nach der Dienstrechts-Novelle 2008) in gleicher Weise zu berücksichtigenden generalpräventiven Aspekte der im konkreten Fall zu verhängenden disziplinarrechtlichen Sanktion müsse - der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend - jedoch angemerkt werden, dass für den beschuldigten Beamten auch die Berücksichtigung der zu seinen Gunsten sprechenden Umstände (der genannten Milderungsgründe und der - infolge einer mit einzubeziehenden allfälligen positiven Zukunftsprognose - als vergleichsweise weniger gewichtig einzustufenden spezialpräventiven Notwendigkeit der Verhängung der strengsten Disziplinarstrafe, nämlich jener der Entlassung gemäß § 92 Abs. 1 Z 4 BDG 1979) im Hinblick auf den besonderen Schweregrad der verfahrensgegenständlichen, während eines mehr als einmonatigen Tatzeitraumes mehrmals wiederholten Dienstpflichtverletzungen im Ergebnis grundsätzlich nicht entscheidend ins Gewicht fallen könne.

An die nur teilweise - nämlich in Bezug auf weitere gerichtlich strafbare Handlungen - auf die gleiche Gefahr bezogene Prognose des Strafgerichtes sei die Disziplinarbehörde bei der Beurteilung der spezialpräventiven Notwendigkeit der Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung, anders als hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen des Strafgerichtes, im Übrigen nicht gebunden. Die Gewährung bedingter Strafnachsicht durch das Strafgericht, deren Gewicht auch von der Ausführlichkeit und dem näheren Inhalt ihrer Begründung abhänge, könne nur als Indiz gegen die Annahme einer Wiederholungsgefahr und für die von der Rechtsprechung als Maßstab herangezogene begründete Wahrscheinlichkeit künftigen Wohlverhaltens des Beamten sprechen.

Der generalpräventiven Komponente der zu verhängenden disziplinären Sanktion komme - auch angesichts der vom Beschwerdeführer vorgebrachten persönlichen Schwierigkeiten und seiner finanziellen Situation im Tatzeitraum - doch erhebliche Bedeutung zu; für keinen Beamten könne damit nämlich die wiederholte Begehung von Vermögensdelikten im Dienst gerechtfertigt oder (auch nur) entschuldigt werden. Dies müsse in diesem Zusammenhang mit hinreichender Deutlichkeit klargestellt werden.

Angesichts der hier unbestritten gegebenen besonderen Schwere der rechtskräftig festgestellten Dienstpflichtverletzungen (der während eines Tatzeitraumes von mehr als einem Monat mehrmals wiederholten Veruntreuung von Organmandatsgeldern), der Tathandlungen gegen fremdes Vermögen, die vom Beschuldigten schuldhafter (Vorsatz) und rechtswidriger Weise gesetzt wurden, sei der erstinstanzlichen Strafbemessung daher letztlich zu folgen und die Strafberufung des Beschwerdeführers abzuweisen gewesen.

Bei diesem Ergebnis sei den (näher ausgeführten) persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beamten keine verfahrensentscheidende Bedeutung mehr zugekommen. Der Rechtsprechung zur Strafbemessung gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 idF der Dienstrechts-Novelle 2008 folgend sei weiters die Prüfung der Möglichkeit einer allfälligen Versetzung (einer anderen Verwendung) des beschuldigten Beamten an eine(r) andere(n) Dienststelle entbehrlich, sodass den in der Berufung enthaltenen diesbezüglichen Beweisanträgen auf Einvernahme von Vorgesetzten des suspendierten Beamten als Zeugen nicht zu folgen gewesen sei. Ob sich diese Vorgesetzten in Kenntnis der verfahrensgegenständlichen Dienstpflichtverletzungen des beschuldigten Beamten dessen ungeachtet tatsächlich für dessen weiteren Verbleib im Dienst aussprechen oder nicht, ob für diesen bereits eine konkrete alternative Verwendungsmöglichkeit im Polizeidienst ins Auge gefasst wurde oder nicht und welche Befugnisse ein Personalchef diesbezüglich hat, könne auf dem Boden der hier anzuwendenden Rechtslage im Ergebnis somit nicht ausschlaggebend sein.

Die erstinstanzliche Disziplinarkommission habe - so die belangte Behörde abschließend - im Ergebnis jedenfalls zutreffend die Schwere der Taten des Beschwerdeführers als so hoch bewertet, dass selbst angesichts der angeführten Milderungsgründe bzw. der sonst zu Gunsten des beschuldigten Beamten sprechenden Umstände bereits auf Grund generalpräventiver Erwägungen grundsätzlich nur mehr die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung in Betracht kommen könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens durch die belangte Behörde erwogen:

Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war am 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig; die Beschwerdefrist ist vor diesem Zeitpunkt abgelaufen. Aus dem Grunde des § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG waren auf dieses Verfahren daher die am 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen anzuwenden. Dies gilt - aus dem Grunde des § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014 - auch für die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Die folgenden Zitate des VwGG in dieser Entscheidung beziehen sich auf dessen am 31. Dezember 2013 in Kraft gestandener Fassung.

Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 in der hier maßgebenden Fassung nach Inkrafttreten der Dienstrechts-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 147/2008, ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegen zu wirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinn nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

Nach § 33 Abs. 1 StGB stellt es unter anderem einen Erschwerungsgrund dar, wenn der Täter mehrere strafbare Handlungen derselben oder verschiedener Art begangen oder die strafbare Handlung durch längere Zeit fortgesetzt hat (Z 1). Ein Milderungsgrund ist nach § 34 Abs. 1 StGB hingegen unter anderem insbesondere, wenn der Täter bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht (Z 2), er durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage zur Tat bestimmt worden ist (Z 10), die Tat unter Umständen begangen hat, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen (Z 11), sich der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl ihm dazu die Gelegenheit offen stand, freiwillig enthalten hat oder wenn der Schaden vom Täter oder von einem Dritten für ihn gutgemacht worden ist (Z 14) oder der Täter ein reumütiges Geständnis abgelegt oder durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat (Z 17).

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Strafbemessung, wozu er im Ergebnis eine gesetzwidrige Ermessensübung rügt und Begründungsmängel geltend macht. Dazu bringt er im Wesentlichen vor, die belangte Behörde verkenne, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis des verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, vom Grundsatz, dass bei einem deliktischen Verhalten bestimmter Schwere im Hinblick auf die sich schon daraus ergebende "Untragbarkeit" alle weiteren im Gesetz genannten Kriterien der Strafzumessung nicht mehr zu untersuchen seien und für spezialpräventive Erwägungen kein Raum bleibe, abgegangen sei. Befolge man den Rechtssatz der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 2008 zur Zl. 2007/09/0320, so seien spezialpräventive Erwägungen jedenfalls dem Argument der Generalprävention und der Schwere der Dienstpflichtverletzung gegenüberzustellen. Die belangte Behörde hätte sich damit intensiv auseinandersetzen müssen. Außerdem sei zu Unrecht die "bereits im erstinstanzlichen Verfahren seitens des Personalchefs des Beschwerdeführers angedachte" Versetzungsmöglichkeit außer Acht gelassen worden.

Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Zunächst ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass das von ihm ins Treffen geführte hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007 die Rechtslage vor der Dienstrechts-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 147/2008 betrifft, welche hinsichtlich der hier vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen im Jahre 2012 nicht zur Anwendung kommt.

Die Strafbemessung ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 93 BDG 1979 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Als Ermessensentscheidung unterliegt sie nur insofern der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof, als dieser zu prüfen hat, ob die Behörde von dem ihr zustehenden Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 130 Abs. 2 B-VG). Die Behörde ist verpflichtet, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Überlegungen und Umstände insoweit offen zu legen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 6. September 2012, Zl. 2012/09/0113, mwN).

Durch die mit der Dienstrechts-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 147/2008, erfolgte Novellierung des § 93 BDG 1979 wurde im zweiten Satz des § 93 Abs. 1 BDG 1979 die Zielsetzung "der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken", als zusätzliches Strafbemessungskriterium in das Gesetz eingefügt. Nach der nunmehr geltenden Rechtslage kommt der spezialpräventiven Erforderlichkeit der Strafe bei der Bemessung daher nicht mehr eine derart wesentliche Bedeutung wie bisher zu und sind Gründe der Generalprävention wie solche der Spezialprävention für die Bemessung der Strafe gleichrangig zu berücksichtigen. Ist eine Disziplinarstrafe in einem bestimmten Ausmaß geboten, um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken, dann haben gegebenenfalls spezialpräventive Überlegungen, die eine solche Disziplinarstrafe nicht als erforderlich erscheinen lassen würden, demgegenüber zurückzutreten. Dementsprechend enthalten die Gesetzeserläuterungen zu dieser Bestimmung die Aussage, es solle nach der Novelle möglich sein, dass "bei besonders schweren Dienstpflichtverletzungen allein schon aus generalpräventiven Gründen eine Entlassung auszusprechen" sein werde (vgl. das Erkenntnis vom 15. Dezember 2011, Zl. 2011/09/0105).

Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf die zahlenmäßig überwiegenden Milderungsgründe hinweist ist ihm jedoch zu entgegnen, dass die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen deswegen so schwer und im Ergebnis den Milderungsgründen gegenüber gewichtiger sind, weil dadurch - wie auch die belangte Behörde zutreffend hervorhob - gerade jene Rechtsgüter verletzt werden, deren Schutz einem Sicherheitswachebeamten grundsätzlich obliegt (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 18. Mai 2010, Zl. 2006/09/0230). Aber auch das Veruntreuen eines dienstlich anvertrauten Geldbetrags zum Nachteil der Dienstbehörde durch einen Beamten wurde in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits als derart schwere Tat bewertet, dass selbst angesichts der Existenz von Milderungsgründen grundsätzlich nur mehr die Disziplinarstrafe der Entlassung in Betracht komme (vgl. auch dazu das bereits erwähnte Erkenntnis vom 6. September 2012, Zl. 2012/09/0113). Die Ermessensbeurteilung der belangten Behörde, dass die zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Gründe, wie etwa sein bisheriges Wohlverhalten, sein Geständnis und auch eine allenfalls daraus ableitbare günstige Zukunftsprognose demgegenüber zurücktreten, ist nicht rechtswidrig.

Die belangte Behörde ging im vorliegenden Fall zutreffend von einer beträchtlichen objektiven Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Dienstpflichtverletzung und dementsprechend gewichtigen generalpräventiven Gründen aus. Diese Umstände wiegen angesichts des großen objektiven Unrechtsgehalts der Dienstpflichtverletzung so schwer, dass durchaus auch bei Vorliegen von Milderungsgründen grundsätzlich die Entlassung als Disziplinarstrafe in Betracht kam. Der Beschwerdeführer hat nämlich über einen Zeitraum von mehr als einem Monat mehrmals, nämlich insgesamt 12 Mal, gerade jene Rechtsgüter verletzt, deren Schutz ihm als Sicherheitswachebeamter grundsätzlich oblag. Die belangte Behörde hat es auch nicht unterlassen, sich mit den geltend gemachten Milderungsgründen auseinander zu setzen. Die belangte Behörde hat daher in diesem Sinne richtig erkannt, dass angesichts der Art und Schwere der begangenen Straftaten - mit welchen der Beschwerdeführer gerade jene Werte gravierend verletzte, deren Schutz ihm in seiner Stellung als Exekutivbeamten oblag - die Disziplinarmaßnahme der Entlassung in Betracht zu ziehen war und die gegebenen Milderungsgründe nicht entscheidend zum Tragen kommen (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse vom 26. Jänner 2012, Zl. 2009/09/0187, und vom 15. Dezember 2011, Zl. 2011/09/0105; siehe etwa auch das noch zur Rechtslage vor der Dienstrechts-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 147/2008, ergangene Erkenntnis vom 20. November 2001, Zl. 2000/09/0021, mit Hinweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1990, Zl. 90/09/0088, vom 29. September 1992, Zl. 91/09/0186 und Zl. 92/09/0025, sowie vom 21. Februar 2001, Zl. 99/09/0133). Einer näheren Auseinandersetzung mit einer Versetzungsmöglichkeit bedurfte es bei dieser Sachlage nicht.

Zusammengefasst kann die Beschwerde damit im Ergebnis dem angefochtenen Bescheid nicht mit Erfolg entgegentreten, wenn darin auf Grundlage einer ausführlichen und nachvollziehbaren Begründung schon aus generalpräventiven Gründen eine Entlassung für erforderlich angesehen wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG.

Wien, am 24. Jänner 2014

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