VwGH Ra 2016/09/0120

VwGHRa 2016/09/012023.2.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die außerordentliche Revision der Dipl.- Päd. I O in G, vertreten durch

Lippitsch.Neumann Rechtsanwälte GmbH, in 8010 Graz, Wastiangasse 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 18. Oktober 2016, Zl. LVwG 49.5-1721/2016-27, betreffend Disziplinarstrafe nach dem Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarkommission für Landeslehrer an öffentlichen Volks-, NMS/Haupt-, Sonderschulen und Polytechnischen Schulen beim Landesschulrat für Steiermark), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §29 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die im Jahr 1958 geborene Revisionswerberin steht als Volksschullehrerin der Volksschule X in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark.

2 Mit der angefochtenen Entscheidung erkannte das Landesverwaltungsgericht Steiermark nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Revisionswerberin für schuldig, in einem von ihr verfassten Schreiben vom 22. März 2015 den Elternvertretern und weiteren Eltern einer näher genannten Klasse der Y-Schule mitgeteilt zu haben, dass der zuständige Landesschulinspektor "aus politischen Beweggründen die fehlende Führungskompetenz der betrauten Schulleiterin nicht erkennen wolle".

3 Die Revisionswerberin habe dadurch eine Dienstpflichtverletzung im Sinne der § 29 Abs. 1 und Abs. 2, § 29a, § 30 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 (LDG 1984) begangen, weshalb über sie als Disziplinarstrafe gemäß § 70 Abs. 1 Z 1 LDG 1984 ein Verweis ausgesprochen wurde. Hinsichtlich der Vorwürfe von weiteren Dienstpflichtverletzungen wurde die Revisionswerberin freigesprochen. Außerdem erklärte das Verwaltungsgericht die Revision gemäß § 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Zur Begründung der Entscheidung führte das Verwaltungsgericht - soweit im Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin habe nie bestritten, den verfahrensgegenständlichen Brief geschrieben zu haben. Auch wenn die Situation in der Volksschule X sehr konfliktbeladen gewesen sei, die Revisionswerberin sich gemobbt gefühlt habe und sich bei ihr eine hohe emotionale Betroffenheit gezeigt habe, habe die Revisionswerberin mit ihrem Verhalten gegen Dienstpflichten verstoßen.

5 Gegen den schuld- und strafaussprechenden Teil des Erkenntnisses richtet sich die vorliegende Revision.

6 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu treffen.

8 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, so hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben (vgl. die hg. Beschlüsse vom 20. Juni 2016, Ra 2016/09/0071, und vom 25. Jänner 2016, Ra 2015/09/0144).

9 Die Revisionswerberin stützt sich in ihrem Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision darauf, dass keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vorliege, ob bei andauerndem Mobbing infolge Fürsorgepflichtverletzungen seitens des Arbeitsgebers ein normgerechtes Verhalten der gemobbten Dienstnehmerin im disziplinarrechtlichen Sinne noch möglich sei, ob in einem solchen Fall psychischen Drucks vom Vorliegen der Schuldfähigkeit der Gemobbten ausgegangen werden könne und schließlich, ob eine Abwägung zwischen den über Jahre andauernden Fürsorgepflichtverletzungen infolge massiver Untätigkeit des Arbeitgebers und der Schwere der Dienstpflichtverletzung vorzunehmen sei.

10 Dazu ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht weder festgestellt hat, dass im Revisionsfall "andauerndes Mobbing" stattgefunden habe noch dass es zu "über Jahre andauernden Fürsorgepflichtverletzungen" des Arbeitsgebers gekommen sei. Insofern mangelt es bereits an der Relevanz der aufgeworfenen Rechtsfragen. Ausgangspunkt für die Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt. Die Revisionswerberin nimmt aber mit diesen Rechtsfragen keinen Bezug auf den im angefochtenen Erkenntnis ohne Verfahrensrüge festgestellten Sachverhalt, sohin werden damit auch keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. die hg. Beschlüsse vom 25. Mai 2016, Ra 2016/06/0059, und vom 20. Oktober 2015, Ra 2015/02/0191).

11 Auch das Vorbringen, dass Mobbing "zunehmend Gegenstand zahlreicher Beschwerden" sein werde, begründet keine Zulässigkeit der Revision. So bewirkt der Umstand allein, dass die zu lösenden Fragen in einer Vielzahl von Fällen auftreten können, nicht ihre Erheblichkeit iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. den hg. Beschluss vom 13. Dezember 2016, Ra 2016/09/0099). Das Fehlen von Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes vermag schon aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes des Art. 133 Abs. 4 B-VG keine Zulässigkeit der Revision zu begründen.

12 Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung auf die angespannte Situation in der Schule und die "Gemütsbewegung" der Revisionswerberin Bedacht genommen und im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berücksichtigt, dass nicht jede unpassende Äußerung gegenüber einem Vorgesetzten schon eine Dienstpflichtverletzung darstellt, sondern jeweils die Bedingungen des Einzelfalles entscheidend sind. An spontane mündliche Äußerungen sind geringere Anforderungen zu stellen als an schriftliche, auch einer verständlichen Erregung ist billigenderweise Rechnung zu tragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Februar 2013, 2013/09/0001).

13 Die Strafbemessung unterliegt als Ermessensentscheidung nur insofern der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof im Rahmen von dessen Befugnissen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG, als dieser gegebenenfalls zu prüfen hat, ob von dem im Gesetz eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde. Das Verwaltungsgericht ist verpflichtet, in der Begründung seines Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG die für die Überprüfung der Ermessensübung maßgeblichen Gründe insoweit offen zu legen als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich sein kann (vgl. den hg. Beschluss vom 20. Juni 2016, Ra 2016/09/0070, sowie das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 2014, 2013/09/0141).

14 Diesen Anforderungen ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall ebenfalls nachgekommen. Die Revisionswerberin vermag mit ihrem Vorbringen nicht aufzuzeigen, dass das Verwaltungsgericht in Abweichung von Gesetz und hg. Rechtsprechung sein Ermessen auf gesetzwidrige Weise ausgeübt hätte.

15 Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision zurückzuweisen.

Wien, am 23. Februar 2017

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