VwGH Ra 2016/03/0108

VwGHRa 2016/03/01083.5.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Fernmeldebüros für Wien, Niederösterreich und Burgenland, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 2016, Zl W219 2109352-1/8E, W219 2109429-1/8E, betreffend Bestrafung nach § 107 Abs 2 Z 1 iVm § 109 Abs 3 Z 20 TKG 2003 (mitbeteiligte Parteien: 1. M B, 2. MN GmbH, beide in W, beide vertreten durch Mag. Laurenz Strebl, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Weyrgasse 8, Mezzanin, Tür 5), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art7;
StGB §28;
StGB §32;
StGB §5;
StGB §6;
TKG 2003 §107 Abs2 Z1;
TKG 2003 §107 Abs2;
TKG 2003 §109 Abs3 Z20;
TKG 2003 §109 Abs3;
VStG §19 Abs1;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §22 Abs2;
VStG §22;
VStG §5 Abs1;
VStG §5;
VStG §9 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016030108.L00

 

Spruch:

Das Erkenntnis wird hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die Kosten des Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen. Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

I. Sachverhalt

1 A. Aus den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses ergibt sich, dass der Erstmitbeteiligte im Tatzeitraum Geschäftsführer der zweitmitbeteiligten Gesellschaft und somit deren außenvertretungsbefugtes Organ war. Zu 31 Zeitpunkten wurden vom Unternehmen der zweitmitbeteiligten Gesellschaft aus E-Mails zu Zwecken der Direktwerbung für die Online-Ausgabe der Wirtschaftszeitung m an R E versendet, ohne dass die Empfängerin vorher eine Einwilligung zur Zusendung dieser Werbe-E-Mails erteilt hat. Die Zusendungen erfolgten am 13. Jänner 2015, um 15.49 Uhr; am 14. Jänner 2015, um 07.35 Uhr; am 15. Jänner 2015, um 07.05 Uhr; am 16. Jänner 2015, um 09.58 Uhr; am 22. Jänner 2015, um 03.47 Uhr; am 22. Jänner 2015, um 14.02 Uhr; am 23. Jänner 2015, um 00.05 Uhr; am 23. Jänner 2015, um 11.46 Uhr; am 27. Jänner 2015, um 09.27 Uhr; am 28. Jänner 2015, um 07.46 Uhr; am 30. Jänner 2015, um 07.44 Uhr; am 3. Februar 2015, um 09.39 Uhr; am 4. Februar 2015, um 08.07 Uhr; am 5. Februar 2015, um 08.25 Uhr; am 6. Februar 2015, um 08.39 Uhr; am 10. Februar 2015, um 09.34 Uhr; am 11. Februar 2015, um 07.49 Uhr; am 12. Februar 2015, um 08.00 Uhr; am 13. Februar 2015, um 08.38 Uhr; am 17. Februar 2015, um 13.13 Uhr; am 18. Februar 2015, um 09.17 Uhr; am 20. Februar 2015, um 11.45 Uhr; am 24. Februar 2015, um 09.54 Uhr; am 25. Februar 2015, um 08.24 Uhr; am 26. Februar 2015, um 08.25 Uhr; am 3. März 2015, um 09.11 Uhr; am 4. März 2015, um 07.34 Uhr; am 5. März 2015, um 07.25 Uhr; am 6. März 2015, um 07.59 Uhr; am 10. März 2015, um 15.38 Uhr; und am 11. März 2015, um 07.21 Uhr.

2 B. Mit Straferkenntnis vom 27. Mai 2015 stellte die revisionswerbende Behörde fest, dass der Erstmitbeteiligte im Tatzeitraum Geschäftsführer der zweitmitbeteiligten Gesellschaft und somit deren außenvertretungsbefugtes Organ und nach § 9 Abs 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher gewesen sei und daher dafür einzustehen habe, dass von seinem Unternehmen aus E-Mails, somit elektronische Post, zu Zwecken der Direktwerbung für die Online-Ausgabe einer Wirtschaftszeitung versendet worden seien, ohne dass die Empfängerin vorher eine Einwilligung zur Zusendung dieser Werbe-E-Mails erteilt habe. Die Zusendung sei laut den Angaben des Erstmitbeteiligten vom 3. Februar 2014 an, jedenfalls aber zu den oben angeführten Zeiten (vgl Rz 1) erfolgt. In den E-Mails werde darauf hingewiesen, dass es sich dabei um ein Service der zweitmitbeteiligten Gesellschaft handle. Er habe dadurch § 107 Abs 2 Z 1 des Telekommunikationsgesetzes 2003 (TKG) iVm § 9 Abs 1 VStG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde nach § 109 Abs 3 Z 20 TKG eine Geldstrafe von EUR 500,-- pro E-Mail (Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden pro E-Mail) verhängt. Die zweitmitbeteiligte Gesellschaft hafte für die verhängten Strafen nach § 9 Abs 7 VStG zur ungeteilten Hand. Der Begriff der Werbung sei iSd Gesetzesmaterialien weit auszulegen. Er erfasse jede elektronische Post, die für ein bestimmtes Produkt, aber auch für eine bestimmte Idee - einschließlich politischer Anliegen - werbe oder dafür Argumente liefere. Darunter falle auch jede Maßnahme, die dazu diene, auf ein eigenes Bedürfnis und die Möglichkeit seiner Befriedigung hinzuweisen, wobei schon die Anregung zur Inanspruchnahme bestimmter Leistungen diesem Begriff unterstellt werden könne. Im vorliegenden Falle seien nachvollziehbar und nachgewiesener Weise die E-Mail-Zusendungen ohne Einwilligung erfolgt. Das Delikt des § 107 Abs 2 Z 1 TKG sei dann abgeschlossen, sobald ein E-Mail die Sphäre des Versenders verlasse. Somit lägen im gegenständlichen Fall selbständige Übertretungen vor, die nach § 22 VStG nebeneinander zu bestrafen gewesen seien. Im Unternehmen der zweitmitbeteiligten Gesellschaft habe (zusammengefasst) während des Tatzeitraums kein Kontrollsystem bestanden, das überprüft hätte, ob eine E-Mail-Adresse, die dem Unternehmen bekannt war, tatsächlich in der Verfügungsgewalt einer Person gestanden habe, die dem Erhalt von Zusendungen wie den gegenständlichen E-Mails zugestimmt hat. Bei den Übertretungen handle sich um Ungehorsamsdelikte iSd § 5 VStG, sodass bereits fahrlässiges Verhalten für die Strafbarkeit ausreichend sei; ein solches sei ohne weiteres anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft mache, dass ihn an der Verletzung von Verwaltungsvorschriften kein Verschulden treffe. Dem Erstmitbeteiligten sei Verschulden in der Form von Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Ein vorsätzliches Verhalten und damit Gesamtvorsatz sei dem Erstmitbeteiligten nicht anzulasten. Auch im gegenständlichen Fall sei die Versendung der E-Mails automatisiert erfolgt, weshalb es auch zur Versendung einer solch großen Anzahl gekommen sei. Daher bleibe im gegenständlichen Fall kein Raum für die Annahme eines fortgesetzten Delikts, sodass eine separate Bestrafung der Zusendungen zu erfolgen habe.

3 C. Gegen dieses Straferkenntnis erhoben der Erstmitbeteiligte und die Zweitmitbeteiligte am 25. Juni 2015 Beschwerde.

4 Mit Erkenntnis vom 19. September 2016 gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde insoweit Folge, als der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses in folgenden Punkten abgeändert wird, sodass die jeweils entsprechenden Passagen des Spruchs des angefochtenen Straferkenntnisses auszugsweise lauten:

"Sie haben dadurch § 107 Abs 2 Z 1 TKG 2003 idF BGBl. I 44/2014 iVm § 9 Abs 1 VStG verletzt. Es handelt sich um Teilakte eines einzigen fortgesetzten Deliktes. Es wird wegen dieser Verwaltungsübertretung über Sie gemäß § 109 Abs. 3 Z 20 TKG 2003 eine Geldstrafe von 500,-- Euro, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden verhängt. Die

(zweitmitbeteiligte Gesellschaft) ... haftet für die verhängten

Strafen gemäß § 9 Abs 7 VStG zur ungeteilten Hand."

Im Übrigen wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

5 Begründend führte das Verwaltungsgericht insbesondere aus, dass es sich bei den zur Last gelegten Übertretungen um Ungehorsamsdelikte iSd § 5 Abs 1 VStG handle, die Beschwerde aber nichts konkret zur Entlastung iSd Bestimmung (auch nicht bezüglich des Bestehens eines Kontrollsystems) vorgebracht habe. Es habe sich im Rahmen des Ermittlungsverfahrens herausgestellt, dass im Unternehmen der zweitmitbeteiligten Partei kein Kontrollsystem vorhanden gewesen sei. Es sei daher vom Vorliegen eines Verschuldens des Erstmitbeteiligten und daher von der Erfüllung der subjektiven Tatseite durch diesen auszugehen. Die festgestellten E-Mail-Zusendungen seien als Teilakte eines fortgesetzten Delikts zu beurteilen. Die Zusendungen seien von einem Unternehmen aus erfolgt, das im Rahmen des Gesamtkonzepts seiner Unternehmenstätigkeit E-Mails wie die hier in Rede stehenden zu Zwecken der Direktwerbung versende. Die zweitmitbeteiligte Gesellschaft habe die E-Mails in einem engen zeitlichen Zusammenhang versendet, nämlich in der Regel viermal wöchentlich, also annähernd an jedem Werktag. Vor allem aber seien sie jeweils an die gleiche Empfängerin - eine vermeintliche Abonnentin - gerichtet worden, die diesen Zusendungen allerdings nicht zugestimmt habe. Die belangte Behörde habe zur Strafbemessung ausgeführt, dass keine Milderungsgründe hervorgekommen seien. Erschwerend seien zwei einschlägige Vorstrafen zu werten gewesen. Nach Auffassung der belangten Verwaltungsbehörde seien daher jeweils Strafen in der Höhe von EUR 500,-- zu verhängen gewesen; diese seien im Hinblick auf das Verschulden und die als erschwerend zu wertenden Vorstrafen milde bemessen; sie seien zudem tat- und schuldangemessen. Das Verwaltungsgericht sehe aber durch die inkriminierten Handlungen nicht mehrere einzelne Delikte, sondern ein fortgesetztes Delikt verwirklicht. Für dieses eine Delikt werde aus den bereits von der belangten Behörde dargelegten Gründen insgesamt eine Strafe in der Höhe von EUR 500,-- verhängt.

6 D. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die revisionswerbende Behörde bringt im Wesentlichen vor, dass, um vom Vorliegen eines fortgesetzten Delikts ausgehen zu können, beim Täter das Vorhandensein eines Gesamtvorsatzes notwendig sei. Vorliegend könne aber ein Gesamtziel, das durch die 31 Zusendungen erreicht werden sollte, nicht erkannt werden. Vielmehr stellten sich die zahlreichen Zusendungen als Ausfluss der Außerachtlassung der notwendigen Sorgfalt bei der Implementierung eines tauglichen Kontrollsystems dar, sodass dem Erstmitbeteiligten ein fahrlässiges Organisationsverschulden anzulasten sei, aber keinesfalls ein vorsätzliches Handeln. Auch könne aufgrund der automatisierten Zusendung der E-Mails jeweils ein - wenn auch bedingter Vorsatz - bezüglich der einzelnen E-Mail-Zusendungen nicht vorliegen. Die Automatisierung der Newsletterzusendung sei allenfalls als Entschluss zu sehen, eine Reihe gleichartiger strafbarer Handlungen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu begehen, was jedoch nicht ausreiche, um einen subjektiven Fortsetzungszusammenhang zu begründen.

7 Wolle man im vorliegenden Fall dennoch ein fortgesetztes Delikt verwirklicht sehen, so sei die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Bestrafung keinesfalls tat- und schuldangemessen. Das Verwaltungsgericht, das meritorisch zu entscheiden habe, sei befugt, unter Beachtung des Verbots der Verhängung einer strengeren Strafe die als erwiesen angesehene Tat einer anderen rechtlichen Subsumtion zu unterziehen und die Strafe damit einhergehend neu zu bemessen, woraus folge, dass "vorliegend eine Geldstrafe von bis zu 15.000 Euro an sich zulässig gewesen wäre", weil erst bei einer Überschreitung dieses Betrags das Verbot der reformatio in peius schlagend geworden wäre. Die 31 Zusendungen wären als verstärkte Tatbestandsmäßigkeit erschwerend zu werten gewesen, und daher wäre unter Beachtung der Grundsätze der Strafbemessung nach § 19 VStG eine wesentlich strengere Strafe zu verhängen gewesen, wobei diese aus Sicht der revisionswerbenden Behörde unter Bedachtnahme auf die einschlägigen Vorstrafen durchaus im Bereich zwischen 15 und 20 Prozent der gesetzlichen Höchststrafe von 37.000 Euro anzusiedeln gewesen wäre.

8 E. Der Erstmitbeteiligte und die Zweitmitbeteiligte traten der Revision in ihrer Revisionsbeantwortung entgegen.

II. Rechtslage

9 A. Art 13 der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation, ABl 2002/L 201/37 idF ABl 2006/L 105/54, lautet auszugsweise:

"Artikel 13

Unerbetene Nachrichten

...

(3) Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen, um - gebührenfrei für die Teilnehmer - sicherzustellen, dass außer in den in den Absätzen 1 und 2 genannten Fällen unerbetene Nachrichten zum Zweck der Direktwerbung, die entweder ohne die Einwilligung der betreffenden Teilnehmer erfolgen oder an Teilnehmer gerichtet sind, die keine solchen Nachrichten erhalten möchten, nicht gestattet sind; welche dieser Optionen gewählt wird, ist im innerstaatlichen Recht zu regeln.

..."

10 B. Die hier einschlägigen Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 2003 (TKG), BGBl I Nr 70/2003 idF BGBl I Nr 102/2011 (§ 107) und BGBl I Nr 134/2015 (§ 109), lauten auszugsweise:

"Unerbetene Nachrichten

§ 107. ...

(2) Die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich

SMS - ist ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, wenn

1. die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder

2. an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist.

(3) Eine vorherige Zustimmung für die Zusendung

elektronischer Post gemäß Abs. 2 ist dann nicht notwendig, wenn

1. der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht im

Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine

Kunden erhalten hat und

2. diese Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche

Produkte oder Dienstleistungen erfolgt und

3. der Empfänger klar und deutlich die Möglichkeit erhalten

hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation bei

deren Erhebung zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und

problemlos abzulehnen und

4. der Empfänger die Zusendung nicht von vornherein,

insbesondere nicht durch Eintragung in die in § 7 Abs. 2 E-

Commerce-Gesetz genannte Liste, abgelehnt hat.

(5) Die Zusendung elektronischer Post zu Zwecken der

Direktwerbung ist jedenfalls unzulässig, wenn

1. die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die

Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird, oder

2. die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 E-Commerce-Gesetz

verletzt werden, oder

3. der Empfänger aufgefordert wird, Websites zu besuchen,

die gegen die genannte Bestimmung verstoßen oder

4. keine authentische Adresse vorhanden ist, an die der

Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann.

(6) Wurden Verwaltungsübertretungen nach Absatz 1, 2 oder 5 nicht im Inland begangen, gelten sie als an jenem Ort begangen, an dem die unerbetene Nachricht den Anschluss des Teilnehmers erreicht.

...

Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 109. ...

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 37 000 Euro zu bestrafen, wer

...

20. entgegen § 107 Abs. 2 oder 5 elektronische Post zusendet;

..."

11 C. Die maßgeblichen Bestimmungen des VStG, BGBl Nr 52/1991 (in dieser Fassung § 5), idF BGBl I Nr 3/2008 (§ 9) und BGBl I Nr 33/2013 (§§ 19, 22), lauten auszugsweise:

"Schuld

§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

...

Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

...

(7) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

...

Strafbemessung

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 44 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

...

Zusammentreffen von strafbaren Handlungen

§ 22. (1) Soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, ist eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

(2) Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen. Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen."

D. § 32 StGB idF BGBl Nr 762/1996 lautet:

"Strafbemessung

Allgemeine Grundsätze

§ 32. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist die Schuld des Täters.

(2) Bei Bemessung der Strafe hat das Gericht die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auch auf die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft Bedacht zu nehmen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte.

(3) Im allgemeinen ist die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet hat oder die er zwar nicht herbeigeführt, aber auf die sich sein Verschulden erstreckt hat, je mehr Pflichten er durch seine Handlung verletzt, je reiflicher er seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sie vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat und je weniger Vorsicht gegen die Tat hat gebraucht werden können."

III. Erwägungen

12 A. Die Revision erweist sich, wie sich aus dem Folgenden ergibt, im Interesse der Klarstellung der Rechtslage sowie angesichts einer Abweichung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als zulässig und als teilweise begründet.

13 B.1. Nach § 107 Abs 2 iVm § 109 Abs 3 Z 20 TKG ist, wer elektronische Post (einschließlich SMS) ohne vorherige Einwilligung des Empfängers zusendet, wenn 1. die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt (Z 1) oder 2. an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist (Z 2), mit einer Geldstrafe bis zu 37.000 Euro zu bestrafen. Mit der Bestimmung des § 107 Abs 2 TKG wird die Vorgabe des Art 13 Abs 3 der Richtlinie 2002/58 umgesetzt.

14 Der Begriff "Direktwerbung" im Sinne des § 107 Abs 2 TKG ist im Lichte der Erfahrungen und Bedürfnisse der Praxis zu sehen und daher weit zu interpretieren (vgl etwa VwGH vom 26. Juni 2013, 2012/03/0089; VwGH vom 19. Dezember 2013, 2011/03/0198). Mit den Straftatbeständen des § 109 Abs 3 TKG sollen ua Verhaltensweisen sanktioniert werden, durch die Einflussmöglichkeiten auf die Marktsituation missbraucht werden. Dem Unrechtsgehalt dieser Tatbestände entsprechend soll mit der Festsetzung eines hohen Strafrahmens eine generalpräventive Wirkung erzielt werden (ErläutRV 128 BlgNR 22. GP , 21).

15 B.2. Für das Verwaltungsstrafverfahren gilt beim Zusammentreffen mehrerer Verwaltungsübertretungen, anders als im gerichtlichen Strafverfahren, nach § 22 Abs 2 erster Satz VStG das Kumulationsprinzip. Danach ist grundsätzlich jede gesetzwidrige Einzelhandlung, durch die der Tatbestand verwirklicht wird, als Verwaltungsübertretung zu bestrafen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs beim fortgesetzten Delikt bzw beim Dauerdelikt (vgl etwa VwGH vom 24. September 2014, Ra 2014/03/0023, mwH; VwGH vom 3. April 2008, 2007/09/0183). Ein fortgesetztes Delikt liegt vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten (VwGH vom 25. August 2010, 2010/03/0025; VwGH vom 29. Jänner 2009, 2006/09/0202; VwGH vom 18. September 1996, 96/03/0076). Als objektive Voraussetzungen für das Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes müssen sowohl gleichartige Einzelhandlungen als auch ein Angriff auf dasselbe Rechtsgut gegeben sein, und die einzelnen Handlungen dürfen nicht durch einen zu großen Zeitraum unterbrochen werden. Darüber hinaus müssen die Einzelakte im Sinne der subjektiven Komponente von einem einheitlichen Willensentschluss getragen sein (VwGH vom 14. Jänner 1993, 92/09/0286; VwGH vom 16. März 2011, 2009/08/0056 (VwSlg 18.081 A/2011)).

16 Die neben der Gleichartigkeit der äußeren Umstände auch auf das Merkmal des einheitlichen Willensentschlusses abstellende Betrachtungsweise ist dabei nicht nur auf die "fortgesetzten" Delikte in der engeren Bedeutung dieses Wortes, sondern auch auf gleichzeitig gesetzte Einzelhandlungen anzuwenden. Darüber hinaus wird bei der Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts grundsätzlich nicht die Identität des Angriffsobjekts gefordert, es sei denn, es handelt sich um höchstpersönliche Rechtsgüter wie Leben, Ehre oder Gesundheit. Wie groß der Zeitraum zwischen den einzelnen Tathandlungen sein darf, um noch von einem fortgesetzten Delikt sprechen zu können, ist von Delikt zu Delikt verschieden und hängt im besonderen Maß von den Umständen des Einzelfalls ab. Entscheidend ist, dass die einzelnen Tathandlungen von einem einheitlichen Willensentschluss getragen werden (VwGH vom 15. September 2006, 2004/04/0185; VwGH vom 18. September 1996, 96/03/0076). Der einheitliche Willensentschluss bzw das Gesamtkonzept des Täters ist der Entschluss, sich fortgesetzt in bestimmter Weise rechtswidrig zu verhalten, und muss alle vom Täter gesetzten Einzelhandlungen umfassen. Es handelt sich dabei um nicht mehr als ein Motiv zu wiederholtem, gleichartigem deliktischem Handeln (VwGH vom 22. März 2016, Ra 2016/02/0031). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in Bezug auf einen ähnlich gelagerten Sachverhalt wie den vorliegenden ausgesprochen, dass die Übersendung mehrerer SMS-Nachrichten in einem engen zeitlichen Zusammenhang an denselben Empfänger als Teilakte eines fortgesetzten Delikts beurteilt werden können (VwGH vom 24. März 2010, 2008/03/0132). Hingegen kommt es nicht darauf an, ob die Zusendung von E-Mails automatisiert wurde und ein unmittelbarer Willensentschluss daher nicht bei jeder Versendung erforderlich ist. Die Automatisierung von Prozessabläufen entbindet die mitbeteiligte Partei nicht von der Beachtung der die unternehmerische Tätigkeit regelnden Verwaltungsvorschriften; richtet sie den Geschäftsbetrieb so ein, dass Übertretungen von Verwaltungsvorschriften auf Grund der vorgenommenen Automatisierung nicht vermeidbar sind, so kommt dies dem allgemeinen Entschluss gleich, eine Reihe gleichartiger strafbarer Handlungen bei sich bietenden Gelegenheiten zu begehen (vgl - im Hinblick auf SMS-Zusendungen - VwGH vom 25. Februar 2004, 2003/03/0284).

17 B.3. Der Oberste Gerichtshof, der die Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts für den Bereich des gerichtlichen Strafrechts in seiner jüngeren Rechtsprechung aufgegeben hat, hat die dem Kerngedanken dieser Rechtsfigur zugrundeliegenden Fälle der einfachen Tatbestandsverwirklichung, der wiederholten Tatbestandsverwirklichung und der fortlaufenden Tatbestandsverwirklichung unter dem Begriff der tatbestandlichen Handlungseinheit zusammengefasst (OGH (verstärkter Senat) vom 11. April 2007, 13 Os 1/07g, mwH). Von einer tatbestandlichen Handlungseinheit spricht man einerseits bei einfacher Tatbestandsverwirklichung, also der Erfüllung der Mindestvoraussetzungen des gesetzlichen Tatbestands, wozu insbesondere mehraktige Delikte und Dauerdelikte gehören (tatbestandliche Handlungseinheit im engeren Sinne). Andererseits liegt eine tatbestandliche Handlungseinheit auch dort vor, wo es nur um die Intensität der einheitlichen Tatausführung geht, demnach bei wiederholter Verwirklichung des gleichen Tatbestands im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs, also bei nur quantitativer Steigerung (einheitliches Unrecht) und einheitlicher Motivationslage (einheitliche Schuld), auch wenn höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Träger verletzt werden, sowie bei fortlaufender Tatbestandsverwirklichung, also der Annäherung an den tatbestandsmäßigen Erfolg durch mehrere Einzelakte im Fall einheitlicher Tatsituation und gleicher Motivationslage (tatbestandliche Handlungseinheit im weiteren Sinne; vgl OGH (verstärkter Senat) vom 11. April 2007, 13 Os 1/07g; OGH vom 22. September 2016, 12 Os 113/16h; OGH vom 17. November 2016, 12 Os 114/16f; Kienapfel/Höpfel/Kert, Strafrecht Allgemeiner Teil15 (2016) E 8 Rz 58 ff; Ratz, Vor §§ 28-31 StGB, Wiener Kommentar2, 2. Lfg (2011) Rz 88 f).

18 B.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar festgehalten, dass für die Annahme eines fortgesetzten Delikts in der Regel fahrlässige Begehungshandlungen, wie sie das Verwaltungsgericht hier angenommen hat, ausscheiden. Nur dann, wenn der Täter von vornherein - wenn auch nur mit bedingtem Vorsatz - einen Gesamterfolg mit seinen wesentlichen Merkmalen ins Auge gefasst hat, ist es gerechtfertigt, ihm nur eine einzige Straftat anzulasten. Das fortgesetzte Delikt kommt daher in der Regel nur im Bereich der Vorsatzdelinquenz in Betracht (VwGH vom 25. August 2010, 2010/03/0025).

19 Wenn in § 5 Abs 1 VStG angeordnet wird, dass zur verwaltungsstrafrechtlichen Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten "genügt", wird aber zum Ausdruck gebracht, dass Vorsatz und Fahrlässigkeit in einem normativen Stufenverhältnis des Mehr und Weniger stehen (vgl idS aus dem Blickwinkel des gerichtlichen Strafrechtes Burgstaller, § 6 StGB, in: Höpfl/Ratz (Hrsg), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch2, Rz 19 (2001)). Die Rechtsprechung zum fortgesetzten Delikt im Bereich der Vorsatztaten kann damit nicht zur Folge haben, dass im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz die wiederholte Begehung derselben Verwaltungsübertretung im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs stets allgemein zu einer separaten Bestrafung jeder einzelnen der wiederholt begangenen Taten zu führen hat. Damit würde nämlich der fahrlässige Täter - den zwar nach § 5 Abs 1 VStG das geringere Verschulden trifft, über den aber aufgrund der Häufung der einzelnen Strafen eine insgesamt höhere Strafsumme verhängt wird - im Ergebnis strenger bestraft werden können als der Vorsatztäter, den zwar im Sinne des § 5 Abs 1 VStG die schwerer wiegende Schuld trifft, über den aber - soweit er ein fortgesetztes Delikt verwirklicht hat - nur eine einzige Gesamtstrafe zu verhängen ist. Auf diese Weise würde dem Gesetz ein grober Wertungswiderspruch unterstellt, der dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden kann, wobei dieser Wertungswiderspruch zudem im Lichte des im Art 7 B-VG verankerten Gleichheitsgrundsatzes problematisch wäre (zur verfassungsrechtlichen Problematik vgl Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014) Rz 1084).

20 In dieselbe Richtung führt eine Betrachtung des für die Bemessung der Strafe maßgeblichen § 19 VStG. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Bemessung der Strafe eine Ermessensentscheidung ist (vgl dazu etwa VwGH (verstärkter Senat) vom 25. März 1980, 3273/78 (VwSlg 10.077 A/1980); VwGH vom 27. Jänner 2016, Ro 2015/03/0042, mwH). Diese ist nach den in § 19 VStG normierten Kriterien vorzunehmen.

21 Im Revisionsfall sind im Grunde des § 19 Abs 2 VStG überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Angesichts der ausdrücklichen Nennung des § 32 StGB in § 19 Abs 2 VStG sind zudem sinngemäß die in § 32 StGB normierten allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung maßgeblich, weshalb die in § 32 StGB als Grundlage für die Bestrafung normierte Schuld des Täters zu den in § 19 Abs 1 VStG genannten Kriterien der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat hinzutritt (vgl dazu Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, 2009, 439), zumal auch für den Bereich des Verwaltungsstrafrechtes im Lichte des § 5 VStG das Verschulden des Täters maßgeblich ist und aus der Perspektive des § 32 StGB der Erfolgsunwert als eine Komponente der Strafbemessungsschuld gesehen wird (vgl Ebner, § 32 StGB, in: Höpfel/Ratz (Hrsg), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch2, Rz 4 (2014); Wessely, in N.Raschauer/Wesely (Hrsg), VStG2, 2016, § 19 VStG, Rz 3). Wenn bezüglich der persönlichen Täterschuld die subjektive Schwere des Vorwurfs gegen den Täter maßgeblich ist (vgl dazu etwa Leukauf/Steiniger/Tipold, Strafgesetz Kommentar4, 2017, § 32, Rz 8), kann im Lichte des genannten Stufenverhältnisses von Vorsatz und Fahrlässigkeit bei sonst gleichartiger Konstellation ein fahrlässiges Verhalten zu keinem gravierenderen Vorwurf gegen den Täter führen als ein vorsätzliches Verhalten.

22 Daraus ergibt sich, dass im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz - nach Maßgabe der jeweiligen Eigenart des betroffenen Deliktes - im Verwaltungsstrafrecht sowohl die einfache Tatbestandsverwirklichung, also die Erfüllung der Mindestvoraussetzungen des gesetzlichen Tatbestands, insbesondere bei mehraktigen Delikten und Dauerdelikten, als auch die wiederholte Verwirklichung des gleichen Tatbestands im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs, also die nur quantitative Steigerung (einheitliches Unrecht) bei einheitlicher Motivationslage (einheitliche Schuld), auch wenn höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Träger verletzt werden, sowie schließlich die fortlaufende Tatbestandsverwirklichung, also die Annäherung an den tatbestandsmäßigen Erfolg durch mehrere Einzelakte im Fall einheitlicher Tatsituation und gleicher Motivationslage, als tatbestandliche Handlungseinheit beurteilt werden kann. Der hier zweitgenannte Fall der wiederholten Tatbestandsverwirklichung liegt dann vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie einer diesbezüglichen gesamtheitlichen Sorgfaltswidrigkeit des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Das Vorliegen einer tatbestandlichen Handlungseinheit hat zur Folge, dass der Täter nur eine Tat verwirklicht hat und für diese auch nur einmal zu bestrafen ist. Wie groß der Zeitraum zwischen den einzelnen Tathandlungen sein darf, um noch von einer tatbestandlichen Handlungseinheit sprechen zu können, ist von Delikt zu Delikt verschieden und hängt weiters im besonderen Maß von den Umständen des Einzelfalls ab.

23 B.5. Im vorliegenden Fall wurden zu mehreren Zeitpunkten vom Unternehmen der zweitmitbeteiligten Gesellschaft aus E-Mails zu Zwecken der Direktwerbung an eine Empfängerin ohne deren vorherige Einwilligung versendet, wobei sich der Zeitraum, in dem die E-Mails versendet wurden, vom 13. Jänner 2015 bis zum 11. März 2015 erstreckte. Die gegenständlichen E-Mails wurden in der Regel viermal wöchentlich versendet, also annähernd an jedem Werktag. Unter diesen Gesichtspunkten kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegengetreten werden, wenn es die im vorliegenden Sachverhalt verwirklichten Handlungen im Ergebnis (wenn auch mit einer von der Rechtslage abweichenden Begründung) als eine Tat beurteilt und über den Erstmitbeteiligten - auch ungeachtet der vom Verwaltungsgericht angenommenen bloß fahrlässigen Begehungsweise - sowie über die zweitmitbeteiligte Gesellschaft dafür nur eine Strafe verhängt hat. Im vorliegenden Fall stellt

§ 109 Abs 3 Z 20 TKG die Zusendung elektronischer Post entgegen

§ 107 Abs 2 oder 5 TKG unter Strafe. Der Tatbestand erfordert

nicht, jede einzelne Sendung als selbständige Tat zu bestrafen, sondern er lässt mit seiner "pauschalierenden" Tatbildformulierung auch den Schluss zu, dass unter den zuvor beschriebenen Voraussetzungen für die Annahme einer tatbestandlichen Handlungseinheit mehrere vorsätzlich oder fahrlässig begangene Einzeltaten nur als ein Delikt anzusehen sind.

24 Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der vom Gesetzgeber vergleichsweise sehr hoch angesetzten Höchststrafe für das hier begangene Delikt von 37.000 Euro. Der Gesetzgeber hat bei der Normierung des Delikts der unzulässigen Zusendung elektronischer Post nach § 107 Abs 2 iVm § 109 Abs 3 Z 20 TKG offenkundig mitberücksichtigt, dass dieses in der Praxis regelmäßig durch eine Mehrzahl wiederholter Einzelhandlungen begangen wird, weshalb der Verwaltungsbehörde die Möglichkeit gegeben werden soll, die Strafhöhe sowohl nach steigendem Ausmaß der versendeten E-Mails als auch nach wachsender Zahl der dadurch belästigten Empfänger schrittweise bis zur Obergrenze des gesetzlichen Strafrahmens zu erhöhen.

25 B.6. Vor diesem Hintergrund kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegen getreten werden, wenn es die im vorliegenden Sachverhalt verwirklichten, in ihrer Begehungsform gleichartigen, nach den äußeren Begleitumständen ähnlichen und zeitlich eng zusammenhängenden Einzeltaten als eine Tat beurteilt und - auch ungeachtet der vom Verwaltungsgericht angenommenen bloß fahrlässigen Begehungsweise - über den Erstmitbeteiligten sowie über die zweitmitbeteiligte Gesellschaft dafür nur eine Strafe verhängt hat. Somit zeigt die Revision insoweit - im Ergebnis - keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses auf.

26 C.1. Nach § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im für den Revisionsfall maßgeblichen ordentlichen Verfahren sind § 19 Abs 2 VStG zufolge überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Entscheidend für die Beurteilung des Unrechtsgehalts der Tat im Sinne des § 19 Abs 1 VStG ist nicht die abstrakte Wertigkeit des durch die verletzte Norm geschützten Rechtsguts - diese findet ihren Ausdruck bereits in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens - sondern das Ausmaß, in dem dieses Rechtsgut durch die in Rede stehende Tat konkret beeinträchtigt wurde. Die in § 19 Abs 1 VStG geforderte Beurteilung verlangt daher entsprechende konkrete Sachverhaltsfeststellungen (vgl etwa VwGH vom 2. Oktober 2012, 2011/21/0259).

27 C.2. Im gegenständlichen Fall hat das Verwaltungsgericht lediglich die Strafbemessungserwägungen der revisionswerbenden Behörde wiedergegeben, wonach nach der Auffassung der revisionswerbenden Behörde keine Milderungsgründe hervorgekommen wären, zwei Vorstrafen als erschwerend zu werten gewesen wären, und daher jeweils (also für jedes der vermeintlich 30 Delikte) Strafen in der Höhe von 500 Euro zu verhängen gewesen wären, die im Hinblick auf das Verschulden und die als erschwerend zu wertenden Vorstrafen milde bemessen sowie tat- und schuldangemessen wären. Weiters führte das Verwaltungsgericht aus, dass es durch die inkriminierten Handlungen nicht mehrere einzelne Delikte, sondern nur ein Delikt verwirklicht sehe, für welches aus den bereits von der revisionswerbenden Behörde dargelegten Gründen eine Strafe von 500 Euro verhängt würde. Damit allein hat das Verwaltungsgericht aber keine konkrete Beurteilung der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und der Intensität seiner Beeinträchtigung vorgenommen. Außerdem hat das Verwaltungsgericht unterlassen, die erforderlichen Feststellungen zu den nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründen, zum Ausmaß des Verschuldens sowie zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen und allfälligen Sorgepflichten des Beschuldigten zu treffen. Damit hat das Verwaltungsgericht seiner Verpflichtung nicht entsprochen, in der Begründung seiner Entscheidung die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl dazu VwGH vom 27. Jänner 2016, Ro 2015/03/0042, mwH).

28 Derart hat das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis in dem im Spruch bezeichneten Umfang, der vom Ausspruch über die Schuld getrennt werden kann (vgl dazu etwa VwGH (verstärkter Senat) vom 26. April 1979, 2261/77 (VwSlg 9828 A/1979); VwGH vom 25. April 1985, 84/02/0255; VwGH vom 27. Oktober 2014, Ra 2014/02/0053; VwGH vom 5. Oktober 2016, Ra 2015/04/0078), mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht festgestellt hat, dass im Unternehmen der Zweitmitbeteiligten kein Kontrollsystem bestanden habe, das überprüfte, ob eine E-Mail-Adresse, die dem Unternehmen in welcher Weise immer bekannt wurde, tatsächlich in der Verfügungsgewalt einer Person stand, die dem Erhalt von Zusendungen wie den verfahrensgegenständlichen E-Mails zugestimmt hat. Vor diesem Hintergrund kann aber nicht mehr ohne weiteres von einer bloß fahrlässigen Begehung ausgegangen werden, muss doch ein Unternehmer, der eine derartige Vorgangsweise bei der Versendung von Werbemails wählt, ernsthaft damit rechnen, dass diese Mails auch Personen erreichen werden, die keine vorherige Einwilligung zur Zusendung gegeben haben. Das Verwaltungsgericht wird daher im Rahmen der hier maßgeblichen Strafbemessung auch zu beurteilen haben, ob der Erstmitbeteiligte - indem er von der Einrichtung eines entsprechenden Kontrollsystems absah - es ernstlich für möglich hielt, dass es zu einer Zusendung unerbetener Nachrichten iSd § 107 TKG kommen werde und ihm damit (bedingt) vorsätzliche Tatbegehung zur Last liegt.

IV. Ergebnis

A. Das angefochtene Erkenntnis war daher in dem im Spruch ersichtlichen Umfang nach § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben. Im Übrigen war die Revision als unbegründet abzuweisen.

B. Ein Kostenersatz findet nicht statt, weil Mitbeteiligte nach § 47 Abs 3 VwGG Anspruch auf Aufwandersatz nur im Fall der Abweisung der Revision insgesamt haben. Wien, am 3. Mai 2017

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