VwGH 96/03/0076

VwGH96/03/007618.9.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 25. September 1995, Zl. UVS-03/P/06/01072/95, betreffend Übertretung der Wiener Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen-Betriebsordnung, zu Recht erkannt:

Normen

Taxi- Mietwagen- GästewagenbetriebsO Wr 1993 §19 Abs2;
Taxi- Mietwagen- GästewagenbetriebsO Wr 1993 §19 Abs3;
VStG §22 Abs1;
Taxi- Mietwagen- GästewagenbetriebsO Wr 1993 §19 Abs2;
Taxi- Mietwagen- GästewagenbetriebsO Wr 1993 §19 Abs3;
VStG §22 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer des Taxiunternehmens H-Gesellschaft m.b.H. zu verantworten, "daß S das Taxi W-1089TX am 10.8.1994 um 08.00 Uhr in W im Fahrdienst zur Verfügung hatte, obwohl dieses nicht mit einem ordnungsgemäßen, dem Muster der Anlage zu § 19 entsprechenden, am Dach des Fahrzeuges angebrachten Schild mit der Aufschrift "TAXI" gekennzeichnet war, da sich auf dem Schild außer der Aufschrift "TAXI" weitere Aufschriften - nämlich "Wiener Taxi"; "60160":

"Frei" und "Besetzt" - befanden". Der Beschwerdeführer habe dadurch § 19 Abs. 1 und 3 der Wiener Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen-Betriebsordnung in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Z. 6 Gelegenheitsverkehrsgesetz verletzt, weswegen gemäß § 14 Abs. 1 Z. 6 Gelegenheitsverkehrsgesetz über ihn eine Geldstrafe in Höhe von S 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 20 Stunden) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung u.a. dieser Beschwerde mit Beschluß vom 4. März 1996, B 3105/95-8 und Folgezahlen, ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In diesem Beschluß führte der Verfassungsgerichtshof (u.a.) aus:

"Die Beschwerden werfen aber insofern - und zwar schwergewichtig - auch verfassungsgesetzliche Fragen auf, als die Gesetzwidrigkeit der die angefochtenen Bescheide vornehmlich tragenden Verordnungsbestimmung behauptet wird. Ihr Vorbringen läßt jedoch im Hinblick auf die vom Landeshauptmann von Wien in seiner Stellungnahme zur Verteidigung der Rechtmäßigkeit der Norm vorgebrachten Argumente, die überzeugend für eine weitestgehende Einheitlichkeit von Taxischildern sprechen, die behauptete Rechtsverletzung als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Es ist davon auszugehen, daß der Verfassungsgerichtshof seinen Ablehnungs-Beschluß erst nach intensiven Studien des Falles und nach entsprechend sorgfältigen Überlegungen gefaßt hat (vgl. dazu Heller, Rechtsschutz und Ablehnung von Beschwerden, ÖJZ 1987, S. 582; vgl. etwa auch das

hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1989, Zl. 89/03/0145). Da der Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine zusätzlichen Gesichtspunkte hinsichtlich der Gesetzwidrigkeit der den angefochtenen Bescheid vornehmlich tragenden Verordnungsbestimmung aufzeigt und derartiges auch beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden ist, besteht für den Verwaltungsgerichtshof keine Veranlassung, ein Prüfungsverfahren hinsichtlich der den angefochtenen Bescheid vornehmlich tragenden Verordnungsbestimmung beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen.

§ 19 der Wiener Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen-Betriebsordnung, LGBl. Nr. 71/1993, (im folgenden: TBO) hat folgenden Wortlaut:

"(1) Taxikraftfahrzeuge müssen durch ein von innen beleuchtbares, gut sichtbares Schild (mindestens 230 x 90 mm) mit der von vorne als auch von hinten wahrnehmbaren Aufschrift "TAXI" gekennzeichnet sein. Die Beleuchtung darf nicht blenden. Das Schild ist auf der vorderen Hälfte des Daches senkrecht zur Längsmittelebene des Fahrzeuges symmetrisch zu dieser anzubringen. Bei Vorhandensein eines Schiebedaches kann dieses Taxischild unmittelbar nach dem Schiebedach angebracht sein. Die Aufschrift "TAXI" hat in gelber Schrift auf schwarzem Untergrund zu erfolgen. Die Buchstabenhöhe hat mindestens 60 mm und die Buchstabenbalkendicke mindestens 17 mm gemäß dem Muster der Anlage zu betragen.

(2) Die Verwendung von mehr als einem Taxischild gleichzeitig oder anderen zusätzlich angebrachten Schildern oder Zeichen am Wagendach im Fahrbetrieb ist nicht zulässig.

(3) Auf der Vorder- und Hinterseite des Taxischildes darf nur die Aufschrift "TAXI" angebracht werden. Andere Bezeichnungen, Namen sowie Zahlenkombinationen sind nicht zulässig.

(4) Aufschriften auf Taxikraftfahrzeugen, ..."

Schon nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 und § 19 Abs. 3 ERSTER SATZ TBO ergibt sich, daß auf dem Wagendach (im Fahrbetrieb) nur ein Taxischild verwendet werden darf, wobei auf der Vorder- und Hinterseite nur die Aufschrift "TAXI" angebracht werden darf (und die Aufschrift "TAXI" den Anforderungen des Abs. 1 zu entsprechen hat). Jeder Kennzeichnungszusatz, ob dieser die Kennzeichnung als "TAXI" zu beeinträchtigen vermag oder nicht, ist somit verboten. Die Regelung weicht insofern von der früheren Rechtslage ab, in der darauf abgestellt war, daß die Kennzeichnung nicht durch andere Aufschriften oder durch Bemalung beeinträchtigt werden durfte (vgl. § 25 Abs. 3 BO 1986). Die (nunmehrige) Regelung weist insofern auch Antwortcharakter - in Ansehung des zur früheren Rechtslage ergangenen hg. Erkenntnisse vom 13. Dezember 1989, Zl. 89/03/0151 - auf und läßt eine Auslegung im Sinne des vorzitierten hg. Erkenntnisses nicht mehr zu; derartiges - im Hinblick auf die diesbezügliche Eindeutigkeit des Wortlautes dieser Verordnungsstelle - auch nicht unter dem Gesichtspunkt der vom Beschwerdeführer angestrengten gesetzeskonformen Interpretation.

Insofern kommt es daher, anders als der Beschwerdeführer meint, auch nicht darauf an, ob Zusätze (wie die im spruchmäßigen Tatvorwurf genannten) die "erforderliche Kennzeichnung" zu beeinträchtigen vermögen oder nicht.

An diesem Ergebnis vermag auch nichts zu ändern, wenn in der Beschwerde begriffliche Unterschiede zwischen dem ersten und zweiten Satz des § 19 Abs. 3 TBO aufgezeigt werden. Es mag nun zutreffen, daß die Regelung als legistisch nicht geglückt anzusehen ist. Stellt doch der erste Satz des § 19 Abs. 3 TBO eine allgemeine Regel auf, nämlich das Verbot anderer Aufschriften als die Aufschrift "TAXI". Der Verwaltungsgerichtshof teilt dabei die Auffassung des Beschwerdeführers, daß der Begriff "Aufschrift" der weitere gegenüber den Begriffen "Bezeichnungen, Namen sowie Zahlenkombinationen" ist. Anders als der Beschwerdeführer meint, enthält der zweite Satz des § 19 Abs. 3 TBO aber nicht eine nähere Regelung dessen, was verboten ist. Das im zweiten Satz verwendete Wort "andere" setzt nämlich eine Gleichartigkeit (des Objektes) voraus. Eine Spezifizierung (hier im Sinne des Beschwerdevorbringens: dessen, was verboten ist) ist nicht etwas "anderes", sondern spricht Tatbestandstypen an, die zueinander im Verhältnis von Gattung und Art stehen. Der zweite Satz des § 19 Abs. 3 TBO kann daher nur so gelesen werden, daß er eine beispielhafte Aufzählung enthält, welche andere Aufschriften - als die nach dem ersten Satz allein zulässige Aufschrift "TAXI" - verboten sind (im Sinne von: andere Aufschriften wie). Eine andere Sicht würde überdies zu unlösbaren Wertungswidersprüchen führen, wie gerade das vom Beschwerdeführer herangezogene Bespiel zeigt, wonach "Achtung" weder eine Bezeichnung noch ein Name noch eine Zahlenkombination ist.

Die Beschwerde kann aber auch nicht zum Erfolg führen, wenn geltend gemacht wird, es gehe insofern um eine generelle Vorgangsweise, als alle "meine" Taxis mit Taxischildern ausgestattet seien, welche dem verfahrensgegenständlichen Taxischild entsprächen. Der Beschwerdeführer sucht daraus das Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes abzuleiten, weshalb die Erfassungswirkung des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Wien vom 6. Februar 1995, die den Tatzeitpunkt 1. November 1994 und damit einen späteren Zeitpunkt betreffe, welche die vorliegende Bestrafung unzulässig mache.

Tritt eine Reihe von gesetzwidrigen Handlungen zufolge der Gleichartigkeit der Begehungsform und der äußeren Begleitumstände, des engen zeitlichen Zusammenhanges und des diesbezüglichen Gesamtkonzeptes zu einer Einheit zusammen, dann manifestiert sich diese Einheit in der strafrechtlichen Figur des sogenannten fortgesetzten Deliktes. Die neben der Gleichartigkeit der äußeren Umstände vor allem auf das Merkmal des Vorliegens oder des Fehlens eines einheitlichen Willensentschlusses abstellende Betrachtungsweise wird dabei nicht nur für die "fortgesetzten" Delikte in der engeren Bedeutung dieses Wortes angewendet, sondern auch für gleichzeitig gesetzte Einzelhandlungen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. September 1992, Slg. N.F. Nr. 13.713/A, und die dort zitierte Vorjudikatur). Auch wird bei der Rechtsfigur des fortgesetzten Deliktes grundsätzlich die Identität des Angriffsobjektes nicht gefordert, es sei denn, es handelt sich um höchstpersönliche Rechtsgüter wie Leben, Ehre oder Gesundheit (vgl. nochmals das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 29. September 1992).

Dessen ungeachtet ist der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte "Gesamtvorsatz" nicht mehr als ein Motiv zu wiederholtem, gleichartigem deliktischem Tun (in diesem Sinne vgl. schon das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1977, Slg. N.F. Nr. 9368/A). Das Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes - auch im obigen weiten Sinne - muß auf eine entsprechende Tatbestandsauslegung zurückgehen. Sie findet ihre äußerste Grenze dort, wo der Tatbestandswortlaut eine einheitliche Subsumtion (der Einzelhandlungen als eine einheitliche Tatbestandsverwirklichung) nicht mehr zuläßt (vgl. Schmoller,

Zur aktuellen Diskussion um das "fortgesetzte Delikt", ÖRZ 1989, 207 ff und 230 ff, insbesondere 233 sowie FN 15 und 16). Letzteres trifft auf den Beschwerdefall zu, liegt ein Zuwiderhandeln gegen die Vorschrift des § 19 Abs. 3 TBO - dem objektiven Tatbestand nach - doch dann vor, wenn ein Taxi verwendet wird, das den dort genannten Kennzeichnungsvorschriften widerspricht. Es wird also auf die Verletzung der Schutzvorschrift durch Verwendung des - einzelnen - Taxis abgestellt.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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