Normen
AVG §7 Abs1 Z3;
AVG §7 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs2;
EMRK Art10;
AVG §7 Abs1 Z3;
AVG §7 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs2;
EMRK Art10;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahr 1970 geborene Beschwerdeführer steht als Amtsdirektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war bis zu seiner mit Bescheid vom 10. Februar 2009 erfolgten Suspendierung als "Teamexperte/Prüfer" im Finanzamt X tätig.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer wie folgt für schuldig erkannt und über ihn eine Disziplinarstrafe verhängt (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Der Beamte HB ist schuldig
1) die am 16. November 2005 durch den Vorstand des Finanzamtes X schriftlich erteilte Weisung, sofort in seinem Büro zu erscheinen, vorsätzlich nicht befolgt zu haben,
2) durch die Abfassung von E-Mails an den Vorstand des Finanzamtes X, Dr. T, die auch an Herrn JM, Herrn HW sowie an die Rechtsanwältin, Fr. Dr. E, bzw. das E-Mail vom 20.12.2005, auch an Herrn HS übermittelt wurden durch nachstehend angeführte Textpassagen
am 19.12.2005
'Deine Mobbingversuche verstehe ich nicht, aber Du wirst schon wissen was Du machst.' bzw. .'...und der Tatsache, dass Du deine Position als Vorstand des Finanzamtes bis jetzt nur gegen mich verwendet und nichts zur Herstellung eines guten Einvernehmens veranlasst hast, lässt mich nun zu der Schlussfolgerungen, dass Du als Amtsvorstand nicht geeignet bist. Du gehst nicht nur mit mir so um, sondern auch mit allen die Dir unlieb sind. Da ich auch die Erfahrung machen musste, dass Du sowohl fachlich (immer auf andere Personen angewiesen bist), fordere ich Dich daher auf, all Deine Funktionen im Finanzamt X mit sofortiger Wirkung zurückzulegen und dass Du Dich wieder zurück in den UFS bzw. ins Zollamt versetzen lässt. Hier richtest Du noch mehr schaden an.',
am 20.12.2005
'....warte noch immer auf Dein E-Mail, dass Du als Amtsvorstand endlich zurücktretest und Dich der momentanen Rücktrittswelle, die bei der Tir. Landesregierung besteht, anschließt. Nütze also die Gelegenheit.',
am 9.1.2006
'Offensichtlich hast Du Dir das persönlich in Deiner Phantasie zusammengereimt und ein psychisches Problem. Dies bestätigt wieder, dass Du als Vorstand NICHT geeignet bist. Du bist nicht in der Lage ein Amt zu führen. Ich fordere Dich daher noch einmal mit Nachdruck auf, als Vorstand zurück zu treten, um nicht noch mehr Schaden anzurichten, da Du auch mit anderen KollegInnen unter Ausnützung deiner Autorität so umgehst, die Dir nicht zu Gesicht stehen. Du hast weder fachliche Fähigkeiten, noch Fähigkeiten in der Menschenführung, die man für einen Vorstandsposten dringend benötigen würde. Dort wo Du hergekommen bist hast Du dies auch nie gebraucht, folgedessen, wäre es besser für uns alle, wenn Du wieder zum Zoll/UFS schleunigst zurückkehrst.' bzw. 'Deine Versuche, meine Frau, Dr. GW, mit hineinzuziehen und sie dabei auf eine sehr unangenehme Art und Weise mehrmals belästigt hast'.,
die dem Beamten gebotene sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben verletzt.
3) am 13.9.2006 um ca. 12:30 Uhr an einem öffentlichen Ort (vom Finanzamt in Richtung Innenstadt, etwa zur Hälfte zwischen Gasthof G und Tabaktrafik) am Gehsteig den Fachvorstand des Finanzamtes X, HR Mag. BK, lautstark verbal und körperlich attackiert zu haben, indem er diesen an dessen Hosengürtel gezerrt hatte.
Der Beamte HB hat dadurch schuldhaft im Sinne des § 91 BDG ad 1) gegen die Dienstpflicht des § 44 Abs. 1 BDG verstoßen,
wonach der Beamte verpflichtet ist, seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen
ad 2) gegen die Dienstpflicht des § 43 Abs. 2 BDG verstoßen, wonach der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt und zusätzlich auch
ad 3) gegen die Dienstpflicht des § 43 Abs. 2 BDG verstoßen, wonach der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
...
Es wird daher über Herrn HB gemäß § 126 Abs. 2 BDG iVm § 92 BDG die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von EUR 6.000,00 - (in Worten) Euro sechstausend - verhängt.
Der Disziplinarbeschuldigte hat gemäß § 117 Abs. 2 BDG die Verfahrenskosten im Ausmaß der gesondert festzustellenden Reise- und Gutachtergebühren zu ersetzen."
In der Begründung stellte die belangte Behörde den Verfahrensgang des Disziplinarverfahrens dar und zitierte ausführlich aus dem erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis. Daraus geht zusammengefasst hervor, dass die Behörde erster Instanz insbesondere nach Einholung von Erklärungen des Dienststellenausschusses beim Finanzamt X zur disziplinären Verfolgung des Beschwerdeführers im Hinblick auf seine Funktion als Personalvertreter, nach Fassung von Einleitungsbeschlüssen einschließlich der Anrufung der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt, sowie nach Fassung eines Verhandlungsbeschlusses sowie nach mehrfacher Ablehnung von Mitgliedern der Behörde der Disziplinarkommission erster Instanz durch den Beschwerdeführer, nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage seiner Schuldfähigkeit aus psychiatrischer Sicht und nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis gelangt war, dass der Beschwerdeführer der ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen im Hinblick auf die Würdigung der Zeugenaussagen bei der mündlichen Verhandlung schuldig zu sprechen war. Die belangte Behörde gab im angefochtenen Bescheid auch den ausführlichen Berufungsschriftsatz des Beschwerdeführers wieder, in welchem er insbesondere die Befangenheit von Mitgliedern, die Missachtung von Beweisanträgen sowie die aus seiner Sicht unrichtige Beweiswürdigung geltend gemacht hatte.
Die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers begründete die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen damit, dass die vorliegende Disziplinarangelegenheit gemäß § 94 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) im Hinblick darauf nicht verjährt sei, als es infolge des § 94 Abs. 2 Z. 2 BDG 1979 sowie infolge des § 94 Abs. 3 Z. 1 BDG 1979 zu mehrmaligen Hemmungen des Ablaufes der Verjährungsfrist gemäß § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 gekommen sei, eine Verjährung sei im Hinblick auf keine der drei im angefochtenen Bescheid vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen gegeben.
Zum Berufungsvorwurf der unrichtigen Zusammensetzung des Senates der Behörde erster Instanz wies die belangte Behörde darauf hin, dass diese auf Befangenheitserklärungen von einzelnen Mitgliedern zurückzuführen sowie letztlich im Hinblick darauf mit der Geschäftseinteilung konform gewesen sei. Die vom Beschwerdeführer behauptete Befangenheit des Vorsitzenden der Behörde erster Instanz sei nicht gegeben.
Die belangte Behörde erachtete auch die Beweiswürdigung des maßgeblichen Sachverhaltes durch die Behörde erster Instanz als zutreffend, der Beschwerdeführer habe in der Berufung keine stichhaltigen Gründe dargelegt, diese in Zweifel zu ziehen.
Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, dass es sich beim Fehlverhalten des Beschwerdeführers um schwer wiegende Dienstpflichtverletzungen handle, die geeignet seien, im Hinblick auf § 43 Abs. 2 BDG 1979 das Vertrauen der Allgemeinheit in die Dienstverrichtung des Beschwerdeführers nachhaltig zu erschüttern sowie das Betriebsklima an der Dienststelle des Beschwerdeführers zu beeinträchtigen. Ein Verstoß gegen eine rechtswirksam erteilte dienstliche Weisung sei als beträchtlich einzustufen, zählten Verletzungen der Dienstpflicht gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 doch zu den schwerwiegenden Verfehlungen gegen die grundlegendsten Pflichten im Rahmen eines jeden Beamtenverhältnisses. Denn es sei die Befolgung dienstlicher Weisungen für den reibungslosen, ordnungsgemäßen und effizienten Ablauf des Dienstes und die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit eines jeden Dienstbetriebes unverzichtbar. Ob das Missachten dienstlicher Weisungen negative Folgen welcher Art auch immer nach sich gezogen habe oder nicht, sei bei der Beurteilung der Schwere solcher Verfehlungen nicht ausschlaggebend. Das dem Beschwerdeführer gemäß Spruchpunkt 1) zur Last gelegte Fehlverhalten sei somit als überaus gravierende disziplinäre Verfehlungen zu werten und diese Dienstpflichtverletzung stelle die schwerste Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 93 Abs. 2 BDG 1979 dar, nach der die Disziplinarstrafe zu bemessen sei, wobei die Dienstpflichtverletzungen nach den Spruchpunkten 2) und 3) als Erschwerungsgründe zu werten seien. Die dem Beschwerdeführer angelasteten Dienstpflichtverletzungen beträfen den Kernbereich seiner Dienstpflichten und seien alle als besonders schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen zu werten, durch welche der Beschwerdeführer das ihm vom Dienstgeber entgegen gebrachte Vertrauen gröblichst verletzt habe. Hieraus ergebe sich bereits auf Grund der objektiven Schwere dieser Dienstpflichtverletzungen ein Strafrahmen, der von einer spürbaren Geldstrafe grundsätzlich auch bis zur Disziplinarstrafe der Entlassung reiche. Die von der Behörde erster Instanz ausgesprochene Geldstrafe in der Höhe von EUR 6.000,-- befinde sich am unteren Rand eines so ermittelten Strafrahmens. Innerhalb des Schuldrahmens dürfe jedoch keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezialprävention notwendig erscheine. Dem Beschwerdeführer sei mildernd lediglich zugute zu halten, dass er disziplinarrechtlich unbescholten sei. Die Länge des Disziplinarverfahrens sei wesentlich auf das Verhalten des Beschwerdeführers im Disziplinarverfahren selbst zurückzuführen. Als erschwerend falle ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer eine Mehrzahl von Dienstpflichtverletzungen über einen längeren Zeitraum begangen habe. Die festgesetzte Höhe der Geldstrafe sei erforderlich, um den Beschwerdeführer in Zukunft von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.
Die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung sei im Hinblick darauf nicht erforderlich gewesen, als der Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt sei (§ 125a Abs. 3 Z. 5 BDG 1979). Auch die Einvernahme weiterer vom Beschwerdeführer beantragter Zeugen sei nicht erforderlich gewesen, weil diese keine Angaben infolge eigener Wahrnehmungen der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen machen hätten können.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Ablehnung und Abtretung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof (Beschluss vom 9. Juni 2011, B 1636/10-9), und nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, in der Fassung vor der Dienstrechts-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 147, (BDG 1979), lauten:
"Allgemeine Dienstpflichten
§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
...
Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten
§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.
(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.
(3) Hält der Beamte eine Weisung eines Vorgesetzten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so hat er, wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt.
...
Dienstpflichtverletzungen
§ 91. Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.
Disziplinarstrafen
§ 92. (1) Disziplinarstrafen sind
1. der Verweis,
2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben
Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,
3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen
unter Ausschluss der Kinderzulage, und
4. die Entlassung.
...
Strafbemessung
§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
...
Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten und Absehen von der mündlichen Verhandlung
§ 125a. (1) ...
(2) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinarsenat kann ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn der Sachverhalt infolge Bindung an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils eines Strafgerichtes oder eines Straferkenntnisses eines unabhängigen Verwaltungssenates zu Grunde gelegte Tatsachenfeststellung hinreichend geklärt ist.
(3) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der
Disziplinaroberkommission kann ungeachtet eines Parteienantrages
Abstand genommen werden, wenn
1. die Berufung zurückzuweisen ist,
2. die Angelegenheit an die erste Instanz zu verweisen
ist,
3. ausschließlich über eine Berufung gegen die
Auferlegung eines Kostenersatzes zu entscheiden ist,
4. sich die Berufung ausschließlich gegen die
Strafbemessung richtet oder
5. der Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung
mit der Berufung geklärt erscheint."
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid zunächst deswegen für rechtswidrig, weil die in Rede stehenden Vorwürfe in einem unauflösbaren Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Personalvertreter stünden. Der Dienststellenausschuss habe seiner Verfolgung jedoch keine Zustimmung gemäß § 28 des Personalvertretungsgesetzes des Bundes (PVG) gegeben. Daher sei das Disziplinarverfahren als solches rechtswidrig und verletze den Beschwerdeführer in seinen subjektiven Rechten.
Dieser Vorwurf trifft nicht zu. Nach der Aktenlage hat nämlich der Dienststellenausschuss beim Finanzamt X in seiner Sitzung vom 27. Juni 2007 den Beschluss gefasst, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der ihm mit dem angefochtenen Bescheid vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen nicht als Personalvertreter gehandelt habe; der Beschwerdeführer sei sohin in dieser Hinsicht "zur disziplinären Verfolgung gem. § 28 PVG freizugeben".
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, am 16. November 2005 die Weisung des Vorstandes seines Finanzamtes erhalten zu haben, sofort in dessen Büro zu erscheinen. Er meint aber, er sei am maßgeblichen Tag als Personalvertreter tätig gewesen und hätte die Weisung daher nicht befolgen müssen. Mit diesem im Übrigen unsubstanziierten Einwand zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Angesichts des im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbot kann der belangten Behörde kein Vorwurf gemacht werden, sie hätte eine solche Verantwortung außer Acht gelassen, die Berufung enthält diesbezüglich eine abweichende Verantwortung, nämlich dass sich der Beschwerdeführer an dem maßgeblichen Tag auf Urlaub befunden hätte.
Auch soweit der Beschwerdeführer meint, die Behörde hätte die ihm in den Spruchpunkten 2) und 3) vorgeworfenen Verhaltensweisen nicht als Verstöße gegen die Dienstpflicht des § 43 Abs. 2 BDG 1979 werten dürfen, ist nicht begründet, weil diese Verhaltensweisen ganz offensichtlich geeignet sind, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner Dienstpflicht zu beeinträchtigen.
Zwar handelt es sich bei dem inkriminierten an den Vorstand des Finanzamtes X gerichteten Text um eine Meinungsäußerung, die grundsätzlich auch dem Schutz des Art. 10 EMRK unterliegt. Es handelt sich hier jedoch nicht um eine mit Fakten verbundene Kritik etwa eines Personalvertreters, sondern um unsachliche und herabwürdigende Äußerungen und persönliche Angriffe, um bloße negative Werturteile, hinsichtlich dessen sich der Beschwerdeführer auch nicht auf seine Tätigkeit als Personalvertreter berufen kann (vgl. zur Zulässigkeit der Sanktionierung wegen derartiger Meinungsäußerungen etwa Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention, 5. Auflage 2012, RandZlen. 18 ff, und etwa die Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 22. Oktober 2007 (Große Kammer) im Fall Lindon, Otchakovsky-Laurens und July
v. France, Nr. 21279/02 und 36448/02, Rdnr. 44 ff, und vom 17. Juli 2008 im Fall Schmidt gegen Österreich, Nr. 513/05, Rdnr. 35 ff).
Auch die im Anschuldigungspunkt 3) umschriebenen lautstarken verbalen und körperlichen Attacken gegen einen leitenden Beamten des Finanzamtes X in der Öffentlichkeit wurden im vorliegenden Fall ohne Rechtsirrtum als Verletzungen der Dienstpflicht des § 43 Abs. 2 BDG 1979 gewertet. Der Tathergang wurde diesbezüglich von den Disziplinarbehörden auf schlüssige Weise festgestellt und es kann kein Zweifel bestehen, dass ein derartiges Verhalten eines Beamten geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben von Beamten gravierend in Frage zu stellen.
In seinem Erkenntnis vom 16. Oktober 2008, Zl. 2007/09/0012, führte der Verwaltungsgerichtshof zu den §§ 93 ff BDG 1979 idF vor der Dienstrechtsnovelle 2008 wie folgt aus:
"Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, wurde von dem in der früheren Judikatur entwickelten 'Untragbarkeitsgrundsatz' abgegangen und betont, dass § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 die Schwere der Dienstpflichtverletzung als 'Maß für die Höhe der Strafe' festlegt. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der 'Strafbemessungsschuld' des Strafrechtes. Für die Strafbemessung ist danach sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend wie auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 BlgNR
14. GP 83). Das objektive Gewicht der Tat (der 'Unrechtsgehalt') wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB - wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt. Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Beurteilung der Schwere einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 als gravierend ins Gewicht fällt, wenn ein Beamter durch die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen gerade jene Werte verletzt, deren Schutz ihm in seiner Stellung oblag (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. November 2001, Zl. 2000/09/0021). An dieser Auffassung hat sich auch durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, nichts Grundsätzliches geändert. Hinsichtlich des Grades des Verschuldens ist nach dem gemäß § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 zu berücksichtigenden § 32 StGB darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen nahe liegen können.
Für die Strafbemessung im engeren Sinn ist weiters zu prüfen, inwieweit eine Disziplinarstrafe erforderlich ist, um den Täter von der weiteren Begehung von Dienstpflichtverletzungen abzuhalten; ferner sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe iS der §§ 33 ff StGB zu berücksichtigen, die nicht die Tatbegehungsschuld betreffen, also im Zeitpunkt der Tatausübung noch nicht vorhanden waren, wie etwa die seither verstrichene Zeit, Schadenswiedergutmachung oder das reumütige Geständnis. Wiegt die Dienstpflichtverletzung besonders schwer - insbesondere unter Berücksichtigung des objektiven Unrechtsgehalts der Tat - so kann von der Verhängung einer hohen (der höchsten) Disziplinarstrafe allerdings nur abgesehen werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen oder wenn keine spezialpräventiven Gründe die Verhängung einer Strafe in diesem Ausmaß gebieten.
..."
Gleichartige Formulierungen finden sich in den hg. Erkenntnissen vom 15. Mai 2008, Zl. 2006/09/0073, 16. Oktober 2008, Zl. 2007/09/0136, 20. November 2008, Zl. 2006/09/0242, 24. Juni 2009, Zl. 2006/09/0108, 31. Juli 2009, Zl. 2008/09/0223, 16. September 2009, Zl. 2008/09/0360, 15. Oktober 2009, Zlen. 2008/09/0004, 2008/09/0005, 2008/09/0332, 2009/09/0003, und etwa im hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2012, Zl. 2009/09/0187.
Der Beschwerdeführer hält auch die gegen ihn verhängte Disziplinarstrafe für überhöht. Auch diesem Vorwurf kann nicht gefolgt werden, die Behörde erster Instanz sowie auch die belangte Behörde haben vielmehr auf nachvollziehbare und auf eine in Übereinstimmung mit der oben dargestellten Rechtslage des § 93 Abs. 1 BDG 1979 in der Fassung vor der Dienstrechts-Novelle 2008, übereinstimmende Weise begründet, dass die Verhängung der erheblichen Geldstrafe als Disziplinarstrafe erforderlich war, um den Beschwerdeführer von der Begehung zukünftiger Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.
Soweit in der Beschwerde weiters geltend gemacht wird, die belangte Behörde sei nicht auf eine in der Geschäftsordnung (gemeint: Geschäftseinteilung) entsprechende Weise zusammengesetzt gewesen, so zeigt die Beschwerde mit dieser völlig unsubstanziierten Behauptung keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der in der Beschwerde nicht näher substanziierte Vorwurf von Verfahrensmängeln des Verfahrens vor der belangten Behörde ist nicht nachvollziehbar. Letztlich ist auch eine in der Beschwerde angesprochene Befangenheit des Vorsitzenden der Behörde erster Instanz nicht zu erkennen. Der bloße Umstand, dass der Vorsitzende gegenüber einem Zeugen das Du-Wort verwendet hat, bedeutet nicht seine Befangenheit (vgl. etwa dazu die hg. Erkenntnisse vom 22. Dezember 2004, Zl. 2004/12/0088, und vom 28. Februar 2012, Zl. 2012/09/0006).
Der Beschwerdevorwurf, dass der Vorsitzende der Behörde erster Instanz dem Beschwerdeführer Akteneinsicht in die Akten der belangten Behörde verwehrt hätte, ist letztlich ebenfalls nicht nachvollziehbar.
Nach dem Gesagten ist sohin nicht zu erkennen, inwiefern der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden wäre, die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am 6. September 2012
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