VwGH 2008/09/0005

VwGH2008/09/000515.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des AG in T, vertreten durch Pallauf Meißnitzer Steindl & Partner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 13, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 30. Oktober 2007, Zl. 69/15-DOK/07, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §92 Abs1;
BDG 1979 §93 Abs1;
StGB §32;
StGB §33;
StGB §34;
BDG 1979 §92 Abs1;
BDG 1979 §93 Abs1;
StGB §32;
StGB §33;
StGB §34;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer befand sich bis zu seiner mit dem angefochtenen Bescheid verfügten Entlassung in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war als Gruppeninspektor im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für X tätig.

Mit dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 4. Dezember 2006 wurde der Beschwerdeführer wie folgt für schuldig erkannt:

" AG ist schuldig,

er hat in T zu nachstehenden Zeiten mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nachstehende Personen durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Darlehensnehmer zu sein, daher durch Täuschung über Tatsachen, zur Übergabe von großteils EUR 3.000,-- übersteigenden Geldbeträgen, mithin zu Handlungen verleitet, die nachgenannte Personen an ihrem Vermögen in einem Gesamtbetrag von EUR 29.077,90 schädigten, und zwar:

  1. 1. im Jahr 1999 MB EUR 3.633,64
  2. 2. am 3.9.1999 HNM EUR 3.633,64
  3. 3. im Jahr 2001 HG EUR 1.816,82
  4. 4. am 19.3.2001 KM EUR 3.633,64
  5. 5. im Frühjahr 2001 JP EUR 1.816,82
  6. 6. am 10.12.2001 FF EUR 3.633,64
  7. 7. am 16.5.2002 EP EUR 3.500,--
  8. 8. am 19.2.2003 JJ EUR 1.500,--
  9. 9. am 29.3.2002 SK EUR 3.500,--
  10. 10. am 15.4.2004 EB EUR 2.400,--.

    Er hat hiedurch das Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2, 148 2. Fall StGB begangen und wird hierfür nach dem 2. Strafsatz des § 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von

    18 (achtzehn) Monaten

    sowie gemäß § 389 Abs 1 StGB zum Kostenersatz verurteilt.

    Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer 3-jährigen Probezeit vorerst bedingt nachgesehen.

    Ferner ist der Angeklagte gemäß § 369 Abs 1 StPO schuldig, an die Privatbeteiligten HG EUR 1.816,82, KM EUR 3.633,64, JP EUR 1.816,82, EP EUR 3.500,--, jeweils samt gesetzlichen Zinsen, SK EUR 3.500,-- samt 8 % Zinsen ab 29.3.2002 und EB EUR 900,-- samt gesetzlichen Zinsen zu bezahlen.

    Gemäß § 44 Abs 2 StGB wird die Rechtsfolge des Amtsverlustes bedingt nachgesehen."

    In der Begründung des Urteils führte das Gericht aus, dass das Dispositionsvermögen des Beschwerdeführers zu den Tatzeiten durch sein spielsuchtgefährdetes Spielverhalten beeinträchtigt gewesen sei. Es seien psychische Störungsmomente vorgelegen, welche jedoch noch nicht die Kriterien des pathologischen Spielens (Spielsucht) erfüllten. Der Beschwerdeführer sei durchaus noch in der Lage gewesen, das Glücksspiel durch eigene Willensanstrengung zu unterbrechen, er sei allerdings unter einem gewissen Handlungsdrang gestanden (Hinweis auf ein Sachverständigengutachten). Der Beschwerdeführer habe sich letztlich in der Hauptverhandlung auch zur subjektiven Tatseite geständig gezeigt, sich selbst aber nicht als einen "klassischen Betrüger" bezeichnet, sondern ausgeführt, er habe sehr wohl darauf gehofft, die einzelnen Darlehensbeträge - nach einem erhofften Gewinn - zurückzahlen zu können. Er habe sich aus den in betrügerischer Weise herausgelockten Darlehen eine fortlaufende Einnahme verschaffen wollen, um seine monatlichen Raten für sein Haus und seine Spieleinsätze abdecken zu können. Bei der Strafzumessung wertete der Schöffensenat als mildernd das letztlich umfassende Geständnis des Beschwerdeführers, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, die teilweise Schadensgutmachung und das beeinträchtigte Dispositionsvermögen des Beschwerdeführers, als erschwerend den langen Tatzeitraum. Der Ausspruch des Amtsverlustes erschien dem Gericht gemäß § 44 Abs. 2 StGB entbehrlich, da dem Beschwerdeführer bereits durch die umfangreichen sicherheitsbehördlichen Erhebungen und das abgeführte Gerichtsverfahren das Unrecht seiner Tat hinreichend vor Augen geführt worden sei.

    Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres führte nach Beschlussfassung über einen Einleitungsbeschluss sowie einen Verhandlungsbeschluss eine mündliche Verhandlung im Gegenstand ab und sprach den Beschwerdeführer im Umfang des vom Gericht verhängten Schuldspruches schuldig, durch diese Handlungen gegen die Bestimmungen des § 43 Abs. 2 BDG 1979 verstoßen zu haben, nämlich, in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, und gerade eines jener Rechtsgüter verletzt zu haben, deren Schutz ihm als Sicherheitsorgan im besonderen Ausmaße obliege und schuldhaft eine Dienstpflichtverletzung nach § 91 BDG 1979 begangen zu haben.

    Die Disziplinarkommission erster Instanz verhängte gegen den Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung.

    In der Begründung wurden die einzelnen Taten sowie das Strafurteil sowie die Aussagen bei der mündlichen Verhandlung näher dargestellt und zur Strafbemessung ausgeführt, dass im Hinblick auf die Schwere der Tat die Disziplinarstrafe der Entlassung zu verhängen sei.

    Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in der er im Wesentlichen ausführte, dass er durch seine Spielsucht in seinem Dispositionsvermögen beeinträchtigt gewesen sei und die Disziplinarstrafe der Entlassung nicht gerechtfertigt sei.

    Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und das angefochtene Disziplinarerkenntnis bestätigt. Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges sowie des Bescheides der Behörde erster Instanz aus, es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer mit dem rechtskräftigen Strafurteil des Landesgerichts Salzburg vom 4. Dezember 2006 schuldig erkannt und verurteilt worden sei.

    Die Behörde führte im Wesentlichen wie folgt aus:

    "Der von der Judikatur geforderte Dienstbezug des dem Strafurteil zu Grunde liegenden sachgleichen Verhaltens des Beschuldigten liegt ohne Frage vor, hat der Beschuldigte durch seine Straftaten doch gerade ein solches Rechtsgut schwerstens verletzt, zu dessen Schutz er kraft seines Amtes als Exekutivbeamter eigentlich berufen gewesen wäre.

    Der Umstand, dass ein Polizeibeamter als beeidetes Organ der Straßenaufsicht dienstlich vorwiegend mit der Verfolgung von Verwaltungsübertretungen (insbesondere aus dem Bereich der StVO) befasst ist, bedeutet keineswegs, dass er anlassbezogen nicht auch zu allen anderen exekutiven Tätigkeiten, etwa zu dienstlichem Einschreiten im Bereich strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen, herangezogen werden kann und tatsächlich wird. Der zur Verwirklichung einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG erforderliche Dienstbezug liegt im gegenständlichen Fall daher sehr wohl vor.

    Die Bedeutung der Taten des Beschuldigten ist im vorliegenden Verfahren nicht aus strafrechtlicher, sondern aus disziplinarrechtlicher Sicht zu beurteilen. Die Dienstpflichtverletzungen des Beschuldigten erschöpfen sich in Ansehung des schweren Vertrauensverlustes somit nicht in der Verwirklichung der strafbaren Tatbestände.

    Der Erstinstanz kann daher keineswegs vorgeworfen werden, sie habe dadurch die Rechtslage verkannt, dass sie im gegenständlichen Fall vom Vorliegen eines disziplinären Überhanges ausging.

    ...

    Für die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Standes- oder Amtspflichten verstoßen oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt wird (VwGH 19.6.1975, 115/75, VwSlg 8853 A). Die Bestrafung muss grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen (VwGH 25.6.1992, 91/09/0148 u.v.a.).

    Bei der Strafbemessung ist anhand der schuldadäquaten 'Schwere' der Dienstpflichtverletzung auch 'darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten'.

    Da gemäß § 91 BDG nur schuldhafte Dienstpflichtverletzungen strafbar sind, kann auch nur die Schuld das grundlegende Kriterium für die Beurteilung der 'Schwere' der Dienstpflichtverletzungen sein; dies ist eine konsequente Folge des Schuldprinzips. Das Ausmaß der Schuld wird wesentlich durch das objektive Gewicht, d. h. den Unrechtsgehalt der Taten als Schwere der Rechtsgutbeeinträchtigung (Verletzung dienstlicher Interessen) konstituiert. Daneben erachtet der Verwaltungsgerichtshof den Grad des Verschuldens, den Beweggrund der Taten, ferner deren Auswirkungen auf das Ansehen des Beschuldigten selbst und der Beamtenschaft in der Öffentlichkeit und die bisherige dienstliche Führung für maßgebend. Innerhalb des Schuldrahmens, der sich aus der Verengung des gesetzlichen Strafrahmens durch die konkrete Tatschuldwertung ergibt, darf keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezialprävention notwendig erscheint (vgl. KUCSKO-STADLMAYER, Das Disziplinarrecht der Beamten, 3. Aufl., S. 78 ff). Weiters werden bei der Bestimmung des spezialpräventiv notwendigen Strafens die Warnungs-, Besserungs- und Sicherungsfunktion einer solchen Strafe zu beachten sein.

    Anders als im Strafrecht, wo moralische Wertung, Vergeltung und Sühne im Vordergrund stehen, bezweckt das Disziplinarrecht die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes und erfüllt damit eine dem Interesse der Allgemeinheit dienende Ordnungsfunktion.

    Mit dieser dem Disziplinarrecht zukommenden Ordnungsfunktion soll einer durch ein Dienstvergehen (Dienstpflichtverletzung) verursachten Störung des beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses mit dem Ziel begegnet werden, die 'Sauberkeit' und die Leistungsfähigkeit des Beamtentums zu erhalten und sein Ansehen zu wahren (VwGH 14.1.1980, VwSlg 10.007 A).

    Der maßgebende Gesichtspunkt liegt daher überwiegend in der Aufrechterhaltung und Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen und korrekten Dienstbetriebes.

    Durch die Disziplinarstrafe soll der der Disziplinargewalt Unterworfene entweder an seine Dienstpflichten gemahnt und angehalten werden, diese künftig zuverlässig zu erfüllen, oder, wenn er in seinem Dienstverhältnis schuldhaft untragbar geworden ist, im Wege der Entlassung aus diesem entfernt werden (VwGH 18.10.1990, 90/09/0070; 31.5.1990, 90/09/0020; 16.11.1995, 93/09/0054).

    Hinsichtlich der der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung des Beschuldigten zu Grunde liegenden strafbaren Verhaltensweisen liegt - wie die Erstinstanz richtig erkannte - ohne jeden Zweifel das Erfordernis des Ausspruches einer zusätzlichen Disziplinarstrafe im Sinne des § 95 Abs. 3 BDG vor.

    Die Bindung gemäß § 95 Abs. 2 BDG erstreckt sich nicht auf die vom Gericht verhängte Strafe (VwGH 29.10.1997, 97/09/0183). Die Disziplinarbehörden haben vielmehr eigenständig zu beurteilen, welcher disziplinarrechtlichen Ahndung eine Dienstpflichtverletzung unterliegen soll, wenn der sachgleiche Sachverhalt bereits Gegenstand eines strafgerichtlichen Verfahrens war. Die Umstände, die das Strafgericht für sein Urteil als wesentlich angesehen hat, kann die Disziplinarbehörde zwar zur Kenntnis nehmen, sie muss jedoch eine eigene, dem Dienstrecht gerecht werdende Würdigung vornehmen. Die gegenteilige Auffassung hätte nämlich die vom Gesetzgeber zweifellos nicht beabsichtigte Folge, dass im Fall einer entsprechenden gerichtlichen Bestrafung des Beamten eine Auflösung dessen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses trotz gegebener Untragbarkeit nicht zulässig wäre (VwGH 18.11.1993, 93/09/0320).

    Der Gesetzgeber hat vielmehr von einer starren Regelung abgesehen und damit den Disziplinarbehörden einen der Fallgerechtigkeit dienenden Beurteilungsspielraum offen gelassen (VwGH 30.8.1991, 91/09/0088).

    Weder einer vom Strafgericht unter der Grenze des § 27 StGB bemessenen Strafe noch - wie im gegenständlichen Fall - dem Ausspruch einer bedingten Nachsicht von der Rechtsfolge des Amtsverlustes gemäß § 44 Abs. 2 leg. cit. ist die Bedeutung beizumessen, dass eine Entlassung des Beschuldigten als gesetzwidrig oder auch nur als unerwünscht zu gelten habe; andernfalls hätte der Gesetzgeber die einschlägigen Bestimmungen des StGB und des BDG anders gestaltet; insoweit kommt dem Strafurteil daher keine solche Bindungswirkung, aber auch sonst kein maßgebender Einfluss auf die Bemessung der Disziplinarstrafe zu (VwGH 23.3.1994, 93/09/0391).

    ...

    Die Entlassung ist die schwerste Disziplinarstrafe gegen aktive Beamte. Sie bezweckt, dass sich die Dienstbehörde von einem Beamten, der sich infolge seines Fehlverhaltens untragbar gemacht hat (Untragbarkeitsgrundsatz), unter Auflösung des Beamtendienstverhältnisses trennen kann. Nur die im Fehlverhalten des Beamten offenbar gewordene Untragbarkeit, die es der Dienstbehörde unzumutbar macht, das Dienstverhältnis mit dem Beamten fortzusetzen, darf Grund für die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung sein. Damit bewirkt die Entlassung zugleich die 'Reinigung' der Beamtenschaft von einem Organwalter, der sich nicht mehr als würdig erwiesen hat, ihr weiterhin anzugehören (VwGH 14.1.1980, VwSlg. 10.007 A; 14.1.1980, VwSlg. 10.008 A; 5.3.1980, VwSlg. 10.060 A; 25.6.1980, VwSlg. 10.174 A u.v.a.).

    Naturgemäß kommt der Entlassung, zum Unterschied von anderen Strafmitteln, keine Erziehungsfunktion zu, sondern ist sie als Instrument des so genannten 'Untragbarkeitsgrundsatzes' zu sehen. Zweck dieser Strafe ist, dass sich die Dienstbehörde von einem untragbar gewordenen Bediensteten unter Auflösung des öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses trennen kann (VwGH 6.10.1982, 82/09/0062).

    Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht bei der Verhängung der schwersten Disziplinarstrafe, nämlich jener der Entlassung, die Frage des durch die Verfehlung eingetretenen Vertrauensverlustes im Vordergrund. Die Gründe für die Unvereinbarkeit des Verhaltens eines Beamten mit der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes lassen sich den Anforderungen entnehmen, die das Dienstrecht an einen Beamten stellt. Wird dieser der Achtung und dem Vertrauen, die seine Stellung als Beamter erfordert, überhaupt nicht mehr gerecht, dann hat er das Vertrauensverhältnis zwischen sich und seinem Dienstgeber zerstört und kann nicht weiter im Dienst verbleiben. Das öffentliche Interesse des Vertrauens der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der Aufgaben durch den Beamten ist für den Dienstgeber nicht disponibel (VwGH 29.10.1997, 97/09/0183). Ist das gegenseitige Vertrauensverhältnis aber zerstört, so fehlt es an der Grundlage für weitere Differenzierungen und Bemessungserwägungen. Verträgt die Funktion der staatlichen Verwaltung die Weiterbeschäftigung eines Beamten nicht mehr, dann auch nicht teilweise. Hier geht es nicht, wie beim Strafrecht, um die Wiedereingliederung in die soziale Gemeinschaft, sondern um die weitere Tragbarkeit in einem besonderen Dienstverhältnis (VwGH 21.2.1991, 90/09/0191; 7.5.1997, 95/09/0045).

    Obwohl die Disziplinarstrafe der Entlassung nicht der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder gar der Vergeltung dient, handelt es sich dabei doch um eine Strafe. Die Frage, ob durch die Verfehlung des Beamten das gegenseitige Vertrauensverhältnis zwischen diesem und der Verwaltung zerstört wurde, ist auf der Grundlage der Schwere der Dienstpflichtverletzung zu beurteilen.

    Auch hier hat die Disziplinarbehörde gemäß § 93 Abs. 1 BDG zunächst am Maß der Schwere der Dienstpflichtverletzung gemäß § 92 Abs. 1 leg. cit. zu prüfen, ob die Verhängung der höchsten Strafe gemäß § 92 Abs. 1 Z 4 leg. cit. geboten ist. Hierbei hat sie sich gemäß § 93 Abs. 1 dritter Satz leg. cit. an den nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgeblichen Gründen zu orientieren und somit im Hinblick auf § 32 StGB vom Ausmaß der Schuld des Täters als Grundlage für die Bemessung der Strafe auszugehen. Sie hat dabei vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber den rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters oder auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen nahe liegen könnte. Erst wenn eine an diesem - an der Modellfigur des mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Beamten orientierten - Maßstab erfolgte Beurteilung der Schwere der Dienstpflichtverletzung ergibt, dass ein weiteres Verbleiben im Dienst untragbar geworden ist, fehlt es dann an der Grundlage für weitere Differenzierungen und Abwägungen dahingehend, ob im Sinne des § 93 Abs. 1 zweiter Satz BDG die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. In diesem Fall bleibt für spezialpräventive Überlegungen kein Raum (VwGH 7.7.1999, 99/09/0042; 4.9.2003, 2000/09/0203).

    Wenngleich bei Vorliegen eines disziplinären Überhanges grundsätzlich eine mildere Sanktionierung in Betracht kommt, so erforderten die generalpräventiven, aber auch spezialpräventive Gründe und insbesondere die objektive Schwere der Taten, die - vom Strafgericht rechtskräftig festgestellt - vom Beschuldigten schuldhafter- und rechtswidrigerweise begangen wurden, sowie dessen aus diesen notwendig resultierende Untragbarkeit für den öffentlichen Dienst die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung.

    Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschuldigte durch die von ihm begangenen, strafgerichtlich rechtskräftig abgeurteilten Delikte gerade gegen eines der Rechtsgüter (fremdes Eigentum) verstoßen hat, deren Schutz ihm im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben unmittelbar auferlegt war, gelangte der erkennende Senat der Disziplinaroberkommission vor dem Hintergrund obiger Rechtsausführungen und auch angesichts des Umstandes, dass der Beamte hierdurch ein dem Grunde nach zu missbilligendes Verhalten setzte, von welchem nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes angenommen wird, dass dieses zur absoluten Zerstörung des Vertrauens der Allgemeinheit im Sinne des § 43 Abs. 2 BDG führt bzw. führen kann, zu dem Ergebnis, dass die verfahrensgegenständlichen gewichtigen Verstöße des Beschuldigten gegen die ihm als Exekutivbeamten auferlegten Dienstpflichten so schwer wiegend sind, dass er sich für eine weitere Verwendung im öffentlichen Dienst untragbar gemacht hat.

    Bereits die Begehung eines schweren Betruges mit einem den Betrag von EUR 3.000,-- übersteigenden Schaden durch einen Exekutivbeamten, dessen Aufgaben unter anderem die Verhinderung und Aufklärung strafgesetzwidriger Handlungen gegen fremdes Vermögen sind, stellt auf Grund der daran erkennbaren erheblichen Unzuverlässigkeit dieses Beamten für sich allein nämlich bereits einen dessen Untragbarkeit bewirkenden schweren Vertrauensbruch dar (vgl. KUCSKO-STADLMAYER, Das Disziplinarrecht der Beamten, 3. Aufl., S. 70, und die dort angeführte Judikatur).

    Angesichts der Art und der Schwere der Dienstpflichtverletzungen kommt eine andere Strafe als jene der Entlassung von vornherein nicht in Betracht. Rechtfertigen die aus der Schwere des Dienstvergehens entstandenen Nachteile die Beendigung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses durch Entlassung, ist also der Gesetzesbefehl, auf diese Nachteile Rücksicht zu nehmen, nur durch die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung befolgt, so können andere Gründe (auch Existenzvernichtung und Arbeitslosigkeit) nicht mehr entscheidend sein (VwGH 25.6.1980, 1362/77, VwSlg 10.174 A; 19.1.1989, 88/09/0148).

    Im vorliegenden Fall hat der beschuldigte Beamte durch die ihm zur Last gelegten Verfehlungen, die den Kernbereich der Dienstpflichten jedes Exekutivbeamten betreffen (Schutz vor und Verfolgung von strafgesetzwidrigen Handlungen) und sich über einen Tatzeitraum von ca. fünf Jahren erstreckten, erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass er gegenüber der ihn treffenden Treueverpflichtung - gemessen an der Modellfigur des mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Beamten - tendenziell (und nicht bloß ausnahmsweise) eine zumindest gleichgültige Einstellung besitzt.

    Die besondere Verwerflichkeit der hier abzuvotierenden Vorgangsweise des Beschuldigten erhellt auch daraus, dass dieser als Exekutivbeamter sowohl in seiner Grundausbildung als auch während des Chargenkurses insbesondere auf dem Gebiet des materiellen Strafrechtes eine sehr genaue und intensive Schulung zu absolvieren hatte. Ein Beamter im Dienst der österreichischen Bundespolizei muss - im Vergleich mit sonstigen Staatsbürgern - demnach umso mehr wissen bzw. unterscheiden können, was erlaubt und was verboten ist.

    Abgesehen davon ist auch zu bemerken, dass der Beschuldigte die Notwendigkeit einer psychotherapeutischen Behandlung seines Spielsucht gefährdeten Verhaltens trotz Hinweisen diesbezüglich kompetenter Personen nicht erkannt und ein solches Hilfsangebot demnach nicht in Anspruch genommen hat. Für die Zukunft kann daher keineswegs ausgeschlossen werden, dass der Beschuldigte erneut versuchen wird, sich durch in der hier verfahrensgegenständlichen Weise fremdfinanzierte Wetteinsätze aus seiner katastrophalen finanziellen Situation zu befreien.

    Straftaten der hier verfahrensgegenständlichen Art stellen auch nach Ansicht des erkennenden Senates objektiv einen so schwer wiegenden und nachhaltigen Vertrauensbruch dar, dass der beschuldigte Beamte für eine weitere Dienstverrichtung untragbar ist.

    Da die Fortsetzung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses für den Dienstgeber demnach unzumutbar geworden ist, muss der Beschuldigte in Kauf nehmen, dass der einmal eingetretene schwere Vertrauensverlust zur Auflösung seines nicht mehr tragbaren Dienstverhältnisses zu führen hat.

    Wenn nämlich das Vertrauen des Dienstgebers zum Beamten zerstört ist, dann kommt auch eine allfällige Weiterverwendung des Beschuldigten an einer anderen Dienststelle nicht mehr in Betracht.

    Im Rahmen der Strafbemessung fielen das doch systematische Vorgehen bei einer beträchtlichen Anzahl von im Sinne einer schädlichen Neigung gleich gelagerten rechtswidrigen Handlungen des Beschuldigten im Kernbereich seiner Pflichten als Exekutivbeamter (zehn), der lange Tatzeitraum (etwa fünf Jahre) sowie die beachtliche Gesamtschadenshöhe von insgesamt mehr als EUR 29.000,-- als erschwerend ins Gewicht.

    Als Milderungsgründe konnten von der Disziplinaroberkommission die sonstige straf-, verwaltungs- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit des Beschuldigten, seine geständige Verantwortung, seine nicht zu beanstanden gewesene Dienstausübung sowie seine ihm vom medizinischen Sachverständigen

    o. Univ.-Prof. Dr. BM attestierte Einschränkung der Dispositionsfähigkeit zu den Tatzeitpunkten erkannt werden.

    Die zwischenzeitig erfolgte teilweise Wiedergutmachung des vom Beschuldigten verursachten und verschuldeten Schadens, wodurch der Befriedigungsausfall der geschädigten Gläubiger in Einzelfällen gesenkt werden konnte, vermag an der Schwere seiner Dienstpflichtverletzungen ebenfalls nichts zu ändern, weil dem Milderungsgrund der (vollständigen) Schadenswiedergutmachung nur vor Entdeckung der Tat und allenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten Relevanz zukommen könnte, nicht aber bei wiederholten Verfehlungen während eines etwa fünfjährigen Zeitraumes.

    Auch die familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten (seine Sorgepflichten für drei minderjährige Kinder, seine beachtlichen finanziellen Belastungen aus mehreren Kreditverträgen) vermochten an der Untragbarkeit des beschuldigten Beamten nichts zu ändern.

    In Anbetracht der Schwere der hier in Rede stehenden Dienstpflichtverletzungen und der sich aus der Zerstörung des Vertrauensverhältnisses ergebenden Untragbarkeit des Beschuldigten für den öffentlichen Dienst war auf Aspekte der Spezialprävention nicht mehr einzugehen.

    Der erkennende Senat ist sich durchaus bewusst, dass die Entlassung - was ihre Auswirkungen betrifft - die schwerste Disziplinarstrafe gegen Beamte ist und nur dann verhängt werden soll, wenn keine andere Strafart der Schwere der als erwiesen angenommenen Dienstpflichtverletzungen entspricht. Naturgemäß kommt der Entlassung - zum Unterschied von anderen Strafmitteln - keine Erziehungsfunktion zu, sondern sie ist als Instrument des so genannten 'Untragbarkeitsgrundsatzes' zu sehen. Zweck dieser Strafe ist, dass sich die Dienstbehörde von einem untragbar gewordenen Bediensteten unter Auflösung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses trennen kann (VwGH 6.10.1982, 82/09/0062; 29.9.1992, 91/09/0186).

    Nicht außer Acht zu lassen war, dass die Strafe lediglich die Folge der vom Beschuldigten selbst zu verantwortenden Handlungen ist und eine unangebrachte Milde der Disziplinarbehörde in der Öffentlichkeit und in der Kollegenschaft kein Verständnis fände.

    Die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung gemäß § 92 Abs. 1 Z 4 BDG ist im hier vorliegenden Fall daher nicht nur gerechtfertigt, sondern auch geboten. Der Argumentation in der Berufung, dass mit einer geringeren Strafe das Auslangen gefunden werden könne, konnte somit keine rechtliche Bedeutung beigemessen werden, zumal die Verhängung einer Geldstrafe angesichts der auch generalpräventiven Funktion der Disziplinarstrafe für andere Beamte ein falsches Signal bedeuten würde."

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

    Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2002 (BDG 1979), lauten:

"Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

...

8. Abschnitt

Disziplinarrecht

...

Dienstpflichtverletzungen

§ 91. Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.

Disziplinarstrafen

§ 92. (1) Disziplinarstrafen sind

1. der Verweis,

2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben

Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,

3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen

unter Ausschluss der Kinderzulage, und

4. die Entlassung.

...

Strafbemessung

§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

...

Zusammentreffen von gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlungen mit Dienstpflichtverletzungen

§ 95. (1) Wurde der Beamte wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt und erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes, so ist von der Verfolgung abzusehen, wenn anzunehmen ist, dass die Verhängung einer Disziplinarstrafe nicht erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

(2) Die Disziplinarbehörde ist an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zu Grunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes (Straferkenntnis eines unabhängigen Verwaltungssenates) gebunden. Sie darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht (der unabhängige Verwaltungssenat) als nicht erweisbar angenommen hat.

(3) Wird von der Verfolgung nicht abgesehen, dann ist, wenn sich eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung auf denselben Sachverhalt bezieht, eine Strafe nur auszusprechen, wenn und soweit dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

...

Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten und Absehen von der

mündlichen Verhandlung

§ 125a. (1) ...

(2) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinarsenat kann ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn der Sachverhalt infolge Bindung an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils eines Strafgerichtes oder eines Straferkenntnisses eines unabhängigen Verwaltungssenates zu Grunde gelegte Tatsachenfeststellung hinreichend geklärt ist.

(3) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der

Disziplinaroberkommission kann ungeachtet eines Parteienantrages

Abstand genommen werden, wenn

1. die Berufung zurückzuweisen ist,

2. die Angelegenheit an die erste Instanz zu verweisen

ist,

3. ausschließlich über eine Berufung gegen die

Auferlegung eines Kostenersatzes zu entscheiden ist,

4. sich die Berufung ausschließlich gegen die

Strafbemessung richtet oder

5. der Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung

mit der Berufung geklärt erscheint."

In seinem Erkenntnis vom 16. Oktober 2008, Zl. 2007/09/0012, führte der Verwaltungsgerichtshof wie folgt aus:

"Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, wurde von dem in der früheren Judikatur entwickelten 'Untragbarkeitsgrundsatz' abgegangen und betont, dass § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 die Schwere der Dienstpflichtverletzung als 'Maß für die Höhe der Strafe' festlegt. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der 'Strafbemessungsschuld' des Strafrechtes. Für die Strafbemessung ist danach sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend wie auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 BlgNR

14. GP 83). Das objektive Gewicht der Tat (der 'Unrechtsgehalt') wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB - wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt. Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Beurteilung der Schwere einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 als gravierend ins Gewicht fällt, wenn ein Beamter durch die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen gerade jene Werte verletzt, deren Schutz ihm in seiner Stellung oblag (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. November 2001, Zl. 2000/09/0021). An dieser Auffassung hat sich auch durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, nichts Grundsätzliches geändert. Hinsichtlich des Grades des Verschuldens ist nach dem gemäß § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 zu berücksichtigenden § 32 StGB darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen nahe liegen können.

Für die Strafbemessung im engeren Sinn ist weiters zu prüfen, inwieweit eine Disziplinarstrafe erforderlich ist, um den Täter von der weiteren Begehung von Dienstpflichtverletzungen abzuhalten; ferner sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe iS der §§ 33 ff StGB zu berücksichtigen, die nicht die Tatbegehungsschuld betreffen, also im Zeitpunkt der Tatausübung noch nicht vorhanden waren, wie etwa die seither verstrichene Zeit, Schadenswiedergutmachung oder das reumütige Geständnis. Wiegt die Dienstpflichtverletzung besonders schwer - insbesondere unter Berücksichtigung des objektiven Unrechtsgehalts der Tat - so kann von der Verhängung einer hohen (der höchsten) Disziplinarstrafe allerdings nur abgesehen werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen oder wenn keine spezialpräventiven Gründe die Verhängung einer Strafe in diesem Ausmaß gebieten.

Soweit es um eine Entlassung geht, ist die spezialpräventive Erforderlichkeit einer solchen (der disziplinarrechtlichen Tatschuld angemessenen) schweren Disziplinarstrafe nicht erst dann anzunehmen, wenn sich die Aussichten auf ein künftiges Unterbleiben von Dienstpflichtverletzungen - bei Beschränkung auf eine mildere Strafe - in einer vagen Hoffnung erschöpfen, und wird umgekehrt nicht nur bei besonderer Gewähr dafür zu verneinen sein. Abzustellen ist auf einen dazwischen liegenden Maßstab einer begründeten Wahrscheinlichkeit. Dabei ist freilich eine Entlassung schon nach der ersten schweren Dienstpflichtverletzung nicht ausgeschlossen, wenn auf Grund ihrer Eigenart und der Persönlichkeit des Täters die Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser im Falle einer geringeren Sanktion weitere Dienstpflichtverletzungen begehen werde.

Das gänzliche Außerachtlassen von Versetzungsmöglichkeiten (oder gar von schon erfolgten Versetzungen) entspricht nach den Gesetzesmaterialien (vgl. die ErläutRV 500 BlgNR 14. GP 83) nicht dem Willen des Gesetzgebers. Sind geeignete Versetzungsmöglichkeiten - bei deren Inanspruchnahme die Begehung gleichartiger Disziplinarvergehen durch den Beamten mit ausreichender Wahrscheinlichkeit verhindert werden kann - offenkundig oder werden sie vom Beamten im Disziplinarverfahren konkret ins Treffen geführt, so kann diese Frage in der Begründung dafür, warum er dessen ungeachtet zu entlassen sei, nicht zur Gänze ausgeklammert bleiben. Das bedeutet freilich keinen Anspruch des Betroffenen auf Versetzung statt Entlassung, sondern verpflichtet die Behörde lediglich dazu, sich in der Begründung ihrer Entscheidung mit einem diesbezüglichen im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen des Disziplinarbeschuldigten auseinander zu setzen.

Ist nach einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verurteilung ein Schuldspruch zu fällen, ist gemäß § 95 Abs. 3 BDG 1979 zu prüfen, ob und inwieweit es - zusätzlich zu den vom Gericht oder der Verwaltungsbehörde verhängten Sanktionen - einer Disziplinarstrafe bedarf, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten (vgl. dazu im Einzelnen das schon erwähnte Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Die Verhängung einer Disziplinarstrafe zusätzlich zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Strafe ist daher nur zulässig, wenn und soweit dies aus spezialpräventiven Gründen erforderlich ist, oder anders gewendet: Wenn und soweit die gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Strafe für sich alleine nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, dass der Beamte keine weiteren Dienstpflichtverletzungen begehen wird. Diese Überlegungen gelten insbesondere auch, soweit es um die schwerste Disziplinarstrafe der Entlassung geht: Liegt eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung vor, die sich auf denselben Sachverhalt bezieht, so ist auch für die Disziplinarstrafe der Entlassung gemäß § 95 Abs. 3 BDG 1979 zu begründen, dass und aus welchen Gründen es ihrer Verhängung bedarf, um den Beamten - mit ausreichender Wahrscheinlichkeit - von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. An die nur teilweise - nämlich in Bezug auf weitere gerichtlich strafbare Handlungen - auf die gleiche Gefahr bezogene Prognose des Strafgerichts ist die Disziplinarbehörde dabei freilich, anders als hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen des Strafgerichts, nicht gebunden, geht es im Disziplinarverfahren doch um die Gefahr der Verletzung der spezifisch die öffentlichrechtlich Bediensteten treffenden aus dem Dienstrecht erfließenden Dienstpflichten."

Diese Überlegungen betrafen einen Fall, in dem es wie auch im vorliegenden Fall um die Entlassung eines Beamten ging, der wegen schweren Betruges zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Sie haben auch im vorliegenden Fall Bedeutung.

Soweit sich die Beschwerde gegen die Bindung an die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung im Umfang der vom Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 3 VStG behaupteten Zurechnungsunfähigkeit richtet, verkennt sie, dass die Zurechnungsfähigkeit Voraussetzung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Die Bindungswirkung strafgerichtlicher Verurteilungen umfasst auch die Feststellungen zum "inneren Tatbestand" (Schuldform) und zur "Zurechnungsfähigkeit", soweit sie dem Spruch zu Grunde gelegt wurden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. April 2000, Zl. 97/09/0199).

Die belangte Behörde ist weiters im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Dienstpflichtverletzungen des Beschwerdeführers gemäß § 95 Abs. 1 BDG 1979 in der gerichtlich strafbaren Handlung nicht erschöpfte, wegen welcher er rechtskräftig verurteilt worden war, und dass daher ein - erheblicher - "disziplinärer Überhang" vorlag.

Die belangte Behörde ging im vorliegenden Fall auch im Grunde des § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 zutreffend von einer beträchtlichen objektiven Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Dienstpflichtverletzung aus. Diese Schwere ist angesichts des großen objektiven Unrechtsgehaltes der Dienstpflichtverletzung so hoch, dass durchaus auch bei Vorliegen von Milderungsgründen grundsätzlich die Entlassung als Disziplinarstrafe in Betracht kommt. Der Beschwerdeführer hat nämlich über einen langen Zeitraum hinweg gerade jene Rechtsgüter verletzt, deren Schutz ihm als Sicherheitswachebeamter grundsätzlich oblag. Die belangte Behörde hat es auch nicht unterlassen, sich gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 im Sinne der dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit den geltend gemachten Milderungsgründen, insbesondere im Zusammenhang mit der (auch im Strafverfahren zugestandenen) eingeschränkten Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers und der von ihm geltend gemachten Spielsucht auseinander zu setzen. Sie hat in ihren Erwägungen zum Ausdruck gebracht, es könne für die Zukunft keinesfalls ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer erneut versuchen werde, sich durch fremdfinanzierte Wetteinsätze aus seiner katastrophalen finanziellen Situation zu befreien.

Mit ihren Ausführungen, angesichts der von ihr festgestellten "Untragbarkeit" des Beschwerdeführers komme eine andere Strafe als jene der Entlassung von Vornherein nicht in Betracht und sei auf Aspekte der Spezialprävention nicht mehr einzugehen, hat sich die belangte Behörde zwar im Ausdruck vergriffen, weil die Untragbarkeit kein Kriterium des Gesetzes ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115). Sie hat aber auf ausreichende Weise beurteilt, dass gegen den Beschwerdeführer angesichts der gegen ihn bereits vom Landesgericht Salzburg ausgesprochenen Strafe eine Disziplinarstrafe auszusprechen und dass die Disziplinarstrafe der Entlassung zu verhängen war, um ihn von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Mit dem für sie maßgeblichen Kriterium gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979, ob die Disziplinarstrafe der Entlassung erforderlich war, den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, hat sie sich ebenfalls im Ergebnis ausreichend auseinander gesetzt. Das Beweisverfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer seine Spieltätigkeit aufgegeben habe und seine Spielneigung derart unter Kontrolle gebracht habe, dass mit ausreichender Wahrscheinlichkeit nicht mehr damit zu rechnen wäre, er werde im Fall seiner Belassung im Dienst keine weiteren Dienstpflichtverletzungen mehr begehen. Mit dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe es zu Unrecht unterlassen, den Beschwerdeführer selbst zu hören und sich von ihm ein Bild zu machen, zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der belangten Behörde kann angesichts des Berufungsvorbringens nämlich nicht der Vorwurf gemacht werden, sie hätte zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung Abstand genommen, weil kein Hinweis darauf vorliegt, der von der Behörde erster Instanz festgestellte Sachverhalt wäre nicht hinreichend geklärt worden oder in entscheidenden Punkten nicht richtig, dass rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen worden wären oder die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse gestützt hätte (vgl. zu den Erfordernissen der Durchführung einer Berufungsverhandlung gemäß § 125a BDG 1979 etwa das hg. Erkenntnis vom 8. August 2008, Zl. 2006/09/0137, mwN). Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof wurde nicht gestellt.

Bei dieser Sachlage ist nicht zu ersehen, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden wäre, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 15. Oktober 2009

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte