Normen
BDG 1979 §125a Abs3 Z5;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z3;
BDG 1979 §93 Abs1;
BDG 1979 §125a Abs3 Z5;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z3;
BDG 1979 §93 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1960 geborene Beschwerdeführer steht als Amtsdirektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle im Zeitpunkt der inkriminierten Handlungen war das Finanzamt S - Einbringungsstelle, wo er seit 11. Mai 1999 als Referent, ab 2. Mai 2000 als Stellvertreter des Gruppenleiters der Einbringungsstelle tätig war. Zwischen dem 1. April 2001 und dem 1. Juni 2001 bekleidete er überdies interimistisch die Stellung eines Leiters der Einbringungsstelle.
Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 14. Dezember 2005 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als Beamter unter Ausnützung der ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit, nämlich als Finanzbeamter der Einbringungsstelle des Finanzamtes S, ihm anvertraute Güter, nämlich von Abgabenschuldnern übernommene Pfandgegenstände, dadurch, dass er diese Pfandgegenstände nicht ordnungsgemäß und den rechtlichen Vorschriften und Weisungen entsprechend verwahrte, einer Verwertbarkeit für den Bund, konkret am 2. April 2001 die vom Abgabenschuldner H.W. übernommenen Pfandgegenstände, und zwar eine Herrenarmbanduhr der Marke Rolex im Wert von ATS 400.000,--, eine Kette mit 30 Gliedern aus Gold im Wert von ATS 19.760,-- und ein Sparbuch mit einem Einlagestand von ATS 37.400,--, sowie zwischen dem 6. August 2002 und dem 15. Juli 2003 den vom Abgabenschuldner C.S. gepfändeten und übernommenen Betrag von US-Dollar 1.162,-- endgültig entzogen zu haben. Er habe als Organ der Abgabeneinbringung gegen bestehende Dienstanweisungen, insbesondere gegen die Erlässe "Dienstanweisung Abgabeneinrichtung" (GZ 02 2905/1-IV/2/95) und "Finanzkassenvorschrift" (GZ 72 0102/10-VII/2 vom 5.8.1977) verstoßen und dadurch die Dienstpflichten nach § 44 Abs. 1 BDG 1979 verletzt, wonach der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen hat.
Wegen dieser Dienstpflichtverletzungen wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- verhängt. (Von weiteren Anschuldigungen wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig freigesprochen.)
Gegen den Schuld- und Strafausspruch dieses Disziplinarerkenntnisses erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er - soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren noch von Relevanz ist - im Rahmen der Bestreitung eines ihn treffenden Verschuldens geltend machte, dass er sich an die im Finanzamt S übliche Vorgangsweise gehalten und er seine Aufgaben nach bestem Wissen und Gewissen erfüllt hätte. Trotz mehrfacher Überprüfung durch den Bundesrechnungshof sowie durch Revisionen der Finanzverwaltung sei es niemals zu Beanstandungen gekommen. Hiezu legte er eine schriftliche Erklärung seines damaligen Vorgesetzten, ADir. H., vor und beantragte dessen Ladung und Vernehmung als Zeugen im Zuge einer durchzuführenden mündlichen Berufungsverhandlung.
Ohne Durchführung der beantragten mündlichen Berufungsverhandlung wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hinsichtlich des Schuldspruches gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 105 BDG 1979 ab und bestätigte das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis in diesem Umfange, setzte jedoch in teilweiser Stattgebung der Strafberufung des Beschwerdeführers die verhängte Disziplinarstrafe der Geldstrafe auf EUR 1.000,-- herab.
Nach Darstellung des Verfahrensganges führte die belangte Behörde zur Aufrechterhaltung des Schuldspruchs begründend aus, der Beschwerdeführer habe nicht bestritten, dass er die angeführten Wertgegenstände und Bargeldbeträge weisungswidrig nicht im Tresor der Einbringungsstelle verwahrt habe. Dies werde im Übrigen auch im freisprechenden Strafurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 18. Jänner 2005 gemäß § 95 Abs. 2 BDG 1979 bindend festgehalten, ebenso wie der Umstand, dass der Beschwerdeführer dies aus Gründen der Bequemlichkeit und Schlamperei getan habe.
Zur subjektiven Tatseite sei dem Beschwerdeführer fahrlässiges und damit schuldhaftes Fehlverhalten im Sinne des § 91 BDG 1979 anzulasten. Mit dem Hinweis, sein früherer Vorgesetzter ADir. H. habe diese rechtswidrige Praxis geduldet, auch sei die an der Dienststelle gepflogene Vorgangsweise bei mehreren Überprüfungen bzw. Revisionen nicht beanstandet worden, könne der Beschwerdeführer sein Fehlverhalten weder rechtfertigen noch entschuldigen. Die Duldung dieser weisungs- und damit rechtswidrigen Behördenpraxis stehe der disziplinären Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers nicht entgegen. Ihm sei es durchaus zumutbar gewesen, sich aus Eigenem mit den Vorschriften betreffend die Verwahrung von Wertgegenständen vertraut zu machen und sodann weisungsgemäß zu handeln, indem er die ihm anvertrauten Wertsachen im Tresor der Pfandstelle verwahrt hätte. Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers sei daher als Dienstpflichtverletzung nach § 44 Abs. 1 BDG 1979 zu werten gewesen. Allerdings sei ihm in Ansehung der Duldung seiner rechtswidrigen Vorgangsweise durch seinen Vorgesetzten ein entsprechend geringer Grad des Verschuldens bzw. ein Mitverschulden seines Vorgesetzten zuzubilligen. Der Strafberufung komme daher Berechtigung zu. Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Strafbemessungsgründe dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand, sondern beantragte lediglich die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 44 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes - BDG 1979, BGBl. Nr. 333/1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 10/1999, hat der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.
Gemäß § 91 BDG 1979 ist der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach dem 8. Abschnitt "Disziplinarrecht" zur Verantwortung zu ziehen.
Gemäß § 92 Abs. 1 BDG 1979 sind Disziplinarstrafen
- 1. der Verweis,
- 2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,
3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage und
4. die Entlassung.
§ 93 Abs. 1 BDG 1979 bestimmt, dass das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
Gemäß § 125a Abs. 3 BDG 1979 kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission ungeachtet eines Parteienantrags Abstand genommen werden, wenn
- 1. die Berufung zurückzuweisen ist,
- 2. die Angelegenheit an die erste Instanz zu verweisen ist,
- 3. ausschließlich über eine Berufung gegen die Auferlegung eines Kostenersatzes zu entscheiden ist,
4. sich die Berufung ausschließlich gegen die Strafbemessung richtet oder
5. der Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint.
In Ausführung seiner Beschwerde macht der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit geltend, er habe nicht schuldhaft gehandelt, dazu habe er bereits in der von der Behörde erster Instanz durchgeführten Verhandlung eine Erklärung seines damaligen Vorgesetzten, ADir. H., vom 6. Dezember 2005 vorgelegt, die ihn exkulpiere und auf die die belangte Behörde inhaltlich mit keinem Wort eingegangen sei. Er habe sich vielmehr an die dort umschriebenen Gepflogenheiten gehalten und sei auch von den mehrfachen Kontrollen (durch den Rechnungshof und interne Revisionen) niemals beanstandet worden. Er habe daher davon ausgehen dürfen, dass sein Verhalten richtig gewesen sei.
Diesem Vorbringen ist jedoch entgegen zu halten, dass nach insoweit ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die stillschweigende Duldung von Handlungen des Beamten durch seine(n) Vorgesetzten, die - objektiv gesehen - als Dienstpflichtverletzungen zu qualifizieren sind, dann nicht schuldbefreiend wirkt, wenn der Inhalt der verletzten Vorschrift eindeutig und die Rechtswidrigkeit der geduldeten Praxis damit offensichtlich ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 6. November 2006, Zl. 2005/09/0083, und vom 28. Oktober 2004, Zl. 2003/09/0045, mit Hinweis auf Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, S. 43 f, und die dort referierte hg. Judikatur). Im vorliegenden Beschwerdefall erweist sich die von den Disziplinarbehörden durch Zitierung der vom Beschwerdeführer richtigerweise anzuwendenden Erlässe präzisierte Rechtslage als eindeutig, weshalb die von ihm geltend gemachte - und offenbar auch von seinem ehemaligen Vorgesetzten beobachtete, nichts desto weniger aber rechtswidrige - Praxis ebenso wenig wie die angebliche Unterlassung von Beanstandungen durch Rechnungshof oder internen Revisoren als das Vorliegen eines Verschuldens gänzlich ausschließender Entschuldigungsgrund herangezogen werden kann. Dass dem Beschwerdeführer die von ihm einzuhaltenden Dienstvorschriften nicht bekannt gewesen seien, hat er indes nie behauptet. Im Rahmen der Strafbemessung wurden diese Umstände jedoch ausdrücklich berücksichtigt. Die Beschwerde zeigt daher auch keine bei der Strafbemessung unterlaufene Rechtswidrigkeit auf.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer die Unterlassung der Durchführung der beantragten mündlichen Berufungsverhandlung, insbesondere, da der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig sei. Hätte die belangte Behörde die Berufungsverhandlung durchgeführt und die von ihm beantragten Beweise aufgenommen, hätte sich ergeben, dass sein Verhalten richtig und in keinster Weise vorwerfbar gewesen sei.
Auch mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf.
Die belangte Behörde hat offenkundig gemäß § 125a Abs. 3 Z. 5 BDG 1979 infolge ausreichender Klärung des zur Entscheidung notwendigen Sachverhalts von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung abgesehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Bestimmung wiederholt dargelegt, dass der Sachverhalt dann als nach der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt anzusehen ist, wenn er nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz festgestellt wurde, und in der Berufung kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt - erstmalig und mangels Bestehen eines Neuerungsverbotes zulässigerweise - neu und in konkreter Weise behauptet wird; darunter sind nicht nur inhaltsleere Bestreitungen zu verstehen. Die Berufungsbehörde darf insbesondere auch dann nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 125a Abs. 3 Z 5 BDG 1979 ausgehen (und demnach nicht von einer mündlichen Berufungsverhandlung absehen), wenn der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt wurde, der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Juni 2005, Zl. 2002/09/0007, vom 21. September 2005, Zl. 2002/09/0133, vom 24. April 2006, Zl. 2005/09/0006, und vom 26. Juni 2006, Zl. 2006/09/0040, und die jeweils angegebene weitere Judikatur).
Davon ausgehend war die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung im Beschwerdefall aus folgenden Erwägungen nicht geboten:
Der von der Disziplinarkommission erster Instanz festgestellte Sachverhalt wurde in der Berufung nicht in Abrede gestellt, es wurden sachverhaltsmäßig auch keine Neuerungen vorgebracht. Die einzige Verantwortung des Beschwerdeführers ging sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch in der Berufung dahin, ihm wäre infolge jahrelanger Duldung der von ihm gepflogenen Vorgangsweise bei der Verwahrung von Pfändungsgegenständen kein Verschulden anzulasten gewesen. Inwieweit aber eine - an sich nicht bestrittene - Tathandlung als zu ahndende Dienstpflichtverletzung anzusehen ist oder nicht, ist keine Tatsachen-, sondern eine Rechtsfrage. Zur Untermauerung seiner Verantwortung legte der Beschwerdeführer bereits in der mündlichen Verhandlung vor der Behörde erster Instanz eine schriftlich abgefasste Erklärung seines damaligen Vorgesetzten, ADir. H., vor, auf die zwar die belangte Behörde nicht expressis verbis eingegangen ist, die aber dennoch insoweit in die Entscheidung einfloss, als im Rahmen der Strafbemessung darauf Bezug genommen und die Strafe im Hinblick auf ein Mitverschulden des Vorgesetzten ADir. H. herabgesetzt wurde. Dass aber diese eine Ermessensüberschreitung darstelle, wird in der Beschwerde nicht behauptet.
Aus diesem Grunde war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 8. August 2008
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