Normen
BDG 1979 §125a Abs3 Z5 impl;
BDG 1979 §126 Abs1 impl;
LDG 1984 §94a Abs3 Z5;
LDG 1984 §95 Abs1;
VwRallg;
BDG 1979 §125a Abs3 Z5 impl;
BDG 1979 §126 Abs1 impl;
LDG 1984 §94a Abs3 Z5;
LDG 1984 §95 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung, nämlich in seinem Schuldspruch und im Strafausspruch, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Disziplinarerkenntnis vom 31. Mai 2001 hat die Disziplinarkommission für Landeslehrer beim Amt der Tiroler Landesregierung - nach Durchführung mündlicher Verhandlungen - den Beschwerdeführer wie folgt für schuldig erkannt:
"I.
A) Der Beschuldigte ist schuldig, dadurch dass
1) er am 9. Dezember 1998 sowie am 15. Dezember 1998 jeweils während des Unterrichts zur Schülerin B. G. gesagt hat, sie stamme von schlechten Eltern ab, eine Dienstpflichtverletzung nach § 29 Abs. 1 (nicht rechtmäßige Erfüllung von Unterrichts- und Erziehungsaufgaben) und Abs. 2 LDG 1984 (Störung des Vertrauens in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben als Lehrer), jeweils in Verbindung mit § 47 Abs. 3 des Schulunterrichtsgesetzes, begangen zu haben (Pkt. 2 des Einleitungsbeschlusses vom 13.10.1999);
2) er am 17. November 1998 er während der GW-Stunde der Schülerin S. G. der Klasse 4B ihren Pullover zwecks Schwindelzettelkontrolle ungefähr bis zum Bauchnabel hinaufgeschoben hat, eine Dienstpflichtverletzung nach § 29 Abs. 1 (...) und Abs. 2 LDG 1984 (...) begangen zu haben (Pkt. 5 des Einleitungsbeschlusses vom 13.10.1999);
3) er am 22. Februar 1999 während der Englisch-Stunde die Schülerin S. K. der Klasse 1A unter dem Vorwand an der Hüfte aufgehoben hat, dass sie so die Tafel besser löschen könne, obwohl die Schülerin protestierte, dass sie das nicht wolle, eine Dienstpflichtverletzung nach § 29 Abs. 1 (..) und Abs. 2 LDG 1984 (...) begangen zu haben (Pkt. 8 des Einleitungsbeschlusses vom 13.10.1999);
4) er am 15. Jänner 1999 während der GW-Stunde die Schülerin B. F. der Klasse 1A auf seinem Schoß Platz nehmen lassen und sie dabei mit seinem eingegipsten Arm umfasst und mit der anderen Hand ihr Gesäß getätschelt hat, eine Dienstpflichtverletzung nach § 29 Abs. 1 (...) und Abs. 2 LDG 1984 (...) begangen zu haben (Pkt. 10 des Einleitungsbeschlusses vom 13.10.1999);
5) er am 18. Dezember 1998 nach der LÜ-Stunde die Schüler M. S., C. K., T. E., D. P., D. S., F. K. und H. R. der Klasse 1B in der Garderobe eingesperrt und sie trotz ihres lautstarken Protests erst ungefähr eine Viertelstunde später wieder herausgelassen hat, eine Dienstpflichtverletzung nach § 29 Abs. 1 (...) und Abs. 2 LDG 1984 (...) begangen zu haben (Pkt. 13 des Einleitungsbeschlusses vom 13.10.1999);
6) er in der III. Leistungsgruppe Englisch (7. Schulstufe) im
1. Semester des Schuljahres 1998/99 keine Schularbeit wiederholen hat lassen, obwohl bei zwei von drei Schularbeiten mehr als die Hälfte mit "Nicht Genügend" benotet worden sind, eine Dienstpflichtverletzung nach § 29 Abs. 1 (...) und Abs. 2 LDG 1984 (...) jeweils in Verbindung mit § 18 Abs. 11 des Schulunterrichtsgesetzes, begangen zu haben (Pkt. 20 des Einleitungsbeschlusses vom 13.10.1999);
7) er die mündliche Weisung des Bezirksschulinspektors H. K. vom 24. Februar 1999, ihm bis zum Nachmittag bzw. Abend die Schularbeitenhefte der III. Leistungsgruppe (7. Schulstufe) sowie entsprechende Aufzeichnungen über Schülerleistungen in der II. Leistungsgruppe Englisch (5. Schulstufe) vorzulegen, nicht befolgt hat, eine Dienstpflichtverletzung nach § 30 Abs. 1 LDG 1984 (Nichtbefolgen von Weisungen Vorgesetzter) und nach § 29 Abs. 2 LDG 1984 (...) begangen zu haben (Pkt. 21 des Einleitungsbeschlusses vom 13.10.1999);
8) er die mündliche Anweisung des Direktors der Hauptschule R, Mag. J. W., vom 3. Dezember 1997, ihm seine Notenaufzeichnungen vorzulegen, nicht befolgt hat, eine Dienstpflichtverletzung nach § 30 Abs. 1 LDG 1984 (...) und nach § 29 Abs. 2 LDG 1984 (...) begangen zu haben (teilweise Pkt. 22 des Einleitungsbeschlusses vom 13.10.1999);
9) er die mündliche Anweisung des Direktors der Hauptschule R, Mag. J. W., vom 16. Februar 1998, ihm Notenaufzeichnungen vorzulegen, trotz einer schriftlichen Ermahnung des Direktors vom 8. Jänner 1998 nicht befolgt hat, eine Dienstpflichtverletzung nach § 30 Abs. 1 LDG 1984 (...) und nach § 29 Abs. 2 LDG 1984 (...) begangen zu haben (Pkt. 23 des Einleitungsbeschlusses vom 13.10.1999);
10) er die mündliche Anweisung des Direktors der Hauptschule R, Mag. J. W., vom 25. Februar 1999, ihm seine Notenaufzeichnungen über GW und BU in der Klasse 2C vorzulegen, nicht befolgt hat, eine Dienstpflichtverletzung nach § 30 Abs. 1 LDG 1984 (...) und nach § 29 Abs. 2 LDG 1984 (...) begangen zu haben (Pkt. 24 des Einleitungsbeschlusses vom 13.10.1999);
11) er für 12. Jänner 1999 zwei Unterrichtsstunden GW in die Lehrstoffbücher der Klassen 1A und 4B, für 22. Februar 1999 eine Unterrichtsstunde GW in das Lehrstoffbuch der Klasse 2C, für 23. Februar 1999 eine Unterrichtsstunde GW in das Lehrstoffbuch der Klasse 4B, für 24. Februar 1999 eine Unterrichtsstunde GW ebenfalls in das Lehrstoffbuch der Klasse 4B und für 26. Februar 1999 eine Unterrichtsstunde GW in das Lehrstoffbuch der Klasse 4A jeweils als gehalten eingetragen hat, obwohl er diese Stunden nicht gehalten hat, eine Dienstpflichtverletzung nach § 29 Abs. 1 (...) und Abs. 2 LDG 1984 (...) begangen zu haben (Pkt. 26 des Einleitungsbeschlusses vom 13.10.1999)."
Wegen dieser Dienstpflichtverletzungen verhängte die genannte Disziplinarkommission über den Beschwerdeführer gemäß § 70 Abs. 1 Z 3 LDG 1984 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von vier Monatsbezügen.
Hingegen wurde der Beschwerdeführer mit dem genannten Disziplinarerkenntnis von weiteren unter dem Spruchpunkt I. B) 12) bis 27) näher umschriebenen Vorwürfen freigesprochen.
Gegen dieses erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis erhob der Beschwerdeführer im Umfang des Schuldspruches und des Strafausspruches Berufung.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 3. Dezember 2001 wurde über diese Berufung des Beschwerdeführers in nichtöffentlicher Sitzung wie folgt entschieden:
"I.
Der Berufung zu den Spruchpunkten I. A 1.), I. A 2.),
I. A 3.) und I. A 5.) des Disziplinarerkenntnisses wird keine Folge gegeben, sondern das Disziplinarerkenntnis in diesen Punkten vollinhaltlich bestätigt.
II.
Der Berufung zu Spruchpunkt I. A 4.) des Disziplinarerkenntnisses wird teilweise Folge gegeben, sodass dieser Schuldspruch zu lauten hat wie folgt:
'Der Beschuldigte ist schuldig, dadurch, dass er am 15.1.1999 während der GW-Stunde die Schülerin B. F. der Klasse 1A auf seinem Schoß Platz nehmen hat lassen, eine Dienstpflichtverletzung nach § 29 Abs. 1 (...) und Abs. 2 LDG 1984 (...) begangen zu haben.
Der Beschuldigte wird vom Vorwurf, er habe am 15.1.1999 während der GW-Stunde, während die Schülerin B. F. der Klasse 1A auf seinem Schoß saß, deren Gesäß getätschelt und dadurch eine Dienstpflichtverletzung nach § 29 Abs. 1 und Abs. 2 LDG 1984 begangen, freigesprochen'.
III.
Der Berufung zu den Spruchpunkten I. A 6.), I. A 7.),
I. A 8.), I. A 9.), I. A 10.) und I. A 11.) des Disziplinarerkenntnisses wird Folge gegeben und der Beschuldigte ob der diesen Schuldsprüchen zugrundeliegenden Anschuldigungen frei gesprochen.
IV.
Der Berufung zu Spruchpunkt II. des Disziplinarerkenntnisses wird teilweise Folge gegeben, sodass dieser Spruchpunkt zu lauten hat wie folgt:
'Gemäß § 70 Abs. 1 Z. 3 LDG 1984 wird über den Beschuldigten als Disziplinarstrafe eine Geldstrafe in Höhe von zwei Monatsbezügen, das sind ATS 59.212,-- (Euro 4.303,10) verhängt.
Gemäß § 96 Abs. 2 LDG 1984 wird die Abstattung der Geldstrafe in zwölf Monatsraten a' ATS 4.934,33 (Euro 358,59) bewilligt.
V.
Gemäß § 86 Abs. 2 LDG 1984 trifft den Beschuldigten in diesem Verfahren keine Kostenersatzpflicht."
Zur Begründung ihres Schuldspruches führte die belangte Behörde zu den einzelnen Spruchpunkten im Rahmen ihrer Erwägungen zur Beweiswürdigung im Wesentlichen Folgendes aus:
Zu I. A 1.):
Die erstinstanzliche Disziplinarkommission habe den zu Grunde liegenden Sachverhalt auf Grund der Aussage der (betroffenen) Schülerin B. G. und ihrer Mitschüler festgestellt; die Verantwortung des Beschwerdeführers sei als Schutzbehauptung qualifiziert worden. Der Beschwerdeführer wende sich in seinem Rechtsmittel gegen diese Beweiswürdigung. Den Berufungsausführungen sei aber entgegenzuhalten, dass nicht nur die im Einzelnen genannten näher genannten Zeugen, sondern zwei weitere Zeugen die Aussage der Schülerin B. G. bestätigen würden. Dies ergebe insgesamt ein "solch hohes Maß der Übereinstimmung", dass für die belangte Behörde kein Zweifel am Ablauf der Geschehnisse bleibe. Es sei bemerkenswert, mit welcher Sicherheit und Bestimmtheit die (näher bezeichneten) Zeugen von ihren Wahrnehmungen berichten würden. Die inkriminierten Worte des Beschwerdeführers seien unzweifelhaft "nach einer vorausgehenden Provokation der Schülerin B. G. gefallen". Dies untermauere aber die Überzeugung (der belangten Behörde), dass der Beschwerdeführer tatsächlich "diese Worte" gesagt habe, weil es lebensfremd wäre, anzunehmen, "der Mensch würde sich in der Hitze des Gefechts auf die gelindere Ausdrucksweise besinnen". Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Absprache zwischen den (als Zeugen vernommenen) Schülern übersehe die belangte Behörde als "theoretische Möglichkeit" nicht, eine solche Absprache erachte sie (im vorliegenden Fall) aber "nicht als erwiesen", weil sich der Zeuge W. nicht an die Äußerung erinnere und der Zeuge H. R. sich nicht an die genauen Worte der Äußerung erinnern könne. Der Ansicht des Beschwerdeführers, die Glaubwürdigkeit der Zeugen B. G., S. G. und H. R. seien insgesamt erschüttert, weil diese Zeugen zu einem anderen Vorwurf die Unwahrheit ausgesagt hätten, könne die belangte Behörde nicht folgen, weil die an die Zeugen gerichteten Fragen und der zu erhellende Sachverhalt "zu komplex" seien, um von der Unglaubwürdigkeit bezüglich einer Frage zwingend auf die Unwahrheit der gesamten Aussage schließen zu können. Die Aussagen der Zeugen B. G., S. G. und H. R. bezüglich des gegenständlichen Vorwurfes würden der belangten Behörde "zweifelsfrei glaubwürdig erscheinen".
Zu I. A 2.):
Die erstinstanzliche Disziplinarkommission habe den zu Grunde liegenden Sachverhalt auf die im Kern glaubwürdigen Aussagen der betroffenen Schülerin und ihrer (namentlich näher bezeichneten) Mitschüler gegründet. "Gewisse Widersprüchlichkeiten" würden sich daraus erklären, dass der Vorfall mehr als zweieinhalb Jahre zurückliege. Wie weit der Beschwerdeführer den Pullover hinaufgezogen habe, habe nicht zweifelsfrei beantwortet werden können, weil die Aussage der betroffenen Schülerin vom 22. März 1999 von ihrer Aussage am 22. Mai 2001 abweiche. Dem (näher dargestellten) Berufungsvorbringen sei zu erwidern, dass die "Würdigung der Zeugenaussagen" das eindeutige und zweifelsfreie Bild ergebe, dass der Beschwerdeführer im Rahmen einer Schwindelzettelkontrolle aktiv den Pullover der Schülerin S. G. hinaufgeschoben habe. Die Schilderung der Zeugin E. sei "besonders überzeugend". Insgesamt verbleibe bei einer Zusammenschau der Wahrnehmungen der Zeugen kein Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen. Die erstinstanzliche Disziplinarkommission habe den Widerspruch in der Aussage der Zeugin S. G. keineswegs übergangen, sie sei aber zum Ergebnis gekommen, dass nicht feststellbar sei, wie weit der Beschwerdeführer den Pullover hinaufgeschoben habe. Auch wenn diese Widersprüchlichkeit "keiner endgültigen Antwort zugeführt werden kann", untergrabe dies nicht die auf das Kernfaktum des Vorfalls bezogenen (insoweit widerspruchsfreien) Aussagen. Nach Ansicht der belangten Behörde mache es "keinen qualitativen Unterschied, ob der Pullover bis zum Bauchnabel oder bis zum BH hinaufgezogen wird". Der Vorfall sei nicht von allen (fünf) Zeugen, sondern nur von drei Zeugen beobachtet worden, sodass die vom Beschwerdeführer insoweit geltend gemachte Unwahrscheinlichkeit nicht vorliege. Die Verantwortung des Beschwerdeführers sei "durch die Aussagen der Zeugen eindeutig widerlegt worden".
Zu I. A 3.):
Der Beschwerdeführer bestätige zwar, dass er S. K. hinaufgehoben habe, damit sie die Tafel (am oberen Ende) besser abwischen habe können, er betone aber, dass die Schülerin gegen sein Vorgehen nicht protestiert habe. Insofern der Beschwerdeführer sich dabei auf Zeugenaussagen aus der mündlichen Verhandlung vom 18. und 19. September 2000 beziehe, sei darauf zu verweisen, dass das in dieser Verhandlung Vorgekommene nicht verwertet werden dürfe, weil die Verhandlung infolge geänderter Senatsbesetzung wiederholt habe werden müssen. Die Disziplinarkommission habe ihre Feststellung zu Recht nur auf die Aussagen vom 23. März 1999 gestützt. Der Protest der Schülerin S. K. sei von der Disziplinarkommission "zu Recht als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt worden".
Zu I. A 5.):
Die Disziplinarkommission erster Instanz habe den Sachverhalt auf die glaubwürdige, klare und überzeugende Aussage des (Schülers) C. K. sowie die Niederschrift über die Befragung von Schülern vom 23. März 1999 gestützt. Die Verantwortung des Beschwerdeführers sei demgegenüber "eine reine Schutzbehauptung". Zu seinem Berufungsvorbringen sei anzumerken, dass eine Aussage (des Beschwerdeführers) darüber, was die Schüler im Umkleideraum getan hätten, nicht aktenkundig sei. Die Argumentation des Beschwerdeführers "in diese Richtung muss ins Leere gehen". Die belangte Behörde erachte die Möglichkeit als zutreffend, dass der Zeuge C. K. sich in der Einschätzung der Dauer des Eingesperrtseins "geirrt" habe. Es seien insoweit (Dauer des Eingesperrtseins) die Aussagen des Zeugen C. K. und des Beschwerdeführers eben nicht zugrundezulegen bzw. nicht glaubwürdig. Hinsichtlich der Zeitangaben sei die Disziplinarkommission erster Instanz zu Recht von den Aussagen der Schüler M. S., C. K. und K. ausgegangen. Nach Ansicht der belangten Behörde sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer die Schüler in der Umkleidekabine eingesperrt habe.
Zu Spruchpunkt II. (Schuldspruch I. A 4.):
Die Disziplinarkommission erster Instanz habe den Sachverhalt auf die überaus glaubwürdige und nachvollziehbare Schilderung der betroffenen Schülerin B. F. gestützt. Insofern der Beschwerdeführer darauf "beharre", die Schülerin B. F. habe sich auf den neben ihm stehenden Stuhl gesetzt, sei darauf Bedacht zu nehmen, dass der Beschwerdeführer sein "Beharren" einschränke, weil er nicht ausschließen könne, dass die Schülerin doch auf seinem Schoß gesessen sei. Die Verantwortung des Beschwerdeführers könne daher - nach Ansicht der belangten Behörde - die Zeugenaussage der Schülerin nicht widerlegen. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass der Beschwerdeführer "es zugelassen hat, dass die Schülerin B. F. auf seinem Schoß Platz genommen hat".
Die belangte Behörde führte ferner aus, die (vom Beschwerdeführer in der Berufung) beantragte Einvernahme der Schüler M. H., M. W. und S. A. (zu den Schuldsprüchen I. A 1.) und
2.) habe unterbleiben können. Der Sachverhalt sei durch die aufgenommenen Zeugenaussagen nämlich bereits eindeutig und in einer die Verantwortung des Beschwerdeführers unzweifelhaft widerlegenden Weise geklärt, sodass "eine weitere Erhellung des Sachverhaltes durch die genannten Zeugen nicht notwendig ist". Darüber hinaus sei es "auf Grund der Länge der zwischenzeitig verstrichenen Zeit unwahrscheinlich, dass die Zeugen noch einen wesentlichen, fundierten Beitrag zur Wahrheitsfindung leisten könnten". Insoweit der Beschwerdeführer (als Verfahrensmangel) rüge, dass kein Ortsaugenschein in der Hauptschule R durchgeführt worden sei, verweise die belangte Behörde auf die Begründung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses (bzw. trete sie dieser vollinhaltlich bei), wonach der Ortsaugenschein "aussichtslos sei, weil die Schülerin S. K. sich nicht mehr erinnern könne, wo sie gesessen sei". Der Schuldspruch stütze sich außerdem auf die "überaus glaubwürdige Aussage der Schülerin B. F., sodass die Durchführung des Ortsaugenscheins am Ergebnis des Beweisverfahrens nichts geändert hätte". Da die Sachverhaltsfeststellung sich nicht auf die Aussage der Schülerin S. K. stütze, hätte die Durchführung des Ortsaugenscheines "keinesfalls" zu einem anderen Ergebnis geführt. Die Nichtverlesung des Verhandlungsbeschlusses sei zwar eine Mangelhaftigkeit des (erstinstanzlichen) Verfahrens gewesen, dieser Verfahrensmangel sei aber nicht relevant, weil die Disziplinarkommission (erster Instanz) auch bei Verlesen des Verhandlungsbeschlusses zu keinem anderen Ergebnis gekommen wäre.
Über die gegen diesen Bescheid - erkennbar nur im Umfang seines Schuld- und Strafausspruches - erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer macht unter anderem geltend, er habe die (näher bezeichneten) Vorwürfe immer bestritten. In seiner Berufung habe er unter anderem vorgebracht, die Zeugin B. G. sei nicht glaubwürdig, weil sie hinsichtlich des ursprünglich (ihm angelasteten) schwersten Vorwurfes - nämlich er habe zu ihr gesagt, "gehen wir ins Kammerle ficki ficki" - nachweislich falsch ausgesagt habe. Nicht er habe diese Äußerung abgegeben, sondern die Schülerin B. G. (selbst) habe vor versammelter Klasse ihm gegenüber diese Äußerung gemacht; daraufhin habe er den Direktor geholt. Die zu seiner Entlastung angebotenen bzw. beantragten Zeugen habe die belangte Behörde nicht einvernommen. Sie habe (auch) eine unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung vorgenommen.
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes (LDG 1984) lauten:
"Wiederholung der mündlichen Verhandlung
§ 94. Der Vorsitzende ist berechtigt, bei Vorliegen besonderer Gründe die mündliche Verhandlung zu unterbrechen oder zu vertagen. Wurde die Verhandlung vertagt, so hat der Vorsitzende bei der Wiederaufnahme der Verhandlung die wesentlichen Vorgänge der vertagten Verhandlung nach dem Protokoll und den sonst zu berücksichtigenden Akten mündlich vorzutragen. Die Verhandlung ist jedoch zu wiederholen, wenn sich die Zusammensetzung des Senates geändert hat oder seit der Vertagung mehr als sechs Monate verstrichen sind.
Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten und Absehen von der mündlichen Verhandlung
§ 94a. (1) Die mündliche Verhandlung kann ungeachtet eines Parteienantrages in Abwesenheit des Beschuldigten durchgeführt werden, wenn der Beschuldigte trotz ordnungsgemäß zugestellter Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, sofern er nachweislich auf diese Säumnisfolge hingewiesen worden ist.
(2) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn der Sachverhalt infolge Bindung an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils eines Strafgerichtes oder eines Straferkenntnisses eines unabhängigen Verwaltungssenates zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung hinreichend geklärt ist.
(3) Sofern die Landesgesetzgebung eine Disziplinaroberkommission vorsieht, kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dieser ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn
- 1. die Berufung zurückzuweisen ist,
- 2. die Angelegenheit an die erste Instanz zu verweisen ist,
- 3. ausschließlich über eine Berufung gegen die Auferlegung eines Kostenersatzes zu entscheiden ist,
4. sich die Berufung ausschließlich gegen die Strafbemessung richtet oder
5. der Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint.
(4) In den Fällen des Abs. 1 ist vor schriftlicher Erlassung des Disziplinarerkenntnisses dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.
Disziplinarerkenntnis
§ 95. (1) Wenn eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, hat die Disziplinarkommission bei der Beschlussfassung über das Disziplinarerkenntnis nur auf das, was in der mündlichen Verhandlung vorgekommen ist, sowie auf eine allfällige Stellungnahme des Beschuldigten gemäß § 94a Abs. 4 Rücksicht zu nehmen. Dies gilt auch für eine allfällig durch die Landesgesetzgebung eingerichtete Disziplinaroberkommission, wenn eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden ist.
(2) Das Disziplinarerkenntnis hat auf Schuldspruch oder auf Freispruch zu lauten und im Falle eines Schuldspruches, sofern nicht nach § 73 Abs. 3 oder § 83 von einem Strafausspruch abgesehen wird, die Strafe festzusetzen.
(3) Eine schriftliche Ausfertigung des Disziplinarerkenntnisses ist den Parteien längstens innerhalb von zwei Wochen zuzustellen und der landesgesetzlich hiezu berufenen Behörde unverzüglich zu übermitteln.
(4) Das Disziplinarerkenntnis einer allfällig durch die Landesgesetzgebung eingerichteten Disziplinaroberkommission wird für jede Partei mit der mündlichen Verkündung, wenn aber von einer mündlichen Verhandlung abgesehen wurde oder das Disziplinarerkenntnis gemäß § 94a Abs. 4 schriftlich zu erlassen war, mit der an die Partei erfolgten Zustellung rechtswirksam."
Die belangte Behörde hat (ohne dies im angefochtenen Bescheid näher zu begründen) von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung Abstand genommen und die vom Beschwerdeführer in seiner Berufung (zu seiner Entlastung) beantragten Beweise nicht aufgenommen. Sie hat die im Beschwerdefall strittigen Tatfragen - ob der Beschwerdeführer das ihm angelastete Verhalten begangen hat oder nicht - durch die Würdigung der von der Unterinstanz unmittelbar aufgenommenen Beweise zu lösen versucht.
Durch die Beweiswürdigung von Ergebnissen des Verfahrens der Unterinstanz ohne Durchführung eines eigenen Ermittlungsverfahrens verletzte die belangte Behörde allerdings den Grundsatz der Unmittelbarkeit (§ 95 Abs. 1 LDG 1984; vgl. hiezu etwa das zur vergleichbaren Rechtslage des § 126 Abs. 1 BDG 1979 ergangene hg. Erkenntnis vom 6. Juni 2001, Zl. 98/09/0317).
Schon im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer in seiner Berufung substanziiert bekämpfte Beweiswürdigung der Disziplinarkommission erster Instanz war der Sachverhalt im Sinne des § 94a Abs. 3 Z 5 LDG 1984 aber nicht als nach der Aktenlage hinreichend geklärt anzusehen. Die Berufungsbehörde durfte des weiteren dann nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle ausgehen (und nicht von einer mündlichen Berufungsverhandlung absehen), wenn der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt wurde, der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (vgl. die zur vergleichbaren Rechtslage des BDG 1979 zuletzt ergangenen hg. Erkenntnisse jeweils vom 25. Mai 2005, Zl. 2002/09/0019, und Zl. 2002/09/0083, und die jeweils darin angegebene Judikatur).
Im Beschwerdefall war die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung aber schon deshalb geboten, weil die belangte Behörde (in Erwiderung auf das Berufungsvorbringen) die Glaubwürdigkeit von Zeugen und der Verantwortung des Beschwerdeführers zu beurteilen hatte, dies nach der Aktenlage allein aber (rechtlich fehlerfrei) nicht zulässig war. Ob die vom Beschwerdeführer zu seiner Entlastung beantragte Zeugen (Beweismittel) "einen Beitrag zur Wahrheitsfindung leisten könnten", konnte die belangte Behörde erst nach deren Einvernahme (Aufnahme der Beweise) rechtlich fehlerfrei beantworten.
Schließlich ist im Beschwerdefall eine sachverhaltsmäßige Auseinandersetzung auch mit dem Verschulden des Beschwerdeführers (der subjektiven Tatseite) - die allerdings die rechtlich fehlerfreie Klärung der objektiven Seite der Anschuldigungen voraussetzt - unterblieben. In dieser Hinsicht ist etwa anzumerken, dass die belangte Behörde zum Schuldspruch nach Spruchpunkt I. A 1.) - den für ein allfälliges Verschulden des Beschwerdeführers zu berücksichtigenden Umstand - annimmt, es habe eine "vorausgehende Provokation der Schülerin B. G."
stattgefunden. Auch etwa hinsichtlich des Schuldspruches nach Spruchpunkt I. A 5.) sind die Dauer und die näheren Umstände einer als "erwiesen" angenommenen "Anhaltung" in der Garderobe (und zwar unter anderem auch für das Verschulden) nicht unerheblich und konnten daher nicht - unter Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer jedenfalls Schüler in der Umkleidekabine eingesperrt habe - ungeklärt bleiben (vgl. dazu den Schuldspruch, der auf Punkt 13 des Einleitungsbeschlusses verweist, wonach dem Beschwerdeführer nämlich vorgeworfen wird, er habe die Schüler "ungefähr eine Vierteilstunde trotz deren lautstarken Protest" eingesperrt).
Hinsichtlich der Beurteilung der Aussage des Zeugen "C. K."
fällt auf, dass die Aussage dieses Zeugen einerseits als nicht glaubwürdig, andererseits als Grundlage der Sachverhaltsfeststellungen angesehen wurde. Auch die Einschätzung der Glaubwürdigkeit der Zeugen B. G., S. G. und P. R. betreffend den Schuldspruch nach Spruchpunkt I. A 1.) entbehrt der schlüssigen Begründung. Die belangte Behörde hat nämlich letztlich nicht (nachvollziehbar) begründet, warum sie den Aussagen dieser Zeugen in diesem Punkt Glaubwürdigkeit zubilligt, obwohl diese zu einem anderen Vorwurf "die Unwahrheit gesagt haben". Das zu Spruchpunkt I. A 2.) gebrauchte Argument (betreffend die Wahrscheinlichkeit von Beobachtungen), es hätten nur drei (von fünf) Zeugen den Vorfall beobachtet, lässt unbeantwortet, ob bzw. auf Grund welcher Gegebenheiten diese (drei) Schüler den Vorfall beobachteten bzw. die geschilderten Wahrnehmungen machen konnten.
Insoweit die belangte Behörde zu Spruchpunkt I. A 3.) annimmt, die Zeugenaussagen aus der näher bezeichneten Verhandlung dürften nicht verwertet werden, richtet sich aber dieses Argument gerade gegen ihre gesamte (eigene) Beweiswürdigung, erweist sich diese doch deshalb als rechtswidrig, weil die belangte Behörde die Erledigung der Berufung ohne mündliche Verhandlung (nur) nach der Aktenlage vornahm. Sie hätte das Vorliegen des dem Beschwerdeführer im verbliebenen Schuldspruch angelasteten Fehlverhaltens zufolge § 95 Abs. 1 LDG 1984 und des darin verankerten Unmittelbarkeitsgrundsatzes (nicht nur nach der Aktenlage, sondern) ausschließlich auf Grund von Ergebnissen beurteilen dürfen, die in einer von ihr unmittelbar durchgeführten - vom Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittel durch Beweisanträge im Ergebnis auch begehrten - mündlichen Verhandlung vorgekommen sind. Mangels Durchführung einer mündlichen Verhandlung liegen solche Ergebnisse im Berufungsverfahren aber nicht vor (vgl. zur Verpflichtung der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung auch das genannte Erkenntnis Zl. 2002/09/0019, und die darin angegebene Judikatur). Die (die Anschuldigungen bestreitende) Verantwortung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde zu allen Punkten des Schuldspruches unter Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes als "Schutzbehauptung" qualifiziert.
Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid hinsichtlich des verbliebenen Schuldspruches gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Dies zieht notwendigerweise auch die Aufhebung des Strafausspruches nach sicht.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 22. Juni 2005
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)