VwGH 2010/22/0204

VwGH2010/22/020417.4.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der N, vertreten durch Mag. Martin Nemec, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Berggasse 21/7, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 28. Oktober 2010, Zl. 133.124/15- III/4/10, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §24;
NAG 2005 §41;
AuslBG §24;
NAG 2005 §41;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde mit Spruchpunkt I. den Antrag der Beschwerdeführerin, einer syrischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft" gemäß § 41, § 24 Abs. 4, § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 1 und 2 sowie § 29 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG iVm § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG, sowie mit Spruchpunkt II. ihren Verlängerungsantrag auf Erteilung einer "Aufenthaltsbewilligung - Studierender" gemäß § 64 Abs. 1 und 3 NAG und § 8 Z 7 lit. b NAG-Durchführungsverordnung (NAG-DV) jeweils ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei zuletzt vom 27. November 2008 bis 27. November 2009 im Besitz einer "Aufenthaltsbewilligung-Studierender" gewesen und habe am 19. November 2009 einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft" und gleichzeitig einen Verlängerungsantrag auf Erteilung einer "Aufenthaltsbewilligung - Studierender" gestellt. Beide Anträge seien von der erstinstanzlichen Behörde mit Bescheid vom 24. März 2010 abgewiesen worden: der Zweckänderungsantrag aufgrund zweier negativer Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 12. Jänner 2010 und vom 19. März 2010, der Verlängerungsantrag mangels Vorliegen der besonderen Erteilungsvoraussetzungen (kein Studienerfolgsnachweis und keine Studienbestätigung). In der dagegen erhobenen Berufung habe die Beschwerdeführerin eingewendet, ihr sei das Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 19. März 2010 nicht übermittelt und damit ihr Recht auf Parteiengehör verletzt worden; auch die Abweisung ihres Verlängerungsantrages mangels abgelegter Prüfungen und Studienbestätigung sei überraschend erfolgt, weshalb sie dazu keine Beweismittel habe vorlegen können.

Von der belangten Behörde - so diese weiter - sei der Beschwerdeführerin daher mit Schreiben vom 6. September 2010 dieses Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 19. März 2010 zur Kenntnis gebracht worden. Dazu habe der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin nach einer Fristerstreckung einen Firmenbuchauszug vom 23. September 2010 sowie eine Entnahmebestätigung der Steuerberaterin I E vom 23. September 2010 über einen Betrag in der Höhe von EUR 1.500,-- als Geschäftsführerbezug vorgelegt, jedoch keine weitere Stellungnahme verfasst.

Nach der schlüssigen Darstellung der von der Beschwerdeführerin beabsichtigten selbstständigen Erwerbstätigkeit in den Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 12. Jänner 2010 und 19. März 2010 sei diese seit 13. November 2009 bei der S Warenhandelsgesellschaft mbH als Geschäftsführerin und Gesellschafterin tätig. Das Gewerbe laute auf Damenkleidermacher verbunden mit Herrenkleidermacher, Wäschewarenerzeuger, eingeschränkt auf die Herstellung von Damenoberbekleidung nach Größen, sowie Änderungen und Reparaturen. Das Unternehmen sei laut Schreiben der Beschwerdeführerin vom 16. Dezember 2009 zuletzt fast ausschließlich im Handel tätig gewesen, aber es sei laut Stellungnahme vom 25. Februar 2010 von der Beschwerdeführerin auch der Verkauf von Textilien betrieben worden. Die Beschwerdeführerin habe ferner vorgebracht, dass sie vorhabe, die Schneiderei des Unternehmers auf Grund der vorhandenen Maschinenausstattung wieder zu aktivieren und ihre Kontakte zu Syrien für den Einkauf von Stoffen zu nutzen. Für 2010 wäre geplant, zusätzlich drei bis vier Mitarbeiter einzustellen und die Erzeugnisse im eigenen Geschäft zu verkaufen sowie auch für andere Boutiquen zu nähen. Eine größere Investition wäre derzeit nicht geplant. Der Jahresumsatz würde sich auf durchschnittlich EUR 600.000,-- brutto belaufen. Die Beschwerdeführerin hätte 52 % der Gesellschaftsanteile erworben und wäre auch Geschäftsführerin, wobei der gewerberechtliche Geschäftsführer Herr G S wäre. Die Beschwerdeführerin habe auch darauf hingewiesen, dass sie bereits als Geschäftsführerin tätig gewesen wäre. Die Produktion, die vormals in Österreich stattgefunden hätte, sei aus Kostengründen in die Slowakei verlagert worden, solle jedoch wieder nach Österreich zurückverlagert werden. Auf Grund ihrer einschlägigen Kontakte zu Syrien wäre die Beschwerdeführerin für das Unternehmen von essentieller Bedeutung, da ihre Kontakte es ermöglichen würden, in Syrien günstiger einzukaufen und damit die Produktion in Wien kostengünstiger zu gestalten und die Produktion auch von der Slowakei wieder nach Wien zu verlagern. Dazu seien für den Anfang mindestens drei zusätzliche weitere Arbeitskräfte erforderlich, wobei der Personalstand in der Schneiderei in weiterer Folge auf zehn Vollzeitarbeitskräfte aufgestockt werden würde. Ihre Tätigkeit wäre daher für das Unternehmen und auch für den positiven Effekt auf den Arbeitsmarkt Wien von besonderer Bedeutung.

Die belangte Behörde wies nach Bewertung der Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien, des Antrages der Beschwerdeführerin bzw. ihrer Stellungnahmen vom 19. November 2009, 3. Dezember 2009, 16. Dezember 2009 und 1. März 2010 (25. Februar 2010), ihrer Berufung und der Urkundenvorlage vom 5. Oktober 2010 darauf hin, dass sie im Hinblick auf die Judikatur der Höchstgerichte nicht an die Feststellung der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gebunden sei, wonach die von der Beschwerdeführerin angestrebte selbständige Erwerbstätigkeit keinesfalls als die einer Schlüsselkraft angesehen werden könne. In ihren Ausführungen habe die Beschwerdeführerin aber nicht dargelegt, zu welchem Zeitpunkt das Unternehmen ihre Produktion in die Slowakei verlegt habe. Auf Grund der noch vorhandenen Räumlichkeiten und Maschinen sei jedenfalls davon auszugehen, dass die Verlegung der Produktion in das Ausland noch nicht lange zurückliege. Zu der angestrebten Zurückverlegung der Produktion nach Österreich wegen der Kontakte der Beschwerdeführerin zu Syrien zum Zweck des kostengünstigen Stoffeinkaufes habe die Beschwerdeführerin weder Namen noch Unternehmen in Syrien bekannt gegeben, noch einen anderweitigen glaubhaften Nachweis erbracht. Andere Gründe, weshalb die Produktion trotz ihrer offensichtlich noch nicht lange zurückliegenden Außerlandesverlegung wieder nach Österreich verlegt werden solle, habe die Beschwerdeführerin nicht genannt. Für den angeblichen Verkauf der Produktion an andere Geschäfte wie Boutiquen habe die Beschwerdeführerin ebenfalls keinerlei Nachweise erbracht, wie etwa die Benennung von Aufträgen oder Firmennamen. Da keine betrieblichen Unterlagen dazu vorgelegt worden seien, könne auch die Behauptung nicht nachvollzogen werden, dass bei einer beabsichtigten Rückverlagerung der Produktion nach Österreich bis zu zehn Arbeitskräfte eingestellt würden. In Widerspruch zu der beabsichtigten Einstellung von Arbeitskräften seien auch laut Firmenbuchauszug vom 23. September 2010 zwei Prokuristen des Unternehmens, Frau R Z und Herr A S, ausgeschieden und die GmbH beschäftige derzeit gar keinen Prokuristen. Auch ein dritter Geschäftsführer namens E S sowie insgesamt vier namentlich angeführte Gesellschafter hätten das Unternehmen verlassen. Auf Grund dessen, dass die Beschwerdeführerin außer dem Firmenbuchauszug keine weiteren Firmenunterlagen vorgelegt habe, könne auch der als zukünftig prognostizierte Jahresumsatz von EUR 600.000,-- brutto nicht nachvollzogen werden. Es sei ein maßgeblicher Transfer von Investitionskapital nach Österreich nicht gegeben, da keine Absicht einer Investition vorhanden sei. Zu ihrer Behauptung, dass sie bereits als Geschäftsführerin tätig gewesen sei, habe sie weder Nachweise erbracht noch glaubwürdig eine dementsprechende Ausbildung belegt. Zudem sei die Beschwerdeführerin seit mindestens Dezember 2006 mit einem Aufenthaltstitel in Österreich aufhältig und habe für die Erlangung des ersten Aufenthaltstitels - eine "Aufenthaltsbewilligung - Schüler" - ein Zeugnis einer Grundausbildung in Damaskus vom 9. August 2005 vorgelegt, welche sie im Alter von 18 Jahren abgeschlossen habe und worin keine Befähigung zur Führung eines Unternehmens bestätigt werde. Des Weiteren habe die Beschwerdeführerin ab 2006 in Österreich eine Ausbildung zur Religionslehrerin an der K Hochschule in Wien angestrebt, woraus auch kein Befähigungsnachweis für die Leitung eines Unternehmens abgeleitet werden könne. Dass die Beschwerdeführerin gute Kontakte zu Syrien betreffend Stoffeinkauf habe, sei wegen der nicht nachgewiesenen Befähigung für ihre angestrebte Beschäftigung (weder nachgewiesene Kenntnisse als Geschäftsführerin noch in der Textilindustrie) und ihres langen Inlandsaufenthalts seit 2006 bzw. ihres Verlassens des Heimatlandes als Schülerin im Alter von 18 Jahren unglaubwürdig und auch nicht glaubhaft belegt. Zu ihren Vorkenntnissen auf dem Gebiet der Textilindustrie habe die Beschwerdeführerin zwar eine Bestätigung der höheren Bundes-, Lehr- und Versuchsanstalt für Textilindustrie für den zukünftigen Besuch eines Jahrganges vom 9. März 2006, aber keine Schulzeugnisse vorgelegt.

Die belangte Behörde kam daher zum Schluss, dass die Beschwerdeführerin keinen maßgeblichen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft ausübe und ihrer beabsichtigten Tätigkeit derzeit kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen im Sinn des § 24 AuslBG zuerkannt werden könne, sowie eine "ökonomische Gesamtbedeutung" nicht gegeben sei, zumal weder ein Transfer von Investitionskapital beabsichtigt sei, noch die Schaffung weiterer Arbeitsplätze glaubwürdig belegt worden sei. Der Erbringung ihrer Arbeitsleistung wäre ausschließlich ein einzelbetriebliches bzw. persönliches Interesse zuzumessen. Sie sei somit nicht als selbständige Schlüsselkraft gemäß § 24 AuslBG zu klassifizieren. In einer Abwägung gemäß § 11 Abs. 3 NAG ging die belangte Behörde ebenfalls nicht davon aus, dass ihr der gewünschte Titel zur Aufrechterhaltung des Privat- oder Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK zu erteilen sei.

Hinsichtlich der Abweisung des Verlängerungsantrages auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels als Student (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides) führte die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass im Hinblick auf den Zeitpunkt der Stellung des gegenständlichen Antrages (19. November 2009) das für den Nachweis des geforderten Studienerfolges im Sinne des § 64 Abs. 3 NAG in Verbindung mit § 8 Z. 7 lit. b NAG-DV in Verbindung mit § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 (UG) maßgebliche Studienjahr den Zeitraum von 1. Oktober 2008 bis 30. Juni 2009 betreffe (richtig: 30. September 2009).

Ihrem Antrag habe die Beschwerdeführerin keine Unterlagen zu ihrem Studium beigelegt. Aus diesem Grund sei ihr rechtsfreundlicher Vertreter von der belangten Behörde mit Schreiben vom 6. September 2010 aufgefordert worden, eine aktuelle Studienbestätigung wie auch einen Studienerfolgsnachweis des vorangegangenen Studienjahres bzw. der erlangten Prüfungszeugnisse vorzulegen. Die Beschwerdeführerin habe daraufhin eine Reihe von Unterlagen vorgelegt, darunter Deutschkursbestätigungen aus dem Jahre 2006, eine Studienbestätigung der K Hochschule in Wien vom 19. Dezember 2007 sowie eine (erfolgreich bestandene) Studienberechtigungsprüfung dieser Hochschule vom 27. Juni 2008, eine Bestätigung der Institutsleitung der K Hochschule in Wien vom 5. November 2008, mit der die Beschwerdeführerin zur Studienberechtigungsprüfung im Studienjahr 2008/2009 zugelassen worden sei, sowie einen Bescheid der K Hochschule in Wien vom 16. Oktober 2008 betreffend die Beurlaubung der Beschwerdeführerin für das Wintersemester 2008/09. Aus diesen Unterlagen sei keine einzige Prüfung ersichtlich, welche im vorangegangenen Studienjahr vom 1. Oktober 2008 bis "30.06.2009" abgelegt worden wäre. Die vorgelegte Teilnahmebestätigung an einer Studieneingangsphase für den Studiengang Religion der K Hochschule in Wien könne auf Grund dessen, dass diese nicht datiert sei, nicht für das vorangegangene Studienjahr vom 1. Oktober 2008 bis "30.06.2009" gewertet werden. Doch selbst bei Berücksichtigung der für diese Studieneingangsphase veranschlagten 6 Credits sei der geforderte Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 UG - 16 ECTS-Punkte - nicht erreicht worden. Zudem habe sich die Beschwerdeführerin am 16. Oktober 2008 für das Wintersemester 2008/09 beurlauben lassen und keinen nachvollziehbaren Nachweis darüber erbracht, dass sie nunmehr wieder studieren würde. Die vorgelegte Studienbestätigung der K Hochschule in Wien sowie das Studienblatt dieser Hochschule seien beide mit 19. Dezember 2007 datiert und damit nicht aktuell. Eine aktuelle Studienbestätigung sei trotz Aufforderung vom 6. September 2010 nicht vorgelegt worden. Im maßgeblichen Studienjahr 2008/2009 seien somit weder ein aktuelles Studienblatt noch eine Studienbestätigung oder ein Studienerfolg nachgewiesen worden. Ein unvorhersehbarer Grund im Sinne des § 64 Abs. 3 NAG sei von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht worden. Die besonderen Voraussetzungen zur Erteilung einer weiteren "Aufenthaltsbewilligung - Studierender" lägen auf Grund dieses Sachverhaltes somit nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall angesichts der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 2. November 2010 das NAG in der Fassung des BGBl. I Nr. 135/2009 sowie das AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 135/2009 Anwendung findet.

I. Zum Zweckänderungsantrag (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 41 Abs. 1 NAG kann Drittstaatsangehörigen eine "Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft" erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des ersten Teiles erfüllen, ein Quotenplatz vorhanden ist und eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle oder ein Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß §§ 12 Abs. 4 oder 24 AuslBG vorliegt.

Gemäß § 41 Abs. 3 zweiter Satz NAG ist der Antrag ohne weiteres abzuweisen, wenn das Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice in einem Verfahren über den Antrag zur Zulassung als selbständige Schlüsselkraft negativ ist (§ 24 AuslBG).

Dies bedeutet allerdings - bei verfassungskonformer Interpretation der Bestimmungen des § 41 Abs. 3 NAG und des § 24 AuslBG - nicht, dass das Gutachten durch den Antragsteller nicht entkräftet oder widerlegt werden kann oder dass die Behörde an ein unschlüssiges Gutachten gebunden wäre. Vielmehr gilt auch in Bezug auf die Würdigung dieses Beweismittels, dass die in § 45 AVG verankerten allgemeinen Verfahrensgrundsätze der materiellen Wahrheit, der freien Beweiswürdigung und des Parteiengehörs uneingeschränkte Anwendung finden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2011, Zl. 2009/22/0109, mwN).

Davon ging auch die belangte Behörde aus und unterzog die von der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien gemäß § 24 AuslBG erstellten Gutachten einer eigenen Bewertung und kam zum Ergebnis, dass diese schlüssig seien. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus der Bestimmung des § 24 AuslBG, dass für die Beurteilung, ob eine beabsichtigte selbständige Tätigkeit zur Stellung als Schlüsselkraft führt, der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Erwerbstätigkeit maßgeblich ist. Bei der Beurteilung, ob ein derartiger gesamtwirtschaftlicher Nutzen vorliegt, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob mit der selbständigen Erwerbstätigkeit ein Transfer von Investitionskapital verbunden ist und/oder ob die Erwerbstätigkeit der Schaffung von neuen oder der Sicherung von gefährdeten Arbeitsplätzen dient. Der Gesetzgeber stellt also darauf ab, ob ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten ist (vgl. dazu etwa das schon angeführte hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2011, mwN).

Durch die Einzahlung von Stammkapital allein kann noch kein Transfer von Investitionskapital im Sinn des § 24 AuslBG nachgewiesen werden. Auch unter Bedachtnahme darauf, dass sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten die Zahlung eines Abtretungspreises für die Geschäftsanteile ergibt, kann in dieser Leistung ein Transfer von Investitionskapital im Sinn des § 24 AuslBG und ein damit verbundener zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft nicht gesehen werden (vgl. etwa das einen Kaufpreis für Unternehmensteile betreffende Erkenntnis vom 9. November 2010, Zl. 2008/21/0316, und das die Leistung einer Kaution betreffende hg. Erkenntnis vom 3. April 2009, Zl. 2008/22/0110).

In der Beschwerde wird im Wesentlichen erneut vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin sehr wohl als Schlüsselkraft anzusehen sei, weil sie bereits als Geschäftsführerin tätig gewesen sei und über ausgezeichnete Kontakte nach Syrien verfüge, welche gerade für dieses Unternehmen (S Warenhandels GesmbH) von entscheidender Bedeutung seien, weil auf Grund dieser Kontakte für die Textilproduktion erforderliche Stoffe zu einem wesentlich günstigeren Preis eingekauft werden könnten und es so der S GmbH möglich sei, ihre zunächst in die Slowakei ausgelagerte Produktion wieder nach Wien zu verlagern, wodurch bereits von Anfang an zumindest drei weitere Arbeitskräfte benötigt würden, in weiterer Folge das Personal in der Schneiderei auf zehn Arbeitsplätze aufgestockt werden würde. Die belangte Behörde habe bei ihrer Bewertung die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Urkunden, nämlich den Firmenbuchauszug sowie Entnahmebestätigungen nicht gewürdigt bzw. die Beschwerdeführerin nicht dazu befragt. Aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere dem prognostizierten Jahresumsatz, sei zu schließen, dass entgegen der Begründung der belangten Behörde sehr wohl von einem maßgeblichen Transfer von Investitionskapital nach Österreich im Zuge der geplanten Standortrückverlegung der S GmbH nach Österreich zu rechnen sei, womit naturgemäß auch die Schaffung einer nicht unbeträchtlichen Zahl von Arbeitsplätzen verbunden sei. Auch könne auf Grund der Herkunft der Beschwerdeführerin und ihrer schon allein dadurch naheliegenden Kontakte in Syrien einwandfrei der Schluss gezogen werden, dass sie über entsprechende Kontakte nach Syrien verfüge, die es ihr ermöglichen, dort günstige Stoffeinkäufe anzubahnen.

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Weder wird damit nämlich den Gutachten des Arbeitsmarktservice Wien, die die belangte Behörde als schlüssig bewertet hat, entgegengetreten, wobei die belangte Behörde entgegen der Beschwerdebehauptung sämtliche von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen ausreichend berücksichtigt hat, noch wurde damit den beweiswürdigenden Überlegungen der belangten Behörde, die bezweifelte, dass die Beschwerdeführerin über die behaupteten besonderen Kontakte verfüge, sowie, dass bloß auf Grund der nicht näher angeführten Kontakte eine derartige Kostenreduktion der Produktion möglich sein sollte, um den Standort der Produktion nach Österreich verlegen zu können, etwas Maßgebliches entgegengesetzt. Die Beschwerdeführerin hat diese Behauptungen schon im Verwaltungsverfahren auch weder durch Vorlage konkreter Beweismittel, etwa Benennung näher bezeichneter Kontakte, untermauert, noch einen ausreichend konkreten Businessplan vorgelegt, der dieses Vorbringen hätte stützen können.

Vor diesem Hintergrund und angesichts des aus Kostengründen aus Österreich in die Slowakei verlagerten Produktionsstandortes des Unternehmens durfte die belangte Behörde in nicht zu beanstandender Weise zum Schluss gelangen, dass durch die selbständige Tätigkeit der Beschwerdeführerin kein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten sei.

Ferner ist schon auf der Grundlage der unbestrittenen Feststellung, dass für die GmbH laut vorgelegtem Firmenbuchauszug ein weiterer handelsrechtlicher Geschäftsführer fungiert - der ebenfalls aus Syrien stammende Onkel der Beschwerdeführerin -, nicht ersichtlich, warum es gerade auf die Anwesenheit der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet ankommen sollte, um die genannten Arbeitsplätze zu schaffen, könnten die Geschäfte der GmbH doch vom schon bestellten zweiten Geschäftsführer oder einer anderen Person geleitet werden (vgl. das schon angeführte hg. Erkenntnis vom 3. April 2009).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass wegen der unkonkretisierten Behauptungen über die beabsichtigte Geschäftstätigkeit keine Bedenken gegen die Ansicht der belangten Behörde bestehen, dass kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin festzustellen sei. Gegen die Schlüssigkeit der Gutachten des Arbeitsmarktservice wurden auch keine konkreten Argumente vorgebracht. Die belangte Behörde durfte daher die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels für eine Schlüsselkraft gemäß § 41 Abs. 1 NAG verneinen.

Ergänzend wird angemerkt, dass das Beschwerdevorbringen, soweit es auf die im Rahmen der Prüfung des § 11 Abs. 3 NAG zu berücksichtigenden Gründe des Art. 8 EMRK Bezug nimmt, ins Leere geht, weil eine Abwägung nach Art. 8 EMRK schon wegen des Fehlens einer besonderen Erteilungsvoraussetzung nicht vorzunehmen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 2009, Zl. 2009/22/0189, mwN). Daran ändert auch nichts, dass die belangte Behörde irrtümlich eine - kursorische - Abwägung in dieser Hinsicht vorgenommen hat.

II. Zum Verlängerungsantrag (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides)

Die im vorliegenden Zusammenhang wesentlichen Bestimmungen des § 64 Abs. 3 NAG, § 8 Z 7 lit. b NAG-DV( idF BGBl. II Nr. 498/2009) sowie § 75 Abs. 6 UG (idF BGBl. I Nr. 81/2009) lauten:

"§ 64. ...

...

(3) Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität erbringt. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden."

"§ 8. Zusätzlich zu den in § 7 genannten Urkunden und Nachweisen sind dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung weitere Urkunden und Nachweise anzuschließen:

...

7. für eine 'Aufenthaltsbewilligung - Studierender':

  1. a) ...
  2. b) im Fall eines Verlängerungsantrages ein schriftlicher Nachweis der Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität oder des Universitätslehrganges über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr, insbesondere ein Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 des Universitätsgesetzes 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120 idF BGBl. I Nr. 81/2009 sowie ein aktuelles Studienblatt und eine Studienbestätigung gemäß § 62 Abs. 4 UG;

    ..."

"§ 75. ...

(6) Die Universität hat einer oder einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag der oder des Studierenden einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern sie oder er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (8 Semesterstunden) abgelegt hat."

Die Beschwerdeführerin wendet sich ohne weitere Begründung in der Beschwerde gegen die Annahme der belangten Behörde, sie weise nicht den nach § 64 Abs. 3 NAG geforderten Studienerfolg auf, und führt aus, dass die für die Beurteilung eines hinreichenden Studienerfolgs von der belangten Behörde für erforderlich gehaltenen Nachweise niemals von der Beschwerdeführerin angefordert worden seien.

Die Beschwerdeführerin wurde nach der Aktenlage erstmals im Zuge der Ausstellung der Einreichbestätigung durch die erstinstanzliche Behörde vom 19. November 2009 zur Nachreichung u. a. des Studienerfolges im vorangegangenen Studienjahr, insbesondere eines Studienerfolgsnachweises gemäß § 75 Abs. 6 UG, aufgefordert. Nach der (erneuten) Aufforderung durch die belangte Behörde vom 6. September 2010, eine aktuelle Studienbestätigung sowie den Studienerfolgsnachweis des vorangegangenen Studienjahres bzw. der erlangten Prüfungszeugnisse in Kopie vorzulegen, beantragte der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24. September 2010 eine Fristerstreckung zur Urkundenvorlage; dem gab die belangte Behörde statt.

Auf der Grundlage der vorgelegten Unterlagen ging die Behörde in der Folge zu Recht davon aus, dass die Beschwerdeführerin keine Prüfungen im dargestellten gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß absolviert habe.

Zwar hat die belangte Behörde irrtümlich angenommen, der fragliche maßgebliche Zeitraum, der zur Beurteilung des Studienerfolgs heranzuziehen ist, sei jener von 1. Oktober 2008 bis 30. Juni 2009, denn das für diese Beurteilung fallbezogen maßgebliche Studienjahr 2008/2009 umfasste gemäß § 52 UG den 1. Oktober 2008 bis 30. September 2009. Dennoch ist die Beschwerdeführerin dadurch in keinem Recht verletzt, da sie auch für diesen Zeitraum keinerlei Nachweis einer absolvierten Prüfung erbracht hat. Wie bereits die belangte Behörde festgestellt hat, wäre selbst unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Studieneingangsprüfung in keinem Fall der gesetzlich geforderte Studienerfolg nachgewiesen worden.

Auch die Beschwerde bestreitet nicht, dass die Beschwerdeführerin im maßgeblichen Studienjahr keine Prüfung absolviert hat, sondern bestätigt vielmehr, dass sie ihr Studium ruhend gestellt hat.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht angenommen, die für die erneute Erteilung dieses Titels erforderlichen besonderen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, inwieweit die Abweisung des auf die Verlängerung des Aufenthaltstitels als Studierende zielenden Antrags rechtswidrig sein soll.

Da dem angefochtenen Bescheid somit die behaupteten Rechtswidrigkeiten nicht anhaften, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 17. April 2013

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte