VwGH 2008/22/0110

VwGH2008/22/01103.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Rainer Blasbichler, Rechtsanwalt in 1180 Wien, Gersthofer Straße 4 (Eingang Bäckenbrünnlgasse 1), gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Juli 2007, Zl. 148.918/2-III/4/07, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §12 Abs5;
AuslBG §12 Abs7;
AuslBG §12;
AuslBG §2 Abs5 Z5;
AuslBG §24;
AVG §45;
B-VG Art18;
NAG 2005 §41 Abs2;
NAG 2005 §41 Abs3;
NAG 2005 §41;
VwRallg;
AuslBG §12 Abs5;
AuslBG §12 Abs7;
AuslBG §12;
AuslBG §2 Abs5 Z5;
AuslBG §24;
AVG §45;
B-VG Art18;
NAG 2005 §41 Abs2;
NAG 2005 §41 Abs3;
NAG 2005 §41;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde ein vom Beschwerdeführer, einem ägyptischen Staatsangehörigen, der bislang über (nach dem am 31. Dezember 2005 außer Kraft getretenen Fremdengesetz 1997 - FrG) für Ausbildungszwecke ausgestellte Aufenthaltserlaubnisse verfügte, eingebrachtes Zweckänderungsbegehren auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Schlüsselkraftselbständig" gemäß § 41 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) in Verbindung mit § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer wolle ein "Cafe-Konditorei/Restaurant" übernehmen und weiterführen. Dem von ihm vorgelegten "Businessplan" zufolge stehe Bargeld in der Höhe von EUR 35.000,-- zur Verfügung. Es solle eine weitere Vollzeitarbeitskraft mit 40 Stunden, zwei Arbeitskräfte mit 30 Stunden und eine weitere Arbeitskraft geringfügig beschäftigt werden. Seine tägliche Eigenleistung werde 12 Stunden betragen. Es sei ein "Umbau" (gemeint: in der Branchenorientierung) des Lokals in ein typisches Wiener Cafe-Restaurant geplant. Es werde allerdings kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Erwerbstätigkeit, insbesondere hinsichtlich eines damit verbundenen Transfers von Investitionskapital und/oder der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen aufgezeigt. Weiters seien zur Qualifikation des Beschwerdeführers als Schlüsselkraft keine Nachweise und Urkunden über die von ihm abgeschlossene Schulausbildung, zu seinen Erfahrungen oder Qualifikationen und auch nicht "in Bezug auf (sein) Studium" vorgelegt worden. Er habe lediglich als Praxisnachweis auf eine in der Zeit von März 1995 bis Juni 2000 erfolgte Beschäftigung als Koch bei einer Restaurantkette in Alexandria hingewiesen. Mit der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers sei "eindeutig kein nachhaltiger Transfer von Investitionskapital nach Österreich verbunden". Sie schaffe auch keine neuen Arbeitsplätze bzw. sichere nicht bestehende Arbeitsplätze. Nach Ansicht der belangten Behörde seien daher die Voraussetzungen des § 24 AuslBG nicht erfüllt. Da der Beschwerdeführer im Bundesgebiet keine familiären Bindungen aufweise, könne auch eine nach Art. 8 EMRK vorzunehmende Abwägung nicht zu seinen Gunsten getroffen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde erwogen:

Die hier relevanten Bestimmungen des § 41 NAG lauten - unter der Überschrift "Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft" - auszugsweise wie folgt:

"§ 41. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine "Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft" erteilt werden, wenn

  1. 1. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen;
  2. 2. ein Quotenplatz vorhanden ist und
  3. 3. eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle oder ein Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß §§ 12 Abs. 4 oder 24 AuslBG vorliegt.

(2) Entscheidungen über die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft" sind überdies von der zuständigen Behörde gemäß §§ 12 oder 24 AuslBG unverzüglich, längstens jedoch binnen sechs Wochen ab Einbringung des Antrages, zu treffen. Von der Einholung einer schriftlichen Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle oder eines Gutachtens der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ist abzusehen, wenn der Antrag

  1. 1. wegen eines Formmangels (§§ 21 bis 24) zurückzuweisen ist;
  2. 2. wegen zwingender Erteilungshindernisse (§ 11 Abs. 1) abzuweisen ist oder

    3. mangels eines Quotenplatzes zurückzuweisen ist.

(3) Erwächst die negative Entscheidung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die Zulassung als unselbständige Schlüsselkraft (§ 12 AuslBG) in Rechtskraft, ist das Verfahren ohne weiteres einzustellen. Ist das Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice in einem Verfahren über den Antrag zur Zulassung als selbständige Schlüsselkraft negativ (§ 24 AuslBG), ist der Antrag ohne weiteres abzuweisen.

..."

§ 24 AuslBG hat (nach Überschrift "Erstellung von Gutachten für selbständige Schlüsselkräfte") folgenden Wortlaut:

"§ 24. Die nach der beabsichtigten Niederlassung der selbständigen Schlüsselkraft zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen drei Wochen das im Rahmen des fremdenrechtlichen Zulassungsverfahrens gemäß § 41 NAG erforderliche Gutachten über den gesamtwirtschaftlichen Nutzen der Erwerbstätigkeit, insbesondere hinsichtlich des damit verbunden Transfers von Investitionskapital und/oder der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen zu erstellen. Vor der Erstellung dieses Gutachtens ist das Landesdirektorium anzuhören."

§ 41 Abs. 3 zweiter Satz NAG normiert zwar, dass bei Vorliegen eines negativen Gutachtens im Sinn des § 24 AuslBG der Antrag auf Erteilung der "Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft" (als selbständige Schlüsselkraft) abzuweisen ist, dies bedeutet allerdings - bei verfassungskonformer Interpretation der Bestimmungen des § 41 Abs. 3 NAG und des § 24 AuslBG - nicht, dass das Gutachten durch den Antragsteller nicht entkräftet oder widerlegt werden kann, oder dass die Behörde an ein unschlüssiges Gutachten gebunden wäre. Vielmehr gilt auch in Bezug auf die Würdigung dieses Beweismittels, dass die in § 45 AVG verankerten allgemeinen Verfahrensgrundsätze der materiellen Wahrheit, der freien Beweiswürdigung und des Parteiengehörs uneingeschränkt Anwendung finden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. August 2008, Zl. 2008/22/0270, mwH).

Die Beschwerde richtet sich gegen die in den beiden von der erstinstanzlichen Behörde eingeholten Gutachten des Arbeitsmarktservice sowie die im angefochtenen Bescheid vertretene Annahme, der Beschwerdeführer würde die Kriterien einer selbständigen Schlüsselkraft nicht erfüllen.

Vorweg ist dem Beschwerdeführer einzuräumen, dass sich die beiden Gutachten der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice als unschlüssig erweisen. Im ersten Gutachten erachtete das Arbeitsmarktservice die Voraussetzungen einer Schlüsselkraft deswegen als nicht gegeben, weil der Beschwerdeführer während der Zeit, in der er über Aufenthaltserlaubnisse nach dem FrG für den Aufenthaltszweck "Student" innehatte, eine Beschäftigung entgegen dem AuslBG ausgeübt hätte. Diesen Vorwurf, der sich lediglich auf einen im Verwaltungsakt erliegenden Sozialversicherungsdatenauszug gründete und in keiner Weise aufzeigen vermochte, weshalb der Beschwerdeführer die Kriterien einer Schlüsselkraft iSd § 24 NAG nicht erfüllen würde, vermochte der Beschwerdeführer - nachvollziehbar - dahingehend aufzuklären, dass es sich bei den im genannten Auszug angeführten Beträgen nicht um ein ihm gewährtes Entgelt handelte, sondern dort lediglich die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Beiträge der Selbstversicherung wiedergegeben war. Dem folgend zog die belangte Behörde die vom Arbeitsmarktservice vermutete unrechtmäßige Beschäftigung als Versagungsgrund nicht heran.

Auch das zweite Gutachten der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice stellt sich nicht als schlüssig dar, weil nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens lediglich ausgeführt wurde, "nach nochmaliger Anhörung des Landesdirektoriums des Arbeitsmarktservice Wien wird zu § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz unter Berücksichtigung der aktuellen Aktenlage ein negatives Gutachten abgegeben". Eine Begründung für diese Schlussfolgerung enthält das Gutachten nicht.

Dennoch erweist sich die Beschwerde als unbegründet.

Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus der oben wiedergegebenen Bestimmung des § 24 AuslBG, dass für die Beurteilung, ob eine beabsichtigte selbständige Tätigkeit zur Stellung als "Schlüsselkraft" führt, der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Erwerbstätigkeit maßgeblich ist. Bei der Beurteilung, ob ein derartiger gesamtwirtschaftlicher Nutzen vorliegt, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob mit der selbständigen Erwerbstätigkeit ein Transfer von Investitionskapital verbunden ist und/oder ob die Erwerbstätigkeit der Schaffung von neuen oder der Sicherung von Arbeitsplätzen dient. Der Gesetzgeber stellt also darauf ab, ob ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten ist (vgl. dazu ebenfalls das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 28. August 2008, mwH).

Der Beschwerdeführer vermag aber nun nicht aufzuzeigen, weshalb die Beurteilung der belangten Behörde, er erfülle - ungeachtet der unschlüssigen arbeitsmarktbehördlichen Gutachten, die die belangte Behörde in Entsprechung der oben wiedergegebenen Rechtsprechung ihrer Entscheidung nicht zu Grunde legte - die Kriterien einer Schlüsselkraft nicht, unrichtig wäre. Er bringt dazu vor, er habe für sein Startkapital Bankbestätigungen über einen verfügbaren Einlagenstand von EUR 62.231,24 vorgelegt. Zwar finden sich diverse Bankbestätigungen in den vorgelegten Verwaltungsakten. Dass aber eine solche Summe das für den Unternehmensbeginn verfügbare Investitionskapital darstellen würde, stellt sich als eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar (§ 41 Abs. 1 VwGG). Im von ihm im Verwaltungsverfahren vorgelegten und in der Beschwerde angeführten "Businessplan" führte der Beschwerdeführer demgegenüber aus, über ein Gesamtvermögen von EUR 35.000,-- zu verfügen und davon EUR 30.000,--für das Unternehmen für "Investitionen/Kaufpreis gesamt/Pachthinterlegung" aufwenden zu wollen. Darüber hinaus weise er aber einen Finanzierungsbedarf von EUR 12.000,-- (für näher genannte Positionen) auf. Aus dem weiters vom Beschwerdeführer vorgelegten Pachtvertrag - er beabsichtigt ein bestehendes Restaurant vom derzeitigen Unternehmensinhaber zu pachten - ergibt sich, dass er die von ihm aufzuwendenden EUR 30.000,-- (in Übereinstimmung mit der Bezeichnung der entsprechenden Position im "Businessplan") zur Gänze an den Verpächter als Kaution zu leisten hat. Von einem Transfer von Investitionskapital iSd § 24 AuslBG und damit verbunden einem zusätzlichen Impuls für die Wirtschaft kann somit - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht gesprochen werden.

Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung kann aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch nicht abgeleitet werden, seine Tätigkeit werde Arbeitsplätze erhalten oder neu schaffen. Vom Beschwerdeführer wurde in diesem Zusammenhang nicht einmal behauptet, dass das gegenständliche Unternehmen, sollte er es nicht betreiben, weder vom bisherigen Inhaber noch einem anderen Unternehmer weitergeführt würde. Weshalb es bei der Schaffung oder Erhaltung von Arbeitsplätzen gerade auf die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers ankommen sollte, ist nicht erkennbar.

Soweit sich die Beschwerde in diesem Zusammenhang noch gegen die Beurteilung der von ihm vorgelegten Nachweise über seine berufliche Erfahrung richtet, ist dem Beschwerdeführer zwar darin beizupflichten, dass auch der allfällige Nachweis des Abschlusses des von ihm bisher durchgeführten Maschinenbaustudiums keine besondere Qualifikation für das Betreiben eines Restaurants erkennen ließe. Entgegen seiner Ansicht stellt aber auch die von ihm vorgelegte Bestätigung, wonach er von März 1995 bis Juni 2000 in einer Zweigstelle der Restaurantkette H in Alexandria als Koch beschäftigt gewesen sei, keinen Nachweis dar, der eine solche besondere Qualifikation darlegen würde und den in § 2 Abs. 5 Z 5 AuslBG in Bezug auf unselbständig erwerbstätige Schlüsselkräfte genannten Ausbildungen (Abschluss einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung oder einer sonstigen fachlich besonders anerkannten Ausbildung) gleichwertig wäre, sodass aus diesem Grund bei der Unternehmensführung die Erfüllung der in § 24 AuslBG genannten Kriterien zu erwarten wäre.

Eine Abwägung nach Art. 8 EMRK ist beim Fehlen besonderer Erteilungsvoraussetzungen nicht vorgesehen (vgl. § 11 Abs. 3 NAG). Dass eine solche zu Gunsten des Beschwerdeführers vorzunehmen gewesen wäre, wird in der Beschwerde im Übrigen nicht vorgebracht.

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am 3. April 2008

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