European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00089.16B.0726.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Beurteilung, ob im Einzelfall ein Kündigungs- oder Entlassungsgrund verwirklicht wurde, keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0106298), es sei denn, dem Berufungsgericht wäre bei seiner Entscheidung eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen, wovon im vorliegenden Fall nicht auszugehen ist.
2. Gleiches gilt für die Frage, ob ein bestimmtes (Gesamt-)Verhalten des Arbeitnehmers die Annahme der – ein essentielles Tatbestandsmerkmal jeder gerechtfertigten Entlassung darstellenden (RIS-Justiz RS0029009) – Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung im konkreten Fall rechtfertigt (RIS-Justiz RS0113899; RS0105987 [T2]), und insbesondere, ob eine Dienstverweigerung von derart schwerwiegender Art ist, dass auf die Nachhaltigkeit der Willenshaltung des Dienstnehmers geschlossen werden kann (RIS-Justiz RS0029746 [T27], RS0105987 [T3]).
2. Gemäß § 82 lit f erster Tatbestand GewO 1859 kann ein Arbeiter entlassen werden, wenn er „die Arbeit unbefugt verlassen hat“. Darunter ist jede mit der Verpflichtung des Arbeiters, die vereinbarte oder ortsübliche Arbeitszeit einzuhalten, unvereinbare absichtliche Unterlassung oder ein länger dauerndes Aufgeben der Arbeit zu verstehen (RIS-Justiz RS0060735). Auch ein eigenmächtiger Urlaubsantritt kann daher einen Entlassungsgrund im Sinn dieser Bestimmung verwirklichen (9 ObA 2245/96d ua). Da § 82 lit f GewO 1859 iSd § 27 Z 4 AngG auszulegen ist (RIS-Justiz RS0029517), muss das Dienstversäumnis aber auch in diesem Fall pflichtwidrig, erheblich und schuldhaft sein und überdies eines rechtmäßigen Hinderungsgrundes entbehren (RIS-Justiz RS0080959).
3. Die Beklagte übersieht, dass die von ihr in der Revision angeführten, pflichtwidrigen Verhaltensweisen des Klägers – wie schon das Berufungsgericht dargelegt hat – teilweise nicht relevant sind (einmalige, Jahre zurückliegende Verwarnung wegen eines anders gelagerten Sachverhalts), teilweise nicht festgestellt werden konnten bzw nicht vom Vorbringen in erster Instanz umfasst sind.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass das festgestellte, im Wesentlichen auf einen einmaligen Vorfall zu reduzierende Fehlverhalten des Klägers, auch wenn es mehrere Pflichtverletzungen verwirklichte, im Hinblick auf die über dreißigjährige Betriebszugehörigkeit des Klägers, während der er seine Arbeit ordnungsgemäß und unbeanstandet verrichtete, keine beharrliche Dienstpflichtverletzung darstellt und damit keine Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung für die Dauer der Kündigungsfrist begründete, ist nicht korrekturbedürftig.
4. Die außerordentliche Revision ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
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