OGH 9ObA101/14i

OGH9ObA101/14i27.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Dr. Peter Schnöller als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H***** K*****, vertreten durch Univ.‑Doz. Dr. Thomas Walzel von Wiesentreu, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Stadtgemeinde *****, vertreten durch Pfurtscheller Orgler, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 44.796,43 EUR sA und Feststellung (94.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 25. Juli 2014, GZ 15 Ra 58/14p‑31, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00101.14I.1127.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der Kläger war bei der beklagten Stadt ab 2. 5. 1986 mit einem Sondervertrag beschäftigt. Seit 1. 7. 1998 ist er aufgrund des Dienstvertrags vom 21. 8. 1998 Vertragsbediensteter der Beklagten nach dem Innsbrucker Vertragsbedienstetengesetz (I‑VBG) [vor dem 1. 7. 2003 galt das „Besoldungsrecht der Vertragsbediensteten der Stadt Innsbruck (VBO)]. Für die Dauer seiner jeweils befristeten (1. 1. 1995 bis 31. 12. 1996, 1. 1. 1997 bis 31. 12. 2001, 1. 1. 2002 bis 31. 12. 2006 und 1.1. 2007 bis 31. 12. 2011) Bestellungen zum Organisationsleiter bezog er eine Leiterzulage und eine auf die Höhe der ihm zustehenden Bezüge abgestellte Überstundenpauschale. Anstelle einer dem Kläger bis 30. 6. 2002 gewährten Mehrleistungspauschale bzw einer Vergütung für qualitative Mehrleistungen wurde dem Kläger ab 1. 7. 2002 eine Verwendungszulage ausbezahlt.

Bereits ab dem Jahr 1991 erhielt der Kläger eine jährliche Remuneration in der Höhe eines Monatsbruttobezugs, die regelmäßig einmal jährlich mit dem Dezemberbezug zur Anweisung gebracht wurde. Diese jährliche Remuneration wurde dem Kläger ausdrücklich für seine Tätigkeit im EDV-Bereich ausbezahlt und bedurfte ab 1998 jährlich eines entsprechenden Ansuchens des Klägers.

Im Zuge einer 1995 begonnenen Verwaltungsreform reduzierte die Beklagte die Anzahl ihrer Abteilungen und Ämter. Mit 14. 6. 2011 wurde der vom Kläger bis dahin betreute EDV‑Bereich einem anderen Amt zugeordnet. Die vom Kläger als Organisationsleiter wahrgenommenen Aufgabenbereiche wurden dem Magistratsdirektor übertragen. Die befristete Bestellung des Klägers als Organisationsleiter endete am 31. 12. 2011.

Die Beklagte gewährte dem Kläger die Leiterzulage bis zum 31. 12. 2011 als Verwendungszulage weiter. Ab 1. 1. 2012 wurden dem Kläger sämtliche nach Ansicht der Beklagten mit der Funktion eines Organisationsleiters verbundenen Gehaltsbestandteile nicht weiter bezahlt. Der Kläger bezieht jedoch seit 1. 1. 2012 eine funktionsbezogene Amtsleiterzulage. Die Remuneration wurde dem Kläger im Jahr 2011 nur mehr zur Hälfte, ab 2012 nicht mehr gewährt.

Alle beamteten Amtsleiter, die im Zuge der Organisationsänderungen nicht weiter bestellt wurden, erhielten nach einem von der Beklagten mit jedem einzelnen Mitarbeiter geführten Gespräch ihre Leiterzulage ‑ allerdings nicht mehr valorisiert ‑ in gleicher Höhe, aber nunmehr als Verwendungszulage weiter ausbezahlt. Die Beklagte wollte damit eine finanzielle Benachteiligung dieser Mitarbeiter durch die Verwaltungsreform verhindern. Der Kläger war damals der einzige Vertragsbedienstete, der die Funktion eines Organisationsleiters innehatte.

Die Vorinstanzen wiesen das Begehren des Klägers auf Bezahlung der sich ab 2011 ergebenden Gehaltsdifferenzen, und zwar bis Mai 2013 in Form eines Leistungs-, danach in Form eines Feststellungsbegehrens, ab. Auf eine betriebliche Übung, die im öffentlich-rechtlichen Beamtenverhältnis gar nicht entstehen könne, könne sich der Kläger als einziger Vertragsbediensteter in der Funktion eines Organisationsleiters nicht berufen. Die Beseitigung zahlreicher Organisationsleiterfunktionen im Zuge der Verwaltungsreform sei keine gegen den Kläger persönlich gerichtete Maßnahme gewesen. Die Remuneration sei dem Kläger vereinbarungsgemäß nur für die Zeit seiner Tätigkeit im EDV‑Bereich zugesagt worden.

Rechtliche Beurteilung

In seiner dagegen erhobenen außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf.

1. Die Dienstrechtsgesetze für öffentlich Bedienstete sind dadurch gekennzeichnet, dass sie für die Dienstverhältnisse zu bestimmten Körperschaften den wesentlichen Inhalt des Dienstvertrags zwingend, also weder durch Kollektivvertrag noch Betriebsvereinbarung noch Einzeldienstvertrag abdingbar, festlegen (9 ObA 170/13k; RIS‑Justiz RS0050823). Die gesetzlichen Rechte und Pflichten von Vertragsbediensteten können nur unter den im Gesetz vorgesehenen Rahmenbedingungen geändert werden (RIS‑Justiz RS0029331 [T3]). Die Entlohnung eines Vertragsbediensteten hat daher grundsätzlich nach den jeweils geltenden, zwingenden Einstufungs‑ und Entlohnungsvorschriften zu erfolgen (8 ObA 43/12z; 9 ObA 89/14z; vgl 9 ObA 23/14v). Entlohnungen, die darüber hinaus gehen, können nur in Sonderverträgen (hier § 80 des Innsbrucker Vertragsbedienstetengesetzes [I-VBG]) vereinbart werden (9 ObA 89/14z; vgl 9 ObA 211/01x). Solche Verträge sind als Sonderverträge zu bezeichnen. Dass im vorliegenden Fall ein derartiger Sondervertrag für den hier relevanten Zeitraum abgeschlossen worden wäre, behauptet der Kläger gar nicht.

2. Der Kläger stützt seine klageweise geltend gemachten Ansprüche auf die wegen der unterbliebenen Wiederbestellung zum Organisationsleiter erlittenen Gehaltsdifferenzen auch nicht darauf, dass ihm die Beklagte diese trotz Erfüllung der entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen (zur Leiterzulage: § 47 Abs 1 I‑VBG iVm § 55b Abs 1 und 4 Innsbrucker Gemeindebeamtengesetz 1970 [I-GBG] iVm § 1 Abs 2 lit d der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Innsbruck über die Leiterzulagen für leitende Bedienstete der Landeshauptstadt Innsbruck vom 23. 3. 1995: zur Verwendungszulage: § 30a GehG) vorenthielte. Er leitet die Berechtigung dieser Klagsansprüche ‑ nur insoweit führt die Zulassungsbeschwerde aus ‑ vielmehr aus einer einzelvertraglichen Ergänzung durch eine Betriebsübung sowie dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ab.

3. Vor dem Hintergrund der zwingenden Entlohnungsvorschriften des I‑VBG ist damit für den Standpunkt des Klägers aber nichts zu gewinnen. Beim Kläger liegen die Voraussetzungen für die Weitergewährung der Leiterzulage in voller Höhe sowie der Verwendungszulage nicht vor. Eine nicht auf Sondervertrag beruhende Erweiterung der Ansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten durch eine betriebliche Übung, die Eingang in den Einzelvertrag gefunden hätte, muss daher schon im Ansatz scheitern (vgl Ziehensack, Vertragsbedienstetengesetz § 36 Rz 74).

Gleiches gilt im Zusammenhang mit dem arbeitsrechtlichen (betrieblichen) Gleichbehandlungs-grundsatz (vgl RIS‑Justiz RS0060204; RS0016817). Dieser Grundsatz gilt nach herrschender Rechtsprechung zwar auch für Vertragsbedienstete (9 ObA 21/06p; 9 ObA 49/06f; 9 ObA 9/13h mwN; vgl RIS‑Justiz RS0031488; RS0031453), findet jedoch seine Grenze in den ‑ zwingenden Charakter aufweisenden ‑ Einstufungs- und Entlohnungsvorschriften des Vertragsbedienstetenrechts (9 ObA 89/14z; vgl 9 ObA 23/14v).

4. Den Anspruch auf Weitergewährung der jährlichen Remuneration stützt der Kläger auf eine vertragliche Zusage des damaligen Bürgermeisters der Beklagten anlässlich der Neufassung seines Dienstvertrags im Jahr 1998. Wie eine Erklärung aufzufassen ist, kann jeweils nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (RIS‑Justiz RS0042555 [T7]). Ob ein Vertrag im Einzelfall vom Berufungsgericht richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde oder dem Berufungsgericht sonst eine erhebliche Fehlbeurteilung vorzuwerfen wäre, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufgegriffen werden müsste (RIS‑Justiz RS0042936 [T28]). Dies ist hier nicht der Fall. Dem Kläger wurde die Remuneration ausdrücklich für seine Tätigkeit im EDV‑Bereich ausbezahlt und er musste ab 1998 jährlich um deren Gewährung ansuchen. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Remuneration sei ab Begründung des Vertragsbedienstetenverhältnisses nicht mehr (fixer) Gehaltsbestandteil gewesen, weshalb dem Kläger die Remuneration ab Wegfall seiner EDV‑Tätigkeit nicht mehr zustehe, ist nicht zu beanstanden.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

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