OGH 9ObA211/01x

OGH9ObA211/01x19.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter DI Walter Holzer und Anton Beneder als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Personalvertretung der Gemeindebediensteten der Stadt Krems an der Donau, Zentralausschuss, Mitterweg 10, 3500 Krems, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt Krems an der Donau, 3500 Krems, vertreten durch Dr. Herwig Hammerer und andere, Rechtsanwälte in Krems, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Mai 2001, GZ 10 Ra 67/01y-12, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. Oktober 2000, GZ 15 Cga 29/00m-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 24.139,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 4.023,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob ein "konkludenter" Sondervertrag "konkludent" genehmigt worden ist, zutreffend verneint. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Den Revisionsausführungen ist ergänzend entgegenzuhalten:

Die regelmäßige vorbehaltlose Gewährung bestimmter Leistungen begründet nur insoweit eine betriebliche Übung, soweit der Wille des Arbeitgebers, sich diesbezüglich für die Zukunft zu verpflichten, unzweideutig zum Ausdruck gebracht wird. Durch die gleichfalls schlüssige Zustimmung der Arbeitnehmer kann sie zum Inhalt einzelner Arbeitsverträge werden (Arb 10.783; 8 ObA 191/98s; 9 ObA 300/00h). Entscheidend ist somit, ob die durch die Magistratsdirektion der Beklagten sowie die Verwaltungsdirektion des aö Krankenhauses Krems im Einvernehmen mit dem Bürgermeister durch rund zehn Jahre praktizierte Gewährung eines erhöhten Urlaubsausmaßes gemäß § 90 Abs 3 lit a NÖ Gemeindebeamtendienstordnung (gleichlautend wie § 31a Abs 3 lit a GVBG 1976) von der Vertretungsbefugnis der zur Vertretung der Gemeinde berufenen Organe umfasst war (8 Ob 573/90).

Über alle aufgrund des GVBG 1976 zu treffenden Maßnahmen beschließt in der Regel nach § 1 Abs 5 leg cit das nach der niederösterreichischen Gemeindeordnung oder den besonderen Statuten im eigenen Wirkungsbereich zuständige Organ der Gemeinde. Für die Gewährung eines Sonderurlaubes an Vertragsbedienstete, der hier nicht Gegenstand des Verfahrens ist, gelten die Bestimmungen der §§ 93, 94 und 96 der niederösterreichischen Gemeindebeamtendienstordnung 1976 sinngemäß. Nach § 93 Abs 1 der letztgenannten Gesetzesbestimmung ist der Bürgermeister (Magistratsdirektor, leitende Gemeindebeamte) ermächtigt, über begründetes Ansuchen einem Gemeindebeamten einen bezahlten Sonderurlaub in der Höchstdauer von 8 Tagen im Jahr zu erteilen. Die Ermächtigung des Bürgermeisters oder der Magistratsdirektion umfasst hingegen nicht die bindende Zusage eines über die Bestimmungen des niederösterreichischen Gemeindevertragsbedienstetengesetzes hinausgehenden Jahresurlaubes in Form einer Urlaubserhöhung, die sich nicht auf die in § 31a Gemeindevertragsbedienstetengesetz bzw § 90 Abs 3 lit a NÖ Gemeindebeamtendienstordnung angeführten Tätigkeiten gründet, die in der ärztlichen Direktion, in der kaufmännischen Direktion oder in der Pflegedirektion nicht anfallen. Eine solche Regelung könnte nur Gegenstand des Dienstvertrages sein, der in diesem Belange über die Bestimmungen des niederösterreichischen Gemeindevertragsbedienstetengesetzes hinausginge und daher als Sondervertrag (§ 41 NÖ Gemeindevertragsbediensteten- gesetz) der vorherigen Zustimmung des Gemeinderates bedürfte (9 ObA 251/89). Eine durch einen erforderlichen Gemeinderatsbeschluss nicht gedeckte Willenserklärung des Bürgermeisters bzw der Magistratsdirektion bindet die Gemeinde daher mangels der hiefür erforderlichen Vertretungsbefugnis grundsätzlich nicht (1 Ob 669/90; 4 Ob 26/01d).

Nach der Rechtsprechung haben bei fehlender Vertretungsmacht die Regeln über die Scheinvollmacht zu gelten (9 ObA 156/94), wenn das kompetente Organ den Anschein erweckt hat, die Handlung sei durch seine Beschlussfassung gedeckt (Arb 10.783, 10.887; WBl 1990, 180; 8 Ob 573/90; 9 ObA 156/94). Für die Annahme einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht müssen Umstände vorhanden sein, die im Vertragsbediensteten den begründeten Glauben erwecken, dass der Vertreter zum Abschluss des Geschäftes befugt sei. Das Vertrauen muss seine Grundlage im Verhalten des Vollmachtgebers haben, der diesen äußeren Tatbestand schuf und die Überzeugung des Vertragsbediensteten vom Vorhandensein der Vertretungsmacht begründete (8 Ob 573/90).

Der Umstand, dass einigen Dienstnehmern seit rund zehn Jahren das erhöhte Urlaubsausmaß vorbehaltlos gewährt wurde, ohne dass darauf ein gesetzlicher Anspruch bestand und die verantwortlichen Organe der beklagten Partei (Gemeinderat)) nicht reagierten, obwohl der Bürgermeister nach § 41 Abs 1 der NÖ Gemeindeordnung für die Erfüllung ihrer im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehörigen Aufgaben dem Gemeinderat verantwortlich ist, vermochte noch nicht den Anschein zu wecken, dass dieses durch das Gesetz nicht gedeckte Handeln durch den Gemeinderat gedeckt sei. Ein passives Verhalten des Gemeinderates kann zwar beachtlich sein (Arb 10.887), zur Begründung einer Duldungsvollmacht führt es aber nur, wenn aus objektiven Gründen und der überschaubaren Organisationsgröße diese Übung den Mitgliedern des kompetenten Organes nicht verborgen geblieben sein konnte (Arb 10.887; 9 ObA 251/89). Während dies bei einer 40-jährigen allen Vertragsbediensteten gegenüber praktizierten Übung, wie dies den zitierten Entscheidungen zugrunde lag, nicht zweifelhaft war, liegt hier eine Übung vor, die nicht alle Vertragsbediensteten, sondern nur die im aö Krankenhaus Krems in bestimmter Verwendung stehenden betraf. Im Gegensatz zur Vorentscheidung (Arb 10.887) steht sohin im vorliegenden Fall nicht fest, dass die Mitglieder des Gemeinderates, auf deren Verhalten es entscheidend ankommt, Kenntnis von der Übung hatten. Für eine Vernachlässigung der Kontrollpflicht des Gemeinderates fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Es liegt ferner nicht auf der Hand, dass die Mitglieder des Gemeinderates von der Gewährung der entgegen der Bestimmung des § 31a Abs 3 lit a NÖ Gemeindevertragsbedienstetengesetzes erhöhten Urlaube Kenntnis haben mussten.

Zur Frage, ob überhaupt das bloße Wissen und Dulden eines von einem nicht zuständigen Organ gesetzten Verhaltens zur konkludenten Genehmigung konkludent entstandener privatrechtlicher Sonderverträge ausreicht (ZAS 2001/5 [Stelzer]), braucht nicht mehr Stellung genommen zu werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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