OGH 9ObA156/94

OGH9ObA156/9428.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Barbara Hopf und Mag.Ernst Löwe als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Karin Z*****, Vertragsbedienstete, *****vertreten durch Dr.Vera Kremslehner, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Marktgemeinde P*****, *****vertreten durch Dr.Gernot Gruböck und Dr.Stephan Gruböck, Rechtsanwälte in Baden, wegen Feststellung (Streitwert S 100.000,--), Ausstellung eines Dienstvertrages (Streitwert S 100.000,--) und Zahlung von S 1.621,70 brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Mai 1994, GZ 33 Ra 14/94-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 30. September 1993, GZ 4 Cga 644/92-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 9.900,-- (darin S 1.650,-- Ust) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob das Dienstverhältnis der Klägerin zur beklagten Partei mit 31.7.1992 endete, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

Gemäß § 867 ABGB ist die Gültigkeit des Vertrages mit einer Gemeinde von deren Verfassung und den politischen Gesetzen abhängig. Hat der Handelnde keine Vertretungsmacht, gelten die Regeln über die Scheinvollmacht; das Geschäft gilt nur, wenn die vertretene juristische Person durch ihre zuständigen Organe fahrlässig den Anschein erweckt hat, der Handelnde könne sie vertreten (vgl Rummel in Rummel2 ABGB § 867 Rz 9 mwH; JBl 1982, 197; JBl 1991, 517). Auch für den Fall des konkludenten Handelns einer Gemeinde ist Voraussetzung, daß das zur Erklärung des rechtsgeschäftlichen Willens berufene Organ jenes Verhalten gesetzt hat, welches den Voraussetzungen des § 863 ABGB entspricht (Rummel aaO § 863 Rz 11 mwH; DRdA 1989/2 [W.Schwarz] ua).

Gemäß § 35 Abs 2 Z 16 NÖ Gemeindeordnung 1973 ist die Aufnahme von ständigen Bediensteten dem Gemeinderat vorbehalten. Der Gemeindevorstand ist gemäß § 36 Z 6 leg cit für die Aufnahme nicht ständiger Bediensteter für länger als sechs Monate zuständig. Daraus folgt die eingeschränkte Kompetenz des Bürgermeisters gemäß § 42 Abs 1 NÖ GVBG für die Aufnahme eines Vertragsbediensteten auf bestimmte Zeit bis zur Dauer von höchstens sechs Monaten. Gemäß § 3 Abs 4 NÖ GVBG kann ein Dienstverhältnis, das auf bestimmte Zeit eingegangen wurde, auf bestimmte Zeit nur einmal verlängert werden; diese Verlängerung darf drei Monate nicht überschreiten.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hielt sich der Bürgermeister der beklagten Partei hinsichtlich der befristeten Aufnahme der Klägerin in die Dienste der beklagten Partei im Rahmen seiner Kompetenz, während der Gemeinderat weder den Anschein gesetzt hat, der Bürgermeister könne die beklagte Partei über seine Befugnisse hinaus vertreten, noch ein Verhalten, das auf ein konkludentes Zustandekommen eines unbefristeten Dienstvertrages mit der Klägerin schließen lassen könnte. Die Klägerin wurde mit Schreiben des Bürgermeisters vom 29.1.1992 ab 1.2.1992 vorerst befristet auf drei Monate als Kanzleikraft aufgenommen. Der Gemeinderat nahm den Bericht des Bürgermeisters über die befristete Einstellung zustimmend zur Kenntnis. Mit Schreiben vom 4.5.1992 verlängerte der Bürgermeister das befristete Dienstverhältnis bis 31.7.1992. Auf die Frage der Klägerin, wann sie einen (unbefristeten) Dienstvertrag erhalte, erwiderte der Bürgermeister, daß dafür ein Beschluß des Gemeinderats erforderlich sei, der noch nicht gefaßt worden sei. Mit diesem Vorgehen entsprach der Bürgermeister der durch § 3 Abs 4 NÖ GVBG eingeräumten Möglichkeit (einmalige Verlängerung), wobei er sich im Rahmen seiner Befugnisse gemäß § 42 Abs 1 NÖ GVBG (insgesamt höchstens sechs Monate) hielt. Er ließ die Klägerin darüberhinaus nicht im unklaren, daß die unbefristete Anstellung nur durch Gemeinderatsbeschluß erfolgen könne.

Auch wenn sich die Klägerin weigerte, den Inhalt des Schreibens zur Kenntnis zu nehmen, kann daraus kein schlüssiges Einverständnis des Gemeinderats zum Abschluß eines unbefristeten Dienstvertrages abgeleitet werden. Soweit die Klägerin einer weiteren Befristung nicht zustimmen wollte und einen unbefristeten Dienstvertrag verlangte, aber im Gegensatz dazu ihre Dienstleistungen weiter erbrachte, war dieses Verhalten nicht geeignet, etwa als protestatio contra factum gegenüber dem eindeutigen Erklärungsverhalten der Organe der beklagten Partei einen unbefristeten Dienstvertrag zu erzwingen. Auf eine "schlüssige Weiterbeschäftigung" für die Zeit vom 1. Mai bis 3. Mai kann sich die Klägerin schon deshalb nicht berufen, da der 4. Mai 1992 der erste Arbeitstag nach dem Auslaufen der ersten Befristung war. Durch ihr Erscheinen gab sie im wesentlichen nur zu erkennen, daß sie das Dienstverhältnis fortsetzen wollte, das ihr aber vom Bürgermeister nur als Verlängerung der ersten Befristung angeboten wurde. Eine Beschlußfassung des Gemeinderates über eine unbefristete Anstellung der Klägerin kam nie zustande. Gemäß § 3 Abs 4 NÖ GVBG konnte das befristete Dienstverhältnis einmal verlängert werden, wobei diese Verlängerung drei Monate nicht überschreiten durfte; erst wenn das Dienstverhältnis "darüber hinaus" fortgesetzt worden wäre, wäre es von da ab so anzusehen gewesen, als ob es von Anfang an auf unbestimmte Zeit eingegangen worden wäre. Eine solche Fortsetzung erfolgte aber nicht, da ihr insgesamt bis 31.7.1992 befristetes Dienstverhältnis mit diesem Tag endete und ihr dies auch schriftlich mitgeteilt wurde. Daß der Gemeinderat der beklagten Partei in seinen Sitzungen vom 26.5.1992 und 17.7.1992 informiert worden wäre, daß die Klägerin weiterbeschäftigt wurde, ist unerheblich und überdies nicht festgestellt.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 Abs 1 iVm § 392 Abs 1 ZPO begründet.

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