European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:008OBA00075.22W.1024.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der Beklagte war von Dezember 2018 bis November 2019 bei der Klägerin als Techniker im Außendienst beschäftigt. In der Branche der Klägerin sind Konkurrenzklauseln nur bei Mitarbeitern mit Leitungs- und Führungsaufgaben in Großbetrieben üblich. Die Klägerin übermittelte dem Beklagten im Oktober 2018 und im Februar 2019 Dienstverträge, die solche Konkurrenzklauseln enthielten, aber letztlich weder von der Klägerin noch vom Beklagten unterfertigt wurden. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Parteien vor der Beendigung des Dienstverhältnisses über eine Konkurrenzklausel gesprochen haben. Erst anlässlich der Auflösung des Dienstverhältnisses richtete die Klägerin im November 2019 ein Schreiben an den Beklagten, in welchem sie das Bestehen einer Konkurrenzklausel behauptete, worauf der Beklagte aber nicht reagierte. Seit Dezember 2019 ist der Beklagte für ein Konkurrenzunternehmen der Klägerin tätig.
[2] Die Vorinstanzen haben die auf eine Konventionalstrafe von sechs Monatsgehältern wegen Verstoßes gegen die Konkurrenzklausel gerichtete Klage abgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
[4] 1. Die Beurteilung von konkludenten Willenserklärungen ist regelmäßig einzelfallbezogen und stellt in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS‑Justiz RS0014420 [T16]; RS0109021 [T5, T6]). Nach der Rechtsprechung ist bei der Annahme konkludenter Vereinbarungen größte Vorsicht geboten, weil die Gefahr besteht, dass dem Handelnden Äußerungen unterstellt werden, die nicht in seinem Sinn waren (RS0013947). Das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, dass die Branchenüblichkeit einer Konkurrenzklausel für Techniker im Außendienst nicht erweislich war. Dies geht zu Lasten der Klägerin, weil die Beweislast für eine Verkehrssitte nach der Rechtsprechung denjenigen trifft, der sich darauf beruft (RS0017915 [T7]).
[5] 2. In zahlreichen Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass bloßes Schweigen für sich genommen keinen Erklärungswert hat und deshalb grundsätzlich nicht als Zustimmung zu einem Vertragsanbot gewertet werden kann (RS0013991; RS0014124). Nur unter besonderen Umständen kann das Stillschweigen die Bedeutung einer Zustimmung gewinnen, wenn der Erklärungsempfänger dem Schweigen schlechterdings keine andere Bedeutung als jene der Zustimmung beilegen kann (RS0014126). Dabei wird eine schriftliche Vereinbarung nach der Rechtsprechung im Zweifel aber erst rechtswirksam, wenn sie unterfertigt wurde (RS0078936). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Klägerin nicht davon ausgehen durfte, dass der Beklagte mit der Konkurrenzklausel einverstanden war, weil er die ihm übermittelten Dienstverträge nicht unterfertigt hat, ist dementsprechend von der bisherigen Rechtsprechung gedeckt.
[6] 3. Die außerordentliche Revision der Klägerin war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
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