OGH 8ObA53/04h

OGH8ObA53/04h20.10.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Peter Ammer und Gerhard Prochaska als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Doris G*****, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei N*****gmbH & Co KG, ***** vertreten durch Korn Frauenberger Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Kündigungsanfechtung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. Dezember 2003, GZ 7 Ra 171/03y-22, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 7. August 2003, GZ 10 Cga 108/02b-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1827,72 EUR (darin 304,62 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 10. 3. 1943 geborene Klägerin heiratete 1968 nach Studium der Theaterwissenschaft. Ihr Sohn kam am 7. 4. 1972 zur Welt. 1978 begann die Klägerin das Studium der Publizistik und Kommunikationswissenschaft, Pädagogik, Germanistik, Philosophie und Psychologie, das sie 1982 mit der Promotion beendete. Ab 1990 war sie Wirtschaftsredakteurin bei der Tageszeitung K*****. Ab 1983 war sie freiberuflich bei den Magazinen T*****, W*****, W***** und beim Österreichischen Rundfunk tätig. Ab 1. Jänner 1994 war sie - nach Abwerbung durch die beklagte Partei - bei dieser beschäftigt. Sie arbeitete zunächst sechs Jahre in der Wirtschaftsredaktion. Anschließend erfolgte ihre Versetzung in eine Sonderabteilung mit Schwerpunkt Wirtschaft.

Im April 2002 bezog die Klägerin ein Gehalt von brutto 4.259 EUR.

Mit Schreiben vom 23. 4. 2002 bot die beklagte Partei der Klägerin ab 1. Mai 2002 eine Altersteilzeitvereinbarung mit 50 % des vorher bezogenen durchschnittlichen Bruttoentgelts an. Ein weiteres Anbot der beklagten Partei bezog sich auf eine Tätigkeit der Klägerin auf Basis eines Werkvertrages für die Dauer eines Jahres beginnend ab 1. 4. 2003 bis 31. 3. 2004 zu einem Jahresverdienst von 12.800 EUR. Die Klägerin nahm keines dieser Anbote an.

Mit Schreiben vom 25. 4. 2002 teilte die Pensionsversicherungsanstalt der Klägerin mit, dass wunschgemäß eine Vorausberechnung zum Berechnungszeitpunkt 1. 4. 2003 durchgeführt worden sei. Ihre Pension zu diesem Stichtag betrage 1.536 EUR brutto. Der Nachkauf von 24 Monaten (mittlere bzw höhere Schule) koste 13.241 EUR; der Nachkauf von 44 Monaten (Hochschule) koste 48.550 EUR.

Am 29. 5. 2002 wurde die Klägerin zum 31. 3. 2003 gekündigt.

Über Wunsch der Klägerin führte die Pensionsversicherungsanstalt eine Vorausberechnung zum Stichtag 1. 4. 2005 durch. Dabei wurde eine monatliche Bruttopension von 1.976,19 EUR errechnet.

Am 10. 1. 2003 stellte die Klägerin den Antrag auf Alterspension. Mit Bescheid vom 11. 4. 2003 wurde ihr beginnend ab 1. 4. 2003 eine Alterspension von 1.538 EUR monatlich zuerkannt.

Die Klägerin bewohnt eine Eigentumswohnung. Für Betriebskosten und Rückzahlung bezahlt sie monatlich 800 EUR. Für Versicherungen (Kranken/Unfall/Auto/ Rechtsschutz) wendet sie 275 EUR monatlich auf. Die Kosten für Heizung, Strom, Garage, Fernsehen und Telefon betragen monatlich 400 EUR.

Auch bei intensivster persönlicher Arbeitsplatzsuche - unterstützt durch professionelle Hilfe von Personalberatungsfirmen - ist nicht zu erwarten, dass es der nunmehr 60-jährigen Klägerin jemals gelingen könnte, eine dem Angestelltendienstverhältnis zur beklagten Partei auch nur halbwegs gleichwertige (Beurteilungskriterien: Gehaltsverlust weniger als 20 % bis 25 %; Arbeitsbedingungen wie bei der beklagten Partei) Beschäftigung als Redakteurin (Journalistin) zu erlangen.

Alters- und gehaltsbedingte Arbeitsplatzfindungsprobleme stehen bei der durch Dienstgeberkündigung arbeitslos gewordenen Klägerin im Vordergrund. Es ist nicht auszuschließen, dass es der Klägerin auf freiberuflicher Basis hin und wieder gelingen könnte, ein Einkommen zu erzielen.

Ausgehend vom Bruttomonatsgehalt der Klägerin, das üblicherweise nur langjährig im Beruf stehende Ressortleiter beziehen, ist der Arbeitsmarkt im Magazinbereich als eng zu bewerten. Die Printmedien kalkulieren Neueinstellungsgehälter knapp. Die Möglichkeit eines Wechsels von Printmedien zum Rundfunk ist nicht wahrscheinlich.

Die Klägerin begehrt die Rechtsunwirksamerklärung der zum 31. 3. 2003 ausgesprochenen Kündigung. Die Kündigung sei sozialwidrig. Eine Pensionierung im April 2003 bedeute eine Entgeltreduktion auf ein Drittel. Aufgrund der marktbeherrschenden Stellung der beklagten Partei, aber auch des fortgeschrittenen Alters der Klägerin sei sie nicht in der Lage, eine auch nur halbwegs vergleichbare Beschäftigung zu finden.

Die beklagte Partei wendet ein, dass zum Unterschied von den Fällen der vorzeitigen Alterspension mit Erreichen des Regelpensionsalters kein Kündigungsschutz mehr bestehe. Bei Bejahung der Sozialwidrigkeit der Kündigung trotz Erreichens des Regelpensionsalters wäre die beklagte Partei der Gefahr ausgesetzt, die Klägerin auf unabsehbare Zeit weiter beschäftigen zu müssen, weil eine Verbesserung ihrer Pension in näherer Zukunft nur geringfügig möglich wäre.

Die Klägerin replizierte, dass die generalisierende Betrachtungsweise der beklagten Partei sachlich nicht gerechtfertigt sei: Grund für den geringen Pensionsanspruch der Klägerin sei - wie bei den meisten Frauen -, dass sich die Klägerin sechs Jahre lang der Pflege und Erziehung ihres Sohnes gewidmet habe. Der beklagten Partei sei es zumutbar, das Dienstverhältnis zumindest solange aufrechtzuerhalten, bis die Klägerin eine ihren Lebensverhältnissen entsprechende Pension erwarten könne. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerin bei einer bloß zweijährigen Weiterbeschäftigung eine rund 500 EUR höhere Pension erhielte.

Das Erstgericht erklärte die Kündigung für rechtsunwirksam. Den Gesetzesmaterialien zum Strukturanpassungsgesetz 1996 sei ausdrücklich zu entnehmen, dass Arbeitnehmer möglichst lange im Erwerbsleben erhalten bleiben sollten. Mit dem Anspruch auf die Regelalterspension sei der Kündigungsschutz nicht automatisch ausgeschlossen.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der beklagten Partei erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage des Vorliegens einer sozialen Beeinträchtigung im Sinne des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG bei Bestehen eines Anspruchs auf Regelalterspension nicht vorliege.

Das Berufungsgericht vertrat folgende Rechtsauffassung:

Der Oberste Gerichtshof habe sich bisher nur mit Fragen der sozialen Beeinträchtigung im Sinne des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG im Zusammenhang mit der vorzeitigen Alterspension befasst. Dabei sei in den Entscheidungen ZAS 1992/9, DRdA 1992/53 und 9 ObA 223/02p die Sozialwidrigkeit verneint; in DRdA 1994/20 und WBl 2002/256 jedoch bejaht worden.

Tomandl habe zunächst (ZAS 1984, 203 [208] die Auffassung vertreten, dass sich Pensionisten bei einer Pension von 70 bis 72 % der Bemessungsgrundlage nicht auf die Verletzung wesentlicher Interessen berufen könnten. Frühpensionisten mit 35 Versicherungsjahren, deren Pension lediglich 64,5 % der Bemessungsgrundlage betrage, seien jedoch in ihren Interessen wesentlich beeinträchtigt.

1994 habe Tomandl diese seine Auffassung revidiert: Er gehe (Tomandl, Die sozialwidrige Kündigung - Analyse und Kritik der Rechtsprechung des OGH, 38 ff) zusammengefasst davon aus, dass die 51. ASVG-Novelle die Funktion der normalen Alterspension verändert habe. Sie sei nicht mehr als Ersatzeinkommen, sondern als Prämie für die Erreichung eines bestimmten Lebensalters konzipiert worden. Sie stehe trotz voller Weiterarbeit über die Altersgrenze hinaus zu und werde bei Vorliegen von mindestens 35 Versicherungsjahren auch durch ein noch so hohes Erwerbseinkommen nicht mehr beeinträchtigt. Der Gesetzgeber habe der Arbeitslosenversicherung die Aufgabe zugewiesen, jene Arbeitnehmer zu schützen, die ihren Arbeitsplatz verloren hätten und noch arbeitsfähig seien. Dieser Schutz beziehe sich gemäß § 22 AIVG nicht mehr auf Personen, die zwar arbeitsfähig seien, aber bereits eine Alterspension oder einen Anspruch auf eine solche besäßen. Für diese Arbeitnehmer sei die Pensionsversicherung leistungszuständig. Die Arbeitslosenversicherung sei als Auffangbecken für jene Arbeitnehmer eingerichtet, die ihren Arbeitsplatz verloren hätten und weiterhin zur Erwerbsbevölkerung zählten. Sie stehe im engsten Konnex mit dem Kündigungsschutz, denn sie sei zur Aufnahme jener Personen berufen, für die der Kündigungsschutz nicht wirksam werde. Für Personen, die die Altersgrenze in der Pensionsversicherung erreicht und die sonstigen Leistungsvoraussetzungen für eine Pension erfüllt hätten, habe sie keine Leistungen mehr zu erbringen, insbesondere keine Bemühungen anzustellen, sie wieder in das Arbeitsleben zurückzuführen. Versage eine Rechtsordnung Arbeitnehmern bei Verlust ihres Arbeitsplatzes die sonst gebotene Hilfe zur Wiedereingliederung in das Arbeitsleben, sei das ein unmissverständliches Anzeichen dafür, dass die Rechtsordnung ein schutzwürdiges Interesse nicht mehr anerkenne. Sie gehe eben davon aus, dass diese Personen nicht mehr zur Erwerbsbevölkerung, sondern zur Gruppe der Dauersozialleistungsempfänger gehörten. Es stellte einen evidenten Wertungswiderspruch dar, würde diesem Personenkreis Kündigungsschutz gewährt werden. Eine sachliche Rechtfertigung für einen solchen Schutz, der nicht nur in die Dispositionsfreiheit des Vertragspartners, sondern auch in die Chancen der arbeitslosen Mitglieder der Erwerbsbevölkerung eingreife, dürfe es nur für Angehörige der Erwerbsbevölkerung geben. Messe man die Interessenbeeinträchtigung an der gesamten Lebensführung, müsse im Einzelfall geprüft werden, ob trotz Pensionsanspruches eine Interessenbeeinträchtigung vorliege. Deren Vorliegen müsste auch dann bejaht werden, wenn der Gekündigte Anspruch auf die Höchstpension besitze, ja selbst dann, wenn er diese bereits beziehe. Es gebe auch keine Altersgrenze, bei der sich daran etwas ändern würde.

Blende man hingegen die gesamte Lebensführung aus und stelle einander im Kündigungsschutzverfahren nur die durch die Kündigung zu erwartenden Nachteile mit der Rechtsstellung bei aufrechtem Arbeitsverhältnis gegenüber, so käme man zu einem überzeugenderen Ergebnis. Je weitgehender der Pensionsanspruch das entfallene Arbeitsentgelt ersetze, umso geringer wäre die Interessenbeeinträchtigung. Freilich würde der Kündigungsschutz dann auch solchen Arbeitnehmern zugute kommen, deren Lebensführung weitgehend aus anderen Quellen gesichert werde als aus dem Arbeitsverhältnis. Auch dieses Ergebnis erscheine wenig befriedigend.

Dagegen ließen sich diese sozial unbefriedigenden Ergebnisse vermeiden, wenn man zwar grundsätzlich den Maßstab der Beeinträchtigung der Lebensführung verwende, aber davon ausgehe, dass der Kündigungsschutz generell mit der Erreichung der Anspruchsvoraussetzungen für die Alterspension sein Ende finde. Es wäre zwar rechtspolitisch durchaus möglich, einen Unterschied zwischen dem Anfallsalter für die normale Alterspension und jenem für die Frühpension in der Weise zu machen, dass der Kündigungsschutz erst bei Anspruch auf eine normale Alterspension ende. Der sachliche Grund für diese Unterscheidung bestünde darin, dass die Frühpension auch weiterhin als Ersatzeinkommen ausgestaltet sei. De lege lata stünde eine solche Unterscheidung aber in einem wertungsmäßigen Widerspruch zum bestehenden Konzept unterschiedlicher Sicherungssysteme für die Erwerbsbevölkerung und für jene Personen, die aus ihr dauernd ausgeschieden seien.

Grillberger habe sich (WBl 1990, 7, Neue Tendenz beim arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz? [9]) ebenfalls mit der Frage beschäftigt. Da gemäß § 32 Abs 2 lit h (nunmehr Z 7) VBG das bloße Erreichen des Anfallsalters für die Alterspension einen Kündigungsgrund darstelle, sei zu schließen, dass dem privaten Arbeitgeber schlecht etwas verboten sein könne, was dem Bund erlaubt sei.

Gegen die Auffassung Tomandls und Grillbergers habe Karl (JBl 1997, 702, Zur Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des Arbeitnehmers im Sinne des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG) Stellung bezogen. Sie komme zu der Lösung (709 ff), dass es nicht sachgerecht sei, den Kündigungsschutz bei Erreichen der Anspruchsvoraussetzungen für die Frühpension bzw die normale Alterspension generell auszuschließen. Vielmehr müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, ob der Arbeitnehmer des Kündigungsschutzes bedürfe. Dabei gelte es, unter Einbeziehung der gesamten Lebensverhältnisse des gekündigten Arbeitnehmers festzustellen, ob er seine Lebenshaltungskosten auch nach Wegfall des Aktivbezuges aus der zukünftigen Pension allein oder in Verbindung mit anderen Einkünften decken könne. Es werde auch zu prüfen sein, ob es dem Arbeitgeber zumindest solange zumutbar sei, das Arbeitsverhältnis aufrecht zu erhalten, bis der Arbeitnehmer eine seinen Lebensverhältnissen adäquate Pension erwarten könne. Die 51. ASVG-Nov bringe deutlich die nunmehr in der Sozialversicherung vorherrschende, durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 bestätigte Zielrichtung zum Ausdruck, den Arbeitnehmer möglich lange im Erwerbsleben zu behalten.

Den Ausführungen Karls sei zu folgen. Es sei Karl auch beizupflichten, dass aus § 22 AIVG lediglich die Absicht des Gesetzgebers abzuleiten sei, Arbeitnehmern, die bereits einen gesetzlichen Pensionsanspruch hätten, vom Bezug des Arbeitslosengeldes auszuschließen. Diese Personengruppe solle nicht mehr dem Risikobereich der Arbeitslosenversicherung, sondern jenem der Pensionsversicherung zugeordnet werden. Daraus lasse sich nicht der Rückschluss ziehen, dass auch der betriebsverfassungsrechtliche Kündigungsschutz jener Personen sistiert werden solle.

Das Dienstrecht der Vertragsbediensteten sei in vielerlei Hinsicht anders ausgestaltet sei als das Recht für in der Privatwirtschaft beschäftigte Arbeitnehmer. Es zeichne sich durch einen erhöhten Bestandschutz aus. Gerade aus dem Fehlen einer dem § 32 Abs 2 Z 7 VBG entsprechenden Regelung in § 105 ArbVG sei abzuleiten, dass der allgemeine Kündigungsschutz nicht generell mit der Erreichung des Regelpensionsalters ende. Die Regelung in § 32 Abs 2 Z 7 VBG zeige, dass dem Gesetzgeber diese Problematik bewusst gewesen sei. Er habe dennoch in § 105 ArbVG eine Begrenzung unterlassen. Die beklagte Partei müsse die Klägerin auch nicht jedenfalls quasi auf Lebenszeit beschäftigen, weil es selbstverständlich in Zukunft zum Vorliegen betrieblicher und/oder personenbezogener Gründe für eine Kündigung der Klägerin kommen könne. Allgemein sei auch danach zu differenzieren, ob der betroffene Arbeitnehmer bereits einen Anspruch auf die Höchstpension zum Regelpensionsalter erworben habe oder nicht. Entgegen Tomandl sei die Einbeziehung der gesamten Lebens Einkommens- und Vermögenssituation des betroffenen Arbeitnehmers bei der Beurteilung der sozialen Beeinträchtigung auch im Falle eines Anspruches auf Alterspension sinnvoll und führe zu sachgerechten Ergebnissen. Diese Vorgangsweise entspreche auch der ständigen Rechtsprechung zur sozialen Beeinträchtigung. Die Auffassung der Klägerin, wonach im Falle des Anspruchs auf Alterspension bei Prüfung der wesentlichen Interessenbeeinträchtigung von der gesetzlichen Höchstpension auszugehen sei, scheine ein gangbarer Weg zu sein, um das von der beklagten Partei befürchtete "Ausufern" des Kündigungsschutzes hintanzuhalten. Wie der Oberste Gerichtshof bereits betont habe, sei im Falle der Pensionierung dem Arbeitnehmer eine gewisse Einkommenseinbuße zumutbar.

Dem Argument der beklagten Partei, die Bejahung des Kündigungsschutzes der Klägerin würde zu einer unzumutbaren Einschränkung der Dispositionsfreiheit der beklagten Partei führen, sei entgegenzuhalten, dass es im Gegenteil einer besonderen Begründung bedürfte, wieso ab Erreichen des Anfallsalters für die Alterspension generell und unabhängig von den Umständen des Einzelfalls und völlig unabhängig vom Vorliegen von Kündigungsrechtfertigungsgründen plötzlich eine freie Kündbarkeit für den Arbeitgeber gelten solle. Eine derart weitreichende Konsequenz ließe sich nur aus einer entsprechenden Entscheidung des Gesetzgebers ableiten, die aber - wie dargestellt - in § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG gerade nicht getroffen worden sei. Die Klägerin könne durch eine weitere Beschäftigung bei der beklagten Partei sehr wohl eine höhere Alterspension erzielen.

Dagegen wendet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen im Sinne einer Abweisung des Anfechtungsbegehrens.

Unter Berufung auf die bereits referierten Ausführungen Tomandls und Grillbergers vertritt die Revision die Auffassung, dass der österreichischen Rechtsordnung ein Anspruch auf lebenslange Beschäftigung fremd sei. Dies ergebe sich aus den entsprechenden gesetzlichen Regelungen (zB § 99 RDG; § 13 BDG), insbesondere aber aus § 32 Abs 2 Z 7 VBG. Es könne der beklagten Partei weder angelastet werden, dass die Klägerin ihren Sohn zur Welt gebracht und großgezogen habe, noch, dass sie erst mit 39 Jahren promoviert habe und erst mit 40 Jahren zunächst freiberuflich tätig gewesen sei. Sollten Arbeitgeber tatsächlich verpflichtet sein, Arbeitnehmer über das gesetzliche Regelpensionsalter hinaus bis zu einem ungewissen Zeitpunkt weiter zu beschäftigen, so müsse jeder Arbeitgeber in Zukunft die Einstellung älterer Arbeitnehmer davon abhängig machen, welche Versicherungszeiten diese bereits erworben hätten. Gerade jene älteren Arbeitnehmer, welche die erforderlichen Versicherungszeiten nicht erworben hätten, würden dann überhaupt keinen Arbeitsplatz mehr erhalten. Dieses Ergebnis laufe dem Sinn und Zweck des § 105 ArbVG diametral zuwider. Überdies habe die Klägerin die Möglichkeit gehabt, Versicherungszeiten nachzukaufen. Es liege ausschließlich in ihrer Sphäre, dass sie davon nicht Gebrauch gemacht habe.

Das Sozialversicherungsrecht spreche zwar keinen Zwang zum Übertritt in den Ruhestand aus, mache aber doch deutlich, dass es diese Werte (gemeint Altersgrenzen) als Obergrenze der zumutbaren Erwerbstätigkeit betrachte. Diese Wertung ergebe sich auch aus § 22 AIVG.

Vergleiche man das Letztgehalt mit der zu erwartenden Alterspension, führe das generell zu dem absurden Ergebnis, dass jene Arbeitnehmer, die um 20 % bis 25 % mehr als die Höchstpension verdienten, auch über das Regelpensionsalter hinaus in den Genuss des Kündigungsschutzes kämen, während schlechter Verdienende jedenfalls mit Erreichen des Regelpensionsalters den Kündigungsschutz verlieren würden.

Im konkreten Fall sei besonders zu berücksichtigen, dass die Klägerin den Antrag auf Zuerkennung einer Alterspension bereits am 10.1.2003 gestellt habe. Damit habe die Klägerin die Höhe der von ihr zu beziehenden Alterspension "besiegelt". Es könnten nämlich nach Inanspruchnahme der Alterspension keine Versicherungszeiten zusätzlich erworben werden. Die Lücke zwischen der von der Klägerin zuletzt bezogenen Pension und der Höchstpension bleibe daher stetig gleich. Damit sei die Klägerin - bejahe man die Interessenbeeinträchtigung - de-facto unkündbar. Schließlich sei noch die Möglichkeit zu bedenken, dass die Klägerin durch den angebotenen Werkvertrag über 12.000 EUR jährlich hätte "dazuverdienen" können.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

Im Revisionsverfahren geht es nur noch darum, ob die Kündigung der Klägerin deren Interessen im Sinne des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG beeinträchtigt. Auf den in erster Instanz erhobenen und nicht näher konkretisierten Einwand der Betriebsbedingtheit der Kündigung kam die beklagte Partei schon im Berufungsverfahren nicht mehr zurück.

Die in der Revisionsbeantwortung erhobene Rüge, die Feststellung, dass die Klägerin am 10. 1. 2003 den Antrag auf Zuerkennung der Alterspension stellte, sei "überschießend", ist unbegründet: Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass sogenannte "überschießende" Feststellungen, also Feststellungen, die im Parteivorbringen keine Deckung finden, (nur) dann berücksichtigt werden dürfen, wenn sie sich im Rahmen des geltend gemachten Klagegrundes oder der erhobenen Einwendungen halten (3 Ob 127/99v; 8 Ob 57/01t; 4 Ob 61/03d uva). Berücksichtigt man, dass zentrales Prozessthema in diesem Verfahren das Vorbringen der beklagten Partei war, die Klägerin sei durch die Kündigung deshalb nicht in ihren Interessen beeinträchtigt, weil sie das Regelpensionsalter erreicht habe und ihr daher ein Regelpensionsanspruch zustehe, hält sich die Feststellung, dass die Klägerin am 10. 1. 2003 die Zuerkennung der Alterspension beantragte, jedenfalls im Rahmen der erhobenen Einwendungen der beklagten Partei.

Bei der Lösung der Frage, ob eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, muss nach ständiger Rechtsprechung vorerst ohne Rücksicht auf andere Anfechtungsvoraussetzungen und ohne Koppelung mit anderen Tatbeständen oder Tatbestandsmerkmalen geprüft werden, ob durch sie wesentliche Interessen der betroffenen Arbeitnehmer beeinträchtigt werden (RIS-Justiz RS0051640; SZ 63/119; DRdA 1992/53 = SZ 65/43; 8 ObA 79/03f uva). Für diese Umstände ist der anfechtende Kläger behauptungs- und beweispflichtig (SZ 65/43; RdW 2002/364; RdW 2003/335; RIS-Justiz RS0051845).

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hat das Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Interessenbeeinträchtigung in § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG die Funktion, den Kündigungsschutz jenen Arbeitnehmern zu gewähren, die auf ihren Arbeitsplatz zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes angewiesen sind (DRdA 1998, 445; WBl 1999/369; 9 ObA 223/02p). Bei der Untersuchung der Frage, ob durch die Kündigung eine Beeinträchtigung wesentlicher Interessen eintritt, ist die gesamte wirtschaftliche und soziale Lage des Arbeitnehmers einzubeziehen (DRdA 1992/53; WBl 1999/369; 9 ObA 223/02p uva). Dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen (DRdA 1992/53 [Mosler]; ZAS 1992/9 [Pircher] uva). Es entspricht ebenfalls der ständigen Rechtsprechung, dass eine finanzielle Schlechterstellung allein für die Tatbestandsmäßigkeit nicht genügt. Diese muss ein solches Ausmaß erreichen, dass sie eine fühlbare, ins Gewicht fallende Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zur Folge hat, ohne dass aber schon eine soziale Notlage oder eine Existenzgefährdung eintreten müsste (DRdA 1992/53 [Mosler]; DRdA 1998, 445 uva). "Normale" Nachteile, die im Regelfall mit jeder Kündigung verbunden sind, reichen nicht aus. Es müssen Umstände vorliegen, die über das normale Maß hinaus eine Kündigung für den Arbeitnehmer nachteilig machen (WBl 1999/369; 9 ObA 223/02p).

Überträgt man diese Grundsätze auf den hier zu beurteilenden Fall, ist von einer wesentlichen Interessenbeeinträchtigung auszugehen: Die Bruttopension der Klägerin beträgt nur rund 36 % ihres zuletzt bezogenen Aktiveinkommens. Auch ohne nähere Berechnung ergibt sich daraus eine Nettoeinkommenseinbuße von rund 50 %. Die Pension der Klägerin deckt gerade ihre Fixkosten. Die Klägerin kann auch nicht - wie die Revision meint - darauf verwiesen werden, dass ihr die beklagte Partei einen Werkvertrag für die Dauer von einem Jahr ab Beendigung des Dienstverhältnisses anbot. Die Annahme dieses Anbotes war für die Klägerin deshalb nicht akzeptabel, weil ein bloß auf ein Jahr befristeter "Werkvertrag" (gemeint wohl Rahmenvereinbarung) die Beeinträchtigung der Klägerin nur für dieses eine Jahr mildert. Bei einer anderen Auslegung hätte es jeder Dienstgeber in der Hand, der Anwendung des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG dadurch zu "entgehen", dass er vor der Kündigung entsprechende, völlig frei kündbare Verträge als Ersatz anbietet und diese in der Folge beendet, ohne dass der Arbeitnehmer eine Möglichkeit zur Kündigungsanfechtung hätte. Der Klägerin kann auch nicht angelastet werden, dass sie von der festgestellten Möglichkeit des "Nachkaufes" von Versicherungszeiten nicht Gebrauch machte: Die Klägerin stellte unter Beweis, dass die beträchtliche Einkommenseinbuße ihre Interessen beeinträchtigt. Sie stellte ebenfalls unter Beweis, dass ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt minimal sind. Damit ist die Klägerin der sie treffenden Behauptungs- und Beweislast zur Genüge nachgekommen. Es wäre daher Sache der beklagten Partei gewesen, ein konkretes Vorbringen darüber zu erstatten, wieso es der Klägerin möglich und zumutbar gewesen wäre, Versicherungszeiten nachzukaufen. Die beklagte Partei beruft sich allerdings erstmals im Revisionsverfahren auf den möglichen Nachkauf von Versicherungszeiten. Da weder behauptet wurde noch feststeht, dass der Klägerin dieser Nachkauf finanziell überhaupt möglich gewesen wäre, kann auf diesen erstmals in der Revision erhobenen und nicht einmal dort näher spezifizierten Einwand nicht eingegangen werden.

Selbst unter Berücksichtigung, dass beim Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Interessenbeeinträchtigung nur die wesentlichen Lebenshaltungskosten, nicht aber "Luxusaufwendungen" zu berücksichtigen sind (DRdA 1994, 270), ist die Interessenbeeinträchtigung grundsätzlich zu bejahen: Die festgestellten Lebensführungskosten der Klägerin stellen keine "Luxusaufwendungen" dar.

Auf den in erster Instanz erhobenen Einwand, der Klägerin sei eine Altersteilzeitvereinbarung angeboten worden, kommt die beklagte Partei - wie schon in der Berufung - im Revisionsverfahren nicht mehr zurück.

Es verbleibt daher die Prüfung, ob der Umstand, dass die Klägerin das Regelpensionsalter erreicht hat und Anspruch auf Regelpension hat, jedenfalls dazu zu führen hat, dass der Klägerin eine erfolgreiche Kündigungsanfechtung nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG zu versagen ist.

Das ist mit dem Berufungsgericht und aus den vom Berufungsgericht dargelegten Gründen, die insbesondere auf den zitierten Ausführungen Karls beruhen, zu verneinen.

Der Oberste Gerichtshof hat noch nicht dazu Stellung genommen, ob der Anspruch auf eine Regelpension die Kündigungsanfechtung nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG ausschließt: In den bisher behandelten Fällen des Bestehens eines Anspruchs auf vorzeitige Alterspension wurde die Anwendbarkeit des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG nicht generell verneint. Zwar wurde betont, dass eine "gesellschaftliche Minderachtung" von Beziehern einer vorzeitigen Alterspension wegen langer Versicherungsdauer nicht notorisch sei (9 ObA 223/02p). Eine vorzeitige Pensionierung genieße allgemein eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz (DRdA 1994/20 [Trost]; siehe auch Mosler in Glosse zu DRdA 1992/53). Ferner wurde betont, dass der Gesetzgeber einen mit dem Übertritt in den Ruhestand verbundenen geringfügigen Einkommensverlust in Kauf nehme: Dabei wurde unter Berufung auf Tomandl (Bemerkungen zur Rechtsprechung des VwGH zum allgemeinen Kündigungsschutz, ZAS 1984, 203 ff, 207 f) hervorgehoben, dass es bei Tolerierung geringfügiger Einkommensverluste durch die Pensionierung nicht nur um die Berücksichtigung jener Ersparnisse gehe, die sich durch das Unterbleiben der Arbeitsleistung an sich ergäben, sondern auch um das Äquivalent für den Wegfall der Arbeitsbelastung. Ein Arbeitnehmer, der mit der Höchstpension von 79,5 % Bemessungsgrundlage in den Ruhestand trete, erleide keinen Nachteil, sofern er nicht mehr als die Höchstbeitragsgrundlage verdient habe (DRdA 1992/53 [Mosler]). In der Entscheidung 9 ObA 223/02p, die die Kündigung eines im 64. Lebensjahr stehenden Arbeitnehmers betrifft, wurde ebenfalls hervorgehoben, dass stets die Gesamtsituation des gekündigten Arbeitnehmers zu berücksichtigen ist. Im konkreten Fall wurde die Interessenbeeinträchtigung deshalb verneint, weil der Kläger ab Versetzung in den Ruhestand nach der anzuwendenden Pensionsordnung der beklagten Partei Anspruch auf eine Pensionsleistung in der Höhe von 80 % seines letzten Bruttomonatsbezuges von 105.197,40 S sowie Anspruch auf eine (anrechenbare) vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer hatte. Der Kläger war damit finanziell abgesichert. Auch hier wurde darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber einen gewissen Einkommensverlust bei der Pensionierung bewusst in Kauf nehme. Die Entscheidung 9 ObA 244/01s (WBl 2002/256) bejahte eine wesentliche Interessenbeeinträchtigung bei der Kündigung einer Arbeitnehmerin mit Anspruch auf vorzeitige Alterspension und einer dadurch bewirkten Einkommenseinbuße von 37 % netto.

In der Lehre werden zu der hier zu beurteilenden Frage neben den bereits vom Berufungsgericht dargelegten Lehrmeinungen folgende Auffassungen vertreten:

Gahleitner (in Cerny/Gahleitner/Kundtner/ Preiss/Schneller, Arbeitsverfassungsrecht III² § 105 Erl 39) verweist darauf, dass der Gesetzgeber davon ausgehe, dass einem Arbeitnehmer der Einkommensverlust, der durch Pensionierung regelmäßig eintrete, zumutbar sei. Eine Kündigung, nach der der Arbeitnehmer den Anspruch auf eine gesetzliche Pension habe, sei im Normalfall nicht sozialwidrig. Ein genereller Ausschluss des Kündigungsschutzes für den Fall, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf Regelpension hat, wird somit von Gahleitner nicht vertreten.

Pircher (Glosse zu ZAS 1992/9) vertritt die Auffassung, dass der Zweck des Kündigungsschutzes gegen die formalen Ausschlusskriterien der Erreichung des Pensionsalters bzw des Anspruchs auf Alterspension spreche. Der Kündigungsschutz solle nach der konkret gegebenen Bedürftigkeit ausgerichtet sein. Wenn die Kündigung einen 65-jährigen Arbeitnehmer schwer treffe, weil er beispielsweise allein für den Unterhalt einer mehrköpfigen Familie sorgen müsse, dann sei die Abweisung der Klage mit der Begründung, er sei in seinen tatsächlichen Verhältnissen durch die Kündigung nicht wesentlich beeinträchtigt, geradezu absurd. Es gehe auch hier um die Feststellung der Höhe der Pension und ihre Gegenüberstellung mit den wesentlichen Lebenshaltungskosten des Arbeitnehmers. Könne der Arbeitnehmer seine Lebenshaltungskosten aus der Pension bzw aus anderen Dauereinnahmen decken, so sei keine wesentliche Beeinträchtigung anzunehmen. Dabei sei auf die Änderung der Lebensführung, das heißt auf die Verringerung der Lebenshaltungskosten, die sich durch das Unterbleiben der Arbeitsleistungen ergäben, Rücksicht zu nehmen.

Für die Auffassung Karls und Pirchers spricht, dass nach der dargelegten ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Prüfung des Tatbestandsmerkmales der wesentlichen Interessenbeeinträchtigung ausschließlich unter Beurteilung der konkreten (Gesamt)Situation des betroffenen Arbeitnehmers erfolgt. Wird nun einem gekündigten Arbeitnehmer, der bereits einen Regelpensionsanspruch hat, eine Kündigungsanfechtungsmöglichkeit nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG ganz generell und ohne Berücksichtigung seiner konkreten Lebensverhältnisse versagt, verlässt man dieses von der Rechtsprechung entwickelte System, das die Interessenbeeinträchtigung an den konkreten Auswirkungen der Kündigung im jeweiligen Einzelfall misst. Dafür bedürfte es gewichtiger Indizien, die dafür sprächen, dass der Gesetzgeber einem regelpensionsberechtigten Arbeitnehmer generell den Kündigungsschutz versagen wollte. Dem Gesetzeswortlaut selbst ist nichts Derartiges zu entnehmen. Auch die Materialien enthalten keine Aussage zu der hier interessierenden Frage. Die sozialpolitischen Anliegen des Gesetzgebers, die in den Pensionsreformen der letzten Jahre zum Ausdruck kommen und die beide Parteien - mit jeweils verschiedener Argumentation - zur Stützung ihrer jeweiligen Standpunkte heranziehen, haben den Gesetzgeber zu keiner Änderung des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG veranlasst. Sie können bei der Auslegung dieser Gesetzesstelle schon deshalb keine entscheidende Bedeutung haben, weil die Ziele des Sozialrechtsgesetzgebers gerade im Bereich des Pensionsrechtes - wie die Reformen der letzten Jahre ebenso wie die derzeit geführten Diskussionen zeigen - einem stetigen Wertewandel unterliegen und daher eine Auslegung des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG nach dem Willen des "jeweils aktuellen Gesetzgebers" an der verlässlichen Determinierung dieses Willens scheitert (siehe dazu Bydlinski in Rummel³ § 6 ABGB Rz 26).

Insbesondere der bereits mehrfach hervorgehobene und insbesondere von Pircher als bedeutsam angesehene Umstand, dass der Zweck des Kündigungsschutzes gegen ein Ausschlusskriterium der Erreichung des Pensionsalters bzw des Anspruchs auf Alterspension spreche, weil der Kündigungsschutz nach der konkret gegebenen Bedürftigkeit ausgerichtet sein müsse, ist also nach Ansicht des erkennenden Senates entscheidend dafür, bei Erreichen des Regelpensionsalters und Anspruch auf Regelpension nicht generell und jedenfalls den Kündigungsschutz auszuschließen.

Der Einwand in der Revision, dass es nicht dem Arbeitgeber angelastet werden könne, wenn ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Höchstpension habe und das damit im Zusammenhang gebrauchte Argument, dass bei einem Vergleich des laufenden Gehaltes der Klägerin mit der von ihr zu erwartenden Alterspension eine Kündigung de-facto bis zum Tod der Klägerin unmöglich wäre, wirkt nur bei oberflächlicher Betrachtung plausibel: Die Prüfung der Gesamtsituation des gekündigten Arbeitnehmers im Einzelfall bedingt letztlich immer die Situation, dass der Arbeitgeber in seinem freien Kündigungsrecht durch Umstände beeinträchtigt wird, für die er nicht selbst verantwortlich oder auch nur ursächlich ist: Hat der betroffene Arbeitnehmer - etwa wegen seiner überdurchschnittlichen Leistungsfähigkeit und/oder Ausbildung - bei Kündigung des Dienstverhältnisses gute Chancen am Arbeitsmarkt, so wird die Kündigung seine Interessen nicht beeinträchtigen. Ist hingegen ein Arbeitnehmer - etwa wegen einer bloß durchschnittlichen Leistungsfähigkeit und/oder eines geringen Ausbildungsstandes - am Arbeitsmarkt schlecht vermittelbar, geht dieser Umstand zu Lasten des kündigenden Arbeitgebers, der - wenn nicht personen- oder betriebsbedingte Gründe für eine Kündigung sprechen - eine erfolgreiche Kündigungsanfechtung nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG in Kauf nehmen muss. Somit bleiben bei einer erfolgreichen Kündigungsanfechtung nach dieser Gesetzesstelle im Regelfall immer Umstände am Arbeitgeber "hängen" - wie es die Revision nennt - die ihm nicht "angelastet" werden können. Der Einwand, dass eine Bejahung des Kündigungsschutzes trotz Bestehens eines Regelpensionsanspruches dazu führen würde, dass überhaupt keine älteren Arbeitnehmer mehr eingestellt würden bzw dass jüngere Arbeitsuchende weniger Chancen auf einen Arbeitsplatz hätten, ist im Rahmen der Prüfung, ob der gekündigte Arbeitnehmer in seinen Interessen wesentlich beeinträchtigt ist, außer Acht zu lassen. Nach der Rechtsprechung (RdW 2004/29 [Kreil]; siehe auch 8 ObA 204/02m) ist im Rahmen der Prüfung des Vorliegens einer wesentlichen Interessenbeeinträchtigung ein allgemeiner weiter "Sozialvergleich" mit gar nicht beschäftigten Arbeitnehmern vom Gesetz nicht beabsichtigt. Im Übrigen scheint es zweifelhaft, dass die von der Revision heraufbeschworene Gefahr, dass viele Arbeitnehmer über das Regelpensionsalter hinaus weiter erwerbstätig sein wollen und den Arbeitsmarkt "überschwemmen", der Realität entspricht. So besteht nach der Rechtslage in Deutschland sogar eine ausdrückliche Regelung, wonach der Anspruch des Arbeitnehmers auf Altersrente nicht als Kündigungsgrund angesehen werden darf (Stahlhacker/Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis5 RdNr 732; Wenzel, Kündigung und Kündigungsschutz6 Rd Nr 212).

Aber auch das Argument, im konkreten Fall führe eine Bejahung des Kündigungsschutzes dazu, dass die beklagte Partei die Klägerin "lebenslang" beschäftigen müsse, ist nicht stichhältig: Zum einen scheidet eine solche "lebenslange" Beschäftigung jedenfalls dann aus, wenn personen- und/oder betriebsbedingte Gründe eine Kündigung rechtfertigen. Ist daher ein älterer Arbeitnehmer nicht mehr ausreichend in der Lage, die ihm übertragenen Aufgaben zu erfüllen, ist eine Kündigung trotz Sozialwidrigkeit nicht erfolgreich anfechtbar (§ 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG). Zum anderen wurde bereits im Zusammenhang mit den referierten Entscheidungen zum Kündigungsschutz bei Vorliegen eines Anspruchs auf vorzeitige Alterspension betont, dass der Gesetzgeber mit dem Übertritt in den Ruhestand verbundene Einkommenseinbußen toleriert. Auch nach der bisherigen Rechtsprechung gibt es keine absolute Prozentgrenze der Einkommenseinbuße, bei deren Erreichen die Kündigung jedenfalls sozial ungerechtfertigt ist bzw bei deren Unterschreiten die Kündigung jedenfalls nicht wegen Interessenbeeinträchtigung angefochten werden kann. Ein überdurchschnittliches Einkommen rechtfertigt prozentuell höhere Einkommensverluste als ein niedriges Einkommen (siehe Mosler Glosse zu DRdA 1992/53). Wesentlich ist immer, ob der Arbeitnehmer seine Lebenshaltungskosten aus der Pension (bzw aus sonstigen berücksichtigungswürdigen Quellen) decken kann. Das wird auch bei Arbeitnehmern, die ein Einkommen erzielen, das deutlich über der Höchstbemessungsgrundlage liegt, jedenfalls dann zu bejahen sein, wenn sie die mögliche Höchstpension beziehen. Eine Summe, die der Sozialrechtsgesetzgeber als höchstzulässige Pensionshöhe ansieht, kann nicht als "sozialwidrig" angesehen werden. Wegen der vom Gesetzgeber tolerierten Einkommenseinbußen, die mit jeder Pensionierung verbunden sind, ist bei Prüfung der Interessenbeeinträchtigung eines gekündigten Arbeitnehmers, der einen Anspruch auf Regelpension hat, ein strenger Maßstab anzulegen. Dabei darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass eine Kündigung bei Erreichen des Regelpensionsalters nicht als völlig unvorhergesehen zu betrachten ist, der Arbeitnehmer es vielmehr zumindest für möglich halten muss, dass der Arbeitgeber ihn bei Erreichen des Regelpensionsalters kündigen wird. Das Berufungsgericht schlägt in diesem Zusammenhang die Heranziehung der erreichbaren Höchstpension als "Vergleichsgröße"vor. Karl (aaO 712) meint, es werde zu prüfen sein, ob es dem Arbeitgeber zumutbar sei, das Arbeitsverhältnis zumindest solange aufrecht zu erhalten, bis der Arbeitnehmer eine seinen Lebensverhältnissen adäquate Pension erwarten kann. Gegen diese - vom Ergebnis durchaus sachgerechten - Ansätze spricht zwar die ständige Rechtsprechung, wonach bei Beurteilung des Anfechtungsgrundes des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG auf den Zeitpunkt der durch die angefochtene Kündigung herbeigeführten Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Konkretisierungszeitpunkt) abzustellen ist (DRdA 1994/29 [Eypeltauer]; SZ 65/43; 8 ObA 25/03i). Für diese Auslegung spricht allerdings, dass der Kündigungszeitpunkt deshalb als Konkretisierungszeitpunkt herangezogen wird, weil die Kündigung für den Arbeitgeber, aber auch für den Arbeitnehmer im Zeitpunkt ihres Ausspruches völlig unberechenbar würde, stellte man für die Beurteilung auf im Kündigungszeitpunkt nicht vorhersehbare spätere Entwicklungen ab (vgl dazu 8 ObA 25/03i mwN). Die für den Arbeitnehmer erreichbare zukünftige Pensionshöhe bei Weiterbeschäftigung ist aber im Sinne dieser Ausführungen nicht "völlig unberechenbar". Da die Kündigung der Klägerin hier allerdings auch bei Anlegung eines strengen Maßstabes dann als ihre Interessen beeinträchtigend zu beurteilen ist, wenn man als Bezugsgröße nicht ihr Aktiveinkommen, sondern die erreichbare mögliche Pensionshöhe (Pensionshöhe zum 1. 4. 2005 bereits 1976,19 EUR) heranzieht, bedarf diese Frage keiner abschließenden Klärung.

Dass die Klägerin im konkreten Fall einen Antrag auf Zuerkennung der Regelpension stellte, hat auf die Entscheidung keinen Einfluss. Sie stellte diesen Antrag, nachdem ihr die Kündigung bereits zugestellt worden war .Es würde an Zynismus grenzen, wollte man von der Klägerin verlangen, trotz ihrer Kündigung und der Ungewissheit des Ausganges eines Kündigungsanfechtungsverfahrens keinen Antrag auf Zuerkennung einer Pension zu stellen. Der Umstand, dass die Klägerin nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Zuerkennung der Regelpension die Möglichkeit verwirkte, Pensionssteigerungen zu erreichen (Tomandl, Grundriss Sozialrecht5 Rz 254; zur seit 1.1.2004 geltenden Rechtslage Tomandl in Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechtes 2.4.4. S 397) könnte, wenn überhaupt, erst zu einem Zeitpunkt relevant werden, zu welchem diese Pensionserhöhung hätte wirksam werden können. Dann könnte sich der Arbeitgeber bei erneuter Kündigung des Arbeitnehmers unter Umständen darauf berufen, dass der betroffene Arbeitnehmer die Möglichkeit der Pensionssteigerung nicht wahrgenommen habe, sondern trotz Weiterbeschäftigung die Regelpension bezog. Überdies wäre in einem solchen Fall zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer für die Dauer der Weiterbeschäftigung die Regelpension ungekürzt neben seinem Aktiveinkommen beziehen kann (Tomandl, Sozialrecht 5 Rz 254) und ihm daher zumutbar sein wird, zumindest Teile dieses "Doppelbezuges" für seine zukünftige Existenzsicherung zu verwenden.

Dem Argument, für eine Verneinung des Kündigungsschutzes nach Erreichen des Pensionsalters spreche § 22 Abs 1 AlVG, ist - wie schon das Berufungsgericht zutreffend hervorhob - zu entgegnen, dass aus dieser Gesetzesbestimmung nur die Absicht des Gesetzgebers abzuleiten ist, Arbeitnehmer, die einen gesetzlichen Pensionsanspruch haben, vom Bezug des Arbeitslosengeldes auszuschließen. Diese Personengruppe soll nicht mehr dem Risikobereich der Arbeitslosenversicherung, sondern jenem der Pensionsversicherung zugeordnet werden. Der betriebsverfassungsrechtliche Kündigungsschutz kann nicht mit dem sozialrechtlichen Anspruch auf Arbeitslosengeld "junktimiert" werden: Das zeigt sich neben den bereits von Karl (aaO 711) angeführten Fällen (zB Mehrfachbeschäftigte) beispielshaft auch am leitenden Angestellten, für den zwar der Kündigungsschutz des ArbVG nicht gilt, der aber sehr wohl arbeitslosenversichert ist und Anspruch auf Arbeitslosengeld hat.

Auch der in § 32 Abs 2 Z 7 VBG normierte Kündigungsgrund, der dann gegeben ist, wenn der Vertragsbedienstete vor dem Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses das für Leistungen aus dem Versicherungsfall des Alters in der gesetzlichen Pensionsversicherung vorgeschriebene Anfallsalter erreicht hat, lässt keine Rückschlüsse auf den Kündigungsschutz nach § 105 ArbVG zu: Unterliegt ein Dienstverhältnis dem VBG, kann der Dienstgeber ein Dienstverhältnis, das ununterbrochen ein Jahr gedauert hat, nur aus den in § 32 Abs 2 VBG genannten wichtigen Gründen kündigen. Eine freie Kündigungsmöglichkeit besteht somit nicht. Demgegenüber setzt die Kündigungsanfechtung nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG überhaupt voraus, dass dem Dienstgeber grundsätzlich ein freies Kündigungsrecht zusteht. Als "Korrektiv" für dieses freie Kündigungsrecht sieht der Gesetzgeber eine Anfechtungsmöglichkeit dann vor, wenn dadurch eine wesentliche Interessenbeeinträchtigung des gekündigten Arbeitnehmers bewirkt wird. Dem Argument, dem privaten Dienstgeber dürfe nicht verboten sein, was dem öffentlichen Dienstgeber erlaubt sei, ist entgegenzuhalten, dass es auch dem privaten Dienstgeber keineswegs verwehrt ist, ein Arbeitsverhältnis, das nicht besonderen Kündigungsschutzbestimmungen unterliegt, zu kündigen, wenn der Arbeitnehmer das Regelpensionsalter erreicht hat. Es ist also dem privaten Arbeitgeber eine Kündigung eines 65-jährigen Arbeitnehmers nicht generell verboten. Im Gegenteil wird aus den dargelegten Gründen im Regelfall auch davon auszugehen sein, dass mangels wesentlicher Interessenbeeinträchtigung die Kündigungsanfechtung nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG in diesen Fällen versagt, weil der Anspruch auf Regelpension als ausreichend zu erachten ist, die Deckung der Lebenshaltungskosten des betroffenen Arbeitnehmers zu gewährleisten. Nur in Ausnahmefällen wie dem vorliegenden (außergewöhnlich kurze Versicherungsdauer) wird eine Interessenbeeinträchtigung trotz Anspruches auf die Regelpension zu bejahen sein. Bei einem in der statistischen Norm liegenden "normalen" Arbeitsleben und üblichem Versicherungsverlauf hingegen wird auch die Regelpension eine Höhe erreichen, die zur Befriedigung der Lebensbedürfnisse des darauf Angewiesenen reicht. Der Schluss aus § 32 Abs 2 Z 7 VBG, eine Kündigung nach Erreichen des Regelpensionsalters könne nie "sozialwidrig" im Sinne des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG sein, lässt sich nicht überzeugend begründen. Dabei darf auch der bereits vom Berufungsgericht hervorgehobene Bestandschutz, der für dem VBG unterliegende Dienstverhältnisse gilt, nicht außer Acht gelassen werden. Dieser Bestandschutz wird sich in der weit überwiegenden Zahl der Fälle wegen der dadurch bedingten Kontinuität der Beschäftigung auch in der Pensionshöhe niederschlagen. Das gilt umso mehr für die in der Revision erwähnten Beschäftigten, die in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis stehen, die überdies nach der derzeit - noch - geltenden Rechtslage einem nicht vergleichbaren Pensionssystem unterliegen.

Wesentlich für die Beibehaltung des Kündigungsschutzes auch bei Erreichen des Regelpensionsalters sprechen schließlich die durch BGBl I 2000/44 eingefügten Absätze 3 bis 6 in § 15 AVRAG: Gemäß § 15 Abs 3 AVRAG ist nun auch in nicht betriebsratspflichtigen Betrieben eine Kündigungsanfechtung wegen wesentlicher Interessenbeeinträchtigung zulässig. Diese Möglichkeit steht jedoch nur männlichen Arbeitnehmern der Geburtsjahrgänge 1935 bis 1942 und weiblichen Arbeitnehmern der Geburtsjahrgänge 1940 bis 1947 zu (zu damit im Zusammenhang stehenden Diskriminierungsfragen siehe Mayr, Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und Kündigung in Kleinbetrieben RdW 2001/44). Mit Ausnahme der "Jahrgangsbesonderheit" orientiert sich diese Regelung zur Gänze an § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG. Diese auf einem Abänderungsantrag zum Entwurf für das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 geschaffene Bestimmung beruht nach dem Inhalt des Abänderungsantrages (zitiert bei Mayr aaO) auf einem engen Zusammenhang mit der Aufhebung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit und sei für pensionsnahe Jahrgänge der ArbeitnehmerInnen erforderlich. Angesichts des unterschiedlichen Pensionsanfallsalters sei es sachlich gerechtfertigt und aus Gründen der Zielgenauigkeit nötig, bei dieser Schutzmaßnahme für pensionsnahe Jahrgänge der ArbeitnehmerInnen unterschiedliche Jahrgangsgrenzen vorzusehen. Die Schutzbedürftigkeit von Arbeitnehmern sei in Abhängigkeit von der voraussichtlichen Restlebensarbeitszeit bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter zu sehen.

Berücksichtigt man, dass mit Ausnahme der Jahrgangsregelung § 15 Abs 3 AVRAG zur Gänze dem § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG nachgebildet ist, wäre es - ginge der Gesetzgeber selbst davon aus, dass mit Erreichen des Regelpensionsalters der Kündigungsschutz sogar dann wegfällt, wenn es sich um einen betriebsratspflichtigen Betrieb handelt,- nicht notwendig gewesen, die Jahrgangsgrenze "1935" bzw "1940" (für Arbeitnehmerinnen) einzuführen: Es hätte die Formulierung gereicht, "Arbeitnehmer der Jahrgänge bis 1942.... Arbeitnehmerinnen der Jahrgänge bis 1947. Aus dem ausdrücklichen Ausschluss der Kündigungsanfechtungsmöglichkeit nach § 15 Abs 3 AVRAG für jene Arbeitnehmer, die das Regelpensionsalter erreicht haben, lässt sich daher durchaus der Schluss ziehen, dass der Gesetzgeber selbst nicht davon ausgeht, dass mit Erreichen des Regelpensionsalters "automatisch" die Anfechtungsmöglichkeit nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG ausgeschlossen wird.

Aus den dargelegten Gründen ist daher die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, im konkreten Fall beeinträchtige die Kündigung der Klägerin trotz Erreichens des Regelpensionsalters wegen des atypischen Versicherungsverlaufes ihre Interessen, zu teilen.

Es bedarf daher keines Eingehens auf die - erstmals in der Revisionsbeantwortung aufgeworfene - Frage, ob eine Auslegung des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG dahin, dass mit Erreichen des Regelpensionsalters der Kündigungsschutz wegfällt, nicht im Hinblick auf Art 5 Abs 1 der RL 76/207/EWG deswegen als richtlinienwidrig anzusehen wäre, weil damit für Frauen der Kündigungsschutz früher als für Männer enden würde (vgl dazu EuGH Rs C 152/84 - "Marshall"; ferner vor allem Windisch-Graetz, Kündigung von Frauen zum Regelpensions- alter - gleichheitswidrig? ecolex 2004, 431 ff).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 41, 50 ZPO. Der Ansatz in der Revisionsbeantwortung war zu korrigieren.

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