Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Antrag der klagenden Partei, ihr Kosten für ihre Revisionsbeantwortung zuzusprechen, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Am 3. 4. 1994 unterfertigten die Streitteile einen vom Beklagten aufgesetzten Mietvertrag, wonach die Klägerin dem Beklagten eine Vorsäßhütte um einen jährlichen Mietzins von S 12.000,- auf 5 Jahre vermietete. Die Streitteile besprachen nie ausdrücklich, wann das Mietverhältnis beginnen sollte. Zur Zeit der Unterfertigung befand sich die Vorsäßhütte in einem desolaten Zustand und war praktisch unbewohnbar. Sie hatte keinen Wasser- und Stromanschluß. Im Bereich dieser Vorsäß war keine Hütte ganzjährig bewohnt. Die letzte ganzjährig bewohnte Hütte befindet sich etwa 1 km unterhalb. Im Winter wird die Zufahrt zur Vorsäßhütte der Klägerin nicht geräumt. Der Beklagte, der in B***** einen Spielautomatenhandel betreibt, erklärte anläßlich der Besichtigung, daß er die Hütte herrichten werde. Seine Wohnung in B***** ist gleichzeitig auch sein Büro. Wenn er geschäftlich in B***** nichts zu tun hat, fuhr und fährt er auf die Vorsäßhütte, zumal er aufgrund des Kundenverkehrs in seinem Büro/seiner Wohnung nicht zur Ruhe kam und kommt. Bei der Hütte handelt es sich um eine typische Bregenzerwälder Vorsäßhütte, bestehend aus einem Wohntrakt und einem Stadel-/Stalltrakt.
Der Beklagte richtete während der ersten beiden Jahre nach Vertragsunterfertigung die Hütte her, verlegte Böden, täfelte Zimmer aus und baute eine neue Küche und ein neues Klosett ein. Er hat seinen Hauptwohnsitz in B***** und nutzt die Vorsäßhütte als Zweitwohnung. Zuletzt hielt er sich im Durchschnitt pro Monat 8 - 12 Tage in dieser auf, und zwar nicht nur an Wochenenden.
Es steht nicht fest, daß die Streitteile anläßlich der Vertragsunterzeichnung ausdrücklich vereinbart hätten, daß der Beklagte die Hütte zum Zweck der Erholung oder Freizeitgestaltung miete; ebensowenig, ob die Streitteile anläßlich der Besichtigung auch über die Dauer des Mietverhältnisses gesprochen haben und sich diesbezüglich bereits einig geworden sind.
Gegen den auf Antrag der Klägerin vom Erstgericht erlassenen Übergabsauftrag vom 13. 10. 1998, ihr den Bestandgegenstand zum 2. 4. 1999 bei sonstiger Exekution geräumt von eigenen Fahrnissen zu übergeben, erhob der Beklagte fristgerecht Einwendungen, in denen er geltend machte, daß das Mietverhältnis dem MRG unterliege und die Voraussetzungen des § 29 MRG für ein befristetes Mietverhältnis nicht vorlägen.
Darauf erwiderte die Klägerin, daß das Bestandverhältnis nicht dem MRG unterliege, weil der Beklagte seinen Hauptwohnsitz in B***** und im Bestandobjekt lediglich einen Zweitwohnsitz habe.
Das Erstgericht erklärte mit Urteil den Übergabsauftrag für wirksam und erkannte den Beklagten für schuldig, die gemietete Hütte binnen 14 Tagen nach dem 2. 4. 1999 geräumt von den nicht in Bestand gegebenen Gegenständen an die Klägerin zu übergeben. Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht noch aus, daß aus dem Verhalten der Vertragsteile im Zusammenhang mit der Lage und dem Zustand der gegenständlichen Vorsäßhütte mit Überlegung aller Umstände des Falles nur der Schluß gezogen werden könne, daß beide davon ausgegangen seien, daß der Beklagte das Objekt zu Erholungszwecken bzw zur Freizeitgestaltung miete.
Daraus folgerte das Erstgericht, daß im Zusammenhang mit der außer Streit gestellten Nutzung als Zweitwohnung der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 4 MRG vorliege und das MRG daher nicht anzuwenden sei. Ausgehend davon, daß der Mietvertrag mit der schriftlichen Unterfertigung am 3. 4. 1994 zustande gekommen sei, beginne die Wirkung des Bestandverhältnisses mit Vertragsabschluß. Im Hinblick auf die vereinbarte 5-jährige Bestanddauer erlösche das Bestandverhältnis daher mit Ablauf des 2. 4. 1999.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der ausdrücklich allein auf unrichtige rechtliche Beurteilung gestützten Berufung des Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, daß die Revision zulässig sei.
In der Begründung führte das Berufungsgericht aus, daß bei Wohnungsmieten die Vermutung für die Anwendbarkeit des MRG bestehe und die kündigende Partei daher das Vorliegen eines konkreten Ausnahmetatbestandes ausdrücklich behaupten und beweisen müsse. Wenn die klagende Partei behaupte, daß wegen des Zweitwohnsitzes das Bestandverhältnis nicht dem MRG unterliege, habe sie sich zweifellos auf § 1 Abs 2 Z 4 MRG gestützt, wenngleich die Behauptung hinsichtlich des Vermietungszweckes unvollständig sei. Der Berufungswerber stelle auch gar nicht in Frage, daß es für die Beurteilung des Ausnahmetatbestandes auf den Vertragszweck (und nicht etwa auf die tatsächliche Verwendung) ankomme und daß es auch keiner ausdrücklichen Vereinbarung dieses Vertragszweckes bedürfe. Die Umstände des Falles rechtfertigten jedenfalls die Annahme des Erstgerichtes, daß die Parteien stillschweigend davon ausgegangen seien, daß die Vorsäßhütte nicht (auch) zur Befriedigung des ordentlichen Wohnbedürfnisses vermietet werde. Demnach sei sie als "Ferienwohnung" gemietet worden, weshalb der Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs 2 Z 4 MRG vorliege. Die Zulässigkeit der Revision sei ausschließlich deshalb gegeben, weil zur Frage, ob die Tatsache, daß die Klägerin nicht auch vorbrachte, das Bestandobjekt sei bloß zu Zwecken der Erholung oder der Freizeitgestaltung vermietet worden, für die Behauptung des Ausnahmetatbestandes ausreiche, eine oberstgerichtliche Rechtsprechung - soweit ersichtlich - fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision ist entgegen den gemäß § 508a Abs 1 ZPO den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
Entgegen der Einordnung sowohl durch die Vorinstanzen als auch durch den Beklagten handelt es sich bei der Annahme, daß beide Parteien bei Vertragsabschluß davon ausgegangen sind, daß der Beklagte das Bestandobjekt zu Erholungszwecken bzw zur Freizeitgestaltung mietet, um eine Tatfrage. Diese im Rahmen der Rechtsrüge seiner Berufung vom Beklagten bekämpfte Feststellung hat das Berufungsgericht, wie dargelegt, als unbedenklich übernommen.
Ausgehend von dem diese Feststellung umfassenden Sachverhalt kann die vom Berufungsgericht aufgeworfene Rechtsfrage nicht als erheblich im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO beurteilt werden. Daß nämlich nach allgemeinen Regeln über die Beweis- und Behauptungslast die Klägerin - um eine Ausnahme von der Vermutung der Anwendbarkeit des MRG in Anspruch nehmen zu können - vorbringen hätte müssen, die Vorsäßhütte sei vom Beklagten zu Zwecken der Erholung oder der Freizeitgestaltung und bloß als Zweitwohnung gemietet worden, kann nicht bezweifelt werden. Nach der insoweit einhelligen Rechtsprechung kommt es nicht auf die tatsächliche Verwendung, sondern auf den Vertragszweck an (SZ
56/132 = MietSlg 35.285/24; WoBl 1991/59, 73 = MietSlg 41.170; 8 Ob
1664/93 = MietSlg 45.191, MietSlg 46.201; 9 Ob 288/97m = immolex
1998, 100; 7 Ob 206/98i; ebenso Würth in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 Rz 49 zu § 1 MRG). In Wahrheit spricht das Berufungsgericht mit der Rechtsfrage, die von ihm als die Zulässigkeit der Revision begründend angesehen wurde, das in Lehre und Rechtsprechung unter dem Schlagwort der überschießenden Feststellungen erörterte Problem an. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in MietSlg 45.191 (offenbar zustimmend Würth aaO) klargestellt hat, genügt es für die schlüssige Vereinbarung des angeführten Vertragszwecks, daß beide Parteien einverständlich hievon ausgegangen sind. In einer Vielzahl von Entscheidungen seit SZ 21/123 (RIS-Justiz RS0036933) hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß dadurch, daß Vorinstanzen von Parteivorbringen nicht gedeckte Feststellungen getroffen haben, keinesfalls der Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO verwirklicht sein kann. Eine Überprüfung eines allfälligen Verfahrensmangels würde auch von dem Grundsatz verhindert, daß ein (wie im vorliegenden Fall) vom Berufungsgericht verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden kann (SZ 62/157; JBl 1990, 535; 8 Ob 56/98p uva). Selbst wenn man in der Berücksichtigung überschießender Feststellungen eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache erblickte (so zB ÖBl 1997, 172), läge eine solche jedenfalls dann nicht vor, wenn die Feststellungen in den Rahmen des geltend gemachten Klagegrundes fallen (JBl 1986, 121; SZ 61/135; ÖBA 1998/740, 798 [Bollenberger] = ZIK 1999, 23; ÖBl 1997, 172; 8 Ob 56/98p). Ob dies im Einzelfall zutrifft, hat keine über den vorliegenden Rechtsstreit hinausgehende Bedeutung; von einer auffallenden Fehlbeurteilung kann diesbezüglich hier auch nicht die Rede sein.
Da auch in der Revision keine Rechtsfragen von der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität aufgezeigt werden, ist diese als unzulässig zurückzuweisen.
Der Klägerin stehen für ihre Revisionsbeantwortung Kosten nicht zu, weil diese nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen ist (§§ 50, 40 ZPO). Sie hat nämlich auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen.
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