European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E121210
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidung der Vorinstanzen wird in ihrem Punkt 4. dahin abgeändert, dass dieser insgesamt zu lauten hat:
„A* A*, ist als Mutter der oben genannten Kinder schuldig,
a) für D* für den Zeitraum vom 1. 11. 2014 bis 31. 12. 2014 einen Unterhaltsbeitrag von monatlich 275 EUR und ab 1. 1. 2015 bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes einen Unterhaltsbeitrag von monatlich 197 EUR
b) für L* beginnend mit 1. 11. 2014 bis 31. 12. 2014 einen Unterhaltsbeitrag von monatlich 365 EUR und ab 1. 1. 2015 bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes einen Unterhaltsbeitrag von monatlich 277 EUR zu zahlen.
Bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses allfällig aufgelaufene Unterhaltsrückstände sind binnen 14 Tagen, künftig fällig werdende Unterhaltsbeiträge jeweils am 1. eines jeden Monats im Vorhinein zu entrichten.“
Im Übrigen bleibt der Beschluss unverändert.
Begründung:
D* und L* sind die Kinder von D* S* und A* A*. Bis 18. 10. 2014 lebten sie bei der Mutter. Nach diesem Zeitpunkt hielten sich die Kinder hauptsächlich im Haushalt des Vaters auf. Seit 22. 6. 2015 leben sie mit ihm in Großbritannien.
Hinsichtlich des Vermögens der Mutter ist ein Schuldenregulierungsverfahren anhängig. Mit Beschluss vom 6. 5. 2010 wurde das Abschöpfungsverfahren eingeleitet. Der Mutter wurden im Jahr 2014 für das Schuldenregulierungsverfahren gesamt 4.562,89 EUR abgezogen. Das entspricht einem Durchschnitt von monatlich rund 380 EUR im Jahresschnitt. Sie erzielte bis 31. 5. 2015 ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 2.210 EUR und ab 1. 6. 2015 von 1.540 EUR.
Das Amt für Jugend und Familie beantragte zuletzt (ON 232) die monatliche Unterhaltsverpflichtung der Mutter für die Kinder von 1. 11. 2014 bis 31. 5. 2015 mit 400 EUR je Kind sowie ab 1. 6. 2015 mit 290 EUR je Kind festzusetzen.
Die Mutter brachte vor, sie habe weiterhin Vertretungsverpflichtungen und Zahlungsverpflichtungen gehabt, weil sich der Vater um wesentliche Belange der Kinder nicht gekümmert habe. Für L* habe sie die Kosten der Zahnspange bezahlt. Der geleistete Naturalunterhalt per Februar 2015 sei mit 7.569,38 EUR zu beziffern. Die Kinder hätten außerdem ein eigenes Einkommen. Sie erhielten Provisionen aus dem Verkauf von Produkten des Vaters. L* habe von Jänner 2015 bis April 2015 Zahlungen vom Unternehmen des Vaters von insgesamt 2.063,73 EUR und D* von 2.860,16 EUR erhalten.
Die Mutter erklärte sich bereit, für die Zeit vom 1. 11. 2014 bis 31. 5. 2015 monatlichen Unterhalt für D* von 200 EUR und für L* von 250 EUR und ab 1. 6. 2015 für D* 180 EUR und für L* 250 EUR zu zahlen. Dabei sei das Eigeneinkommen der Kinder angemessen berücksichtigt. Für die für L* angeschaffte Zahnspange seien monatlich für den Zeitraum 1. 11. 2014 bis 31. 8. 2015 97,23 EUR und vom 1. 9. 2015 bis 31. 8. 2016 83,33 EUR anzurechnen.
Soweit für das Revisionsrekursverfahren von Bedeutung traf das Erstgericht zusammengefasst folgende Feststellungen:
L* wurde ab 27. 9. 2013 mit einer Zahnspange behandelt. Das Gesamthonorar für die auf drei Jahre angelegte Behandlung betrug 4.500 EUR, die von der Mutter in drei Raten, für das erste Behandlungsjahr 2.000 EUR, für das zweite 1.500 EUR und für das dritte (vom 27. 9. 2014 bis 27. 9. 2015) 1.000 EUR, bezahlt wurden. Die Krankenkasse ersetzte davon im zweiten Behandlungsjahr 333 EUR.
Vom Unternehmen des Vaters erhielt L* für erbrachte Arbeitsleistungen im Zeitraum 1. 9. 2014 bis 31. 12. 2014 monatlich durchschnittlich 160 EUR und von 1. 1. 2015 bis 30. 4. 2015 monatlich durchschnittlich 356 EUR.
Das Erstgericht verpflichtete, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, die Mutter für L* beginnend mit 1. 11. 2014 bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes monatlichen Unterhalt in der Höhe von 250 EUR zu Handen des jeweiligen gesetzlichen Vertreters zu bezahlen (Pkt 4b). Die bis zur Rechtskraft des Beschlusses allfällig aufgelaufenen Unterhaltsrückstände seien in Raten, die künftig fällig werdenden Unterhaltsbeiträge jeweils am 1. eines Monats im Vorhinein zu entrichten, dies abzüglich der bereits geleisteten Zahlungen (für die Zahnregulierung) im Zeitraum vom 1. 11. 2014 bis 31. 8. 2015 von monatlich 97,23 EUR und im Zeitraum vom 1. 9. 2015 bis 31. 8. 2016 von monatlich 83,33 EUR.
Zur Begründung führte es aus, L* habe 2014 monatlich durchschnittlich 160 EUR und vom 1. 1. 2015 bis 30. 4. 2015 monatlich durchschnittlich 356 EUR verdient. Aufgrund der prinzipiell anzuwendenden Formel für einfache Lebensverhältnisse ergebe sich unter Berücksichtigung dieses Eigeneinkommens ein Restunterhaltsanspruch vom 1. 9. 2014 bis 31. 12. 2014 von 322 EUR und vom 1. 1. 2015 bis 30. 4. 2015 von 277 EUR. Allerdings seien die weiteren von der Mutter erbrachten Betreuungs- und Naturalleistungen zu berücksichtigen. Die Schulden und die Abzüge der Mutter im Abschöpfungsverfahren seien ebenfalls einzurechnen. In Anbetracht der Gesamtumstände sei eine Reduktion der der Mutter auferlegten Unterhaltsbeträge auf die Beträge, die im Spruch festgesetzt seien, angemessen und gerechtfertigt. Darüber hinaus seien noch die Aufwendungen der Mutter für die Zahnspange von L* zu berücksichtigen. Dafür seien im Zeitraum vom 1. 11. 2014 bis 31. 8. 2015 monatlich 97,23 EUR und vom 1. 9. 2015 bis 31. 8. 2016 monatlich 83,33 EUR zu berücksichtigen.
Dem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs des Vertreters des damals noch Minderjährigen mit dem Antrag, diesen dahin abzuändern, dass die Unterhaltsverpflichtung der Mutter für L* im Zeitraum vom 1. 11. 2014 bis 31. 5. 2015 mit monatlich 400 EUR und ab 1. 6. 2015 bis auf Weiteres längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit mit monatlich 290 EUR festgesetzt wird, gab das Rekursgericht teilweise Folge und verpflichtete die Mutter für L* beginnend mit 1. 11. 2014 bis 31. 12. 2014 monatlich 322 EUR und ab 1. 1. 2015 bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes einen Unterhaltsbetrag von monatlich 277 EUR zu zahlen.
Das Erstgericht habe festgestellt, dass es sich bei den Überweisungen auf die Konten der Kinder um Einkommen handle, das sie aufgrund der von ihnen erbrachten Arbeitsleistungen erhalten hätten. Das Erstgericht habe daher nachvollziehbar und mängelfrei diese Einkünfte auch für die Zukunft bei der Unterhaltsbemessung berücksichtigt. Zu Unrecht habe es aber Betreuungs- und Naturalleistungen der Mutter und die Leistungen aus dem Abschöpfungsverfahren angerechnet. Ausgehend vom monatlichen Durchschnittseinkommen der Mutter und unter Berücksichtigung der festgestellten Einkünfte der Kinder ergebe sich ein Restunterhaltsanspruch vom 1. 9. 2014 bis 31. 12. 2014 für L* von 322 EUR sowie ab 1. 1. 2015 von rund 277 EUR. Bei den Kosten einer Zahnspange handle es sich grundsätzlich um ersatzfähigen Sonderbedarf. Die von der Mutter geleisteten Zahlungen seien daher anzurechnen.
Über Antrag L*s ließ das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs gegen diesen Beschluss nachträglich zu, da keine höchstgerichtliche Judikatur zur Tragung der Kosten einer Zahnbehandlung bei Obsorgewechsel bestehe.
Gegen den Beschluss des Rekursgerichts, soweit damit die Unterhaltsverpflichtung der Mutter für L* vom 1. 9. 2014 bis 31. 12. 2014 mit 322 EUR sowie ab 1. 1. 2015 mit 277 EUR festgesetzt wurde, richtet sich der Revisionsrekurs L*s mit dem Antrag, die Unterhaltsverpflichtung der Mutter vom 1. 9. 2014 bis 31. 5. 2015 mit 400 EUR sowie ab 1. 6. 2015 mit 290 EUR festzusetzen.
Die Mutter äußerte sich nicht zu diesem Antrag.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung zulässig und auch teilweise berechtigt.
Im Revisionsrekurs wird geltend gemacht, dass das Berufungsgericht zu Unrecht die Kosten der Zahnspange als unterhaltsmindernd berücksichtigt habe. Die Anrechnung der Zahlungen für die kieferorthopädische Behandlung auf den Regelunterhalt bewirke eine doppelte Berücksichtigung der von der Mutter erbrachten Leistungen für die Zahnspange. Sie hätte die Kosten aus der die Durchschnittsbedarfssätze übersteigenden Unterhaltsleistungen des Vaters decken können.
Die Zahlungen vom Unternehmen des Vaters an die Kinder hätten nicht unterhaltsmindernd angerechnet werden dürfen, da es sich um keine regelmäßigen Einkünfte mit Anspruchscharakter handle. Die Anrechnung sei darüber hinaus falsch erfolgt.
Dazu ist auszuführen:
1. Die Höhe des sich allein aus dem Einkommen der Mutter ergebenden Unterhaltsanspruchs, der vom Antragsteller mit 400 EUR bzw 290 EUR beziffert wird, ist grundsätzlich nicht strittig.
Der Anspruch auf Unterhalt mindert sich aber insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist (§ 231 Abs 3 ABGB). Eigeneinkommen des Kindes vermindert seinen gesamten Unterhaltsanspruch und kommt daher allen Unterhaltspflichtigen zugute (vgl RIS-Justiz RS0047440).
Zum Eigeneinkommen zählen sowohl Erwerbseinkommen als auch arbeitslose Einkommen. Es ist darunter grundsätzlich alles zu verstehen, was dem Unterhaltsberechtigten, sei es als Naturalleistung oder in Geldleistungen welcher Art immer aufgrund eines Anspruchs zukommt, sofern gesetzliche Bestimmungen die Anrechenbarkeit bestimmter Einkünfte auf den Unterhalt nicht ausschließen (RIS-Justiz RS0009550).
Wenn sich der Revisionsrekurs gegen die Berücksichtigung der Zahlungen des Unternehmens des Vaters an L* wendet, übergeht er, die getroffenen Feststellungen. Danach handelte es sich um Zahlungen für erbrachte Arbeitsleistungen – nicht um familiäre Zuwendungen –, denen daher auch ein Rechtsanspruch zugrunde lag, und die im festgestellten Umfang (zum Zeitpunkt der Beschlussfassung) auch in der Zukunft zu erwarten waren. Dabei handelt es sich um zwar zunächst nicht besonders hohe Einnahmen, die in der Folge aber anstiegen und kontinuierlich verdient und gezahlt wurden. Unter Berücksichtigung der Gesamtsituation haben die Vorinstanzen diese Beträge zu Recht als Eigeneinkommen der Kinder angesehen.
Da die Zahlungen in unterschiedlicher Höhe erfolgten, ist die Vorgangsweise der Vorinstanzen, den Gesamtbetrag auf den Beobachtungszeitraum umzulegen und den Durchschnittsbetrag monatlich zu berücksichtigen, sachgerecht und nicht zu beanstanden.
Bei der Anrechnung von Eigeneinkommen kann bei Beurteilung einfacher Lebensverhältnisse nach der Rechtsprechung der Ausgleichszulagenrichtsatz nach § 293 Abs 1 lit a sublit bb und lit b ASVG als tauglicher Anhaltspunkt bzw Orientierungshilfe für die Annahme eines durchschnittlichen Bedarfs herangezogen (RIS-Justiz RS0047514 [T2, T4, T5]; RS0047645) und die Differenz zwischen Eigenverdienst und Richtsatz verhältnismäßig auf die unterhaltspflichtigen Eltern aufgeteilt werden (4 Ob 7/17h; 6 Ob 238/98p).
Nach ständiger Rechtsprechung ist bei – hier unstrittig vorliegenden – einfachen Lebensverhältnissen das Eigeneinkommen des Kindes auf die Leistungen des geldunterhaltspflichtigen und des betreuenden Elternteils im Verhältnis zwischen dem Durchschnittsbedarf der Altersgruppe, der das Kind angehört, und dessen Differenz zum ASVG-Ausgleichszulagenrichtsatz anzurechnen (1 Ob 560/92 [verstSen]; RIS-Justiz RS0047565).
Die verbleibende Unterhaltspflicht wird berechnet ausgehend von der Mindestpensionshöhe abzüglich dem Kindeseinkommen multipliziert mit der Geldbedarfsquote (Regelbedarf : Mindestpensionshöhe).
Für den Zeitraum 1. 11. 2014 bis 31. 12. 2014 ergibt sich damit ausgehend vom Richtwert für die Gewährung einer Ausgleichszulage gemäß § 293 Abs 1 lit a sublit bb und b ASVG 14x jährlich umgelegt auf 12 Monate abzüglich 5,1 % Krankenversicherungsbeitrag eine Mindestpensionshöhe von 950 EUR für 2015 von 966 EUR. Der Regelbedarf betrug 439 EUR.
Damit errechnet sich ein Unterhaltsanspruch für 2014 von gerundet 365 EUR und ab 1. 1. 2015 von 277 EUR.
Die Richtwertformel führt dazu, dass dem Unterhaltsberechtigten einschließlich des (fiktiven) Werts der Betreuungsleistung durch den anderen Elternteil Mittel in Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes zur Verfügung stehen. Die aufgrund der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen an sich gegebene Geldunterhaltspflicht wird auf einen Betrag reduziert, der dem konkreten (verbleibenden) Bedarf des Kindes entspricht. Wie alle anderen „Berechnungsmethoden“ im Unterhaltsrecht ist sie nur eine Orientierungshilfe, die nach den besonderen Umständen des Einzelfalls nach oben oder unten korrigiert werden kann. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist dabei aber Zurückhaltung geboten. Die Richtwertformel wurde ohnehin für einfache Verhältnisse entwickelt. Daher ist eine Korrektur noch nicht (zwingend) erforderlich, wenn ihre Anwendung den Unterhaltspflichtigen zu einer Einschränkung seiner Lebensverhältnisse zwingt. Denn solange die dem Unterhaltsberechtigten verbleibenden Einkünfte – wie hier – über dem Ausgleichszulagenrichtsatz liegen und er daher zumindest nicht (deutlich) schlechter steht als der Unterhaltsberechtigte, besteht – mangels anderer dafür sprechender Erwägungen – kein zwingender Anlass, vom Ergebnis der Richtwertformel abzuweichen (4 Ob 53/06g). Im konkreten Fall zahlt die Mutter aufgrund der Anrechnung des Eigeneinkommens sowohl vor als auch nach dem 1. 6. 2015 weniger, als es ihrer nach der Prozentsatzmethode ermittelten Leistungsfähigkeit entspricht. Insofern stellt auch die Verringerung ihres Einkommens mit 1. 6. 2015 keinen Grund dar, ihre Unterhaltspflicht unter jenem Betrag festzusetzen, der bei einfachen Verhältnissen zur Deckung des Bedarfs ihres Kindes erforderlich ist.
2. Zu Recht wendet sich der Revisionsrekurs gegen die Anrechnung der Kosten der Zahnspange:
Es entspricht höchstgerichtlicher Judikatur (5 Ob 116/09h mwN), dass die Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung einen Sonderbedarf begründen. Sonderbedarf ist jener Bedarf, der sich aus der Berücksichtigung der beim Regelbedarf bewusst außer Acht gelassenen Umstände des Einzelfalls ergibt (RIS-Justiz RS0117791). Ob ein Sonderbedarf vom Unterhaltspflichtigen zu decken ist, hängt davon ab, ob es dem Unterhaltspflichtigen angesichts der Einkommens- und Vermögensverhältnisse zumutbar ist (vgl RIS-Justiz RS0107179; RS0109907).
Erbringt der Unterhaltsschuldner ohnedies Unterhaltsleistungen, die den Regelbedarf beträchtlich übersteigen, ist im Rahmen der Unterhaltsbemessung Sonderbedarf nur dann zu ersetzen, wenn dessen Aufwendungen höher sind als die Differenz zwischen dem Regelbedarf und der laufenden monatlichen Unterhaltsverpflichtung (RIS-Justiz RS0047525 [T9]). In einem derartigen Fall kann der Unterhaltspflichtige zur Deckung eines Sonderbedarfs nur dann verhalten werden, wenn der Unterhaltsberechtigte beweist, dass er trotz der den Regelbedarf unter Berücksichtigung des Eigeneinkommens (RIS‑Justiz RS0130252) erheblich überschreitenden Unterhaltsbeiträge außer Stande wäre, diese Kosten auf sich zu nehmen. Bei einmaligen Anschaffungen, darunter auch Zahnbehandlungskosten, die einen Anspruch auf Sonderbedarf begründen können, ist zwecks Erzielung einer sachgerechten Lösung der Anschaffungspreis durch so viele Monate zu teilen wie der Nutzungsdauer des angeschafften Gegenstands entspricht. Zahnregulierungskosten sind – wenn ein Jahreshonorar bezahlt wird – auf 12 Monate „umzulegen“. Das jeweilige Ergebnis ist mit der Differenz zwischen Regelbedarf und zuerkanntem Unterhalt zu vergleichen (10 Ob 63/14h mwN).
Richtig verweist der Revisionsrekurs darauf, dass im vorliegenden Fall der Regelbedarf durch den ja auch unter Berücksichtigung des Eigeneinkommens ermittelten Unterhalt noch nicht so erheblich überschritten ist, dass dies die Geltendmachung des Sonderbedarfs ausschlösse. Damit hätte L* Anspruch gegen den geldunterhaltspflichtigen Elternteil auf Tragung des Sonderbedarfs zusätzlich zum laufenden Unterhalt, sofern das diesem aufgrund seiner Einkommensverhältnisse zumutbar ist. Da davon im vorliegenden Fall auszugehen ist, hätte die Mutter die Kosten der kieferorthopädischen Behandlung zusätzlich zum laufenden Unterhalt zu tragen gehabt. Auch wenn die Besonderheit des vorliegenden Falls darin liegt, dass die Mutter die Kosten zunächst im Rahmen des Naturalunterhalts übernommen hat und nunmehr durch die Änderung der Betreuungssituation geldunterhaltspflichtig ist, richtet sich auch für diesen Fall die Anrechenbarkeit dieser Leistung nach den für die Beurteilung eines Unterhaltsanspruchs für Sonderbedarf geltenden allgemeinen Grundsätzen. Der Umstand, dass nicht der (aktuell) betreuende Elternteil diese Kosten gezahlt hat, sondern diese von der Mutter bereits ausgelegt wurden, ist daher für den laufenden Unterhalt nicht mindernd zu berücksichtigen.
Die Kosten der kieferorthopädischen Behandlung wurden vom Rekursgericht zu Unrecht als Leistung der Mutter berücksichtigt, die auf den Unterhalt anzurechnen ist.
3. Dem Revisionsrekurs war daher teilweise Folge zu geben und der Unterhalt für L* für den Zeitraum 1. 11. 2014 bis 31. 12. 2014 mit 365 EUR monatlich festzusetzen. Ab 1. 1. 2015 hat es bei den zugesprochenen 277 EUR zu bleiben. Die von der Mutter ausgelegten Kosten der kieferorthopädischen Behandlung sind nicht als unterhaltsmindernd zu berücksichtigen.
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