Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 280,75 EUR (darin enthalten 46,79 EUR an USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Der Beklagte wurde mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 9. Mai 2014, AZ 31 Hv 107/13p, wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB zum Nachteil des Klägers schuldig erkannt und gemäß § 369 Abs 1 StPO zur Zahlung eines Schmerzengeldbetrags von 1.700 EUR an diesen verpflichtet. Dieses Urteil erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
Nachdem die Verhandlung vor dem Erstgericht am 3. März 2014 geschlossen worden war, gab dieses dem Klagebegehren mit Urteil vom 31. Juli 2014 teilweise statt. Unter anderem sprach es dem Kläger 1.700 EUR an Schmerzengeld wegen der auch der strafrechtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Tat zu.
Das Berufungsgericht hob in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsberufung des Beklagten das erstgerichtliche Urteil im Zuspruch von 1.700 EUR an Schmerzengeld als nichtig auf und wies die Klage in diesem Umfang zurück. Die Rechtskraftwirkung des Privatbeteiligtenzuspruchs stehe dem nochmaligen Zuspruch des Schmerzengeldbetrags in einem nachfolgenden Zivilurteil entgegen.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen vom Kläger erhobene und vom Beklagten beantwortete Rekurs ist nicht berechtigt.
1. Nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ist gegen den Beschluss eines Berufungsgerichts, mit dem es die Klage oder die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat, der Rekurs ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage und auch unabhängig von der Höhe des Entscheidungsgegenstands zulässig (RIS‑Justiz RS0043882, RS0098745 [T16, T17], RS0043886 [T3], RS0043861).
2.1. Nach herrschender Auffassung zählt § 477 ZPO die Nichtigkeitsgründe nicht abschließend auf; vielmehr enthält die Zivilprozessordnung an verschiedenen Stellen weitere Nichtigkeitsgründe (RIS‑Justiz RS0041921; Pimmer in Fasching/Konecny ² § 477 ZPO Rz 7; E. Kodek in Rechberger 4 § 477 ZPO Rz 1 [jeweils mit weiteren Nachweisen]). So kommt etwa materiell rechtskräftigen Entscheidungen Einmaligkeitswirkung zu. Diese schließt zwischen den selben Parteien die neuerliche Anhängigmachung eines gleichen Begehrens, das auf den gleichen rechtserzeugenden Sachverhalt gestützt ist, aus und verwehrt die Sachverhandlung und Entscheidung über dieses idente Rechtsschutzbegehren (RIS‑Justiz RS0041115 [T4]). Die Identität des Anspruchs, bei der eine neue Klage ausgeschlossen ist, liegt dann vor, wenn der Streitgegenstand der neuen Klage und der Urteilsgegenstand des schon vorliegenden Urteils gleich sind, also sowohl das Begehren inhaltlich dasselbe fordert, was bereits rechtskräftig zuerkannt oder aberkannt wurde, als auch die zur Begründung vorgebrachten Tatsachen den im Prozess festgestellten entsprechen (RIS‑Justiz RS0039347 [T25]).
2.2. Der Entscheidung im Adhäsionsprozess kommt insoweit Rechtskraftwirkung zu, als dem geltend gemachten Anspruch stattgegeben wird. In diesem Umfang steht der Einklagung im Zivilrechtsweg das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegen (RIS‑Justiz RS0041364, RS0031015).
2.3. Das Prozesshindernis der Rechtskraft eines die Streitsache betreffenden Urteils ist jederzeit von Amts wegen zu berücksichtigen (§ 230 Abs 3, § 411 Abs 2 ZPO). Liegt es vor, ist die Klage zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0039968).
2.4. Im vorliegenden Fall ist das dem Adhäsionserkenntnis und dem erstinstanzlichen Schmerzengeldzuspruch zugrunde liegende Rechtsschutzbegehren ident. Strittig ist nur die Frage, ob das erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz eintretende Prozesshindernis noch aufgegriffen werden darf. Dies ist zu bejahen.
Die Vorschrift des § 406 ZPO, der für die Prüfung des Entscheidungsgegenstands die Sach‑ und Rechtslage im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz für maßgeblich erklärt (RIS‑Justiz RS0041116 ua), ist nicht auf Prozessvoraussetzungen anzuwenden ( Fucik in Fasching/Konecny ² § 406 ZPO Rz 2). Hier wird vielmehr nach neuerer Rechtsprechung im Regelfall auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die geprüfte Voraussetzung abgestellt (RIS‑Justiz RS0008531 [T2], RS0046564 [T1], RS0046167). Damit im Einklang hat der Oberste Gerichtshof zur Frage der ebenfalls aus § 411 ZPO abgeleiteten Bindungswirkung (vgl beispielsweise Rechberger in Rechberger 4 § 411 ZPO Rz 3) einer (in diesem Fall) materiell rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung entschieden, dass auch die erst nach Schluss der Verhandlung erster Instanz entstandene Bindung an das Strafurteil vom Obersten Gerichtshof zu berücksichtigen ist (6 Ob 21/13a = RIS‑Justiz RS0074219 [T31], RS0074230 [T1]). Demnach hat das Berufungsgericht zu Recht das zwischen Schluss mündlicher Verhandlung erster Instanz und erstinstanzlicher Entscheidungsfindung gefällte und in diesem Zeitraum auch in Rechtskraft erwachsene Adhäsionserkenntnis berücksichtigt, das erstinstanzliche Urteil in dem davon umfassten Umfang aufgehoben und die Klage insoweit zurückgewiesen.
3. Die (angebliche, jedoch nicht näher ausgeführte) Unrichtigkeit der berufungsgerichtlichen Kostenentscheidung kann in dritter Instanz grundsätzlich nicht geltend gemacht werden (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO); auch Rekurse gegen Kostenentscheidungen, die das Berufungsgericht funktionell als erste Instanz gefällt hat, sind ausnahmslos unzulässig (RIS‑Justiz RS0110033, RS0044233).
4. Dem Rekurs des Klägers ist daher ein Erfolg zu versagen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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