Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden ersatzlos aufgehoben.
Der Antrag vom 12. 2. 2009 wird an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien als zuständiges Gericht für das Aufteilungsverfahren AZ 2 C 83/08m überwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
B e g r ü n d u n g :
Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil vom 1. 10. 2008 rechtskräftig geschieden. Die Antragsgegnerin hat am 25. 11. 2008 zu AZ 2 C 83/08m des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien einen Antrag auf Aufteilung des gemeinsamen Vermögens nach den §§ 81 ff EheG eingebracht, der auch die hier betroffene (während aufrechter Ehe erworbene, jeweils zur Hälfte im Eigentum der Parteien stehende) Liegenschaft umfasst. Dieses Aufteilungsverfahren ist in erster Instanz noch anhängig. Eine Sachentscheidung ist noch nicht ergangen.
Mit dem am 12. 2. 2009 beim Erstgericht eingebrachten Antrag begehrt der Antragsteller hinsichtlich der angeführten Liegenschaft „die getroffene und bisher gelebte“ Benützungsregelung festzustellen, wonach er (mit seiner Lebensgefährtin) - ohne weiteres, der Antragsgegnerin gebührendes Entgelt - benützungsberechtigt sei; in eventu eine Benützungsregelung dieses Inhalts festzulegen und gemäß § 828 Abs 2 ABGB im Grundbuch anzumerken. Außerdem beantragt er „die Erlassung“ einer Streitanmerkung im Grundbuch sowie die Erlassung eines einstweiligen Belastungs- und Veräußerungsverbots an die Antragsgegnerin für die Dauer des Verfahrens.
Das Erstgericht unterbrach „die Rechtssache“ bis zur rechtskräftigen Erledigung des Aufteilungsverfahrens. Das Begehren auf Benützungsregelung könne nur den Zeitraum bis zur rechtskräftigen Erledigung des anhängigen Aufteilungsverfahrens beinhalten, weil durch eine Regelung im Aufteilungsverfahren jegliche Benützungsregelung hinfällig wäre. Da die Antragsgegnerin dem Antragsteller diese weitere uneingeschränkte Benützung [ausdrücklich] zugesagt habe, bestehe kein rechtliches Interesse an der Feststellung der Benützungsregelung. Wegen Präjudizialität des Aufteilungsverfahrens für jegliche Form der Benützungsregelung sei die Verfahrensunterbrechung gerechtfertigt. Die begehrte Streitanmerkung sei für eine Benützungsregelung gesetzlich nicht vorgesehen.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR nicht übersteige. Der Antragsteller habe derzeit keinen Anspruch darauf, im Außerstreitverfahren eine Benützungsregelung festsetzen zu lassen, weil eine diesbezügliche Regelung im Zuge des bereits anhängigen Aufteilungsverfahrens zu erfolgen habe. Eine Streitanmerkung komme mangels gesetzlicher Grundlage nicht in Betracht. Da schon das Hauptbegehren auf Anordnung einer Benützungsregelung nicht berechtigt sei, bestehe auch kein Anspruch auf Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung.
Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht - nach Zulassungsvorstellung - mit der Begründung zu, dass zur Frage einer Verfahrensunterbrechung aufgrund eines anhängigen Aufteilungsverfahrens und zur Frage der Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs für die Feststellung einer Benützungsregelung keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, gerichtet auf Abänderung dahin, dem Rekurs „vollinhaltlich“ stattzugeben, sodass der Unterbrechungsbeschluss des Erstgerichts aufgehoben und die Verfahrensfortsetzung vor dem Erstgericht zur Streitanmerkung und zur Erlassung der einstweiligen Verfügung „verfügt werde“.
Die Antragsgegnerin hat sich nicht am Revisionsrekursverfahren beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist auch berechtigt.
Der Revisionsrekurswerber macht geltend, dem Aufteilungsverfahren fehle die Präjudizialität für das Benützungsregelungsverfahren gemäß § 838a ABGB. Dessen Haupt- und Eventualbegehren falle in das Außerstreitverfahren, weshalb der Antrag nicht unzulässig sei. Die Unterbrechung sei „prozessunökonomisch“ und hinsichtlich der begehrten Streitanmerkung und der einstweiligen Verfügung jedenfalls unzulässig.
Dazu ist zunächst festzuhalten, dass (nach dem maßgebenden Vorbringen des Antragstellers, wonach die Liegenschaft während aufrechter Ehe erworben und von der Antragsgegnerin anfänglich [wenn auch nur vereinzelt] benutzt worden sei) das Verfahren zwar nicht die Ehewohnung, jedenfalls aber einen Teil der ehelichen Ersparnisse betrifft (RIS-Justiz RS0057524 [T3] = 9 Ob 517/95 = SZ 68/164), die grundsätzlich zum Aufteilungsvermögen gehören (RIS-Justiz RS0057331). Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass jene Ansprüche in das außerstreitige Aufteilungsverfahren verwiesen werden, die der nachehelichen Aufteilung unterliegende Vermögensmassen betreffen, die somit dem ehelichen Gebrauchsvermögen oder den ehelichen Ersparnissen zuzurechnen sind (1 Ob 155/08p mwN; RIS-Justiz RS0008564).
Damit erweist sich der Revisionsrekurs aber schon aus folgenden, bereits in der Entscheidung vom 13. 10. 2009, 1 Ob 177/09z, angestellten Überlegungen im Ergebnis als berechtigt:
1. § 235 Abs 1 AußStrG alt, der durch das Außerstreitgesetz 2003, BGBl I 2003/111, ersatzlos aufgehoben wurde, sah zwingend die Überweisung einer Rechtssache an das zuständige Außerstreitgericht vor, wenn ein Ehegatte unter anderem binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung der Ehe Ansprüche gegen den anderen Ehegatten hinsichtlich ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse, soweit sie der Aufteilung unterliegen, im streitigen Verfahren geltend machte. Nach der höchstgerichtlichen Judikatur zu § 235 Abs 1 AußStrG alt erfasste die Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs nicht nur Leistungsklagen, sondern auch Klagen auf Feststellung eines dem Aufteilungsverfahren unterworfenen Rechts oder Rechtsverhältnisses (RIS-Justiz RS0008568). Ebenso wurden Rechtsgestaltungsansprüche der Ehegatten auf Zivilteilung ins außerstreitige Verfahren verwiesen (1 Ob 767/83; 1 Ob 35/97x ua). Zu den unter § 235 Abs 1 AußStrG alt fallenden Ansprüchen gehörten auch die Klage eines geschiedenen Ehegatten auf Räumung der zur Aufteilungsmasse gehörenden Ehewohnung (2 Ob 1514/95 = RIS-Justiz RS0008564 [T2]) und Kondiktionsansprüche im Verhältnis zwischen Ehegatten, die sich auf den Aufwand zur Errichtung eines zur Aufteilungsmasse gehörigen Hauses (8 Ob 519/93 = RIS-Justiz RS0008528 [T1]) oder auf den Hälfteanteil an dem einem Ehegatten zugeflossenen Erlös aus der Vermietung von zum ehelichen Gebrauchsvermögen zählenden Wohnungen (9 ObA 356/98p) bezogen.
2. Nach diesen, auch nach Aufhebung des § 235 Abs 1 AußStrG alt weiterhin anzuwendenden (10 Ob 16/08p) Grundsätzen besteht ein Vorrang des Aufteilungsverfahrens. Damit soll verhindert werden, dass das in einem Rechtsstreit gewonnene Ergebnis durch eine noch mögliche Rechtsgestaltung im Außerstreitverfahren umgestoßen oder überholt würde (RIS-Justiz RS0111605).
3. Dieser Zweck des Vorrangs des außerstreitigen Verfahrens war ein wesentliches Argument der (auch vom Rekursgericht) bereits zitierten Entscheidung 10 Ob 16/08p = EF-Z 2008/107 (zust Gitschthaler), in der die Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs für den Anspruch des Ehemanns auf Benutzungsentgelt und Ersatz für verbrauchsabhängige Betriebskosten wegen der Mitbenützung der Ehewohnung durch die Ehefrau nach Scheidung der Ehe verneint wurde. Der Oberste Gerichtshof verwies dabei auf die Möglichkeit, die (Mit-)Benutzung der Ehewohnung nach Scheidung im Rahmen der Billigkeitsentscheidung bei der Festsetzung der Höhe einer Ausgleichszahlung zu berücksichtigen.
Nichts anderes kann für den vorliegenden Antrag auf Benützungsregelung nach § 838a ABGB gelten, der - wie bereits ausgeführt - zwar nicht die Ehewohnung, aber doch eheliche Ersparnisse betrifft, die der Aufteilung unterliegen. Eine nach sachenrechtlichen Gesichtspunkten zu treffende Benützungsregelung ist nach rechtskräftiger Ehescheidung solange unzulässig, als über die davon betroffenen Vermögensgegenstände ein Verfahren zur Aufteilung nach §§ 81 ff EheG anhängig ist oder noch anhängig gemacht werden könnte (4 Ob 263/00f mwN).
Auch hier soll nach den dargelegten Grundsätzen verhindert werden, dass das im Verfahren nach § 838a ABGB gewonnene Ergebnis durch eine noch mögliche Rechtsgestaltung im Aufteilungsverfahren umgestoßen oder überholt wird (vgl RIS-Justiz RS0111605). Dazu hätte das Erstgericht das Verfahren aber nicht unterbrechen dürfen; es hätte vielmehr seine Zuständigkeit gemäß § 41 Abs 1 und 3 JN von Amts wegen prüfen, gemäß § 44 Abs 1 JN seine Unzuständigkeit (in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen oder auf Antrag durch Beschluss) aussprechen und (wie in den zu 1 Ob 177/09z und 10 Ob 16/08p entschiedenen Verfahren) den Rechtsschutzantrag gemäß § 44 JN iVm § 12 Abs 2 AußStrG (Rechberger, AußStrG § 12 Rz 4 letzter Satz) in das bereits anhängige Aufteilungsverfahren überweisen müssen.
Im Außerstreitverfahren führt die Anhängigkeit desselben Verfahrensgegenstands bei mehreren Gerichten nicht zur Zurückweisung des zweiten Antrags (wie die Streitanhängigkeit im Zivilprozess). Nach § 12 Abs 2 AußStrG ist die Sache an jenes der an sich zuständigen Gerichte zu überweisen, bei dem sie zuerst anhängig geworden ist. Im formfreien Außerstreitverfahren sind also alle Anträge bei einem zuständigen Gericht zu vereinigen (Rechberger, AußStrG §12 Rz 4; RIS-Justiz RS0116910 [T1]), wobei für das Zuvorkommen die Zuständigkeit dieses Gerichts maßgebend ist (Feil, AußStrG [2010] § 12 Rz 2; Rechberger aaO; Fucik/Kloiber, AußStrG § 12 Rz 3).
Um eine diesem Zweck dienende (vom Obersten Gerichtshof in den Entscheidungen 1 Ob 177/09z und 10 Ob 16/08p ausdrücklich gebilligte) Überweisung vorzunehmen, ist dem Revisionsrekurs - im Ergebnis - Folge zu geben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind ersatzlos aufzuheben und der Antrag des Rechtsmittelwerbers ist an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien als zuständiges Gericht im Aufteilungsverfahren AZ 2 C 83/08m zu überweisen. Da das mit dem Aufteilungsverfahren befasste Gericht in sinngemäßer Anwendung des § 387 Abs 1 EO zur Durchführung des Sicherungsverfahrens zuständig ist (7 Ob 122/08d), hat dieses Gericht auch über das im Antrag enthaltene Sicherungsbegehren (gemäß § 382 Z 8 lit c EO) zu entscheiden.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 Abs 1 AußStrG.
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