OGH 7Ob27/08h

OGH7Ob27/08h12.3.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen Michelle S*****, geboren am 19. Juli 2000, *****, Tschechien, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters Oliver S*****, vertreten durch Karbiener Rechtsanwälte OEG in Schwanenstadt, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 31. Oktober 2007, GZ 21 R 373/07p-S35, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies den Antrag des Vaters, ihm die Obsorge für seine bei der allein obsorgerechtigten Mutter in Tschechien lebende Tochter Michelle zu übertragen, zurück, weil es gemäß Art 8 EuEheVO an der internationalen Zuständigkeit mangle.

Mit dem angefochtenen Beschluss bestätigte das Rekursgericht diese Entscheidung. Der Beschluss des Rekursgerichts wurde dem Vater (laut Übernahmsbestätigung des Postbevollmächtigten seines Vertreters) am 12. 12. 2007 zugestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobene, mit 4. 1. 2008 datierte und an diesem Tag auch zur Post gegebene außerordentliche Revisionsrekurs ist verspätet.

Nach § 65 Abs 1 erster Satz AußStrG beträgt die Frist für den Revisionsrekurs vierzehn Tage. Da nach § 23 Abs 1 AußStrG die Bestimmungen der ZPO über die verhandlungsfreie Zeit (24. Dezember bis 6. Jänner) im Außerstreitverfahren nicht anzuwenden sind, endete diese Frist hier mit Ablauf des 27. 12. 2007 (= nächster Werktag nach dem Feiertag 26. Dezember [§ 126 Abs 2 ZPO iVm § 23 Abs 1 AußStrG]). Entgegen dem Standpunkt des außerordentlichen Revisionsrekurses wurde das Rechtsmittel somit - angesichts des darin festgehaltenen Zustelldatums der angefochtenen Entscheidung - keineswegs „binnen offener Frist" erhoben.

Dem Rechtsmittelwerber kommt auch nicht die Regel des § 46 Abs 3 AußStrG zugute, wonach Beschlüsse auch noch nach Ablauf der Rekursfrist abgeändert werden können, wenn ihre Abänderung oder Aufhebung mit keinem Nachteil für eine andere Person verbunden ist. Diese Norm gilt zwar nach § 71 Abs 4 AußStrG auch für den Revisionsrekurs (10 Ob 49/06p; 1 Ob 5/07b; 3 Ob 216/07x; Fucik/Kloiber, AußStrG, § 46 Rz 3, § 67 Rz 1; Feil/Marent, AußStrG, § 71 Rz 5), was der früheren Rechtslage entspricht (RIS-Justiz RS0007078; 3 Ob 216/07x). Ihre Voraussetzungen liegen aber nicht vor:

§ 46 Abs 3 AußStrG ist die Nachfolgebestimmung des § 11 Abs 2 AußStrG 1854. Nur dann, wenn eine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung ohne Eingriff in Rechte Dritter („einer anderen Person") möglich ist, ist über den verspäteten Rekurs meritorisch zu entscheiden; andernfalls ist er vom Rekursgericht zurückzuweisen; es kommt also darauf an, ob die materiell-rechtliche oder die verfahrensrechtliche Stellung einer anderen Person „nachteilig berührt" wird (Klicka in Rechberger, AußStrG, § 46 Rz 4 mwN). Der Oberste Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang mehrfach klargestellt, dass die Berücksichtigung eines verspäteten Rekurses daher nur bei Beschlüssen in Betracht kommt, die weder der formellen noch der materiellen Rechtskraft fähig sind (6 Ob 199/06t mwN; 6 Ob 21/07t; 3 Ob 216/07x; RIS-Justiz RS0007084).

Nach den §§ 42, 43 AußStrG werden Beschlüsse des Außerstreitverfahrens grundsätzlich, soweit sie nicht bloß verfahrensleitend sind, formell und materiell rechtskräftig (Rechberger in Rechberger, AußStrG § 43 Rz 1 und 3). Das gilt auch für Obsorgeentscheidungen, wie etwa auch § 110 Abs 1 AußStrG zeigt (3 Ob 216/07x). Mehrfach hatte der Oberste Gerichtshof zum AußStrG 1854 bereits ausgesprochen, dass durch Ablauf der Rechtsmittelfrist die Mutter (was vice versa auch für den Vater gelte) und das Kind das Recht auf Weitergeltung der (endgültigen, aber auch der bloß vorläufigen) Obsorge erworben haben (RIS-Justiz RS0007244 [T2, T4 bis T6]; 3 Ob 216/07x mwN). An dieser Rechtslage hat das Inkrafttreten des neuen AußStrG nichts geändert. Beschlüsse, die die Obsorge für ein minderjähriges Kind regeln, fallen somit nicht unter § 46 Abs 3 AußStrG (RIS-Justiz RS0007175 [T6] = 3 Ob 216/07x).

Gleiches muss auch für den vorliegenden Fall gelten; würde doch die Rechtsstellung der Mutter (und des Kindes) durch die Aufhebung der - bereits rechtskräftigen - Zurückweisung des Obesorgeantrags des Vaters jedenfalls beeinträchtigt. Auf seinen verspäteten außerordentlichen Revisionsrekurs kann daher nicht Bedacht genommen werden. Die sachliche Berechtigung dieses Rechtsmittels als weitere Voraussetzung für die Anwendung des § 46 Abs 3 AußStrG (RIS-Justiz RS0007115) ist nicht mehr zu prüfen (vgl 7 Ob 146/05d).

Der verspätete außerordentliche Revisionsrekurs ist somit zurückzuweisen, ohne auf seine Zulässigkeit nach § 62 Abs 1 AußStrG einzugehen (8 Ob 14/04y; 10 Ob 49/06p; 3 Ob 216/07x).

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