OGH 7Ob229/01d

OGH7Ob229/01d17.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Republik Österreich (Finanzamt Graz-Stadt), vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1010 Wien, wider die beklagten Parteien 1. Sabrina G*****, und

2. Rene G*****, sowie gegen die "Gegnerin der gefährdeten Partei" Johanna G*****, alle vertreten durch Dr. Gerald Stenitzer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Anfechtung von Rechtshandlungen (Streitwert eingeschränkt S 1,710.474 sA), über den Revisionsrekurs der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 8. August 2001, GZ 6 R 136/01v, 6 R 137/01s-19, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß den §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der klagenden und gefährdeten Partei steht eine seit 11. 12. 2000 fällige und vollstreckbare Abgabenforderung von S 2,365.167 (die letztlich auf S 1,710.474 eingeschränkt wurde) gegen die in der Hauptsache nicht belangte, als "Gegner der gefährdeten Partei" bezeichnete Johanna G***** (im Folgenden: Dritte) zu. Diese ist grundbücherliche Eigentümerin einer Liegenschaft in G***** und räumte in Ansehung derselben mit Vereinbarung vom 3. 4. 2000 ihren Kindern, den Beklagten, ein unentgeltliches Veräußerung- und Belastungsverbot ein, das bereits verbüchert ist. Der zwischen der Dritten und den Beklagten mit Notariatsakt vom 24. 5. 2000 geschlossene Übergabsvertrag bezüglich derselben Liegenschaft (der die Übertragung des Eigentumsrechtes der Dritten an die Beklagten, die Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes und im Gegenzug hiefür die Einräumung eines lebenslangen unentgeltlichen Wohnungsgebrauchsrechts für die Dritte vorsieht), war hingegen laut Grundbuchsauszug vom 19. 4. 2001 noch nicht grundbücherlich durchgeführt. Dem Grundbuchsauszug waren jedoch zwei Plomben und die Anmerkung der bis 27. 6. 2001 wirksamen Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung zu entnehmen (Beilage B).

Mit der am 7. 5. 2001 beim Erstgericht eingebrachten Anfechtungsklage begehrte die Klägerin, die Beklagten schuldig zu erkennen, zur Hereinbringung der der Klägerin gegenüber der Dritten zustehenden vollstreckbaren Abgabenforderung von S 2,365.167 jegliche Exekution in die im Eigentum der Dritten stehende Liegenschaft zu dulden. Die beklagten Parteien könnten sich von dem erhobenen Anfechtungsanspruch durch Bezahlung eines Betrages von S 2,365.167 befreien.

Mit dieser Klage verband die klagende (und gefährdete) Partei den gegen die Dritte gerichteten Sicherungsantrag, zur Sicherung ihres Anspruches gegen die Beklagten auf Duldung jeglicher Exekution zur Hereinbringung der gegenüber der Dritten bestehenden vollstreckbaren Abgabenforderung in Höhe von S 2,365.167 in die in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft mittels einstweiliger Verfügung der Dritten zu verbieten, ihre Liegenschaft zu belasten, zu veräußern und zu verpfänden; die einstweilige Verfügung werde bis zu dem Zeitpunkt bewilligt, zu dem die gefährdete Partei über einen rechtskräftigen und vollstreckbaren Titel in Ansehung ihres Anfechtungsanspruches gegen die Beklagten verfüge, längstens jedoch bis 31. 12. 2006; für den Fall, dass die Dritte den Betrag von S 2,365.167 bei Gericht erlege, werde die einstweilige Verfügung nicht vollzogen bzw die vollzogene Verfügung auf Antrag der Dritten wieder aufgehoben.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und wies den Antrag der Dritten, ihrem dagegen erhobenen Rekurs aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Dritten gegen die Provisorialentscheidung Folge, wies den Sicherungsantrag ab und verwies die Dritte mit ihrem weiteren Rekurs auf diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes je S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Unter Berufung auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes RdW 1994, 314 führte es aus, dass sich eine einstweilige Verfügung immer im Rahmen des Hauptanspruches halten müsse. Die gefährdete Partei habe daher gegen einen von ihr im Hauptverfahren nicht belangten Dritten im Allgemeinen - ein Fall, in dem ausnahmsweise ein Dritter an seiner vom Beklagten abgeleiteten Rechtsausübung gehindert werde, sei hier nicht zu beurteilen - keinen in einem Sicherungsverfahren durchzusetzenden Anspruch; richte sich der Klagsanspruch doch regelmäßig (nur) gegen den Beklagten und nicht auch gegen einen Dritten. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung sei auch nicht als ein selbständiger, beim unzuständigen Gericht (§ 387 Abs 2 EO) eingebrachter Sicherungsantrag der gefährdeten Partei gegen den Dritten vor Einleitung eines Verfahrens zu werten, weil ausdrücklich Ansprüche der gefährdeten Partei gegen die Beklagten nicht gegen den Dritten gesichert werden sollten.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der gefährdeten Partei ist nicht zulässig.

Ohne auf die bereits vom Rekursgericht zitierte Entscheidung einzugehen, die einen völlig gleichgelagerten Sicherungsantrag der Klägerin gegen einen ebenfalls in der Hauptsache nicht belangten und als "Gegner der gefährdeten Partei" bezeichneten Dritten (= Abgabenschuldner) betraf, macht die Rechtsmittelwerberin zur Zulässigkeit ihres ao Revisionsrekurses geltend, dass es hier nicht bloß um das Fehlen höchstgerichtlicher Judikatur, sondern um die Klärung der Frage gehe, ob es sich beim Institut der einstweiligen Verfügung "um quasi totes Recht" handle, oder ob dieses Institut (auch) zur Absicherung von berechtigten Anfechtungsansprüchen dienen solle. Das Rekursgericht sei einerseits "von der bisherigen Judikaturlinie des OGH" abgewichen und habe andererseits nicht erkannt, dass "soweit ersichtlich" eine Fallkonstellation wie die gegenständliche bisher noch nicht entschieden worden sei.

Abgesehen davon, dass die erhobenen Vorwürfe jedenfalls nicht gleichzeitig vorliegen können, wird hier Folgendes übersehen:

Der Oberste Gerichtshof hatte sich mit den hier aufgeworfenen Fragen nicht nur in der bereits vom Rekursgericht zitierten - einen

gleichartigen Sachverhalt betreffenden - Entscheidung 6 Ob 504/94 (=

EvBl 1994/143 = ÖBA 1995, 311 [Konecny] = RdW 1994, 314 = HS 25.808 =

RIS-Justiz RS0004861 [T10]) zu befassen, sondern auch in der weiteren Entscheidung 1 Ob 517/94 (= ecolex 1994, 464 = HS 25.809 und 25.837). Auch in dieser Entscheidung wurde ausgeführt, dass einstweilige Verfügungen wohl auch zur Sicherung eines Anfechtungsanspruches bewilligt werden können, sich aber stets im Rahmen des Hauptanspruches halten müssen. Daraus folge, dass die gefährdete Partei gegen einen von ihr im Hauptverfahren nicht belangten Dritten im Allgemeinen - ein Fall in dem ausnahmsweise ein Dritter an seiner vom Beklagten abgeleiteten Rechtsausübung gehindert werde (vgl dazu WoBl 1991/56; ÖBA 1995, 311; Konecny, Der Anwendungsbereich der einstweiligen Verfügung, 323), sei hier nicht zu beurteilen - keinen in einem Sicherungsverfahren durchzusetzenden Anspruch habe, weil sich der Klagsanspruch regelmäßig nur gegen den Beklagten und nicht auch gegen einen Dritten richte. Einstweilige Verfügungen, die eine Entscheidung über selbständige Hauptansprüche der gefährdeten Partei gegen Dritte darstellten, seien daher unzulässig. Schon aus diesem Grund habe das Gericht zweiter Instanz den Sicherungsantrag - soweit er gegen den am Hauptverfahren nicht beteiligten Dritten gerichtet sei - zu Recht abgewiesen (HS 25.809 und 25.837 sowie HS 25.808).

An dieser Rechtsprechung hat der Oberste Gerichtshof in zahlreichen weiteren Entscheidungen festgehalten (vgl RIS-Justiz RS0004841, RS0008461 und RS0005236; 1 Ob 294/98m sowie Kodek in Angst Rz 25 zu § 382 EO) und erst jüngst (E v 7. 6. 2001, 2 Ob 129/01m mwN) ausgesprochen, dass ein Verbot der Verbücherung eines Übergabsvertrages in die Rechtssphäre des Dritten, gegen den der eingeklagte Anspruch nicht gerichtet sei und der in diesem Verfahren kein rechtliches Gehör habe, in unzuläsisger Weise eingreifen würde (vgl Konecny aaO 317, 319 zitiert in 2 Ob 129/01m). In dieser Entscheidung wurde auch festgehalten, dass - entgegen der im ao Revisionsrekurs vertretenen Meinung - auch eine Nahebeziehung zwischen dem Verfahrensbeteiligten (dort: Antragsgegner) und dem Dritten es nicht erlaube, dessen Rechtssphäre mit der des Gegners (hier: der Beklagten) gleichzusetzen (2 Ob 129/01m).

Es liegt daher keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vor.

Der Sicherungsantrag ist aber auch deshalb - im Ergebnis - zu Recht abgewiesen worden, weil eine (wie hier) nach § 382 Z 6 EO beantragte einstweilige Verfügung die Rechte eines Dritten unberührt lässt, denen eine freiwillige Verfügung des Gegners vor dieser Verbotsanmerkung zugrundeliegt, soweit ein darauf beruhendes Rechtsgeschäft bereits in verbücherungsfähiger Form - also mit Aufsandungserklärung - abgeschlossen wurde (was hier bereits in dem als Notariatsakt vom 24. 5. 2000 zwischen der Dritten und den Beklagten abgeschlossenen Übergabsvertrag Beilage ./L geschehen ist). Insofern ist der Zeitpunkt des Einlangens des Verbücherungsgesuchs beim Grundbuchsgericht nicht von Bedeutung (1 Ob 293/99s mwN). Jene Gefahr, gegen die sich die Klägerin durch die Erlassung des beantragten Verbots absichern wollte, hat daher bereits ein für sie unumkehrbares nachteiliges Ergebnis gezeitigt, sodass die angstrebte einstweilige Verfügung zwecklos wäre, weil das Verbot nach § 382 Z 6 EO einen im Verhältnis zur Klägerin unbedingt wirksamen Eigentumserwerb der Beklagten, dem ein vor einer Verbotsanmerkung in verbücherungsfähiger Form abgeschlossener Übergabsvertrag zugrundeliegt, nicht mehr verhindern könnte (1 Ob 293/99s; RIS-Justiz RS0005236 [T10]; RS0005091). Auch deshalb ist das Rekursgericht nicht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen, wenn es den Sicherungsantrag abgewiesen hat:

Wie sich aus dem aktuellen Grundbuchstand (Abfragedatum: 10. 10. 2001) betreffend die gegenständliche Liegenschaft ergibt, wurde der Übergabsvertrag vom 24. 5. 2000 nämlich bereits im Rang TZ 12058/2000 (offenbar im Rang einer Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung) verbüchert und das Eigentumsrecht je zur Hälfte für die Beklagten einverleibt. Gemäß § 21 Grundbuchsgesetz kommt daher eine gegen die nicht mehr als Eigentümerin im Grundbuch eingetragene Dritte wirkende Anmerkung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes gemäß § 382 Abs 1 Z 6 EO nicht in Betracht (RIS-Justiz RS0005094; SZ 67/226). Die bücherliche Anmerkung eines die Beklagten bindenden Verbotes zur Belastung und Veräußerung könnte nicht vollzogen werden (SZ 43/119; SZ 67/226). Es ist insoweit Unmöglichkeit, den Sicherungszweck zu erreichen, eingetreten. Der Entscheidung über den Antrag iSd § 382 Abs 1 Z 6 EO käme daher nur mehr theoretisch abstrakte Bedeutung zu. Eine derartige Situation nimmt der Klägerin aber nach ständiger Rechtsprechung die Beschwer (JBl 2000, 243; RIS-Justiz RS0005143), weshalb der ao Revisionsrekurs auch aus diesem Grund zurückzuweisen wäre.

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