OGH 1Ob517/94

OGH1Ob517/9429.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Republik Österreich (Finanzamt Korneuburg), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wider die Gegner der gefährdeten Partei 1. Gerhard H***** und 2. Dipl.Ing.Herbert H*****, beide vertreten durch Dr.Anton Bauer, Rechtsanwalt in Klosterneuburg, wegen Anfechtung von Rechtshandlungen (Streitwert S 4,274.093 sA) infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 23. Dezember 1993, GZ 17 R 267/93-12, womit die einstweilige Verfügung des Landesgerichtes Korneuburg vom 10. September 1993, GZ 2 Cg 150/93-3, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die gefährdete Partei ist schuldig, den Gegnern der gefährdeten Partei die mit S 33.648,14 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 5.608,02 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung

Der gefährdeten Partei steht eine seit 20.9.1993 fällige und vollstreckbare Abgabenforderung von insgesamt S 4,274,093 gegen den Erstgegner zu. Dieser ist der Eigentümer einer Liegenschaft. Mit Vertrag vom 7.9.1993 verkaufte er dem Zweitgegner, seinem Vater, diese Liegenschaft um den Kaufpreis von 6 Mio S, der durch die Übernahme auf der Liegenschaft sichergestellter Forderungen entrichtet werden sollte. Schon mit Vertrag vom 27.8.1993 hatte er seiner Ehegattin das - mittlerweile im Grundbuch einverleibte - „Zweitveräußerungs- und Belastungsverbot“ in bezug auf diese Liegenschaft unentgeltlich eingeräumt.

Mit Beschluß vom 3.8.1993 bewilligte das Grundbuchsgericht ob dieser Liegenschaft die Anmerkung der bis einschließlich 3.8.1994 wirksamen Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung; die einzige Beschlußausfertigung ist dem Grundbuchsgericht mit dem Gesuch des Zweitgegners um Vormerkung seines Eigentumsrechtes auf dieser Liegenschaft vorgelegt.

Mit der auf die Anfechtungstatbestände des § 2 Z 1 bis 3 und § 3 Z 1 AnfO gestützten Anfechtungsklage begehrte die gefährdete als klagende Partei, den Zweitgegner und die Ehegattin des Erstgegners als Beklagte schuldig zu erkennen, zur Hereinbringung ihrer gegen den Erstgegner bestehenden vollstreckbaren Abgabenforderung von S 4,274.093 jegliche Exekution in die in dessen Alleineigentum stehende Liegenschaft zu dulden.

Mit dieser Klage verband die gefährdete Partei den gegen den nicht beklagten Erstgegner und den Erstbeklagten als Zweitgegner gerichteten Antrag, zur Sicherung ihrer Ansprüche gegen die beiden Beklagten auf Duldung jeglicher Exekution zur Hereinbringung der ihr gegen den Erstgegner zustehenden Abgabenforderung von S 4,274.093 in die in dessen Alleineigentum stehende, näher bezeichnete Liegenschaft mittels einstweiliger Verfügung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Anfechtungsprozesses 1. dem Erstgegner zu verbieten, seine Liegenschaft zu belasten, zu veräußern oder zu verpfänden, 2. die Abnahme und gerichtliche Hinterlegung der einzigen Ausfertigung des Rangordnungsbeschlusses bei den Gegnern oder einer weiteren, sie für diese verwahrende Person, „insbesondere“ beim Grundbuchsgericht, anzuordnen und 3. den Gegnern jede Verfügung über den Anspruch gegen die die Ausfertigung des Rangordnungsbeschlusses für sie verwahrende „Person“ auf Herausgabe dieser Beschlußausfertigung zu untersagen.

Das Erstgericht erließ die begehrte einstweilige Verfügung.

Das Gericht zweiter Instanz wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte im wesentlichen aus, die gefährdete Partei habe sich zur Bescheinigung ihrer Behauptung, daß der Erstgegner einkommens- und vermögenslos sei, auf einen "informierten Vertreter" des zuständigen Finanzamtes berufen, dessen Benennung jedoch nicht als parates Bescheinigungsmittel angesehen werden könne. Außerdem dürfe gegen eine am Hauptverfahren nicht beteiligte Person - den Erstgegner - keine einstweilige Verfügung erlassen werden.

Der dagegen von der gefährdeten Partei erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wohl können einstweilige Verfügungen zur Sicherung eines Anfechtungsanspruchs bewilligt werden, der ein „anderer Anspruch“ im Sinne des § 378 Abs 1 und des § 381 EO ist (SZ 18/137; 8 Ob 600/86 ua; Heller-Berger-Stix 2811) und dessen Sicherung - abgesehen vom Fall des § 20 AnfO - nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung erfolgt (6 Ob 504/94 ua). Gemäß § 378 Abs 1 EO kann zwar das Gericht zur Sicherung des Rechts einer Partei auf Antrag einstweilige Verfügungen erlassen, solche Verfügungen müssen sich aber stets im Rahmen des Hauptanspruchs halten: Der gefährdeten Partei dürfen Maßnahmen, auf die sie auch bei erfolgreicher Durchsetzung des Hauptanspruchs kein Recht hätte, auch im Sicherungsverfahren nicht bewilligt werden (JBl 1987, 728; MietSlg 36.897; JBl 1983, 652 ua). Der zu sichernde Anspruch muß mit dem Klagsanspruch identisch sein (Konecny, Der Anwendungsbereich der einstweiligen Verfügung, 300). Daraus folgt, daß die gefährdete Partei gegen einen von ihr im Hauptverfahren nicht belangten Dritten im allgemeinen - ein Fall, in dem ausnahmsweise ein Dritter an seiner vom Beklagten abgeleiteten Rechtsausübung gehindert wird (vgl WoBl 1991/56; Konecny aaO 323), ist hier nicht zu beurteilen - keinen in einem Sicherungsverfahren durchzusetzenden Anspruch hat, weil sich der Klagsanspruch regelmäßig nur gegen den Beklagten und nicht auch gegen einen Dritten richtet. Auch Konecny (aaO 322) erachtet einstweilige Verfügungen als unzulässig, die eine Entscheidung über selbständige Hauptansprüche der gefährdeten Partei gegen Dritte darstellen. Schon aus diesem Grund hat das Gericht zweiter Instanz den Sicherungsantrag - soweit er gegen den - am Hauptverfahren nicht beteiligten - Erstgegner gerichtet ist, zu Recht abgewiesen.

Diese Erwägungen treffen zwar auf den Zweitgegner, den Erstbeklagten, nicht zu, doch ist die begehrte Verfügung nicht geeignet, zur Sicherung des gegen diesen geltend gemachten (Anfechtungs-)Anspruchs beizutragen. Nach dem Vorbringen zum Sicherungsantrag (S 10, Punkt 6) wird das Sicherungsmittel des Veräußerungs-, Belastungs- und Verpfändungsverbots angestrebt, die übrigen von der gefährdeten Partei begehrten Vorkehrungen sollen lediglich der Ergänzung dieser Maßnahme dienen; dieses Verbot richtet sich aber ausdrücklich gegen den Erstgegner, gegen den der Sicherungsantrag aber schon aus den weiter oben angestellten Erwägungen nicht erfolgreich durchgesetzt werden kann. Im übrigen wäre die Durchsetzung des Klagsanspruchs - also der Duldung der Zwangsvollstreckung in die Liegenschaft - aber noch nicht dadurch gefährdet, daß aufgrund des Kaufvertrages vom 7.9.1993 das Eigentumsrecht für den Zweitgegner einverleibt würde, soll doch gerade er durch das begehrte Urteil dazu verhalten werden, die Exekution in diese Liegenschaft zu dulden. Diese Duldungsverpflichtung könnte ihn aber nur dann treffen, wenn er selbst Eigentümer der Liegenschaft wäre. Durch die Übereignung der Liegenschaft könnte möglicherweise die Durchsetzung der Abgabenforderung gegen den Erstgegner gefährdet sein, diese ist aber nicht Gegenstand des Anfechtungsbegehrens, das durch die vom Gericht zweiter Instanz abgelehnte einstweilige Verfügung gesichert werden sollte.

Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist nicht als selbständiger, beim unzuständigen Gericht (§ 387 Abs 2 EO) eingebrachter Sicherungsantrag der gefährdeten Partei gegen die beiden Gegner vor Einleitung eines Verfahrens zu werten, weil ausdrücklich Ansprüche der gefährdeten Partei gegen die Beklagten gesichert werden sollen.

Das Gericht zweiter Instanz hat somit zu Recht den Sicherungsantrag abgewiesen, weshalb dem Revisionsrekurs der gefährdeten Partei kein Erfolg beschieden sein kann.

Die Entscheidung über die Revisionsrekurskosten beruht auf den §§ 78 und 402 EO sowie den §§ 41 und 50 ZPO.

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