OGH 5Ob147/70

OGH5Ob147/701.7.1970

SZ 43/119

Normen

EO §382 Z6
EO §382 Z6

 

Spruch:

Ein Veräußerungs- und Belastungsverbot nach § 382 Z 6 EO kann nicht mehr erlassen werden, wenn das Eigentumsrecht des weiteren Käufers (Doppelkäufers) der Liegenschaft bereits grundbücherlich einverleibt worden ist

OGH 1. Juli 1970, 5 Ob 147/70 (OLG Wien 5 R 91/70; LGZ Wien 23 Cg 153/69)

Text

Die klagende und gefährdete Partei (in der Folge kurz als Kläger bezeichnet) erhebt gegenüber den Beklagten und Gegnern der gefährdeten Partei (in der Folge kurz als Beklagte bezeichnet) nachstehendes Klagebegehren:

1. Es werde festgestellt, daß zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten ein gültiger Kaufvertrag vom 18. Februar 1963 betreffend die Liegenschaft EZ 1890 KG I, Haus 1025, St-Gasse 3, besteht;

2. die Beklagten seien zur ungeteilten Hand schuldig, darin einzuwilligen, daß ob der Liegenschaft EZ 1890 KG 1 das Eigentum des Klägers einverleibt werde.

Die Klage wird darauf gestützt, daß der Kläger im Jahre 1957 die angeführte Liegenschaft aus seinen Mitteln um 30.000 S gekauft, aber als grundbücherliche Eigentümerin seine inzwischen geschiedene Ehegattin, die Erstbeklagte, habe einverleiben lassen. Nach der Scheidung der Ehe hätte die Erstbeklagte dem Kläger die Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 18. Februar 1963 um einen Kaufpreis von 10.000 S verkauft. Eine Einverleibung seines Eigentumsrechtes im Grundbuch sei unterblieben. Im August 1968 sei der Zweitbeklagte bei ihm erschienen und habe erklärt, die Liegenschaft EZ 1890 KG 1 zu besichtigen, da er sie kaufen wolle. Er hätte dem Zweitbeklagten aber erklärt, daß er Liegenschaftseigentümer sei. Trotzdem habe der Zweitbeklagte am 24. Oktober 1968 die gegenständliche Liegenschaft von der Erstbeklagten gekauft.

Im Zuge des Rechtsstreites beantragte der Kläger zur Sicherung seines Anspruches auf Übertragung des Eigentumsrechtes mittels einer einstweiligen Verfügung den beklagten Parteien jede Verfügung über die Liegenschaft EZ 1890 KG 1 zu besichtigen, da er sie kaufen wolle. Er hätte dem Übertragung an dritte Personen sowie deren Belastung zu untersagen. Er stützt seinen Antrag darauf, daß sich der Zweitbeklagte bemühe, durch einen Bausparkassenvertrag den von ihm an die Erstbeklagte zu zahlenden Kaufpreis aufzubringen. Die Liegenschaft soll mit einer Hypothek von 200.000 S belastet werden. Dadurch werde sein Anspruch auf Übertragung des Eigentums gefährdet.

Das Erstgericht untersagte mittels einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Anspruches des Klägers auf Übertragung des Eigentumsrechtes ob der Liegenschaft EZ 1890 KG I, Haus 1025, St-Gasse 3, beiden Beklagten jede Verfügung über diese Liegenschaft, insbesondere die entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung an dritte Personen sowie deren Belastung und Verpfändung. Die bis längstens 18. März 1971 erlassene einstweilige Verfügung wird auf Antrag der Beklagten aufgehoben, wenn zur Sicherung des Anspruches des Klägers ein Betrag von 200.000 S erlegt wird. Das Erstgericht erachtete auf Grund des Kaufvertrages als bescheinigt, daß die Erstbeklagte die gegenständliche Liegenschaft am 18. Februar 1963 an den Kläger verkauft habe. Der Zweitbeklagte habe mit Kaufvertrag vom 24. Oktober 1968 gleichfalls die Liegenschaft EZ 1890 KG I von der Erstbeklagten käuflich erworben. Dem Zweitbeklagten sei aber bereits vor dem Vertragsabschluß mit der Erstbeklagten bekannt gewesen, daß die Erstbeklagte die gleiche Liegenschaft bereits an den Kläger verkauft habe. Es sei daher die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß der Kläger mit seiner Klage auch gegen den Zweitbeklagten durchdringe. Als bescheinigt anzusehen sei weiters, daß der zwischen den beklagten Parteien vereinbarte Kaufpreis von 200.000 S noch nicht gezahlt und seine Aufbringung durch die Aufnahme eines Darlehens bei einer Bausparkasse geplant sei. Da der Zweitbeklagte Hilfsarbeiter sei und über kein sonstiges Vermögen verfüge, sei die Annahme naheliegend, daß ein von ihm aufzunehmendes Darlehen auf der gegenständlichen Liegenschaft grundbücherlich sichergestellt würde. Hiedurch könnte dem Kläger für den Fall, als er mit dem Klagebegehren durchdringe, ein unwiederbringlicher Schaden entstehen.

Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß, der in Ansehung des Zweitbeklagten unangefochten blieb, im Ausspruch über die Erstbeklagte dahin ab, daß der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gegen die Erstbeklagte abgewiesen wurde. Das Gericht zweiter Instanz ging davon aus, daß auf Grund des Kaufvertrages vom 24. Oktober 1968 das Eigentum des Zweitbeklagten grundbücherlich einverleibt worden sei. Die Erstbeklagte habe die mangelnde passive Klagslegitimation wegen ihres fehlenden Liegenschaftseigentums eingewendet. Für den Feststellungsanspruch des Klägers komme eine Zwangsvollstreckung nicht in Betracht. Zur Sicherung dieses Anspruches sei eine einstweilige Verfügung nicht zulässig. Hinsichtlich des Anspruches des Klägers auf Eigentumsübertragung sei aber die Anspruchsbescheinigung nicht erbracht. Dieses Begehren könne zu keinem Erfolg führen, weil die Erstbeklagte, die nicht mehr Eigentümerin sei, eine Einwilligung in die Eigentumsübertragung ob der gegenständlichen Liegenschaft gar nicht mehr geben könnte. Der vertragliche außerbücherliche Erwerber könne zwar seine Ansprüche gegenüber jedem Rechtsnachfolger des Veräußerers, der nicht im Vertrauen auf das Grundbuch erworben habe, geltend machen, nicht jedoch die Einverleibung des Eigentumsrechtes gegenüber dem Veräußerer, der nicht mehr grundbücherlicher Eigentümer sei, begehren.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Klägers teilweise Folge. Er änderte den angefochtenen Beschluß, der im Ausspruch über die Abweisung der Erlassung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes gegenüber der Erstbeklagten bestätigt wurde, im übrigen dahin ab, daß die einstweilige Verfügung gegenüber der Erstbeklagten zu lauten habe:

"Zur Sicherung des Anspruches des Klägers wider die Erstbeklagte Augustine Sch auf Übertragung des Eigentumsrechtes ob der Liegenschaft EZ 1890 KG I, Haus 1025, St-Gasse 3, den der Kläger auf Grund des Kaufvertrages vom 18. Februar 1963 behaupte, wird der Erstbeklagten jede Verfügung über diese Liegenschaft untersagt.

Diese einstweilige Verfügung wird nicht vollzogen und die schon vollzogene Verfügung auf Antrag der Erstbeklagten aufgehoben, wenn zur Sicherung des Anspruches des Klägers ein Betrag von 200.000 S bei Gericht erlegt wird.

Die einstweilige Verfügung wird für die Dauer eines Jahres, d i bis längstens 18. März 1971 erlassen, endet jedoch mit dem Zeitpunkt, in dem der Kläger seinen Anspruch durch Exekution zur Sicherstellung oder durch Befriedigungsexekution bereits früher geltend machen kann."

Es trifft zu, daß eine einstweilige Verfügung zur Sicherung eines bloßen Feststellungsanspruches, für den eine Zwangsvollstreckung nicht in Betracht kommt, wie der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (Neumann - Lichtblau[3] II 1165, Pollak, Zivilprozeßrecht[2] III 1037) ausgesprochen hat (SZ 6/119, SZ 21/47, SZ 29/86), nicht zulässig ist. Allein der Kläger macht gegenüber der Erstbeklagten nicht nur einen Feststellungsanspruch geltend, sondern er begehrt von ihr auch die Einwilligung zur grundbücherlichen Übertragung des Eigentums ob der Liegenschaft EZ 1890 KG I. Zur Sicherung dieses Anspruches ist aber die Erlassung einer einstweiligen Verfügung statthaft.

Auf Grund des Kaufvertrages vom 18. Februar 1963 ist bescheinigt, daß die Erstbeklagte dem Kläger die gegenständliche Liegenschaft um den Kaufpreis von 10.000 S verkauft hat. Die an den Kläger erfolgte außerbücherliche Übertragung der Liegenschaft ist trotz der Bestimmung des § 431 ABGB nicht rechtlich bedeutungslos. Das ergibt sich auf Grund der Vorschriften der §§ 22 und 136 GBG. Denn nur dann, wenn außerbücherliche Rechtsänderungen wirksam sein können, besteht die Möglichkeit einer Berichtigung des Grundbuches. Ähnlich wie der Ersitzer außerbücherliches Eigentum erwirbt und nur dem gegenüber weichen muß, der im Vertrauen auf das Grundbuch Rechte erworben hat, so kam auch derjenige, der durch einen Vertrag außerbücherlich erworben hat, wie der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (Klang in Klang Komm[2] II 362) ausgesprochen hat (JBl 1954, 68, RZ 1966/88 u a), seine Rechte gegenüber dem ursprünglichen Veräußerer und jedem seiner Rechtsnachfolger, der nicht im Vertrauen auf das Grundbuch erworben hat, geltend machen. Da die Erstbeklagte die ursprüngliche Veräußerin der Liegenschaft ist, ist eine Sicherung der Ansprüche des Klägers als außerbücherlicher Eigentümer auf Übertragung des Eigentums ob der Liegenschaft zulässig.

Dem Rekurswerber entgeht aber, daß ein Verbot, die gegenständliche Liegenschaft zu veräußern oder zu belasten, deshalb nicht als zielführend anzusehen ist, weil das Eigentumsrecht des Zweitbeklagten bereits grundbücherlich einverleibt ist. § 382 Z 6 EO führt als Sicherungsmittel das gerichtliche Verbot der Veräußerung, Belastung oder Verpfändung von Liegenschaften oder Rechten, die in einem öffentlichen Buch eingetragen sind und auf die sich der behauptete oder zuerkannte Anspruch bezieht, an. Die angeführte Gesetzesstelle setzt somit voraus, daß das Recht, bezüglich dessen ein Veräußerungs- oder Belastungsverbot erlassen werden soll, im Grundbuch einverleibt ist. Das Eigentum der Erstbeklagten ist aber nicht grundbücherlich einverleibt, so daß Sicherungsmaßnahmen i S des § 382 Z 6 EO hinsichtlich der Erstbeklagten nicht mehr erlassen werden können. Auch das Schrifttum (Neumann - Lichtblau, Komm. zur Exekutionsordnung[3] 1195 f) und die Rechtsprechung (EvBl 1959/384) lassen zwar die Erlassung eines Veräußerung- und Belastungsverbotes i S des § 382 Z 6 EO noch nach der Veräußerung der Liegenschaft an einen Dritten, nicht mehr aber nach der grundbücherlichen Einverleibung ins Eigentum des Dritten zu. Soweit der Revisionsrekurs daher gegenüber der Erstbeklagten die Erlassung eines nach § 384 Abs 2 EO zu verbüchernden Veräußerungs- und Belastungsverbotes anstrebt, war ihm der Erfolg zu versagen.

Soweit der Antrag des Klägers, der auf keine bestimmte Gesetzesstelle Bezug nimmt, sich auf Sicherungsmittel i S des § 382 Z 5 EO erstreckt, steht der Erlassung eines nicht zu verbüchernden Verfügungsverbotes gegen die Erstbeklagte auch nicht der Umstand entgegen, daß das Eigentumsrecht des Zweitbeklagten ob der gegenständlichen Liegenschaft auf Grund des Kaufvertrages vom 24. Oktober 1968 grundbücherlich einverleibt wurde.

Dem Revisionsrekurs war somit aus den aufgezeigten Gründen zum Teil Folge zu geben und es war der angefochtene Beschluß im Ausspruch über die Erstbeklagte dahin abzuändern, daß zwar das beantragte Verfügungsverbot, nicht aber das Veräußerungs- und Belastungsverbot erlassen wird.

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