OGH 7Ob221/14x

OGH7Ob221/14x30.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** E*****, vertreten durch Dr. Georg Kahlig Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. K***** P*****, 2. Dr. H***** M*****, 3. Mag. S***** G*****, alle *****, vertreten durch Dr. Rolf Philipp und Dr. Frank Philipp, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen 55.917,60 EUR sA, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 16. Oktober 2014, GZ 2 R 130/14f‑21, womit das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 11. Juni 2014, GZ 56 Cg 142/13g‑15, teilweise abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00221.14X.0430.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin brachte mit Rechtsschutzdeckung zu AZ 56 Cg 151/12t beim Handelsgericht Wien mit ihrem Gatten eine Klage gegen die A***** (in der Folge: Vermögensberater) auf Zahlung von 32.501,05 EUR sA ein. Das Begehren wurde rechtskräftig wegen Verjährung abgewiesen. Die dort getroffenen Feststellungen übernahm das Erstgericht:

„Die Kläger erwarben jeweils über Vermittlung der Beklagten folgende Aktien: Die Erstklägerin investierte am 17. 7. 2006 zusammen mit dem Zweitkläger 4.000 EUR sowie am 15. 2. 2007 und 2. 1. 2008 jeweils allein insgesamt 27.388,26 EUR in Conwert‑Aktien. In ECO‑Aktien investierte die Erstklägerin allein am 16. 2. 2007 20.000 EUR. Die Verkaufserlöse betrugen im Zeitraum 5. 7. 2007 bis 1. 9. 2009 insgesamt 18.887,20 EUR. Ende August 2009 verkaufte die Erstklägerin auch sämtliche von ihr gehaltenen Immofinanz‑Aktien mit großem Verlust.

Da die Kläger an einer sicheren Veranlagung mit einem Veranlagungshorizont von ein bis zwei Jahren interessiert waren, entschied der Anlageberater, den Klägern ausschließlich Immobilienaktien zu präsentieren. Dabei stellte er den Klägern eine Rendite von 4 - 7 % in Aussicht.

Den Klägern war bewusst, dass Aktienkurse Schwankungen unterliegen. Als sie dies ansprachen, betonte der Anlageberater jedoch, dass das bei Immobilienaktien anders sei; er verglich die Investition in Immobilienaktien mit dem Kauf einer Wohnung zur Ertragserzielung und erklärte, dass der Aktienkurs den Wert der Immobilien abbilden würde. Dabei verwies er auf den 'Net Asset Value' und erläuterte, dass Immobilienaktien zu ihrem inneren Wert zurückfinden würden; ferner erklärte er, dass Immobilienaktien sicher seien, da Immobilien als fixe Werte dahinter stünden und diese im Wert immer steigen würden. Obwohl der Anlageberater nie explizit behauptete, dass es sich um kapitalgarantierte Produkte handeln würde, entstand auf Grund seiner Erklärungen bei den Klägern der Eindruck, dass das investierte Kapital quasi garantiert sei und sich etwaige Kursschwankungen lediglich auf die Höhe der 'Zinsen' beziehen würden. Dementsprechend hielten sie den bloßen Erhalt des Kapitals ohne Lukrierung von 'Zinsen' für den ungünstigsten Fall, der eintreten könnte.

Da sowohl die Kläger als auch ihr Anlageberater eine Investition in Immobilienaktien für eine sichere Anlageform hielten, verzichtete man auf eine Streuung der Veranlagung in andere Asset‑Klassen.

Während der Beratungsgespräche mit den Klägern füllte der Anlageberater bereits die Gesprächsnotizen und Konto‑ und Depoteröffnungsanträge aus und legte diese den Klägern zur Unterschrift vor. Auf Grund der vorhergehenden Beratungsgespräche und des Vertrauens zu ihrem Anlageberater haben die Kläger dabei lediglich geprüft, ob die persönlichen Daten korrekt wiedergegeben wurden; sie verabsäumten es jedoch, die vorgelegten Unterlagen, insbesondere die darin enthaltenen Risikohinweise zu den erworbenen Immobilienaktien, durchzulesen.

Da in der Beratung stets betont wurde, Immobilienaktien seien in ihrem Risikopotential mit anderen Aktien nicht vergleichbar, sondern eben 'sicher', maßen die Kläger weder den Risikohinweisen noch der Risikoeinstufung Bedeutung bei. Die Risikohinweise wurden vom Anlageberater nie mit den Klägern besprochen. Die Erstklägerin hätte vom Erwerb der Immobilienaktien abgesehen, hätte sie die Risikohinweise gelesen, sodass keiner der Käufe erfolgt wäre.

Hätten die Kläger gewusst, dass sie bei Immobilienaktien ebenso wie bei allen anderen Aktien das eingesetzte Kapital teilweise oder zur Gänze verlieren könnten, hätten sie nicht investiert.

Als die Erstklägerin Anfang 2008 ‑ spätestens im März 2008 ‑ den Depotauszug für das Kalenderjahr 2007 erhielt, fiel den Klägern bereits der drastische Wertverlust der Immobilienaktien auf. Beiden Klägern wurde zu diesem Zeitpunkt klar, dass sie in volatile Wertpapiere investiert hatten und nicht in ein sicheres Produkt, bei dem man jedenfalls das investierte Kapital wieder zurückbekommt. Daraufhin kontaktierten sie sogleich ihren Anlageberater, der ihnen die Auskunft gab, die Immobilienaktien seien unterbewertet und sie sollten diese behalten, da sie im Wert wieder steigen würden. In einem den Klägern zugegangenen E‑Mail vom 23. 7. 2008 betonte der Anlageberater erneut, dass sich der Kurs der Immofinanz und der Conwert bei einer Entspannung der weltweiten Finanzsituation bessern werde.

Die Kläger übermittelten ihre Unterlagen zu den Wertpapieren, die sie an der Immofinanz, der Conwert und der ECO hielten, gemeinsam an ihren Rechtsvertreter (die hier Beklagten) zur Klagsführung spätestens am 26. 8. 2010. Bezüglich der Immofinanz‑Wertpapiere brachte der Klagevertreter (hier der Erstbeklagte) namens der Erstklägerin am 26. 8. 2010 zu AZ 31 Cg 205/10x des Handelsgerichts Wien Klage gegen den Vermögensberater ein. Er brachte vor, die Erstklägerin hätte im Jänner 2008 vom Kursverlust erfahren. Den Klägern fiel auf, dass in der Klage die Conwert‑ und ECO‑Aktien nicht enthalten waren und versuchten, ihren Anwalt diesbezüglich zu befragen, der ihnen jedoch nicht erklärte, warum diese Vorgangsweise gewählt wurde. Das Verfahren wurde mit einem Vergleich am 31. 8. 2011 beendet; einen Tag nach der am 14. 9. 2011 eingetretenen Rechtswirksamkeit langte die Klage bei Gericht ein.“

Nach Urteilsverkündung am 4. 9. 2012 teilte der in der Verhandlung einschreitende Drittbeklagte der Klägerin und ihrem Ehegatten mit, dass man nun Berufung erheben könne. Über ein damit in Verbindung stehendes Kostenrisiko wurde jedoch nicht gesprochen. Man verblieb so, dass bei der Rechtsschutzversicherung um Deckung für eine Berufung ersucht werde. Gleichzeitig teilte der Drittbeklagte mit, er werde die Haftpflichtversicherung der Beklagten verständigen.

Mit Schreiben vom 15. 11. 2012 richtete der Drittbeklagte die Deckungsanfrage an die Rechtsschutzversicherung. Eine Verjährung der Ansprüche sei aus genannten Gründen nicht gegeben und es sei daher Berufung einzubringen.

Mit Schreiben vom 20. 11. 2012 lehnte die Rechtsschutzversicherung die Deckung für das Berufungsverfahren ab. Dies teilte der Drittbeklagte der Klägerin mit Schreiben vom 5. 12. 2012 mit und führte weiters aus:

„Mangels gegenteiliger Weisung bis längstens Freitag gehen wir davon aus, dass Sie unter diesen Umständen keine Berufung wünschen, sodass wir das vorliegende Urteil mit Ablauf des 10. 12. 2012 in Rechtskraft erwachsen lassen. Wir haben bereits vorsorglich unsere Haftpflichtversicherung darüber informiert, dass nach Maßgabe des vom Gericht festgestellten Sachverhalts die Klagsabweisung wegen Verjährung unter Umständen in unsere Sphäre fällt. Über das Ergebnis der Prüfung, ob hier ein haftpflichtiger Schaden entstanden ist, werden wir Sie selbstverständlich ehestmöglich informieren.“

Auf dieses Schreiben erfolgte keine Reaktion der Klägerin. Es wurde keine Berufung eingebracht; das Urteil wurde rechtskräftig. Wäre die Klägerin von den Beklagten dahingehend aufgeklärt worden, dass die Berufung erfolgversprechend wäre, dann hätte sie das Risiko eines Berufungsverfahrens auf eigene Kosten in Kauf genommen.

Als die Klägerin über die Medien im März 2008 darauf aufmerksam wurde, dass wegen der Verluste im Rahmen von Veranlagung in Immobilienaktien der VKI Sammelklagen gegen den Vermögensberater einbringt, gelangte sie mit ihrem Ehegatten über Internetrecherche, aber auch über Empfehlung ihres Anlageberaters zu den Beklagten. Am 23. 4. 2009 unterfertigte die Klägerin eine Vollmacht an alle drei Beklagte. Nach mehreren schriftlichen Kontakten richtete der Erstbeklagte am 23. 7. 2010 an die Rechtsschutzversicherung der Klägerin eine Anfrage um Kostendeckung für ein Verfahren gegen den Vermögensberater in Bezug auf die Veranlagung in Immofinanz‑Aktien. Auf dieses der Klägerin in Kopie übermittelte Schreiben reagierte sie mit E‑Mail vom 29. 7. 2010 unter anderem wie folgt:

„2. Die Sammelklage bezieht sich nur auf Immofinanz/Immoeast. Bei unserem Investment kommt aber der Umstand eines Klumpenrisikos ebenfalls zum Tragen, da wir auf ausdrückliche Empfehlung von Hr. M***** auch in Conwert und ECO investiert haben. Wieso bezieht sich die Anfrage an die Rechtsschutzversicherung nur auf Immofinanz?

4. Werden Sie die Anfrage an die Rechtsschutzversicherung dahingehend richtigstellen, dass wir die Aktien bereits verkauft haben und es sich auch um Aktien der Conwert und ECO handelt?

6. Wann läuft die Verjährungsfrist ab? Besteht hier ein Unterschied zwischen Sammelklage und Einzelklage?

...“

Der Erstbeklagte verwies im Schreiben vom 10. 8. 2010 auf eine gesonderte Behandlung der Fälle „Conwert“ und „ECO“. Die Klägerin wandte sich am 24. 4. 2011 mit folgendem E‑Mail an den Erstbeklagten:

„...

Ich möchte Sie nochmals darauf hinweisen, dass es sich hierbei nicht nur um einen Klagswert von EUR 20.411,73 handelt, da dies lediglich den Wert der Immofinanz-Aktien darstellt!!

In unserem Portfolio waren aber auch ECO und Conwert. Wir sind daher der Ansicht, dass es sich hierbei um ein Klumpenrisiko (ausschließlich 3 Immo‑Aktien im Depot) handelt!

...

Ich bitte um dringende Stellungnahme bezüglich des Klagswerts! ...“

Die Beklagten kamen auf die Veranlagung der Klägerin in „ECO“ bis zum Gespräch vom 30. 8. 2011 nicht mehr zurück. Bei diesem vom Drittbeklagten vereinbarten Besprechungstermin ging es nicht nur um die Verhandlung am folgenden Tag in Sachen Immofinanz, sondern auch um die Veranlagung in Conwert‑ und ECO‑Aktien. Dabei verwies die Klägerin darauf, dass auch dadurch erhebliche Verluste entstanden seien. Sie wolle diesen Schaden ebenfalls gegen den Vermögensberater geltend machen. Der Drittbeklagte wies die Klägerin auf die Unvollständigkeit der ihm vorliegenden Unterlagen zu den Investitionen in Conwert-Aktien hin; er ersuchte sie um Übermittlung der vollständigen Aufstellung der Kaufgeschäfte und vereinbarte mit ihr, eine Klage bis spätestens Mitte September einzubringen.

Nach Ablauf der Widerrufsfrist für den Vergleich im Verfahren AZ 31 Cg 205/10x des Handelsgerichts Wien am 14. 9. 2011 brachten die Beklagten am 15. 9. 2011 die Klage zu AZ 56 Cg 151/12t des Handelsgerichts Wien ein. Bereits in der Klage wurde unter anderem auf das „Klumpenrisiko“ sowie auf den nicht gewünschten Erwerb volatiler Wertpapiere verwiesen. Im Schriftsatz vom 9. 1. 2012 wurde zum Einwand der Verjährung der Schadenersatzansprüche ausgeführt, dass dieser auf Grund der Beschwichtigungsversuche des Anlageberaters gegen Treu und Glauben verstoße; jedenfalls sei dadurch der Beginn der Verjährungsfrist bis zum rapiden Kursverfall ab Mitte September 2008 hinausgeschoben worden. Der beklagte Vermögensberater wandte neben der Verjährung unter anderem ein, dass die Klägerin und ihr Ehegatte insofern ein Mitverschulden treffe, als sie vor der jeweiligen Veranlagungsentscheidung die Risikohinweise nicht gelesen hätten.

Der Klägerin war zwar über Internetrecherche im Herbst 2008 bekannt, dass unter „Klumpenrisiko“ eine mangelnde Diversifikation (Streuung) der Veranlagung gemeint ist, sie machte sich allerdings keine Gedanken über die rechtliche Konsequenz der Verwirklichung des „Klumpenrisikos“. Spätestens im Juli 2010 kam sie zu dem Schluss, dass sich in ihrem Fall das „Klumpenrisiko“ verwirklicht hätte, was sie als einen Beratungsfehler ihres Anlageberaters ansah.

Auf Grund des rechtskräftigen Urteils im Verfahren AZ 56 Cg 151/12t des Handelsgerichts Wien bezahlte die Rechtsschutzversicherung der Klägerin dem dort beklagten Vermögensberater an Kosten 8.283,09 EUR. Sie deckte auch die Kosten der Klägerin von 9.933,33 EUR. Die Rechtsschutzversicherung trat ihre Ansprüche an die Klägerin zur klagsweisen Geltendmachung ab.

Die Klägerin begehrte von den Beklagten die Zahlung von 55.917,60 EUR sA. Die von ihr bereits in der ersten Jahreshälfte 2009 mit der Klagsführung beauftragten Beklagten hätten trotz Deckung durch eine Rechtsschutzversicherung erst im September 2011 die Klage hinsichtlich der Veranlagung in „Conwert“ und „ECO“ eingebracht, weshalb sie den Eintritt der Verjährung der Ansprüche zu verantworten hätten. Insbesondere hätten die Beklagten die Klägerin nach Sichtung der Unterlagen im Jahr 2009 auf die drohende Verjährung hinweisen und fehlende Unterlagen urgieren müssen. Im Falle einer rechtzeitigen Klagseinbringung wäre der Vermögensberater auf Grund eines Beratungsfehlers zum Ersatz des Kapitalverlusts und des Zinsschadens sowie zum Kostenersatz verpflichtet worden. Es sei bei der Klägerin und ihrem Ehegatten der Eindruck entstanden, es handle sich um kapitalgarantierte Produkte, weshalb sie sich zur Veranlagung entschlossen hätten. Im Übrigen sei die Klägerin von den Beklagten nicht ordnungsgemäß über die Erfolgsaussichten einer Berufung und die damit verbundenen Kosten aufgeklärt worden. Die von ihrer Rechtsschutzversicherung bezahlten Prozesskosten seien der Klägerin zur klagsweisen Geltendmachung abgetreten worden. Dies gelte auch für die Ansprüche ihres Ehegatten hinsichtlich der gemeinsam mit ihr erworbenen Immobilienaktien. Von einem Verkauf der Wertpapiere nach den Anfang 2008 ersichtlichen drastischen Wertverlusten sei auf Grund der Auskunft des Anlageberaters, die Aktien seien unterbewertet und sollten infolge einer zu erwartenden Wertsteigerung behalten werden, Abstand genommen worden.

Die Beklagten wendeten ein, dass eine Haftung des Zweitbeklagten ausgeschlossen sei, weil er niemals für die Klägerin tätig geworden sei. Die Beklagten seien erst bei der Besprechung am 30. 8. 2011 zur Klagsführung hinsichtlich der Veranlagungen „Conwert“ und „ECO“ beauftragt worden. Da die Klägerin bereits im Jahr 2007 Kenntnis von Kursschwankungen auch nach unten gehabt habe, sei die Verjährung bereits im Jahr 2010 eingetreten und daher nicht von den Beklagten zu verantworten. Zudem habe sich das Handelsgericht Wien im Urteil vom 4. 9. 2012 trotz eines entsprechenden Sachvortrags nicht mit dem Vorwurf der mangelnden Diversifikation der Veranlagung und der daraus resultierenden Haftung des Vermögensberaters auseinander gesetzt. Dieses Urteil sei daher grob mangelhaft gewesen. Mit einer Berufung hätten die Klägerin und ihr Ehegatte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit obsiegt. Eine Haftung treffe vielmehr die Rechtsschutzversicherung der Klägerin, weil diese die Kostendeckung für eine Berufung rechtswidrig verweigert habe. Der Klägerin sei von den Beklagten die Erhebung einer Berufung als sinnvoll und notwendig empfohlen worden; sie habe eine solche jedoch nach dem Vorliegen der Deckungsverweigerung der Rechtsschutzversicherung abgelehnt. Die Klägerin habe einen allfälligen Schaden auch deshalb selbst verschuldet, weil sie die Risikohinweise nicht gelesen und nach Erkennen der Volatilität der erworbenen Wertpapiere diese nicht umgehend verkauft habe. Mangels vertraglicher Beziehung habe die Rechtsschutzversicherung der Klägerin gegenüber den Beklagten keinen Anspruch auf Ersatz der von ihr bezahlten Prozesskosten.

Das Erstgericht wies das gegenüber dem Zweit-und Drittbeklagten erhobene Klagebegehren zur Gänze ab und gab dem gegenüber dem Erstbeklagten erhobenen Klagebegehren mit 51.942,69 EUR sA statt und wies (rechtskräftig) das ihm gegenüber erhobene Mehrbegehren von 3.974,91 EUR sA ab. Der Rechtsanwalt sei zur Interessenwahrung und Rechtsberatung seines Mandanten verpflichtet. Wenn ein Mandant den Rechtsanwalt auf eine möglicher Weise drohende Verjährung hingewiesen habe, sei der Rechtsanwalt verpflichtet, die maßgebenden Umstände durch eigene Fragen zu klären; er müsse den Mandanten auch über das Prozess‑(kosten‑)risiko aufklären. Diesen Anforderungen habe der Erstbeklagte nicht entsprochen. Es sei erforderlich, den mutmaßlichen Verlauf und Ausgang des Vorprozesses unter der Voraussetzung zu ermitteln, dass sich der Rechtsanwalt richtig verhalten hätte. Bei Anlageberatungsfehlern trete der Schaden ein, wenn der Anleger auf Grund einer fehlerhaften Beratungsleistung das risikoreiche Anlageprodukt erwerbe. Hinsichtlich der Kenntnis des Schadens sei maßgebend, wann dem Anleger sein Irrtum bewusst werde. Regelmäßig seien die dem Anleger übermittelten Depot‑ und Kontostandsauszüge ein eindeutiges Indiz für eine negative Kursentwicklung. Diesen Grundsätzen folgend habe das Handelsgericht Wien die Ansprüche zutreffend als verjährt erachtet, da die Anleger von den Kursverlusten spätestens im März 2008 Kenntnis gehabt hätten, die Klage jedoch erst am 15. 9. 2011 eingebracht worden sei. Auch wenn die Klägerin im Verfahren ihre Ansprüche zusätzlich auf das sogenannte „Klumpenrisiko“ gestützt habe, sei dies kein gesonderter Beratungsfehler. Auch ein allfälliges Berufungsverfahren hätte ergeben, dass die Ansprüche verjährt gewesen seien. Im Hinblick auf die Beratung sei nicht vorwerfbar, wenn die Klägerin die allgemeinen Risikohinweise in Bezug auf Immobilienaktien nicht durchgelesen habe. Damit hätten die Klägerin und ihr Ehegatte im Vorprozess zur Gänze obsiegt. Der Erstbeklagte hafte, weil er die mehrfachen Hinweise der Klägerin auf ihre Veranlagung in „Conwert“ und „ECO“ und auf die drohende Verjährungsgefahr nicht ignorieren hätte dürfen. Der Drittbeklagte hafte nicht, weil der Schaden bereits verjährt gewesen sei als er tätig geworden sei. Da im Vorprozess Verzugszinsen erst ab dem der Klagszustellung folgenden Tag zu zahlen gewesen seien, bestehe nur ein Zinsschaden von 1.225,25 EUR.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung teilweise dahin ab, dass es alle Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von 51.942,69 EUR sA verpflichtete und das Mehrbegehren von 3.974,91 EUR sA auch hinsichtlich des Zweit‑ und Drittbeklagten abwies. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig sei. Werde zwei oder mehreren Rechtsanwälten ein Mandat für die Führung eines Prozesses erteilt, entstehe auf ihrer Seite ein Gesamtschuldverhältnis, was auch für die aus der Verletzung der Vertragspflicht resultierende Schadenersatzpflicht gelte. Da die Klägerin spätestens im E‑Mail vom 29. 7. 2010 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe, dass sie auch hinsichtlich der Veranlagung in Conwert‑ und ECO‑Aktien Rechtsschutzdeckung wünsche, sei für die Beklagten evident gewesen, dass sie auch dazu eine Klagsführung wünsche. Bei einem Schadenersatzbegehren gegen einen Prozessbevollmächtigten wegen behaupteter Unterlassungen in einem Vorprozess sei hypothetisch nachzuvollziehen, wie das Verfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geendet hätte. Im Vorprozess sei Anspruchsgrundlage für die Schadenersatzansprüche nicht nur die Falschberatung hinsichtlich der Sicherheit der erworbenen Immobilienaktien, sondern auch die falsche Beratung über die Zusammensetzung der Wertpapiere und das deswegen in der Folge verwirklichte „Klumpenrisiko“ gewesen. Die Verjährungsfrist des auf den letztgenannten Rechtsgrund gegründeten Schadenersatzbegehrens habe erst mit der Zustellung des Sachverständigengutachtens an den Rechtsvertreter der Klägerin im Juli 2010 zu laufen begonnen. Demgemäß sei die Klagseinbringung vom 15. 9. 2011 innerhalb der Verjährungsfrist erfolgt. Entscheidend sei daher, wem das Unterbleiben der Erhebung des Rechtsmittels im Vorprozess anzulasten sei. Zu den Aufgaben eines Rechtsanwalts gehöre es unter anderem, den Mandanten über die Erfolgsaussichten der Ergreifung eines Rechtsmittels und die damit verbundenen Kostenfolgen ausreichend in Kenntnis zu setzen. Dies sei im konkreten Fall nicht geschehen. Berücksichtigt man die unmittelbar nach der Urteilsverkündung vom Drittbeklagten der Klägerin gegenüber getätigte Äußerung, dass die Haftpflichtversicherung der Beklagten verständigt werde, so sei dies von einem Laien nur dahin zu verstehen, dass zwar die Erhebung einer Berufung möglich, wohl aber mit geringen Erfolgsaussichten verbunden sei. Demnach sei das Unterbleiben der Berufung allein den Beklagten anzulasten. Ein Mitverschulden der Klägerin im Zuge der Veranlagung liege nicht vor. Durch die Beratung des Anlageberaters sei der Eindruck entstanden, es handle sich „quasi um kapitalgarantierte Produkte“. Ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht sei nicht gegeben. Es seien keine Umstände hervorgekommen, welche es der Klägerin zumutbar gemacht hätten, auf Grund der Kursentwicklung die Wertpapiere zu einem früheren Zeitpunkt zu verkaufen. Die von der Rechtsschutzversicherung getragenen Prozesskosten seien gemäß § 67 VersVG ein in diesem Umfang an diese übergegangener Schadenersatzanspruch, der an die Klägerin zur Geltendmachung abgetreten worden sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen oder ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft; sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO).

2. Die Revisionswerber bestreiten eine allein aus einer Pflichtverletzung eines Kanzleikollegen resultierende solidarische Haftung. Abgesehen davon, dass die Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren immer vom Vorliegen einer gemeinsamen Mandatserteilung ausgingen, steht diese auch fest.

Der Zusammenschluss mehrerer Rechtsanwälte zu einer sogenannten Kanzleigemeinschaft stellt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts dar (RIS‑Justiz RS0022516). Auch eine Regiegemeinschaft fällt darunter (RIS‑Justiz RS0022516 [T4]). Wird zwei oder mehreren Rechtsanwälten ein Mandat für die Führung eines Prozesses erteilt, entsteht auf ihrer Seite ein Gesamtschuldverhältnis (RIS‑Justiz RS0110235). Sind die Gesellschafter solidarisch zur Erfüllung eines Vertrags verpflichtet, so ist das Verschulden des einen Gesellschafters der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und damit den anderen Gesellschaftern nach § 1313a ABGB zuzurechnen (vgl 6 Ob 183/13z). Dabei entsteht eine solidarische Haftung für Schäden, die aus Anlass einer Vertragserfüllung der Gesellschaft entstehen, sofern ‑ wie hier die rechtsanwaltliche Beratungs‑ und Vertretungstätigkeit - die vertragliche Leistungspflicht eine unteilbare ist (RIS‑Justiz RS0017319, RS0017362). Im hier vorliegenden Fall folgt daraus, dass auf Grund gemeinsamer Mandatserteilung alle drei Beklagten für einen von einem Kanzleikollegen zu verantwortenden Schaden haften.

3. Die Klägerin und ihr Gatte stützen ihre Ansprüche gegen den Anlageberater darauf, dass er ihnen 1. ein untaugliches Produkt und 2. eine unrichtige Zusammensetzung der Wertpapiere empfohlen habe. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsansicht, dass die zu 1. genannte Pflichtverletzung nicht geprüft werden müsse, weil die zu 2. genannte Pflichtverletzung verwirklicht worden sei und die daraus abgeleiteten Ansprüche nicht verjährt seien. Unbegründet ließ es dabei den Zuspruch des vom Rechtsschutzversicherer an die Klägerin rückabgetretenen Anspruchs auf Ersatz der Prozesskosten, obwohl er sich selbst zuzuschreiben hat, dass keine Berufung erhoben wurde, hat er doch die Deckung dafür abgelehnt. Dem ist nicht zu folgen.

Es werden zunächst die beiden behaupteten Pflichtverletzungen der Beklagten geprüft.

4. Die Rechtsansicht der Revisionswerber, erstmals am 30. 8. 2011 mit der Geltendmachung von Schäden aus den Veranlagungen „Conwert“ und „ECO“ betraut worden zu sein, steht im Widerspruch zum Inhalt des E-Mail der Klägerin vom 29. 7. 2010, in dem sie ausdrücklich Auskunft dazu begehrt, warum sich die Anfrage an die Rechtsschutzversicherung nur auf Immofinanz‑Aktien beziehe. Damit brachte sie unzweifelhaft zum Ausdruck, eine Klagsführung auch hinsichtlich der Veranlagungen in „Conwert“ und „ECO“ zu wünschen, zumal sie die Unterlagen hinsichtlich aller Veranlagungen den Beklagten gemeinsam übermittelte. Die Beklagten wären auf Grund der Pflicht zur Interessenwahrung, der Kardinalspflicht des Rechtsanwalts (RIS‑Justiz RS0112203), dazu verpflichtet gewesen, auch in Sachen „Conwert“ und „ECO“ tätig zu werden oder die Klägerin sofort davon in Kenntnis zu setzen, insofern keine Vertretungsaufgaben zu übernehmen. Eine Ablehnung ist dem vom Erstbeklagten verfassten Antwort-Mail vom 10. 8. 2010 nicht zu entnehmen. Damit haben die Beklagten grundsätzlich die ‑ wie in der Folge zu zeigen sein wird ‑ verspätet erst am 15. 9. 2011 erfolgte Klagseinbringung zu verantworten.

5. Die Revisionsausführungen, wonach keine Verpflichtung bestehe, einen Mandanten über Dinge, von denen er nachweislich bereits Kenntnis habe, nochmals im Rahmen eines persönlichen Gesprächs zu informieren, gehen nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Nach den Feststellungen hätte die Klägerin, wäre sie von den Beklagten darüber aufgeklärt worden, dass die Berufung erfolgversprechend wäre, das Rechtsmittel auf eigene Kosten erhoben. Dem Schreiben an die Rechtsschutzversicherung kommt keine Bedeutung zu. Der Drittbeklagte ging nach Deckungsablehnung im Schreiben an die Klägerin vom 5. 12. 2012 davon aus, dass sie nun kein Rechtsmittel erheben wolle, was nur so verstanden werden kann, dass er der Berufung keine Erfolgsaussichten einräumte. Vielmehr teilte der Drittbeklagte nach der Urteilsverkündung der Klägerin mit, die Haftpflichtversicherung der Beklagten zu verständigen. Zusätzlich informierte er mit Schreiben vom 5. 12. 2012 die Klägerin darüber, dass diese Verständigung bereits erfolgt sei, ohne mit einem Wort zu erwähnen, dass die Rechtsansicht im Urteil unrichtig wäre.

6. Nun ist die Kausalität der Pflichtverletzungen für die eingetretenen Schäden zu prüfen. Dabei sind die Vorinstanzen zutreffend davon ausgegangen, dass der Vorprozess hypothetisch nachzuvollziehen und zu beurteilen ist, nämlich wie das Verfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geendet hätte (RIS-Justiz RS0022706). Unstrittig ist im Revisionsverfahren, dass die Klägerin und ihr Ehegatte nicht ‑ wie von ihnen gewünscht ‑ ein wertstabiles, sondern ein Kursschwankungen unterliegendes Wertpapier erworben haben, und dass keine ausreichende Diversifizierung vorlag.

6.1. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 erster Satz ABGB beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem dem Geschädigten sowohl der Schaden und die Person des Schädigers als auch die Schadensursache bekanntgeworden ist (RIS‑Justiz RS0034951, RS0034374). Es kommt entscheidend darauf an, wann der Geschädigte die für eine erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann (RIS‑Justiz RS0034327). Dabei sind jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalls maßgeblich (RIS‑Justiz RS0034327, RS0113916).

6.2. Im Zuge des Ankaufs von Wertpapieren oder Veranlagungen kann die Kursentwicklung einen Indikator für die vom Anleger unerwünschte Risikoträchtigkeit einer Anlageform und für eine Fehlberatung abgeben. Einem Anleger, der davon ausgeht, dass die ihm vermittelte Anlageform keinem Kursrisiko unterliegt, muss ein Irrtum in dem Moment bewusst werden, in dem ihm bekannt wird, dass sein Anlageprodukt eine negative Kursentwicklung nimmt. Eindeutiges Indiz für den Anleger sind an ihn gerichtete Depotstands‑ oder Kontostandsauszüge und Mitteilungen zum Beispiel des Emittenten oder des Beraters. Ist dem Anleger aus derartigen Unterlagen ein aktueller Wertverlust erkennbar, muss ihm auch klar sein, dass er entgegen der ihm erteilten Beratung sein Geld für ein Kursschwankungen unterworfenes Wertpapier ausgegeben hat. Auf Grund der Kenntnis des Kursverlusts liegt somit die Kenntnis der falschen Risikoklasse und des Beratungsfehlers auf der Hand (7 Ob 198/13p; 10 Ob 39/11z).

6.3. Versuchen von Anlageberatern, nach Kursverlusten nervös gewordene Anleger zu beschwichtigen, kann in zweifacher Hinsicht Bedeutung zukommen. Sie können die Erkennbarkeit des Schadenseintritts und damit den Beginn der Verjährungsfrist hinausschieben oder dazu führen, dass dem Verjährungseinwand des Schädigers die Replik der Arglist entgegen gehalten werden kann (RIS‑Justiz RS0034951 [T33]).

6.4. Nach den getroffenen Feststellungen fiel der Klägerin und ihrem Ehegatten der drastische Wertverlust der Immobilienaktien auf, als die Klägerin spätestens im März 2008 den Depotauszug für das Kalenderjahr 2007 erhielt. Ihnen beiden wurde zu diesem Zeitpunkt klar, dass sie in volatile Wertpapiere investiert hatten und nicht in ein sicheres Produkt, bei dem man jedenfalls das investierte Kapital wieder zurückbekommt. Daraus folgt, dass die Verjährungsfrist im Zusammenhang mit dem Erwerb volatiler Wertpapiere im März 2008 zu laufen begann, kommt doch vor dem Hintergrund dieser Feststellungen der Auskunft des Anlageberaters, die Aktien seien unterbewertet und sie sollten diese behalten, weil sie im Wert wieder steigen würden, keine die Erkennbarkeit des Schadenseintritts hinausschiebende Wirkung zu. Vielmehr wurde dadurch nur die Hoffnung der Klägerin und ihres Ehegatten genährt, dass vielleicht bei guter Kursentwicklung der eingetretene Schaden verringert werden könnte; dass sie darauf vertraut haben, steht auch nicht fest.

6.5. Aus der Feststellung, dass die Klägerin und ihr Ehegatte sowie der Anlageberater eine Investition in Immobilienaktien für eine sichere Anlageform hielten, weshalb man auf eine Streuung der Anlage in andere Asset‑Klassen verzichtete, folgt zwingend ‑ im Gegensatz zur Rechtsmeinung des Berufungsgerichts ‑, dass der Klägerin und ihrem Ehegatten mit dem Erkennen des Erwerbs volatiler Wertpapiere im März 2008 auch die Problematik der fehlenden Streuung zur Kenntnis gelangte. Damit hatten sie auch in diesem Zusammenhang Kenntnis vom objektiven ‑ die Haftung des Vermögensberaters begründenden ‑ Sachverhalt, sodass auch insofern die Verjährungsfrist zu laufen begann, weil es auf die erforderlichen Rechtskenntnisse oder auf die richtige rechtliche Qualifikation des ‑ bekannten - Sachverhalts für die Ingangsetzung der Verjährungsfrist nicht ankommt (RIS‑Justiz RS0034524 [T57]).

6.6. Daher waren im Zeitpunkt der Klagseinbringung im Vorprozess am 15. 9. 2011 die Schadenersatzansprüche der Klägerin und ihres Ehegatten insgesamt verjährt. Dies wäre aber bei einer im Lauf des Jahres 2010 für die Beklagten leicht möglichen (vgl die bereits am 15. 9. 2011 erfolgte Klagseinbringung in Sachen „Conwert“ und „ECO“ nach dem Gesprächstermin vom 30. 8. 2011) Klagsführung nicht der Fall gewesen. Zu einem entsprechenden Vorgehen wären sie - wie oben bereits ausgeführt - auf Grund der Übersendung der gesamten Unterlagen und des an sie von der Klägerin mit E‑Mail vom 29. 7. 2010 unzweifelhaft herangetragenen Wunsches zur Klagsführung mangels Ablehnung der Übernahme des Mandats auch verpflichtet gewesen. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die Beklagten grundsätzlich für sämtliche Schäden, die durch das verspätete Einbringen der Klage verursacht wurden, verantwortlich sind. Auf die unzulängliche Beratung im Zusammenhang mit der Frage, ob Berufung erhoben werden soll, kommt es mangels Kausalität nicht an.

7. Damit ist auf die Fragen des Mitverschuldens und der Verstöße gegen die Schadenminderungspflicht einzugehen:

7.1. Darin, dass die Klägerin und ihr Ehegatte vor ihrer jeweiligen Veranlagungsentscheidung die Risikohinweise nicht gelesen haben, könnte ein nach § 1304 ABGB zu berücksichtigendes Mitverschulden zu erblicken sein (RIS‑Justiz RS0102779 [T6, T7]). Dabei ist auf Grund der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, ob ein Mitverschulden eines Anlegers im Vergleich zu einer groben Fehlbeurteilung seines Beraters in den Hintergrund rückt (RIS‑Justiz RS0102779 [T8]).

Der Anlageberater versicherte der Klägerin und ihrem Ehegatten nach ihren zu den Schwankungen von Aktien geäußerten Bedenken, dass dies bei Immobilienaktien anders sei, weil Immobilien als fixe Werte dahinter stünden, die im Wert immer steigen würden, wobei er die Investition in Immobilienaktien mit dem Kauf einer Wohnung zur Ertragserzielung verglich. Es entspricht dem objektiven Erklärungswert, dass sie seine Äußerung so verstanden, es handle sich „quasi um kapitalgarantierte Produkte“. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass ein Verschulden der Klägerin und ihres Ehegatten im Vergleich zur groben Fehlberatung ihres Anlageberaters zurücktritt, zumal sie gerade auf Grund ihrer Bedenken gezielt zusätzliche Informationen von ihrem Anlageberater einholten, denen sie schließlich vertrauten. Ein im Nichtlesen der Risikohinweise zu berücksichtigendes Mitverschulden der Klägerin und ihres Ehegatten liegt nicht vor.

7.2. Hat der Geschädigte infolge pflichtwidriger Anlageberatung nicht die gewünschten risikolosen, sondern risikoträchtige Wertpapiere erworben, so kann der Schädiger dem Anleger den Einwand der Schadenminderungspflicht bei Verkauf oder Behalten der Wertpapiere nur dann entgegenhalten, wenn die Verkaufs- oder Behalteobliegenheit dem Anleger zumutbar war. Da im Regelfall die Kursentwicklung keine sicheren Schlüsse des einzelnen Anlegers auf Unternehmenswert und objektiven Wert seiner Beteiligung zulässt, wird eine schuldhafte Verletzung der Verkaufs- oder Behalteobliegenheit des Anlegers nur in besonderen Fallkonstellationen zu bejahen sein (RIS‑Justiz RS0120785). Das Vorliegen einer besonderen Fallkonstellation wird weder in der Revision behauptet noch geht eine solche aus den Urteilsfeststellungen hervor. Damit kann der Klägerin und ihrem Ehegatten kein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht angelastet werden.

7.3. Damit sind die Beklagten auch für die vom Rechtsschutzversicherer getragenen Prozesskosten, die zunächst gemäß § 67 Abs 1 VersVG auf ihn übergegangen sind (vgl RIS‑Justiz RS0081342) und von ihm an die Klägerin rückabgetreten wurden, einstandspflichtig. Ein von den Revisionswerbern in diesem Zusammenhang behaupteter nicht ersatzfähiger Drittschaden liegt schon deshalb nicht vor, weil es sich inhaltlich um einen aus der Verletzung des mit den Beklagten abgeschlossenen Bevollmächtigungsvertrags resultierenden Schadenersatzanspruch der Klägerin handelt.

8. Insgesamt folgt daraus, dass die Beklagten für den Schadenseintritt die Alleinverantwortung tragen. Der Revision der Beklagten ist daher ein Erfolg zu versagen.

9. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 3 ZPO.

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