European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0070OB00128.24K.0923.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 751,92 EUR (darin enthalten 125,32 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Die Revision ist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruchs des Berufungsgerichts – nicht zulässig, sie kann keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen. Die Begründung kann sich daher auf die Anführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
[2] 1.1. Die zu 10 Ob 27/23b grundsätzlich postulierte Ermittlung des Ersatzanspruchs nach den primär heranzuziehenden unionsrechtlichen Anforderungen der Ersatzleistung in Höhe von 5 % bis 15 % wurde mehrfach und von verschiedenen Senaten bestätigt (10 Ob 46/23x; 9 Ob 2/23v; 8 Ob 88/22g; 3 Ob 203/23h; 5 Ob 33/24z; 5 Ob 83/24b). Bereits zu 10 Ob 27/23b wies der 10. Senat aber darauf hin, dass bei Feststellbarkeit des Minderwerts des angekauften Fahrzeugs im Ankaufszeitpunkt jener zu ersetzen ist. Nur wenn dies nicht der Fall ist, ist auf die Ausmittlung nach § 273 Abs 1 ZPO in der genannten Bandbreite von 5 % bis 15 % zurückzugreifen. Zu 8 Ob 109/23x hielt der 8. Senat fest, dass der festgestellte Minderwert im Zeitpunkt des Ankaufs des Fahrzeugs (dort 20 %) zu ersetzen ist. Auch der 5. Senat folgte jüngst (5 Ob 33/24z) dieser Auffassung (selbst wenn die dort getroffene Feststellung nicht als Feststellung eines Minderwerts des konkreten Fahrzeugs gewertet wurde). Zu 10 Ob 46/23x führte der 10. Senat aus, es bedürfe konkreter Feststellungen zu einer allfälligen Wertdifferenz im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses und ließ die Feststellungen, wie sich „durchschnittliche“ oder „nicht durchschnittliche“ Käufer bei Kenntnis vom Vorliegen einer Abschalteinrichtung verhalten würden, nicht genügen.
[3] 1.2. Die Auslegung der Urteilsfeststellungen im Einzelfall ist regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RS0118891). Die hier getroffenen Feststellungen sind den der Entscheidung 5 Ob 61/24t zugrunde liegenden ähnlich (vgl auch 8 Ob 109/23x; 8 Ob 70/23m; 4 Ob 27/24k). Wenn das Berufungsgericht daher die Feststellungen des Erstgerichts dahin interpretierte, dass im Zeitpunkt des Ankaufs des Fahrzeugs der Minderwert explizit 30 % betrug, hält sich dies im Rahmen des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums.
[4] 2.1. Die Beklagte meint, der Nutzungsvorteil des Klägers (Benützungsentgelt für die gefahrenen Kilometer) sei auch beim „kleinen Schadenersatz“ auf dessen Ersatzanspruch als Vorteil anzurechnen.
[5] 2.2. Zu 3 Ob 203/23h hielt der Oberste Gerichtshof in einem Fall, in dem der Fahrzeughalter ebenfalls „kleinen Schadenersatz“ in Höhe von 30 % des Kaufpreises als Minderwert begehrt hatte, dem Einwand der Vorteilsanrechnung die ständige Rechtsprechung entgegen, dass dies voraussetzen würde, dass das schädigende Ereignis nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge auch einen Vorteil im Vermögen des Geschädigten verursacht hat. Es muss sich um einen zeitlich und sachlich kongruenten Vorteil handeln, der durch das pflichtwidrige Handeln entsteht oder wenigstens im selben Tatsachenkomplex wurzelt (so bereits 5 Ob 100/22z). Die Vorteilsanrechnung setzt daher im Regelfall eine subjektiv‑konkrete Schadensberechnung voraus, weil es bei objektiv‑abstrakter Berechnung unerheblich ist, ob der Geschädigte die Sache nach Eintritt des Schadens veräußert und welchen Erlös er dadurch erzielt hat (4 Ob 3/19y mwN). Bei objektiv‑abstrakter Schadensberechnung ist ein Vorteil nur dann anrechenbar, wenn er am beschädigten Gut selbst entstanden ist (5 Ob 100/22z).
[6] 2.3. Dass die Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger bis zum Weiterverkauf und ein Weiterverkauf an sich nichts (mehr) an dem objektiv bereits bei Kaufvertragsabschluss eingetretenen Schaden des Klägers ändern konnte, ist für die österreichische Rechtslage durch die höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt (vgl insb 5 Ob 33/24z; 5 Ob 83/24b). Die von der Beklagten herangezogene – zum deutschen Recht – ergangene Entscheidung, BGH VIa ZR100/21, ist nicht relevant.
[7] 3. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).
[8] 4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO; der Kläger hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.
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