OGH 10Ob46/23x

OGH10Ob46/23x16.1.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Faber und die Hofräte Mag. Schober, Dr. Thunhart und Dr. Annerl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. M*, vertreten durch die Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagte Partei V*, Deutschland, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 5.097 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Berufungsgericht vom 23. August 2023, GZ 1 R 9/23p‑42, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Zwettl vom 22. November 2022, GZ 1 C 361/20s‑38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0100OB00046.23X.0116.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung – einschließlich des bestätigten Teils – insgesamt lautet:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 1.699 EUR samt 4 % Zinsen seit 15. Juli 2020 zu zahlen.

2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen weitere 3.398 EUR samt 4 % Zinsen seit 15. Juli 2020 zu zahlen, wird abgewiesen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 7.544,78 EUR bestimmten Prozesskosten (darin 506,30 EUR USt und 4.507 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 702,86 EUR (darin 91,48 EUR USt und 154 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 681,17 EUR (darin 75,53 EUR USt und 228 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin erwarb am 10. Oktober 2013 einen von der Beklagten produzierten Pkw Audi A4 Avant 2,0 TDI PDF, Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) *, als Gebrauchtwagen (Kilometerstand ca 94.000 km) um 16.990 EUR (Verkäuferin war nicht die Beklagte). Die Erstzulassung dieses Fahrzeugs erfolgte am 15. Dezember 2009. Im Jahr 2019 veräußerte die Klägerin das Kraftfahrzeug mit einer Laufleistung von rund 216.000 km an eine Privatperson um 6.300 EUR; den potentiellen Käufern legte die Klägerin die Betroffenheit des Fahrzeugs von der Dieselabgasthematik offen.

[2] Dieses Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor vom Typ EA189 ausgestattet, bei dem vor dem Software-Update eine sogenannte „Umschaltlogik“ verbaut war, die im Verfahren zur Ermittlung der Fahrzeugemissionen am Rollenprüfstand (NEFZ) in einen besonderen Modus umschaltete, in dem die Wirksamkeit des Abgasrückführungssystems in Bezug auf NOx‑Emissionen gegenüber dem normalen Fahrbetrieb verstärkt wurde.

[3] Sowohl vor als auch nach Durchführung des Software-Updates war bzw ist ein „Thermofenster“ verbaut, das außerhalb des Temperaturbereichs von 15 bis 33 Grad Celsius eine Korrektur der Abgasrückführungsrate über die Frischluftzufuhr vornimmt, wodurch bei diesen beiden Temperaturbereichen (unter 15 bzw über 33 Grad Celsius) die Wirksamkeit des Abgasrückführungssystems verringert wird. In Österreich liegen die täglichen Tiefstwerte der Lufttemperatur nur selten im Jahr zwischen 15 und 33 Grad Celsius; die täglichen Höchstwerte liegen während etwa der Hälfte der Jahreszeit im genannten Temperaturbereich.

[4] Ein durchschnittlicher Käufer eines Kraftfahrzeugs wird grundsätzlich kein Kraftfahrzeug erwerben, von dem er konkret annehmen muss, dass diesem in der Zukunft etwa aufgrund einer bekannten unzulässigen Abschalteinrichtung die Zulassung entzogen wird. Ein nicht-durchschnittlicher Käufer, der somit ein ebensolches Kraftfahrzeug erwerben würde, ließe sich dieses Risiko mit einem Nachlass von 10 % bis 30 % ablösen. Der Abgasskandaleffekt hat sich zwischenzeitig beruhigt und ist im gewerblichen Fahrzeughandel vernachlässigbar. Somit hat der Umstand, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug von der Dieselabgasthematik betroffen ist und an diesem ein Software‑Update durchgeführt wurde, keinen relevanten Einfluss im Sinne einer Veränderung auf dessen Gebrauchtwagenwert.

[5] Die Klägerin begehrt von der Beklagten 5.097 EUR sA und stützt sich dazu auf Schutzgesetzverletzung, arglistige Täuschung und Betrug, absichtliche sittenwidrige Schädigung, Garantie und unlautere Geschäftspraxis. Die Beklagte habe vorsätzlich Fahrzeuge mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Verkehr gebracht und dabei die Schädigung von Fahrzeugerwerbern in Kauf genommen. Die Beklagte habe durch die Übergabe des Datenauszugs (als Ersatz für die Übereinstimmungsbescheinigung) zugesichert, dass das Fahrzeug dem genehmigten Typ entspreche. Die Klägerin habe das Fahrzeug in der Annahme erworben, dass es den gesetzlichen Bestimmungen entspreche. Bei Kenntnis der wahren Umstände hätte sie für das Fahrzeug um den eingeklagten Betrag weniger gezahlt. Der Minderwert sei nach der relativen Berechnungsmethode zum Kaufzeitpunkt zu berechnen und bleibe trotz des durchgeführten Software-Updates bestehen.

[6] Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie sei am Abschluss des Kaufvertrags nicht beteiligt gewesen und sie habe auch keine bewusst unrichtigen Angaben gemacht. Die EG‑Typengenehmigung sei nach wie vor wirksam und auch ein Entzug der Zulassung sei nicht zu befürchten. Die technische Maßnahme sei beim Fahrzeug durchgeführt worden und erfolgreich gewesen, sodass ein etwaiger Mangel oder Schaden jedenfalls beseitigt sei. Das Thermofenster sei von den zuständigen Behörden als zulässig eingestuft worden. Eine Wertminderung sei durch die Thematik nicht eingetreten.

[7] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Kraftfahrzeug verfüge aufgrund der Durchführung der entsprechenden behördlich angeordneten technischen Maßnahme weiterhin über eine aufrechte Typengenehmigung. Daher sei die „Umschaltlogik“, die zwischen einem normalen Fahrbetrieb und einem optimierten Betrieb im Zuge der Durchfahrung des NEFZ in Bezug auf die Abgasreinigung unterschieden habe, beseitigt. Beim Thermofenster handle es sich im Gegensatz zur „Schummelsoftware“ um nichts Geheimes, sondern um eine allseits bekannte und zulässige technische Maßnahme. Insgesamt sei kein Wertverlust oder Minderwert am Gebrauchtwagenmarkt eingetreten.

[8] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Eine „Umschaltlogik“ mit Prüfstandserkennung sei eine unzulässige Abschalteinrichtung. Ein „Thermofenster“ sei nur dann zulässig, wenn es nicht verhindere, dass unter normalen Betriebsbedingungen den überwiegenden Teil des Jahres die Emissionsgrenzwerte eingehalten werden. Beide Abschalteinrichtungen seien somit unzulässig. Der Schadenersatzanspruch des Käufers gegen den Hersteller des Fahrzeugs beruhe auf der Übereinstimmungsbescheinigung. Dabei handle es sich um eine Verletzung eines Schutzgesetzes, wobei das Verhalten der Beklagten hinsichtlich der „Umschaltlogik“ zumindest fahrlässig gewesen sei. Das Thermofenster könne nur im Zusammenhang mit einer Schadensbeseitigung eine Rolle spielen. Daran, dass diese misslungen sei, ändere auch fehlendes Verschulden der Beklagten nichts. Das Erstgericht habe zwar keine Feststellungen zu einer Wertdifferenz im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses getroffen und die Feststellungen zum Verhalten „durchschnittlicher“ und „nicht-durchschnittlicher“ Käufer ließen keine Rückschlüsse auf die Marktwerte des Fahrzeugs im mangelhaften und im mangelfreien Zustand zu, doch komme es darauf nicht an, weil feststehe, dass die Betroffenheit des Fahrzeugs von der Dieselabgasthematik keinen Einfluss auf dessen Gebrauchtwagenwert habe. Eine allenfalls im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehende Wertminderung habe sich nicht realisiert, sodass ein rechnerischer Schaden nicht vorliege. Die Revision ließ das Berufungsgericht zu.

[9] Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn einer Stattgabe des Klagebegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[10] Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Zurückweisung der Revision, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[11] Die Revision ist zulässig und teilweise berechtigt.

[12] 1.1. Die Vorinstanzen gingen auf Tatsachenebene – entsprechend dem Vorbringen der Klägerin und in Abweichung von den erstinstanzlichen Tatsachenbehauptungen der Beklagten – übereinstimmend davon aus, dass das streitgegenständliche Fahrzeug von der Beklagten hergestellt wurde. Diese Tatsachenannahme wurde von der Beklagten in der Berufungsbeantwortung nicht bekämpft und sie zieht sie auch in der Revisionsbeantwortung nicht in Zweifel. Die Beklagte muss sich daher als Herstellerin im Sinn des hier noch anwendbaren (Art 88 VO 2018/858/EU ) Art 3 Z 27 RL 2007/46/EG und Adressatin der Pflicht zur Ausstellung der Übereinstimmungsbescheinigung (Art 18 Abs 1 RL 2007/46/EG ) behandeln lassen.

[13] 1.2. Die Beklagte wendet sich überdies auch nicht gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, nach der der Beklagten bei der Zusicherung in der Übereinstimmungsbescheinigung trotz Vorhandenseins einer unzulässigen „Umschaltlogik“ zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen gewesen sei und die Schadensbeseitigung durch das Software-Update infolge des weiteren Bestehens einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form eines „Thermofensters“ misslungen sei, woran auch ein fehlendes Verschulden nichts ändern würde.

[14] 1.3. Insofern entspricht die – von den Streitteilen im Revisionsverfahren nicht bekämpfte – Beurteilung des Berufungsgerichts der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Abgasthematik (10 Ob 27/23b). Im vorliegenden Fall ist somit von der Haftung der Beklagten dem Grunde nach aufgrund der Verletzung der unionsrechtlichen Schutzgesetze auszugehen.

[15] 2. Das Berufungsgericht gelangte zur Abweisung des Klagebegehrens deswegen, weil es den Eintritt eines rechnerischen Schadens verneinte. Insofern weicht die Entscheidung des Berufungsgerichts jedoch von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Obersten Gerichtshofs ab.

[16] 2.1. Der Erwerber eines Fahrzeugs, der dieses – wie die Klägerin im vorliegenden Fall – bei Kenntnis des Vorliegens einer unzulässigen Abschalteinrichtung nach Art 5 Abs 2 VO 715/2007/EG nicht erworben hätte, kann den Minderwert des Fahrzeugs geltend machen (RS0134498). Die nachteilige Folge liegt dabei nach den unionsrechtlichen Vorgaben darin, dass durch die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung die Gültigkeit der EG‑Typengenehmigung und daran anschließend die der Übereinstimmungsbescheinigung in Frage gestellt werden, was wiederum (unter anderem) zu einer Unsicherheit über die Nutzungsmöglichkeit (Anmeldung, Verkauf oder Inbetriebnahme des Fahrzeugs) und „letztlich“ zu einem Schaden führen kann (EuGH C‑100/21 , QB gegen Mercedes‑Benz Group AG, Rn 84). Der EuGH bejaht damit abschließend den Eintritt eines objektiv‑abstrakt zu ermittelnden Schadens allein aufgrund des Kaufvertrags (10 Ob 27/23b Rz 25; Maderbacher, Angemessener Schadenersatz in Abgasfällen, VbR 2023/63, 77). Im Fall des Erwerbs eines mit einer im Sinn des Art 5 VO 715/2007/EG unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs liegt das – den unionsrechtlichen Vorgaben entsprechend einen Schaden im Sinn des § 1293 ABGB bildende – geringere rechtliche Interesse in der (objektiv) eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit (Endurteil vom 25. April 2023 zu 10 Ob 2/23a Rz 22).

[17] 2.2. Bei der Ermittlung des Ersatzanspruchs der Höhe nach sind primär die unionsrechtlichen Anforderungen an die Ersatzleistung zu beachten: Aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben, wonach die Sanktionen für Verstöße gegen die Vorschriften der VO 715/2007/EG wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen und nationale Vorschriften dem Erwerber die Erlangung eines angemessenen Schadenersatzes nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (EuGH C‑100/21 , QB gegen Mercedes‑Benz Group AG, Rn 90, 93), ist jedenfalls ein angemessener Schadenersatzbetrag zu gewähren, der primär nach unionsrechtlichen Anforderungen im Sinn des § 273 Abs 1 ZPO – selbst mit Übergehung eines von einer Partei angebotenen (etwa: Sachverständigen-)Beweises – innerhalb einer Bandbreite von 5 % (aus Gründen unionsrechtlicher Effektivität als Untergrenze) und 15 % (aus Gründen unionsrechtlicher Verhältnismäßigkeit als Obergrenze) des Kaufpreises festzusetzen ist (10 Ob 27/23b Rz 39 ff; BGH 26. Juni 2023, VIa ZR 335/21 Rn 73 ff). Stünde das Nichtvorliegen eines Minderwerts fest oder wäre dies unstrittig, wäre dies ein Grund dafür, den zu zahlenden Betrag im unteren Bereich der Bandbreite festzusetzen (10 Ob 27/23b Rz 42).

[18] 2.3. Nach diesen Grundsätzen kommt die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens nicht in Betracht.

[19] Wie das Berufungsgericht an sich richtig ausführt, hat das Erstgericht zu einer allfälligen Wertdifferenz im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses keine Feststellung getroffen. Wie sich „durchschnittliche“ oder „nicht-durchschnittliche“ Käufer verhalten, lässt – entgegen der offenbaren Rechtsansicht der Klägerin – nicht auf die Marktwerte des Fahrzeugs im mangelhaften und im mangelfreien Zustand schließen. Die weiteren Feststellungen, wonach sich der „Abgasskandaleffekt“ „zwischenzeitig beruhigt“ hat, im gewerblichen Fahrzeughandel vernachlässigbar ist und keinen relevanten Einfluss auf den Gebrauchtwagenwert im Sinn seiner Veränderung hat, stellen nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags ab, sodass das Vorliegen eines Minderwerts im maßgeblichen Zeitpunkt letztlich offen bleibt.

[20] Der Ersatzbetrag ist somit – aufgrund der dargelegten unionsrechtlichen Vorgaben innerhalb der genannten Bandbreite – mit 10 % des Kaufpreises festzusetzen.

[21] 3. Die von den Parteien im Revisionsverfahren dagegen ins Treffen geführten Argumente sind nicht stichhaltig.

[22] 3.1. Zur konkreten Höhe des festzusetzenden Ersatzbetrags beschränkt sich die Revision der Klägerin auf den Hinweis, erst- und zweitinstanzliche Gerichte würden 10 % bis 30 % des Kaufpreises zusprechen. Welche Umstände für den geltend gemachten Betrag (von 30 % des Kaufpreises) sprechen könnten, legt die Klägerin hingegen nicht konkret dar, sodass es genügt auf die genannte Bandbreite zu verweisen.

[23] 3.2. Die Beklagte vertritt in der Revisionsbeantwortung – unter Berufung auf die Rechtsprechung des BGH (VIa ZR 335/21 Rz 80) – den Standpunkt, dass der mit dem Erwerb des Fahrzeugs verbundene Vorteil anzurechnen sei, weil die Klägerin das Fahrzeug ca sechs Jahre lang uneingeschränkt nutzen und sodann zu einem angemessenen Preis weiterverkaufen habe können. Ein allfälliger Vorteilsausgleich hat nicht von Amts wegen zu erfolgen, sondern nur über Einwendung des Schädigers, den für seine Voraussetzungen die Behauptungslast und Beweislast trifft (RS0036710). Dass die in der Revisionsbeantwortung genannten Umstände im Rahmen eines Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen wären, wurde von der Beklagten im Verfahren erster Instanz aber nicht eingewendet, sodass darauf schon wegen des Neuerungsverbots nicht weiter einzugehen ist.

[24] Soweit die Beklagte (nur) die Berücksichtigung einer allfälligen Aufwertung des Fahrzeugs durch die „technische Maßnahme“, die der Beseitigung der Prüfstandserkennungssoftware gedient habe, im Rahmen der Vorteilsausgleichung forderte, genügt der Hinweis, dass das Software‑Update schon deswegen keinen gegenüber dem Schadenersatzanspruch der Klägerin anrechenbaren Vorteil darstellen kann, weil eine unzulässige Abschalteinrichtung weiterhin besteht.

[25] 4.1. Der Revision der Klägerin war somit teilweise Folge zu geben und der Klägerin in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen 10 % des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises zuzusprechen. Das Zinsenbegehren wurde nicht substantiiert bestritten.

[26] 4.2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 1 und 2 ZPO, hinsichtlich des Berufungs- und des Revisionsverfahrens iVm § 50 ZPO. Zu den Ermessensentscheidungen zählen auch Fälle, in denen die Höhe der Klagsforderung nach § 273 ZPO geschätzt wird (Obermaier, Kostenhandbuch3 Rz 1.180), wobei im vorliegenden Fall zu berücksichtigen ist, dass das (überwiegende) Unterliegen für die Klägerin erst aufgrund der nach Einbringung der Revision veröffentlichten Rechtsprechung bekannt sein konnte und die Überklagung – auch angesichts entsprechender Zusprüche durch erst- und zweitinstanzliche Entscheidungen – noch nicht als erkennbare und offenbare Überforderung außerhalb jeder vernünftigen Überlegung qualifiziert werden musste (RS0035993). Bei Anwendung des § 43 Abs 2 ZPO ist dem Kostenzuspruch als Bemessungsgrundlage (hinsichtlich Verdienst, Einheitssatz und Gerichtsgebühren) nicht der ursprünglich begehrte, sondern nur der ersiegte Betrag zugrunde zu legen (RS0116722).

[27] Entsprechend den Einwendungen der Beklagten steht für die Klage nur der einfache Einheitssatz zu (kein Fall des § 23 Abs 6 RATG) und gebührt für den (in zwei Teilen eingebrachten) vorbereitenden Schriftsatz vom 29. Juli 2020 der ERV-Zuschlag nach § 23a RATG nur einmal; anstatt der verzeichneten Kostenvorschüsse sind nur die dem Sachverständigen tatsächlich angewiesenen Beträge zu berücksichtigen.

[28] In Berufungsverfahren, in denen keine Beweise aufgenommen oder keine sonstigen Ergänzungen des Verfahrens vorgenommen werden, ist für die Berufung der darauf entfallende Teil des Einheitssatzes (nur) dreifach zuzusprechen (§ 23 Abs 9 RATG).

[29] Der erhöhte ERV‑Zuschlag gemäß § 23a RATG gebührt nur für verfahrenseinleitende, nicht jedoch für fortgesetzte Schriftsätze, unter denen auch Rechtsmittel zu verstehen sind (RS0126594).

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