OGH 6Ob263/01x

OGH6Ob263/01x29.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der antragstellenden Partei Silvia K*****, vertreten durch Dr. Georg Grießer ua Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Firma I*****, Inhaberin Maria M*****, 2. Jutta B*****, und 3. Katharina B*****, wegen Anmerkung einer Anfechtungsmitteilung gemäß § 9 AnfO im Grundbuch, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. August 2001, GZ 47 R 661/01f-5, womit über den Rekurs der Antragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichtes Döbling vom 28. Mai 2001, GZ 17 Nc 4/01m-2, teilweise aufgehoben und teilweise bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin teilte mit dem am 23. 5. 2001 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz gemäß § 9 Abs 1 AnfO ihre Absicht mit, den zwischen den Antragsgegnern über eine Liegenschaft der Erstantragsgegnerin am 22. 12. 2000 abgeschlossenen Schenkungsvertrag anfechten zu wollen. Die Geschenknehmer seien die Tochter und das Enkelkind der Erstantragsgegnerin (der Inhaberin des Unternehmens). Diese sei von der Antragstellerin auf Zahlung von 895.812,70 S aus einem Arbeitsverhältnis geklagt worden. Die Antragstellerin beantragte, die Anfechtungsmitteilung den Antragsgegnern zuzustellen und die erklärte Anfechtungsabsicht im Grundbuch der Liegenschaft anzumerken.

Das Erstgericht wies die gestellten Anträge ab. Die Antragstellerin könne die Schenkung wegen Benachteiligungsabsicht anfechten. Es bestehe keine gesetzliche Möglichkeit, die Anfechtungsabsicht im Grundbuch anzumerken. Es sei auch nicht vorgesehen, dass das Gericht die Ausfertigung eines solchen Antrages zustelle.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin teilweise Folge. Es hob die Abweisung des Zustellungsantrages auf, trug dem Erstgericht die Zustellung des Antrags gemäß § 9 Abs 2 AnfO auf und bestätigte im Übrigen die Abweisung des Antrages auf Anmerkung im Grundbuch. Zu Letzterem führte es im Wesentlichen Folgendes aus:

Eine Anfechtungsklage könne gemäß § 20 Abs 1 AnfO im Grundbuch angemerkt werden. Die Anmerkung sichere die Wirksamkeit des über die Anfechtungsklage ergangenen Urteils gegenüber späteren Rechtserwerbern. § 9 AnfO ermögliche dem Gläubiger einer fälligen, aber noch nicht vollstreckbaren Forderung den Ablauf der Anfechtungsfrist durch eine förmliche Mitteilung seiner Anfechtungsabsicht bis zum Ende des sechsten Monats seit dem Eintritt der Vollstreckbarkeit der Forderung zu hemmen. Diese Wirkung erstrecke sich nur auf den Gläubiger und dessen Rechtsnachfolger sowie auf den Masseverwalter, auf den die Anfechtungsbefugnis infolge Konkurseröffnung übergehe. Mit der Anmerkung einer Anfechtungsklage werde sichergestellt, dass das über die Anfechtungsklage ergehende Urteil auch gegenüber späteren Rechtserwerbern wirksam sei. Demgegenüber diene die Anfechtungsmitteilung lediglich der Sicherung der Erhebung einer späteren Anfechtungsklage, ohne deren Wirkungen vorwegnehmen zu können. Es könne daher auch nicht im Wege der Analogie die mitgeteilte Anfechtungsabsicht im Grundbuch angemerkt werden. Ein Teil der Lehre (König, JBl 1995, 671) gehe allerdings davon aus, dass die Anfechtungsmitteilung bücherlich angemerkt werden könne, um dem Anfechtungsgläubiger gegen Machinationen des Anfechtungsgegners wirksam Schutz bieten zu können. Mit der erst durch das BGBl 1968/240 eingeführten Möglichkeit der Anfechtungsmitteilung für den Fall noch mangelnder Vollstreckbarkeit einer fälligen Forderung und mit der dem Anfechtungsgläubiger auferlegten Verpflichtung zur gehörigen Rechtsverfolgung (§ 1497 ABGB) sei die Rechtslage vor der Novelle gestrafft worden. Das Rekursgericht sprach aus, dass im Hinblick auf diese Lehrmeinung der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Mit ihrem ordentlichen Revisionsrekurs beantragt die Antragstellerin die Abänderung dahin, dass ihrem Antrag auf bücherliche Anmerkung der Anfechtungsmitteilung stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Gemäß § 20 Abs 1 AnfO kann der Anfechtungsberechtigte, der die Anfechtung mit Klage geltend macht, beim Prozeßgericht um die Anmerkung der Klage bei den bücherlichen Einlagen ansuchen, bei denen die Durchführung des Anfechtungsanspruches Eintragungen erfordert; diese Anmerkung hat zur Folge, dass das Urteil über die Anfechtungsklage auch gegen Personen wirkt, die nach der Anmerkung bücherliche Rechte erworben haben (§ 20 Abs 2 AnfO). Diese Anmerkung soll daher die Wirksamkeit des über die Anfechtungsklage ergangenen Urteils gegenüber späteren Rechtserwerbern sichern.

§ 9 AnfO ermöglicht dem Gläubiger einer fälligen, aber noch nicht vollstreckbaren Forderung, den Ablauf der Anfechtungsfrist durch eine förmliche Mitteilung seiner Anfechtungsabsicht bis zum Ende des sechsten Monats seit dem Eintritt der Vollstreckbarkeit der Forderung zu hemmen. Diese Wirkung erstreckt sich nur auf den Gläubiger und dessen Rechtsnachfolger sowie auf den Masseverwalter, auf den die Anfechtungsbefugnis infolge Eröffnung des Konkurses über den Schuldner übergeht (Bartsch/Pollak II3 Anm 13 zu § 9 AnfO). Die Anfechtungsankündigung dient daher nur der Sicherung der Anfechtungsklage, kann aber ihre Wirkungen nicht vorwegnehmen. Deshalb wird in Lehre und Rechtsprechung (Ehrenzweig, AnfO3 505; Bartsch/Pollak aaO; Mohr KO9 E 5. zu § 9 AnfO; GlUNF 7474 = ZBl 1916/355 uva) die Zulässigkeit der grundbücherlichen Anmerkung der bloßen Anfechtungsmitteilung abgelehnt (weitere Nachweise bei Langer, Die Anfechtungsmitteilung nach § 9 AnfO, ZIK 1997, 170 [175 FN 52]).

Die Entscheidung 7 Ob 501/95 = JBl 1995, 671 [König] = ZIK 1995, 162

= ÖBA 1995, 993) betonte, dass der unterschiedliche Zweck und die

unterschiedlichen Wirkungen der Anfechtungsmitteilung und der Anfechtungsklage es nicht gestatteten, die bloße Anfechtungsmitteilung - wie die Anfechtungsklage - gemäß § 20 AnfO im Grundbuch anzumerken. Dass § 20 AnfO lediglich die grundbücherliche Anmerkung einer Anfechtungsklage vorsehe, könne daher nicht als - durch Analogie schließbare - Lücke im Gesetz angesehen werden.

Die Revisionsrekurswerberin beruft sich auf die von König (Entscheidungsanmerkung aaO) vertretene Ansicht, dass aus der Verpflichtung des Anfechtungsgläubigers, das Verfahren gegen den Anfechtungsgegner gehörig fortzusetzen, nur geschlossen werden könne, dass dem Anfechtungsgläubiger auch eine entsprechende Möglichkeit der weiteren Rechtsverfolgung und ein entsprechender Schutz für diese Rechtsverfolgung geboten werde. Dieser Absicht liefe die Versagung einer gegen jeden Erwerber wirkenden Anmerkung im Grundbuch zuwider, weil die durch die Mitteilung gem § 9 AnfO ausgedehnte Anfechtungsmöglichkeit dann gleichsam wirkungslos "verpuffen" würde. Es handle sich daher hinsichtlich der "Wirkungsmöglichkeit" der Anfechtungsmitteilung um eine unechte Gesetzeslücke, die durch Analogie zu § 20 AnfO zu schließen sei.

Den Argumenten Königs ist der 7. Senat in der erst jüngst in einem Parallelverfahren ergangenen Entscheidung vom 14. 11. 2001, 7 Ob 260/01p, nur dahin gefolgt, dass sie de lege ferenda Beachtung verdienen könnten. Die Wirkungen der Anfechtungsmitteilung und der Anfechtungsklage seien aber - derzeit noch - unterschiedlich geregelt. Der Rechtsschutz gegen eine unberechtigte Anfechtungsmitteilung (als Voraussetzung für eine allfällige Löschung ihrer Anmerkung im Grundbuch) bedürfe jedenfalls einer gesetzlichen Regelung (Langer aaO 175). Nach Ansicht des erkennenden Senats sprechen noch folgende Erwägungen gegen die Zulässigkeit der Anmerkung der Anfechtungsmitteilung im Grundbuch:

Die Revisionsrekurswerberin führt ins Treffen, dass die Fälle der Anmerkung im § 20 GBG nicht taxativ aufgezählt seien. Anmerkungen seien auch dann zulässig, wenn sie ihrer Art nach auf Dispositionsbeschränkungen hinwiesen oder ihre Zulassung wegen des Prinzips der Grundbuchswahrheit geboten sei. In diesem Sinne seien etwa auch Verfügungsbeschränkungen im Grundbuch anzumerken, wie sie den Gemeinschuldner bei Konkurseröffnung oder den Erben bei einer Verlassenschaftsabsonderung treffen würden. Diesem Rekursvorbringen ist entgegenzuhalten, dass § 20 GBG klar zwischen der Eintragung von bestehenden Dispositionsbeschränkungen (Abs 1) und der Eintragung zur Begründung derartiger Beschränkungen unterscheidet. Im zweiten Fall bedarf die Anmerkung zur Begründung bestimmter Rechtswirkungen einer Grundlage im Grundbuchsgesetz oder in anderen Gesetzen, die dann auch ihre Wirkungen feststellen (5 Ob 608/88), auch wenn die Aufzählung im § 20 Abs 2 GBG nur demonstrativ ist. Die Revisionsrekurswerberin strebt eine Analogie zur Klageanmerkung des § 20 AnfO an, die eine besondere Form der Streitanmerkung darstellt (SZ 66/149). Die Anmerkung bewirkt, dass das Urteil auch gegen den Erwerber der Liegenschaft wirkt, dessen guter Glaube mit der Anmerkung ausgeschlossen werden soll (SZ 53/6; RS0050390). Wegen der in die Dispositionsfreiheit des Liegenschaftseigentümers stark eingreifenden Wirkung der Klageanmerkung (Grundbuchssperre) schließt die oberstgerichtliche Rechtsprechung bei Klageanmerkungen eine Analogie zwar grundsätzlich nicht aus, schränkt sie aber auf die Klagen ein, deren Anspruchsgrund und Funktion einem der Streitanmerkung zugänglichen Klagstyps entspreche (RS0016506). Hier geht es nicht um die Anmerkungsfähigkeit einer der Anfechtungsklage gemäß § 20 AnfO ähnlichen Klage, sondern darum, ob schon die Anfechtungsmitteilung nach § 9 AnfO, also eine Vorstufe (die Ankündigung) der Klage, im Grundbuch angemerkt werden kann. Die Anfechtungsmitteilung sichert dem Anfechtenden die Klagefrist, ist also wie die Klageanmerkung ein im Gesetz vorgesehenes Sicherungsmittel, ohne dass weitere Voraussetzungen (wie die nach der EO vorgesehenen Voraussetzungen der Anspruchs- und Gefährdungsbescheinigung) vorliegen müssten. Die von der Rekurswerberin angestrebte Ausdehnung des Sicherungsmittels, die rechspolitisch durchaus begründet sein mag, bedürfte aber einer besonderen Begründung für eine ergänzende Rechtsfindung durch Analogiebildung (1 Ob 292/98t). Solche Gründe sind nicht zu erkennen. Die Sicherung eines Anfechtungsanspruchs erfolgt - abgesehen vom Fall des § 20 AnfO - nach den Bestimmungen der EO unter den dort normierten Voraussetzungen (RS0005025). Bei entsprechender Gefahrenbescheinigung könnte ein Veräußerungs- und Belastungsverbot (§ 382 Abs 1 Z 6 EO) erlassen, also die angestrebte Grundbuchssperre bewirkt werden. Wenn dem Anfechtungsberechtigten rechtliche Mittel zur Verfügung stehen, sich gegen schädliche Handlungen des Anfechtungsgegners zu schützen, fällt das besondere Rechtsschutzbedürfnis als Argument für eine Analogiebildung weg (vgl 6 Ob 145/99p). Die im Gesetz vorgesehenen Klageanmerkungen sind unabhängig von den Sicherungsmitteln der EO eingeräumte weitere Sicherungsmittel, die dem Gläubiger ohne weitere Voraussetzungen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sind Anfechtungsansprüche aber nur nach den Bestimmungen der EO sicherungsfähig.

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