OGH 5Ob608/88

OGH5Ob608/8820.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Klinger, Dr. Petrag und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach Johann

R*** - B***, verstorben am 23.Mai 1986, zuletzt wohnhaft gewesen Renngasse 10, 1010 Wien, vertreten durch die Erben Ernestine R*** - B***, Pensionistin, Pötzleinsdorfer Straße 49, 1180 Wien, und Mag. Yvonne M***, Mittelschullehrerin, Hammerbachgasse 27, 2700 Wiener Neustadt, und diese vertreten durch Dr. Eduard Fürst, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Verein SOS-K***, Stafflerstraße 10 a, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr. Hellmuth Boller und Dr. Günter Langhammer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Einwilligung in die Eigentumseinverleibung (Streitwert S 4,000.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 11.August 1988, GZ 16 R 135/88-14, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 4.Mai 1988, GZ 15 Cg 265/87-5, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Johann R***-B*** war Eigentümer von mit

Wohnungseigentum an den Wohnungen 703 und 704 verbundenen Anteilen an der Liegenschaft EZ 943 Grundbuch 01004 Innere Stadt mit dem Haus Renngasse 10 in 1010 Wien. Mit dem Kaufvertrag vom 18.Juli 1978 erwarb der beklagte Verein diese Liegenschaftsanteile. Sein Eigentum wurde zu TZ 7083/1979 im Grundbuch einverleibt. Der frühere Eigentümer starb am 23.Mai 1986. Zu seinem Nachlaß erklärten sich die geschiedene Ehefrau Ernestine R***-B*** auf Grund des Erbvertrages vom 7.November 1949 und die Tochter Mag. Yvonne M*** zu Erben. Am 5.Juni 1987 wurde ihnen die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses übertragen.

Die klagende Verlassenschaft begehrt vom beklagten Verein die Einwilligung in die Einverleibung des Eigentums an den Liegenschaftsanteilen und erbot sich, an Stelle der angesprochenen Sache den Geldbetrag von S 4,000.000,-- anzunehmen (§ 56 Abs 1 JN). Der Erblasser habe die Wohnungseigentumsanteile nur an den beklagten Verein verkauft, um gegenüber seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen seine Vermögenslosigkeit darzutun und Geld ins Ausland verbringen zu können. Es habe sich um einen Scheinvertrag gehandelt. Der Erblasser habe mit dem Kaufvertrag vom 5.Juli 1978 die Liegenschaftsanteile, über die er weiter verfügen konnte, dem beklagten Verein als Treuhänder in Eigentum übertragen. Die Treuhandschaft habe mit seinem Ableben geendet. Der beklagte Verein habe das Treuhandgut zurückzustellen.

Die klagende Verlassenschaft beantragte, die Anmerkung der Klage zu bewilligen, weil die Gefahr bestehe, daß der beklagte Verein die Liegenschaftsanteile verkaufe und dadurch die Rückstellung vereitle. Das Erstgericht ordnete die Anmerkung der Klage auf Einverleibung des Eigentums bei den Liegenschaftsanteilen des beklagten Vereines an und ersuchte das Grundbuchsgericht um den Vollzug und die Verständigung der Beteiligten.

Das Rekursgericht änderte über den Rekurs der beklagten Partei diesen Beschluß des Prozeßgerichtes dahin ab, daß es den Antrag auf Anmerkung des Streites abwies. Diese Anmerkung setze ein dingliches Recht voraus und verlange, daß die Verletzung eines bücherlichen Rechts behauptet werde. Die klagende Verlassenschaft mache mit ihrer Klage aber einen obligatorischen Anspruch auf Rückübertragung der mit Wohnungseigentum verbundenen Liegenschaftsanteile geltend und habe dem beklagten Verein auch eine Lösungsbefugnis durch Begleichung von S 4,000.000,-- eingeräumt.

Den abändernden Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz bekämpft die beklagte Partei mit ihrem auf Wiederherstellung des die Streitanmerkung bewilligenden Beschlusses des Erstgerichtes abzielenden Revisionsrekurs.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar nach § 126 GBG zulässig (Spr 20 neu = SZ 7/364; SZ 58/71 ua). Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt. Grundsätzlich folgt schon aus den für die Einrichtung des Grundbuches geltenden Vorschriften, daß Eintragungen nur stattfinden, soweit die Gesetze dies vorsehen. So sind auch Klagsanmerkungen nur dort gestattet, wo sie auf den besonderen Bestimmungen des GBG oder anderer Gesetze beruhen, die dann auch ihre Wirkungen feststellen (SZ 16/188; RZ 1936/96). Von den hier nicht in Betracht kommenden Fällen der Anmerkung der Streitanhängigekit wie etwa bei der Verjährungsklage (§ 69 GBG), der Ersitzungsklage (§ 70 GBG), der Teilungsklage (SZ 25/305; MietSlg 32.065), der Klage des Wohnungseigentumsbewerbers auf Einverleibung (§ 25 Abs 3 WEG) oder der Anfechtungsklage (§ 20 AnfO) abgesehen setzt die Anmerkung des Streites voraus, daß ein dingliches Recht mit Klage geltend gemacht wird und der Kläger behauptet, in seinem bücherlichen Recht verletzt zu sein (SZ 58/71 ua). Eine Streitanmerkung bei bloß obligatorischen, auf vertraglicher Grundlage beruhenden Ansprüchen ist auch dann nicht zu bewilligen, wenn auf Grund des vertraglichen Anspruches der Erwerb eines bücherlichen Rechts begehrt wird (SZ 43/75; EvBl 1971/43; SZ 44/38; SZ 58/71 = NZ 1985, 195 zust. Hofmeister). Nach § 61 Abs 1 GBG kann nämlich jemand, der durch eine Einverleibung in seinem bücherlichen Recht verletzt erscheint und die Einverleibung aus dem Grunde der Ungültigkeit im Prozeßwege bestreitet und die Wiederherstellung des vorigen bücherlichen Standes begehrt, die Anmerkung eines solchen Streites im Grundbuch verlangen. Das Klagebegehren dieser Löschungsklage ist auf Unwirksamerklärung und Löschung der bekämpften bücherlichen Eintragung zu richten (SZ 41/151; EvBl 1972/136 ua). Eine Löschungsklage der bis zur Einantwortung an Erben die Person des Erblassers mit seinen Rechten und Pflichten vorstellenden Verlassenschaft (§ 547 ABGB; vgl. Welser in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 532 und Rz 2 zu § 547) liegt nicht vor. Die klagende Partei behauptet zwar, der Grundlage der Verbücherung des Eigentumsrechtes des beklagten Vereins bildende Kaufvertrag vom 5. Juli 1978 sei als Scheingeschäft nach § 916 Abs 1 ABGB nichtig, stützt den auf Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechtes, also auf Rückübertragung der beiden Wohnungseigentumsanteile gerichteten Anspruch aber gerade darauf, daß der Erblasser aus bestimmten Gründen sein Eigentum aufgeben und auf den beklagten Verein übertragen wollte. In Wahrheit sei die beklagte Partei aber nur Treuhänder geworden und zur Zurückstellung des Treuhandgutes vertraglich verpflichtet (§ 916 Abs 1 Satz 2 ABGB). Damit richtet sich das Klagebegehren nicht gegen Wirksamkeit der Eigentumseinverleibung iSd § 61 Abs 1 GBG sondern dient der Durchsetzung des behaupteten schuldrechtlichen Anspruchs auf Rückübertragung des Eigentums an den Liegenschaftsanteilen. Ein solcher vertraglicher Anspruch auf die Einverleibung kann aber nicht Gegenstand der Anmerkung des Streites im Grundbuch sein (Koziol-Welser8 II 99; SZ 58/71), weil keine Verletzung bücherlicher Rechte behauptet wird, wenn mit Klage der obligatorische Anspruch aus dem behaupteten Treuhandverhältnis auf Rückübertragung der Liegenschaftsanteile geltend gemacht wird (EvBl 1957/242). Das Rekursgericht hat daher die verlangte Anmerkung der Streitanhängigkeit ohne Rechtsirrtum für unzulässig angesehen und ist auch zutreffend von den Angaben der klagenden Partei ausgegangen. Wenn diese meint, sie könne ihr Begehren künftig noch ändern, verkennt sie, daß bei der Entscheidung über den Antrag, die Streitanhängigkeit anzumerken, nur von ihrem erhobenen Begehren und den zur Begründung angegebenen Tatsachen (§ 226 Abs 1 ZPO) auszugehen war.

Dem Revisionsrekurs ist daher nicht stattzugeben.

Ob und unter welchen Voraussetzungen eine mit der verlangten Anmerkung beabsichtigte Sicherung des erhobenen Anspruchs durch eine einstweilige Verfügung iSd § 382 Z 6 EO erwirkt werden könnte, ist hier nicht zu erörtern.

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