OGH 5Ob13/70

OGH5Ob13/7015.4.1970

SZ 43/75

Normen

Grundbuchsgesetz §61
Grundbuchsgesetz §61

 

Spruch:

Die Klage auf Löschung eines Pfandrechts wegen Kompensation mit einer später entstandenen Gegenforderung rechtfertigt keine Streitanmerkung

OGH 15. April 1970, 5 Ob 13/70 (OLG Wien 5 R 191/69; LGZ Wien 37 b Cg 85/69).

Text

Nach dem Klagevorbringen kam es auf Grund eines Angebotes der Kläger v 25. September 1957 zwischen den Streitteilen zu einer Vereinbarung, wonach sich die beklagte Bank verpflichtete, als einziges Finanzierungsunternehmen den langfristigen Kreditbedarf der land- und forstwirtschaftlichen sowie gewerblichen Betriebe der Kläger zu decken. Im Sinne dieser Vereinbarung habe die Beklagte, so behaupten die Kläger, bis Herbst 1958 ihre Verpflichtungen erfüllt. Im Zusammenhang mit einer Veränderung in der Organbesetzung der Beklagten sei es dann zunächst zu gewissen Streitigkeiten bei der weiteren Kreditgewährung an die Kläger gekommen, doch habe dies noch nicht zur Unterbrechung der Geschäftsverbindung geführt. Im Jänner 1959 sei der Beklagten auf ihren Wunsch eine Höchstbetragshypothek über 12.000.000 S auf den Liegenschaften der Erstklägerin eingeräumt worden, obwohl damals die Forderungen der Beklagten geringer gewesen seien. Als dieses Pfandrecht 60 Tage alt geworden sei, habe die Beklagte eine weitere Kreditgewährung plötzlich abgelehnt und dadurch die Kläger in die Insolvenz getrieben. In der Folge sei über das Vermögen der Kläger das Ausgleichsverfahren eröffnet worden, das aber wieder aufgehoben worden sei, nachdem sich die Kläger der Gestion dreier Sachwalter, darunter der Beklagten, unterworfen und auf jeden Einfluß auf die weitere Geschäftsführung ihrer Betriebe verzichtet hätten. Im Jahr 1962 habe die Beklagte ihre damals angeblich offenen Forderungen gegen die heutigen Kläger eingeklagt. Im Zuge dieses Verfahrens sei es am 3. Juli 1962 zum Abschluß eines Vergleichs gekommen, in dessen P 4. sich die Beklagte habe bestätigen lassen, daß die heutigen Kläger gegen sie keine Schadenersatzforderungen hätten. Die Kläger seien zum Abschluß dieses Vergleichs durch die von der Beklagten herbeigeführte Zwangslage genötigt gewesen; die Beklagte habe diese Zwangslage zum Vergleichsabschluß ausgenutzt. In der Folge seien die Betriebe der Kläger durch die drei Sachwalter in gezielter Mißwirtschaft zugrunde gerichtet worden, um bestimmten politischen Zielen dienlich zu sein. Das habe schließlich im Jahr 1963 zur Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Kläger geführt. Im Konkursverfahren sei das Vermögen der Kläger unter maßgebender Mitwirkung der Beklagten als Mitglied des Gläubigerausschusses verschleudert worden. Aus diesem widerrechtlichen Vorgehen der Beklagten leiten die Kläger Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte ab, die sie mit zusammen 101.338.000 S beziffern und deren Verfolgung nach der Behauptung der Kläger ihnen vom Konkursgericht gem § 119 Abs 5 KO freigegeben worden sei. Während die Kläger zu 39 a Cg 5/68 des LGZ Wien einen Teil dieser Schadenersatzforderung im Betrag von 43.638.000 S s A gegenüber der Beklagten und den beiden anderen Sachwaltern einklagten, begehren sie mit der vorliegenden Klage 1. die Feststellung, daß der am 3. Juli 1962 abgeschlossene Vergleich zwischen den Streitteilen betreffend die Verfahren 26 Cg ../62 des HG Wien und 40 Cg ../62 des LGZ Wien, insb P 4 des Vergleichs, nichtig sei, 2. die Verurteilung der Beklagten, den Klägern zur ungeteilten Hand 58.000.000 S s A zu zahlen, und 3. die Beklagte schuldig zu erkennen, ihre Einwilligung in die grundbücherliche Löschung bestimmter näher bezeichneter Eintragungen, nämlich der zugunsten der Beklagten seinerzeit begrundeten Höchstbetragshypotheken über 12.000.000 S auf den Liegenschaften der Erstbeklagten zu erklären. Mit dieser Klage verbanden die Kläger den Antrag auf Anmerkung der Klage gem §§ 61 und 63 GBG ob jenen im einzelnen genannten Liegenschaften, auf denen die vorgenannten Höchstbetragshypotheken der Beklagten einverleibt sind.

Mit Beschluß vom 18. April 1969 bewilligte das Erstgericht die Anmerkung der Löschungsklage im beantragten Umfang und ersuchte die zuständigen Grundbuchsgerichte um den Vollzug des Beschlusses und die Verständigung der Beteiligten. Mit Beschluß des BG Wolkersdorf vom 23. Mai 1969 wurde der Vollzug der Anmerkung bei den im Grundbuch dieses Gerichts verbücherten Liegenschaften der Erstklägerin angeordnet. Ebenso ordnete das BG Innere Stadt Wien mit Beschluß vom 21. Mai 1969 den Vollzug dieser Anmerkung bei den in der nö Landtafel verbücherten Liegenschaften der Erstklägerin an.

In der Sache selbst trat am 20. Mai 1969 Ruhen des Verfahrens ein, weil die Parteien zu der für diesen Tag angesetzten ersten Tagsatzung nicht erschienen.

Das Rekursgericht wies den Antrag der Kläger auf Anmerkung des Streites bei den einzelnen von den Klägern bezeichneten Höchstbetragshypotheken ab. Es war der Auffassung, daß eine Streitanmerkung nur zulässig sei, wenn der Antragsteller durch die betreffende Einverleibung in seinen bücherlichen Rechten verletzt sei. Diesfalls bestehe aber kein solches bücherliches Recht, vielmehr werde bloß ein Schadenersatzanspruch, also ein obligatorischer Anspruch, geltend gemacht. Es sei auch nur dieser Anspruch der Erstklägerin gem § 119 Abs 5 KO zur freien Verfügung überlassen worden. In einem solchen Fall sei eine Klageanmerkung nicht zulassig.

Auf Grund dieses Beschlusses des Rekursgerichtes ordnete das Erstgericht die Löschung der bewilligten Anmerkung an.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Kläger nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Auffassung des Rekursgerichts, daß eine Streitanmerkung gem § 61 GBG nur derjenige begehren könne, der durch die mit der Klage bekämpfte Einverleibung in seinen bücherlichen Rechten verletzt ist, entspricht dem Gesetz und wird von den Rekurswerbern auch gar nicht bekämpft (vgl dazu Bartsch, Das österr allg GBG in seiner praktischen Anwendung[7], 517 ff; SZ 2/7; SZ 21/105 u v a). Die vorliegende Klage richtet sich ua auf die Verurteilung der Beklagten zur Einwilligung in die Löschung der zu ihren Gunsten vertraglich begrundeten Pfandrechte an den Liegenschaften der Erstklägerin. Daraus folgt aber bereits, daß der Zweitkläger zum Antrag auf Anmerkung seiner Klage bei den mit den bekämpften Pfandrechten der Beklagten belasteten Liegenschaften der Erstklägerin nicht legitimiert war. Daß er an diesen Liegenschaften bücherliche Rechte besitze, die durch die Pfandrechte der Beklagten verletzt worden seien, konnte der Zweitkläger nicht behaupten; ein solcher Sachverhalt ergibt sich auch aus den Akten nicht. Sein Antrag auf Anmerkung seiner Klage wurde daher vom Rekursgericht mit Recht abgewiesen.

Hinsichtlich der Erstklägerin ist das genannte Erfordernis der Streitanmerkung nach § 61 GBG, nämlich daß sie durch die bekämpfte Einverleibung in ihrem bücherlichen Recht verletzt erscheint, allerdings gegeben, weil die Pfandrechte der Beklagten, deren Löschung u a Gegenstand der Klage ist, das Eigentumsrecht der Erstklägerin an den verpfändeten Liegenschaften belasten. Die Kläger leiten nach dem Klagevorbringen ihren Löschungsanspruch aber nicht aus der Behauptung ab, daß der Pfandbestellungsvertrag von Anfang an ungültig sei, sondern sie behaupten, daß ihnen der Beklagten gegenüber Schadenersatzansprüche zustunden, die weit höher seien als jene Forderungen der Beklagten, die durch die Pfandrechte gesichert werden sollten. Der Löschungsanspruch wurde also in der vorliegenden Klage auf einen erst nachträglich eingetretenen Aufhebungsgrund gestützt, nämlich auf das Erlöschen der pfandgesicherten Forderungen infolge Kompensation mit einer später entstandenen Gegenforderung. Damit wird allerdings nicht die Einverleibung des Pfandrechts der Beklagten aus dem Gründe der anfänglichen Ungültigkeit bekämpft. Das Gesetz fordert aber für die Bewilligung der Streitanmerkung nicht, daß die Einverleibung "aus dem Gründe der ursprünglichen Nichtigkeit des Tabularakts angefochten wird", es genügt vielmehr auch die Anfechtung aus dem Gründe des nachträglichen Wegfalls des rechtlichen Titels, auf dem die bekämpfte Einverleibung beruht (vgl Spr 128 = GlU 10.666 und die übrigen bei Bartsch, GBG 518 in Anm 2 lit f angeführten Entscheidungen, ferner EvBl 1958/122). Es wurde jedoch bereits mehrfach ausgesprochen, daß die Klage auf Löschung des Pfandrechts wegen Kompensation die Streitanmerkung nicht zu rechtfertigen vermag (GlU 8317; ZBl 1889/263), weil vorerst entschieden werden müsse, ob die Voraussetzungen, unter denen eine Kompensation zulässig ist, zutreffen. Der OGH hat keine Bedenken, sich dieser Auffassung anzuschließen.

Das Rekursgericht hat daher auch den Antrag der Erstklägerin mit Recht abgewiesen.

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