European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060NC00003.24D.0311.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Als örtlich zuständiges Gericht wird das Landesgericht Wiener Neustadt bestimmt.
Der Antrag der klagenden Partei auf Kostenzuspruch wird zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Schadenersatzanspruch aus der schuldhaften Nichterfüllung eines für beide Seiten unternehmensbezogenen Kaufvertrags geltend. Die Parteien hätten dabei die österreichische Gerichtsbarkeit, aber kein örtlich zuständiges Gericht vereinbart. Die Beklagte habe in Österreich weder einen Sitz noch eine Niederlassung noch einen Ort, an dem die Verwaltung geführt werde. Die Beklagte habe gegen den von der Klägerin erwirkten Europäischen Zahlungsbefehl fristgerecht Einspruch erhoben. Die Klägerin sei vom Bezirksgericht für Handelssachen Wien nach § 252 Abs 3 ZPO aufgefordert worden, das für die Durchführung des ordentlichen Verfahrens zuständige Gericht namhaft zu machen.
Rechtliche Beurteilung
[2] Die Voraussetzungen für eine Ordination durch den Obersten Gerichtshof sind gegeben.
[3] 1. Der Oberste Gerichtshof hat, wenn für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts im Sinne dieses Gesetzes oder einer anderen Rechtsvorschrift nicht gegeben oder nicht zu ermitteln sind, aus den sachlich zuständigen Gerichten eines zu bestimmen, welches für die fragliche Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn die inländische Gerichtsbarkeit, nicht aber ein örtlich zuständiges Gericht vereinbart worden ist (§ 28 Abs 1 Z 3 JN).
[4] 2. Die Ordination nach § 28 Abs 1 Z 3 JN setzt die internationale Zuständigkeit Österreichs voraus (RS0118239; 4 Nc 1/23v; Garber in Fasching/Konecny³ [2013] § 28 JN Rz 22). Diese ist vom Obersten Gerichtshof im Ordinationsverfahren zu prüfen (4 Nc 1/23v; vgl RS0046568 [T1]). Da das Ordinationsverfahren einseitig ist (RS0114932), ist von den Klagebehauptungen auszugehen (2 Nc 4/21t).
[5] 3. Danach liegt die internationale Zuständigkeit vor, weil der vertragsautonom auszulegende Begriff der Gerichtsstandsvereinbarung (Art 25 Abs 1 EuGVVO 2012) eine übereinstimmende Willenserklärung über die Zuständigkeitsbegründung bedeutet (RS0117156), die hier hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit nach dem Vorbringen der Klägerin von den Parteien getroffen wurde. Nach dem Vorbringen ist auch das Schrifterfordernis (Art 25 Abs 1 lit a EuGVVO 2012) erfüllt. Allfällige Einwände gegen das Vorliegen der internationalen Zuständigkeit wären im fortgesetzten (zweiseitigen) Verfahren zu prüfen (2 Nc 4/21t; vgl 6 Ob 56/01f; Garber in Fasching/Konecny³ § 28 JN Rz 155 ff).
[6] 4. Für die Auswahl des zu ordinierenden Gerichts (in örtlicher Hinsicht) ist auf die Kriterien der Sach- und Parteinähe sowie der Zweckmäßigkeit Bedacht zu nehmen (RS0106680 [T13]). Die Zuweisung der Sache an das Landesgericht Wiener Neustadt entspricht diesen Kriterien, weil sich der Sitz der Klägerin in dessen Sprengel befindet, während die Beklagte über keinen örtlichen Anknüpfungspunkt in Österreich verfügt (vgl 6 Nc 27/19a; 4 Nc 20/20h).
[7] 5. Im Ordinationsverfahren findet kein Kostenersatz statt, weil es sich dabei um ein einseitiges Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof handelt, dem der Beklagte nicht beigezogen wird (RS0114932).
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