OGH 5Ob235/17w

OGH5Ob235/17w15.5.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitssache des Antragstellers R*, vertreten durch Choc & Axmann, Rechtsanwaltspartnerschaft in Graz, gegen die Antragsgegner 1. I*, 2. W*, beide vertreten durch Dr. Thomas G. Eustacchio, Rechtsanwalt in Wien, 3. E*, 4. H*, 5. Dr. G*, 6. H*, 7. J*, 8. R*, 9. C*, 10. H*, 11. E*, 12. V*, 13. S*, 14. G*, 15. G*, 16. E*, 17. F*, 18. M*, 19. Ing. C*, 20. A*, 21. F*, 22. Mag. M*, 23. Dr. G*, wegen § 52 Abs 1 Z 2 WEG iVm § 16 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erstantragsgegnerin und des Zweitantragsgegners gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. September 2017, GZ 39 R 167/17y‑61, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E122074

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 MRG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Eine Widmungsänderung (die gemäß § 16 Abs 2 Z 1 WEG wie jede andere Änderung eines Wohnungseigentumsobjekts zu behandeln ist) kann nur abgewehrt werden, wenn sie mit wesentlichen Interessen anderer Wohnungseigentümer kollidiert (5 Ob 150/16v; RIS‑Justiz RS0101801 [T1]; RS0083309 [T8]). Einer Widmungsänderung steht also nicht schon jede Beeinträchtigung von Interessen der Miteigentümer entgegen, sondern nur wesentliche Beeinträchtigungen, die die Interessen der anderen Wohnungseigentümer am Unterbleiben der Änderung so schutzwürdig erscheinen lassen, dass ein Anspruch des Wohnungseigentümers auf Änderungen iSd § 16 Abs 2 WEG zurückzustehen hat (RIS‑Justiz RS0083236; RS0083271).

2. Die Zulässigkeit einer Widmungsänderung kann nur beurteilt werden, wenn man die gültige Widmung des betreffenden Objekts der beabsichtigten Verwendung (gemessen an den typischen Auswirkungen einer solchen Änderung) gegenüberstellt (RIS‑Justiz RS0101800 [T4]). Dabei kommt es auf das vom Einzelfall abhängige konkrete Ausmaß der Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer an, das – bei objektiver Betrachtung (5 Ob 93/92 = RIS‑Justiz RS0083378 [T1]) – mit der in Zukunft typischerweise zu erwartenden Entwicklung und ihren Begleiterscheinungen verbunden ist (5 Ob 150/16v).

3.1. Bei dieser Beurteilung ist dem Rechtsanwender ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt (RIS‑Justiz RS0083309 [T13]; RS0109643 [T10]; [nur] zum wichtigen Interesse nach § 16 Abs 2 Z 2 WEG: RS0083309 [T16]; RS0106050 [T2], RS0083345 [T20]; RS0083341 [T23]). Solange dieser Ermessensspielraum nicht verlassen wird, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (5 Ob 160/17s; 5 Ob 157/15x mwN; RIS‑Justiz RS0083309 [T9], RS0109643 [T11]). Nur in Fällen einer groben, die Rechtssicherheit in Frage stellenden Fehlbeurteilung hat der Oberste Gerichtshof korrigierend einzugreifen (5 Ob 150/14s).

3.2.  Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Das Rekursgericht hat die gültige Widmung des betreffenden Objekts (Büro) der beabsichtigten Verwendung (Wohnung) gemessen an den typischen Auswirkungen einer solchen Änderung gegenübergestellt und dabei – entgegen der Behauptung der Revisionsrekurswerber – auch die besonderen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. Das gilt insbesondere auch für die festgestellten massiven Schallisolierungsmängel; nach Auffassung des Rekursgerichts beeinflussen diese allerdings die Begleiterscheinungen sowohl der der aktuell gültigen Widmung entsprechenden Verwendung als auch der beabsichtigten Verwendung gleichermaßen. Eine Änderung ist auch nicht schon allein deshalb ein empfindlicher Eingriff in die Rechtssphäre der übrigen Miteigentümer und damit eine Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen Interessen im Sinne des § 16 Abs 2 Z 1 WEG, weil sie eine Veränderung der Nutzwerte nach sich zieht (5 Ob 275/05k [Baumaßnahmen]; RIS‑Justiz RS0083271 [T1], RS0109643 [T1]). Für die Frage, ob die Änderung der Nutzwerte iSd § 16 Abs 2 Z 1 WEG zu versagen ist, ist nach der Rechtsprechung vielmehr entscheidend, ob mit der Änderung der Nutzwerte der Wohnungen eine Verringerung des jeweiligen Verkehrswerts einhergeht. Nur die Verminderung des Verkehrswerts anderer Wohnungseigentumsobjekte bildet einen Verweigerungsgrund (RIS‑Justiz RS0109643 [T8]).

4. Soweit sich der Revisionsrekurs gegen die Kostenentscheidung des Rekursgerichts richtet, ist er nach § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG (iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG und § 52 Abs 2 WEG) absolut unzulässig.

5. Der Revisionsrekurs war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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