European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:E108898
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die 1. und 2. Antragsgegner sind schuldig, dem 1. Antragsteller die mit 359,05 EUR (darin 59,84 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.
Begründung:
Das Rekursgericht verpflichtete die Antragsgegner, die vom Erstantragsteller vorgenommene Errichtung eines näher beschriebenen funkbetriebenen elektrischen Garagentors auf seinen beiden Stellplätzen zu dulden.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR nicht übersteigt und ‑ über Zulassungsvorstellung von 1. und 2. Antragsgegner ‑, dass der ordentliche Revisionsrekurs (doch) zulässig sei, weil „die Frage, ob das bloße Faktum einer konsenslosen Bauführung geeignet (sei), die Verletzung wichtiger Interessen der Antragsgegner ‑ insbesondere im Hinblick auf eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen iSd § 16 Abs 2 Z 1 WEG ‑ zu begründen, obwohl die Bewilligungsfähigkeit der durchgeführten Maßnahme lediglich gemutmaßt, aber nicht ernsthaft in Zweifel gezogen wird (…), revisibel“ sei.
Entgegen diesem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG, § 52 Abs 2 WEG 2002) ‑ Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG unzulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Revisionsrekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG, § 52 Abs 2 WEG 2002):
Rechtliche Beurteilung
1.1. Zum „wichtigen Interesse“ des Wohnungseigentümers an einer Änderung seines Objekts iSd § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 (§ 13 Abs 2 Z 2 WEG 1975) liegt bereits eine umfangreiche Judikatur des erkennenden Senats vor (vgl RIS‑Justiz RS0083240; RS0083378; RS0083341; RS0083345; RS0083356; RS0083233; RS0106050; RS0106560; RS0108579; RS0110977). Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 kommt es demnach besonders darauf an, ob die beabsichtigte Änderung dazu dient, dem Wohnungseigentümer eine dem heute üblichen Standard entsprechende Nutzung seines Objekts zu ermöglichen (jüngst etwa 5 Ob 70/11x; RIS‑Justiz RS0083341 [T18]; RS0083345 [T16]). Diese Beurteilung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, die in ihrer Gesamtheit zu beurteilen sind (vgl RIS‑Justiz RS0109643; 5 Ob 275/05k immolex 2006/101, 220 = EvBl 2006/131, 689; 5 Ob 63/08p wobl 2008/93, 272); dabei ist dem Rechtsanwender ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt (jüngst etwa 5 Ob 98/11i; 5 Ob 70/11x; 5 Ob 73/10m mwN; 5 Ob 13/14v mwN; ferner 5 Ob 109/06z; 5 Ob 47/06g mwN = wobl 2006/96, 221 [Call] = MietSlg 58.408). Solange dieser Ermessensspielraum nicht verlassen wird, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor. Nur in Fällen einer groben, die Rechtssicherheit in Frage stellenden Fehlbeurteilung hat der Oberste Gerichtshof korrigierend einzugreifen (5 Ob 63/08p wobl 2008/93, 272). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor:
1.2. Das Rekursgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach der Rechtsprechung eine Verhältnismäßigkeit der Wichtigkeit des Interesses des Änderungswilligen zum Ausmaß der Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft als ein Kriterium heranzuziehen ist. Je geringer die Inanspruchnahme allgemeiner Teile, umso geringere Anforderungen sind an die Wichtigkeit des Interesses zu stellen (5 Ob 183/12s mwN immolex 2013/46 S 150 [Scheer]). Wenn das Rekursgericht gestützt auf diese Rechtsprechung zum Schluss gekommen ist, dass ‑ unter Bedachtnahme auf einen bereits ortsnahe erfolgten Fahrzeugdiebstahl ‑ die Anbringung des Garagentors einem beachtlichen Sicherheitsbedürfnis entspricht, welches angesichts der minimalen Inanspruchnahme von Allgemeinflächen die Annahme eines wichtigen Interesses rechtfertigt, dann ist darin jedenfalls keine als unvertretbar aufzugreifende Rechtsansicht zu erkennen.
2. Für den vom Rekursgericht genehmigten Einbau eines Garagentors wurde eine Bauanzeige erstattet und von der Baubehörde bestätigt, dass das Bauvorhaben ausgeführt werden dürfe. Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerber liefert der festgestellte Sachverhalt keine konkreten Hinweise dafür, dass dieser Einbau ‑ namentlich infolge einer angeblichen Gefahr für die Sicherheit von Personen und Sachen ‑ ein baubehördlich bewilligungspflichtiges Bauvorhaben darstellt und gegebenenfalls ‑ worauf es in diesem Kontext ankäme ‑ mit einer Bewilligung der Baubehörde keinesfalls gerechnet werden könne (5 Ob 11/04k mwN MietSlg 56.546; 5 Ob 97/12v mwN wobl 2013/17). Die gegenteiligen, lediglich abstrakten Rechtsausführungen der Revisionsrekurswerber vermögen keine Bedenken gegen die Richtigkeit der wiedergegebenen Einschätzung der Baubehörde zu begründen.
3.1. Insgesamt liegen keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG vor, weshalb sich der Revisionsrekurs als unzulässig erweist und zurückzuweisen ist.
3.2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG (iVm § 52 Abs 2 WEG 2002). Der Erstantragsteller hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen (5 Ob 2/13z). Die Kostenbemessungsgrundlage beträgt gemäß § 10 Z 3 lit a sublit cc 1. Fall RATG 1.000 EUR.
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