European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00180.22I.1205.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Grundbuchsrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden in ihrem abweisenden Teil dahin abgeändert, dass sie insoweit zu lauten haben:
Urkunden
Meldebestätigung vom 22. 10. 2022
Bewilligt wird
In EZ * KG *
2.‑Die Löschung B‑LNR7a
Anteil: 1/2
H*, GEB: *
ADR: *, *
TZ 15061/1985 Klage auf Teilung (26 Cg 119/85)
3.‑Die Zusammenziehung der Anteile
B‑LNR7 Anteil: 1/2
H*, GEB: *
ADR: *, *
B‑LNR8 Anteil: 1/2
H*, GEB: *
ADR: *, *
Verständigt wird:
Hohenberg Rechtsanwälte GmbH *
Marktgemeinde G*
Finanzamt Österreich, *
Um den Vollzug und die Verständigung der Beteiligten wird das Erstgericht ersucht.
Begründung:
[1] Der Antragsteller ist (mittlerweile) Alleineigentümer der Liegenschaft. Die Liegenschaftshälfte B‑LNR7 erwarb er aufgrund des Schenkungsvertrags vom 20. 12. 2006, sein Eigentumsrecht wurde zu TZ 1706/2007 einverleibt. Ob dieser Liegenschaftshälfte ist zu TZ 15061/1985 eine Klage auf Teilung (26 Cg 119/85) angemerkt.
[2] Die zweite Liegenschaftshälfte (B‑LNR8) erwarb er mittels Kaufvertrag vom 5. 8. 2021, sein Eigentumsrecht wurde insoweit zu TZ 8633/2021 einverleibt.
[3] Der Antragsteller begehrte unter Vorlage einer Meldebestätigung die Berichtigung seiner Anschrift ob der Liegenschaftshälfte B‑LNR8, die Zusammenziehung der Anteile und ob der Liegenschaftshälfte B‑LNR7a die Löschung der veralteten und die aktuelle Rechtslage nicht wiedergebenden Anmerkung der Teilungsklage.
[4] Das Erstgericht bewilligte die Adressänderung, wies das Begehren auf Löschung der Anmerkung der Teilungsklage und Zusammenziehung der Anteile aber ab. Werde die Löschung der Anmerkung einer Teilungsklage beim Grundbuchgericht beantragt, seien deren Voraussetzungen (Klagerückziehung, rechtskräftige Klageabweisung oder Zustimmung des Klägers) urkundlich nachzuweisen. Diesen Nachweis habe der Antragsteller nicht erbracht. Eine offenkundige Unrichtigkeit des Grundbuchstands sei aus der Alleineigentümerschaft nicht ableitbar. Aufgrund der Abweisung des Gesuchs auf Löschung der Anmerkung der Teilungsklage sei die Zusammenziehung der Anteile nicht möglich.
[5] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Die Anmerkung der Teilungsklage sei Streitanmerkung im weiteren Sinn und habe nach § 61 Abs 2 GBG die Wirkung, dass das über die Klage ergehende (stattgebende) Urteil auch gegen Personen wirksam sei, die erst nach dem Zeitpunkt, in dem das Gesuch um Streitanmerkung im Grundbuch eingelangt sei, bücherliche Rechte erworben hätten. § 65 Abs 1 GBG sehe vor, dass auf Ansuchen des Gegners die Löschung der Streitanmerkung verfügt werden könne, wenn der Kläger von der Klage abstehe oder die Klage durch rechtskräftiges Erkenntnis abgewiesen oder im Fall des § 63 GBG nicht in der vorgeschriebenen Frist überreicht wurde. Nach § 65 Abs 2 GBG sei auf Ansuchen des Klägers, wenn durch ein rechtskräftiges Urteil oder einen Vergleich die bestrittene Einverleibung ganz oder teilweise aufgehoben wird, die Vornahme der Löschung der bestrittenen Einverleibung in der durch Urteil oder Vergleich ausgedrückten Art und Ausdehnung zu bewilligen und zugleich die Löschung der Streitanmerkung anzuordnen. Da das Verfahren zur Löschung einer Streitanmerkung ein Grundbuchverfahren sei, müsse der Antragsteller im Antrag beim Grundbuchgericht diese Voraussetzungen urkundlich nachweisen, eine amtswegige Löschung sei unzulässig. Da der Antragsteller nicht Partei des Teilungsverfahrens gewesen sei und keinen Löschungsgrund iSd § 65 GBG dargetan habe, lägen die Voraussetzungen für die Löschung nicht vor. § 136 GBG sei nicht anwendbar, weil diese Bestimmung eine außerbücherliche Rechtsänderung voraussetze, die grundbücherlich noch nicht durchgeführt sei. Der Rechtsübergang auf den Antragsteller bewirke keine offenkundige Unrichtigkeit der Anmerkung. Den Entscheidungsgegenstand bewertete es mit 30.000 EUR nicht übersteigend und ließ den Revisionsrekurs – über Zulassungsantrag des Antragstellers – nachträglich mit der Begründung zu, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle zur Frage, ob bei Vereinigung aller Miteigentumsanteile in einer Hand der Zweck der Streitanmerkung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erfüllt und/oder die Anmerkung nach dem Grundbuchstand sinnlos geworden und daherein Eigentümer zur Antragstellung befugt sei, die Anmerkung in analoger Anwendung des § 65 Abs 1 GBG zu löschen.
[6] In seinem Revisionsrekurs strebt der Antragsteller die Abänderung dahin an, dass seine Begehren auf Löschung der Anmerkung der Teilungsklage und Zusammenziehung der Anteile bewilligt werden.
Rechtliche Beurteilung
[7] Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist auch berechtigt.
[8] 1. Im Revisionsrekurs vertritt der Antragsteller zusammengefasst die Auffassung, auch die Anmerkung der Teilungsklage könne Gegenstand einer Berichtigung nach § 136 GBG sein. Der alleinige Zweck einer solchen Anmerkung, durch die Erschütterung des Vertrauensgrundsatzes den im Prozess erstrittenen Teilungsanspruch ohne weiteres Verfahrens auch gegen jeden Einzelrechtsnachfolger der Prozessparteien durchsetzen zu können, falle weg, wenn der Antragsteller bücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft sei. Ein Teilungsanspruch könne im Hinblick auf das Alleineigentum des Antragstellers materiell‑rechtlich nur erloschen sein. Die Löschung der Anmerkung analog § 65 GBG sei daher möglich.
Hiezu wurde erwogen:
[9] 2.1. Nach ständiger Rechtsprechung hat der Eigentümer grundsätzlich das Recht, sich gegen unzulässige Eintragungen auf der ihm zugeschriebenen Grundbuchseinlage zur Wehr zu setzen (RIS‑Justiz RS0112395). Sieht das Gesetz im Einzelfall mehrere Rechtsbehelfe vor, dann hat die Partei das Recht, zwischen ihnen zu wählen und sie auch gehäuft zu ergreifen (RS0102898 [Zur Konkurrenz zwischen Berichtigungsantrag nach § 136 GBG und Löschungsklage nach §§ 61 ff GBG]). Hier stützt der Antragsteller sein Löschungsbegehren – der Sache nach – sowohl auf § 136 GBG als auch auf die (analoge) Anwendung von § 65 Abs 1 GBG.
[10] 2.2. Zunächst ist die (spezielle) Bestimmung des § 65 Abs 1 GBG zu erörtern. Nach dieser Bestimmung hat das Grundbuch- oder Prozessgericht die Löschung der Streitanmerkung zu verfügen, wenn der Kläger von der Klage absteht oder diese rechtskräftig abgewiesen wird. Neben der Zurückziehung oder Abweisung der Klage reicht auch die Einwilligung in die Löschung aus. Zum Nachweis dieser Einwilligung genügt gemäß § 52 GBG eine beweiswirkende Urkunde (RS0115567).
[11] 2.3. Nach der Rechtsprechung ist die Vereinbarung „ewigen Ruhens“ der Klageabweisung oder ‑rückziehung nicht gleichzuhalten, sodass diesfalls die Löschung nur mit Einverständnis des Klägers bewilligt werden kann (RS0060682 [T2]). Nach der Judikatur des Fachsenats kann aber aus einem anderen Grund das Löschungsbegehren in analoger Anwendung des § 65 Abs 1 GBG dann gerechtfertigt sein, wenn der Zweck der Streitanmerkung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise bereits erfüllt und/oder die Anmerkung nach dem Grundbuchstand sinnlos geworden ist (5 Ob 112/16f unter Verweis auf 5 Ob 241/15z mwN). Zur Frage, ob dies hier der Fall sein könnte, ließ das Rekursgericht den Revisionsrekurs auch nachträglich zu.
[12] 3.1. Bereits in der Entscheidung 5 Ob 2431/96b (RS0107210) bejahte der Fachsenat die Möglichkeit der Löschung einer ohne jeden Zweifel gegenstandslosen Streitanmerkung, wobei die Gegenstandslosigkeit dort zu verneinen war. Das auf Ausschluss eines Wohnungseigentümers gerichtete Klagebegehren sei nicht schon durch die Veräußerung des Liegenschaftsanteils erfüllt, es bedürfe des Nachweises der Rückziehung der Ausschlussklage oder der Räumung des Wohnungseigentumsobjekts.
[13] 3.2. An diese Entscheidung knüpfte 5 Ob 241/15z an. Der Fall betraf eine zunächst von der Eigentümergemeinschaft erhobene Klage, wobei (aufgrund unwirksamer Wohnungseigentumsbegründung) die Parteienbezeichnung der Klägerin auf die Verwalterin berichtigt wurde. Die von der Beklagten beantragte Löschung der Klageanmerkung nach § 27 WEG war analog § 65 Abs 1 GBG zu bewilligen, weil das gesetzliche Vorzugspfandrecht nur zugunsten bestimmter Forderungen der Eigentümergemeinschaft und anderer Miteigentümer besteht, nicht hingegen zugunsten von Forderungen des Verwalters. Die Anmerkung nach § 27 Abs 2 WEG hat bis zur Rechtskraft der Richtigstellung der Parteibezeichnung ihren in der Warnfunktion liegenden Zweck erfüllt, ist aber mit der von der Klägerin begehrten Berichtigung der Parteienbezeichnung sinnlos geworden.
[14] 3.3. Auf diese Entscheidung nahm 5 Ob 112/16f Bezug. Dort behaupteten die die Löschung der Streitanmerkung beantragenden Nebenintervenienten eines Teilungsprozesses, sie hätten (gemeinsam mit dem Kläger) originär Miteigentum erworben, die Beklagte sei daher nicht passiv legitimiert. Der Senat bejahte die Möglichkeit der Löschung sinnlos gewordener Anmerkungen nach § 65 Abs 1 GBG analog, verneinte eineSinnlosigkeit aber im konkreten Fall, weil die Behauptung der Nebenintervenienten ein materiell‑rechtlicher Einwand sei, der im Verfahren zu prüfen sein werde.
[15] 3.4. An den Grundsätzen dieser Entscheidungen, die auch in der Lehre keinen Widerspruch hervorgerufen haben (vgl Marent/Preisl, Grundbuchsrecht³ § 65 GBGRz 4), ist festzuhalten. Auch ohne urkundlichen Nachweis einer Rückziehung oder Abweisung der Klage oder der Zustimmung des Gegners kann ein Löschungsbegehren in Bezug auf eine Streitanmerkung in analoger Anwendung des § 65 Abs 1 GBG daher dann bewilligt werden, wenn der Zweck der Streitanmerkung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise bereits erfüllt und/oder die Anmerkung nach dem Grundbuchstand sinnlos geworden ist.
[16] Dies ist hier der Fall.
[17] 4.1. Das Rechtsschutzziel der Teilungsklage ist die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft, daher die Zerlegung der bisher gemeinsamen Sache und Zuweisung eines Teils dieser Sache an jeden Teilhaber zum alleinigen Recht (RS0013257). Der Aufhebungsanspruch folgt aus dem Gemeinschaftsverhältnis, er ist ein schuldrechtlicher Gestaltungsanspruch (RS0013246 [T9]). Der Teilungsanspruch ist eine aus dem Miteigentum erfließende Befugnis ähnlich dem Anspruch auf Mitwirkung an der Verwaltung und Nutzung der gemeinschaftlichen Sache bei aufrechtem Bestand der Rechtsgemeinschaft (vgl RS0013238). Daraus folgt aber, dass ein Teilungsanspruch zwingend eine noch bestehende Rechtsgemeinschaft voraussetzt, an der es hier mangelt. Wenn auch hier aus rein grundbuchstechnischen Gründen noch Hälfteanteile ausgewiesen sind, kann doch nicht der geringste Zweifel bestehen, dass der Antragsteller mittlerweile Eigentümer beider Hälfteanteile, somit Alleineigentümer ist. Ein aus der Rechtsgemeinschaft abzuleitender Teilungsanspruch ist nach dem aktuellen Grundbuchstand rechtlich unmöglich.
[18] 4.2. Der Zweck der Streitanmerkung ist bei diesem Grundbuchstand bedeutungslos geworden. Die mittlerweile ständige Rechtsprechung hält die Anmerkung der Teilungsklage für zulässig (RS0013239). Sie führt nicht zu einer Beschränkung der dinglichen Rechte der Miteigentümer (RS0013239 [T1]), hat aber die Wirkung, dass ein im Prozess erstrittener Teilungsanspruch ohne weiteres Verfahren auch gegen jeden einzelnen Rechtsnachfolger der Prozessparteien durchgesetzt werden kann (RS0013239 [T4]; RS0060718 [T1]; Kodek in Kodek Grundbuchsrecht2 § 61 GBG Rz 81/1). Die bloße Veräußerung des Miteigentumsanteils verhindert nicht, dass die Teilungsklage noch gegen den derzeitigen Miteigentümer erhoben werden kann (RS0013248 [T4]). Trotz Anteilveräußerung des auf Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft belangten Miteigentümers kann im Fall der vorangegangenen Anmerkung der Teilungsklage ein Urteil im Sinn des Klagebegehrens ergehen, weil dessen Vollstreckbarkeit gegen den Erwerber gemäß § 9 EO dann gegeben ist, wenn sich dieser nicht auf das Publizitätsprinzip und seinen guten Glauben berufen kann (vgl RS0000318). Diese Zerstörung eines allfälligen guten Glaubens eines Erwerbers durch die Anmerkung der Teilungsklage verliert aberjede Bedeutung, wenn es zur identen Rechtsnachfolge in Bezug auf sämtliche Miteigentumsanteile kommt, weil danndas Rechtsschutzziel einer Teilungsklage, nämlich die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft, ohnedies bereits erreicht wurde. Dies ist hier der Fall. Der Zweck der Streitanmerkung wurde erfüllt, sie ist nach dem Grundbuchstand sinnlos geworden und daher löschungsfähig.
[19] 5.1. Die Grundbuchberichtigung nach § 136 GBG hat nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats (RS0061010) andere Voraussetzungen, nämlich die mangelnde Übereinstimmung des Grundbuchs mit der wirklichen Rechtslage. Sie kommt dann zur Anwendung, wenn nachträglich eine Rechtsänderung außerbücherlich eingetreten, grundbücherlich aber noch nicht durchgeführt worden ist, die begehrte Eintragung also nur deklarative Bedeutung hat. Ob das hier der Fall ist und der Antragsteller sein Löschungsbegehren daher (auch) auf § 136 GBG stützen könnte (was die Vorinstanzen verneinten), ist nicht mehr relevant und bedarf daher keiner weiteren Erörterung.
[20] 6. Der beantragten Löschung und der iSd § 582 Satz 1 Geo aus Gründen der Übersichtlichkeit anzuordnenden Zusammenziehung der Anteile steht somit kein Hindernis entgegen.
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