OGH 5Ob117/23a

OGH5Ob117/23a5.10.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Mag. Georg Derntl, Rechtsanwalt in Perg, gegen die beklagte Partei E*gesellschaft mbH, *, vertreten durch Winkler Reich‑Rohrwig Illedits Wieger Rechtsanwälte‑Partnerschaft in Wien, wegen „Feststellung“ (Streitwert 4.000 EUR) über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 17. Mai 2023, GZ 39 R 1/23w‑25, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Favoriten vom 28. November 2022, GZ 5 C 373/22f‑19, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00117.23A.1005.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Bestandrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 602,54 EUR (darin 100,42 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Beklagte – eine gemeinnützige Bauvereinigung (GBV) – ist Eigentümerin einer Liegenschaft mit einer in den 90er‑Jahren von ihr errichteten Wohnhausanlage. Der Kläger ist Hauptmieter einer Wohnung. Auf das Vertragsverhältnis sind die Bestimmungen des WGG anzuwenden. Das dem Kläger für die Nutzung vorgeschriebene Entgelt betrug ab Anfang 2022 insgesamt 803,43 EUR monatlich und zwar 351,03 EUR Entgelt gemäß § 14 Abs 1 Z 1 bis 3 WGG, 11,36 EUR Rücklage, 217,46 EUR Erhaltungs‑ und Verbesserungsbeitrag (EVB), 22,42 EUR Verwaltung, 125,58 EUR Betriebskosten und 75,58 EUR USt.

[2] Mit Schreiben vom 4. 6. 2020 teilte die Beklagte den Mietern der Wohnhausanlage mit, die thermische Sanierung der Wohnhausanlage zu planen. Zur Finanzierung der Sanierungsarbeiten sollen öffentliche Mittel des Landes und des Bundes in Anspruch genommen werden, wobei es dafür der Unterfertigung eines Förderantrags („Sanierungsscheck“) und einer Sanierungsvereinbarung durch die Mieter bedürfe. Damit sei sichergestellt, dass die nachhaltige Sanierung kostengünstig ohne Entgelterhöhung durchgeführt werden könne. Zum Abschluss einer Sanierungsvereinbarung kam es nicht, weil die Interessenvertretung der Wohnhausanlage der Beklagten mitteilte, dass die bisher vorgelegten Informationen für eine Zu‑ oder Absage nicht ausreichten. Die Gesamterneuerung stoße auf Missfallen, weil funktionstüchtige Teile miterneuert würden.

[3] Vorerst nahm die Beklagte die Sanierung nicht in Angriff. Mit Schreiben vom 13. 12. 2021 teilte sie den Mietern mit, nun die thermische Sanierung mit Baubeginn Ende des ersten Quartals/Anfang des zweiten Quartals geplant zu haben. Vorgesehen seien Fenstertausch, Kellerdeckendämmung, Fassadenerneuerung, Dachdämmung, Errichtung eines Dachsicherungssystems, Erhöhung der Terrassendämmung, Erneuerung des Rauchfangkehrerstegs, Tausch der Eingangsportale, Tausch der Wohnungseingangstüren (abhängig vom Budgetrahmen), Sanierung Garagenasphalt, Erneuerung der Allgemeinbeleuchtung, Blitzschutzertüchtigung, Erneuerung der Dachflächenfenster, Geländererneuerung und Modernisierung der Heizungsanlage. Ziel der Wohnhaussanierung sei es, durch Reduktion von Luftschadstoffen und CO2‑Ausstoß zur Verbesserung der Umweltsituation beizutragen und den Energieverbrauch ohne Komfortverlust zu senken.

[4] Bei einer Informationsveranstaltung berichtete der Leiter der Hausverwaltung über die Kosten der Sanierung in Höhe von ca 5 Mio EUR. Die Finanzierung erfolge unter Zuhilfenahme öffentlicher Fördermittel, des Bundessanierungsschecks und der angesparten EVB‑Beträge. Ein Antrag gemäß § 14 WGG werde nicht gestellt.

[5] Im Verfahren war letztlich unstrittig, dass die Beklagte die geplanten Erhaltungsarbeiten ohne Entgelterhöhung unter Anwendung des § 14 Abs 7 Z 2a WGG idF WGG‑Novelle 2019 durch weitere Einhebung der schon bislang eingehobenen Beträge gemäß § 14 Abs 1 Z 1 und Z 2 WGG finanzieren will („Auslaufannuitäten“).

[6] Der Kläger begehrt in seiner – im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren eingebrachten und vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit Entscheidung vom 13. 7. 2022, AZ 39 R 188/22v, rechtskräftig in das Streitverfahren überwiesenen – Klage die Feststellung, die Beklagte sei rechtlich verpflichtet, vor Inangriffnahme der für die in ihrem Eigentum stehende Wohnhausanlage geplanten thermischen Sanierung, wie sie sich aus zwei näher bezeichneten Schreiben der Beklagten ergebe, ein Verfahren gemäß § 14 Abs 2 bis 5 WGG einzuleiten, also wahlweise eine schriftliche Vereinbarung mit allen Mietern zu treffen oder ein gerichtliches Verfahren durchzuführen und erst nach rechtskräftigem, diesen Arbeiten zustimmendem Abschluss durch eine der beiden Varianten in dem Maß und in der Art zu beginnen, als eine rechtskräftige Zustimmung aller Mieter oder durch Gerichtsentscheid vorliege. Zusammengefasst brachte er vor, die Wohnhausanlage mit nur 58 Wohneinheiten befinde sich im Bestzustand, sei hocheffizient gedämmt und mit hochmodernen Verbundglasfenstern versorgt. Für eine thermische Sanierung, die einem Abriss der Wohnhausanlage nahekomme, gebe es unter Berücksichtigung der Kriterien Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit in § 23 WGG keinen Anlass. Die Investitionskosten von 5 Mio EUR seien aus dem EVB nicht finanzierbar, sodass die Beklagte plane, die auslaufenden Kreditraten der ursprünglichen Baukredite für weitere 30 Jahre einzuheben, was einer Entgelterhöhung von bis zu 40 % entspreche. Eine Legitimierung der Investition durch Zustimmung aller Mieter habe die Beklagte nicht erreicht. Nun scheue sie das nach § 14a Abs 2 Z 5 iVm § 14 Abs 2 bis 5 WGG zwingend vorgeschaltete gerichtliche Verfahren, in dem unter Beteiligung aller Mieter die geplante Investition auf ihre Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der betroffenen Hauptmieter geprüft werde.

[7] Die Beklagte wendete im Wesentlichen ein, der Kläger habe kein Recht, ein Verfahren nach § 14 Abs 2 bis 5 WGG von der Beklagten zu verlangen. Eine Verpflichtung der GBV, einen solchen Antrag zu stellen, bestehe nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht. Eine Erhöhung des EVB sei nicht erforderlich.

[8] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. § 14 Abs 2 WGG sei eindeutig eine „Kann“‑Bestimmung, sodass sich eine Verpflichtung zur Stellung eines Antrags auf Erhöhung des EVB daraus nicht ableiten lasse. Dass vor Durchführung (auch größerer) Erhaltungsarbeiten zwingend ein Verfahren nach § 14 Abs 2 WGG einzuleiten sei, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.

[9] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Zwar sei die in § 1 Abs 2 WGG normierte Verpflichtung der GBV, ihre Tätigkeit auf die Erfüllung des Gemeinwohls des Wohnungs- und Siedlungswesens zu fokussieren und ihr Vermögen der Erfüllung dieser Aufgabe zu widmen, als besondere Vermögensbindung zu interpretieren, worin aber nicht – im Sinn der vom Berufungswerber vertretenen Auffassung – eine Treuhandschaft zu sehen sei. Auch § 1 Abs 3 WGG idF der WGG‑Novelle 2019 habe nur dieses Vermögensbindungsprinzip programmatisch dargestellt und auf eine Verwendungspflicht des gemeinnützigen Vermögens zur Sicherung einer nachhaltigen Wohnversorgung bestehender und zukünftiger Nutzer hingewiesen. Aus dem Umstand, dass § 14a Abs 3 WGG im Zug der WGG‑Novelle 2019 nicht – etwa durch Aufnahme der Bestimmung des § 14 Abs 7 Z 2a WGG – novelliert wurde, sei zu schließen, dass das Gesetz mit der letztgenannten Bestimmung eine neue Finanzierungsschiene eröffnet habe. § 14 Abs 7 Z 2a WGG idF WGG‑Novelle 2019 biete der GBV nämlich die Möglichkeit, angesichts des Auslaufens bisher eingehobener Kreditraten diesen Entgeltbestandteil weiterhin zu verrechnen, ohne den Mietern/Nutzungsberechtigten die Möglichkeit zu geben, beabsichtigte Erhaltungsmaßnahmen vorher gerichtlich überprüfen zu lassen. Dies sei der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers, was sich aus den Materialien eindeutig ergebe. Eine Überprüfung der Erhaltungsarbeiten auf ihre Notwendigkeit/Zweckmäßigkeit sei im Gesetz erst im Nachhinein, somit nach deren Durchführung bzw nach erstmaliger Vorschreibung des bisher eingehobenen Betrags nach Auslaufen der Kreditfinanzierung möglich. Das Rechtsschutzdefizit, dass es keine Überprüfung von geplanten Erhaltungsarbeiten im Vorhinein gdebe, nehme der Gesetzgeber bewusst in Kauf. Die Berufung auf die Finanzierung im Weg der Einhebung von Beträgen nach § 14 Abs 7 Z 2a WGG sei daher nicht rechtswidrig. Von einem Umgehungsgeschäft könne keine Rede sein.

[10] Den Entscheidungsgegenstand bewertete das Berufungsgericht mit 30.000 EUR übersteigend. Die Revision ließ es im Hinblick auf den vom Berufungsgericht dargelegten Willen des Gesetzgebers nicht zu.

[11] In seiner außerordentlichen Revision strebt der Kläger eine Abänderung dahin an, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde, hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

[12] Die Beklagte beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[13] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.

[14] Der Revisionswerber führt – zusammengefasst – ins Treffen, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, dem WGG liege keine uneigennützige Treuhand zugrunde, sei der Entscheidung 14 Os 94/21m zu entnehmen, dass die im WGG normierten Pflichten zur Kapitalerhaltung die Absicherung dem Gemeinwohl dienender Aufgaben des Wohnungs‑ und Siedlungswesens zu dienen hätten. Errichte man mit dem Geld fremder Menschen Wohnhäuser und lasse sich alles weitere von diesen Menschen bezahlen, sei dies eine Treuhandkonstruktion, die sich im Vermögensbindungsprinzip zeige. Das habe der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 14 Abs 2 WGG auch umgesetzt. Die Auffassung des Berufungsgerichts, durch § 14 Abs 7 Z 2a WGG sei eine neue Finanzierungsschiene eingerichtet worden, beruhe auf den im Bautenausschuss geäußerten politischen Wünschen weniger Abgeordneter, die das alte System, in dem neben dem EVB noch zusätzlich Gelder durch Weiterverrechnung der Kreditraten eingehoben wurden, aufrechterhalten hätten wollen. Der Gesetzestext widerspreche dieser Auslegung. Der Wille des Gesetzgebers komme in § 14a Abs 3 WGG eindeutig zum Ausdruck, der anordne, dass die Kosten von Erhaltungsarbeiten durch die gemäß § 14a Abs 1 Z 5 WGG eingehobenen Beträge und ihnen zuzuführenden sonstigen Einnahmen und Mehrerträge zu decken seien. Reichten die Beträge – wie bei größeren Erhaltungsarbeiten – nicht aus, gelte § 14 Abs 2 bis 5 WGG und das dort vorgesehene Verfahren. Hätte der Gesetzgeber tatsächlich gewollt, eine Überprüfung der Erhaltungsarbeiten erst nach deren Durchführung zu ermöglichen, hätte er den Rechtsschutzkatalog geändert. § 14 Abs 7 Z 2a WGG habe nur die zuvor gelebte Praxis pardoniert, wonach Sanierungen ohne Zustimmung der Mieter durchgeführt und ohne von der GBV dafür aufgenommene und sich selbst zugeschriebene Gelder (Eigenvorlagen) mittels Weiterverrechnung abgelaufener Kreditraten abgezahlt worden seien. Eine neue Finanzierungsschiene habe der Gesetzgeber damit nicht eröffnen wollen. Eigenmitteleinsätze der Beklagten, die sie im Sinn des Gesetzeswortlauts bereits „getätigt“ habe, habe es hier gar nicht gegeben, sodass § 14 Abs 7 Z 2a WGG nicht anwendbar sei. Das Berufungsgericht übersehe, dass im ersten Schritt gemäß § 14a Abs 3 erster Satz WGG zu prüfen sei, ob man mit dem eingehobenen EVB auskomme. Sei dies nicht der Fall, sei zwingend das Prüfverfahren nach § 14 Abs 2 WGG einzuleiten. Da höchstgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Problematik fehle und sie für eine Vielzahl von dem WGG unterliegenden Mietverhältnissen von Bedeutung sei, liege eine erhebliche Rechtsfrage vor. Außerdem regte der Kläger die Anrufung des Verfassungsgerichtshofs und die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim Europäischen Gerichtshof an.

Hierzu wurde erwogen:

[15] 1.1. Das Mietverhältnis unterliegt unstrittig dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) und dessen Bestimmungen über die Berechnung des Entgelts (§ 14 WGG), die Erhaltung (§ 14a WGG) und den Erhaltungs‑ und Verbesserungsbeitrag (§ 14d WGG). Die genannten Bestimmungen wurden mit dem Gesetz zur Änderung des WGG BGBl I 85/2019 (idF: WGG‑Novelle 2019) geändert. Die Vorinstanzen prüften – von den Parteien unbeanstandet – den hier geltend gemachten Anspruch des Klägers bereits nach den Bestimmungen des WGG idF BGBl I 85/2019. Dies ist im Hinblick auf die Übergangsbestimmung im Art IV Abs 1t WGG, wonach die geänderten Bestimmungen mit dem der Kundmachung folgenden Tag (somit am 1. 8. 2019) in Kraft treten, zutreffend. Wenn auch gemäß § 5 ABGB Gesetze nicht zurückwirken, daher auf vorher erworbene Rechte keinen Einfluss haben können, sodass im Fall, dass an ein Dauerrechtsverhältnis eine Dauerrechtsfolge geknüpft ist, die Rechtsfolgen, die an eine Tatbestandsverwirklichung vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes geknüpft waren, nach altem Recht zu beurteilen wären, geht es hier im Hinblick auf das Begehren des Klägers um einen sich erst nach Inkrafttreten verwirklichenden Tatbestand, der nach dem neuen Gesetz zu beurteilen ist (RIS‑Justiz RS0008745; vgl auch 5 Ob 184/20z).

[16] 1.2. Nach § 14 Abs 1 WGG ist das angemessene Entgelt für die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung oder eines Geschäftsraums unter Bedachtnahme auf § 13 WGG nach den Verteilungsbestimmungen des § 16 WGG zu berechnen, wobei im Hinblick auf dessen Veränderlichkeit keine vertragliche Vereinbarung erforderlich ist und § 6 Abs 1 Z 5 KSchG keine Anwendung findet. Ändern sich die der Berechnung des Entgelts zugrunde liegenden Beträge, so ändert sich das Entgelt entsprechend; die dafür maßgeblichen Grundlagen – insbesondere die Höhe des jeweiligen Zinssatzes und Änderungen aufgrund angemessener vertraglicher Vereinbarungen mit Darlehens‑ oder Baurechtsgebern – sind bei der nächstfolgenden Entgeltvorschreibung dem Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten schriftlich bekanntzugeben. Gemäß § 14 Abs 1 Z 5 WGG darf (unter anderem) ein Erhaltungs‑ und Verbesserungsbeitrag gemäß § 14d WGG als Entgeltsbestandteil angerechnet werden.

[17] 1.3. Gemäß § 14d Abs 1 WGG hat die Bauvereinigung im Interesse einer laufenden Erhaltung sowie einer rechtzeitigen und vorausschauenden Sicherstellung der Finanzierung der Kosten der jeweils erkennbaren und in absehbarer Zeit notwendig werdenden Erhaltungsarbeiten sowie von nützlichen Verbesserungsarbeiten die Entrichtung eines Erhaltungs‑ und Verbesserungsbeitrags zu verlangen, sofern der Miet‑ oder sonstige Nutzungsgegenstand in einem Gebäude gelegen ist, für das die Baubehörde den Abbruch weder bewilligt noch aufgetragen hat. Bei Verwendung eigenen oder fremden Kapitals gelten Verzinsung und Geldbeschaffungskosten als Kosten der Erhaltungs‑ und Verbesserungsarbeiten. Die formellen Voraussetzungen für die Vorschreibung und die Verpflichtung zur Bekanntgabe von Art, Umfang und Kostenschätzungen der aus dem geforderten EVB zur Finanzierung der Erhaltungs‑ und Verbesserungsarbeiten sind mit dem Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Wohnbauinvestitionsbank (WBIB‑G) erlassen und das Bundesgesetz über steuerliche Sondermaßnahmen zur Förderung des Wohnbaus und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden, BGBl I Nr 157/2015 (idF: WGG‑Novelle 2016), entfallen. § 14d Abs 2 WGG sieht – abhängig vom Erstbezugsdatum – grundsätzlich Höchstbeträge des zuvor errechneten Erhaltungs‑ und Verbesserungsbeitrags je Quadratmeter der Nutzfläche und Monat vor.

[18] 1.4. Nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats (5 Ob 237/17i; 5 Ob 18/18k; 5 Ob 184/20z) beruht die Einhebung von EVB gemäß § 14d WGG auf einer eigenverantwortlichen Entscheidung des Vermieters; sie liegt im Interesse einer rechtzeitigen und vorausschauenden Sicherstellung der Finanzierung der Kosten der jeweils erkennbaren und in absehbarer Zeit notwendig werdenden Erhaltungsarbeiten. Die primäre Beurteilung dieser objektiv gegebenen Voraussetzungen soll zunächst dem Vermieter überlassen sein; dieser hat jedoch die Folgen einer (bewussten oder unbewussten) Fehleinschätzung des Erhaltungszustands des Gebäudes insofern gegen sich gelten zu lassen, als er in diesem Fall verpflichtet ist, die eingehobenen EVB zuzüglich einer angemessenen Verzinsung dem Mieter zurückzuerstatten (vgl RS0070577 [T2]; 5 Ob 184/20z). Diese Rückerstattung regelt § 14d Abs 4 WGG: verwendet die GBV die von den Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten entrichteten Erhaltungs‑ und Verbesserungsbeiträge nicht innerhalb einer Frist von 20 Kalenderjahren zur Finanzierung einer Erhaltungs‑ oder Verbesserungsarbeit, so hat die Bauvereinigung unverzüglich die von den Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten entrichteten EVB zuzüglich der gesetzlichen Verzinsung (§ 1000 ABGB) zurückzuerstatten. Zur Rückforderung des nicht verbrauchten EVBs (samt Verzinsung) ist der Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte berechtigt, der im Zeitpunkt der Fälligkeit dieses Anspruchs Mieter oder Nutzungsberechtigter der Wohnung oder des sonstigen Mietgegenstands ist.

[19] 1.5. Aus dieser Rechtslage leitet der Fachsenat ab (5 Ob 237/17i; 5 Ob 10/20m), dass sich die Rechtswidrigkeit der Vorschreibung eines EVB nur aus der Überschreitung der gesetzlich zulässigen Obergrenze ergeben kann. Eine Angemessenheitsprüfung hat nicht stattzufinden. Eine gerichtliche Kontrolle der Notwendigkeit der Einhebung und Zweckmäßigkeit ihrer Verwendung hat erst aus Anlass der Prüfung eines allfälligen Rückforderungsanspruchs zu erfolgen (vgl auch Prader/Pittl WGG2 § 14d Rz 5; Kulhanek in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht4 § 22 WGG Rz 34). Es besteht daher keine Verpflichtung der GBV zur (technischen und kaufmännischen) Offenlegung der Notwendigkeit und/oder Preisangemessenheit beabsichtigter Arbeiten aus den EVB. Das Gericht kann in einem Verfahren auch nicht prüfen, ob beabsichtigte Erhaltungs‑ und Verbesserungsarbeiten notwendig oder nützlich sind und ob deren voraussichtliche Kosten die Einhebung eines EVB in der vorgeschriebenen Höhe rechtfertigen (5 Ob 237/17i).

[20] 1.6. § 14 Abs 2 WGG sieht – vergleichbar dem Verfahren zur Erhöhung der Hauptmietzinse nach §§ 18 ff MRG – ein Verfahren zur Erhöhung der EVB vor. Reichen die nicht verbrauchten EVB und die künftigen im gesetzlichen Höchstausmaß einzuhebenden EVB auch unter Einrechnung der nicht verbrauchten EVB zuzuführenden sonstigen Einnahmen und Mehrerträge sowie unter Einrechnung der Einnahmen aus der Vermietung und Überlassung von Dach‑ und Fassadenflächen zu Werbezwecken zur ordnungsgemäßen Erhaltung der Baulichkeit oder von Baulichkeiten, sofern diese hinsichtlich der Berechnung des Entgelts eine wirtschaftliche Einheit bilden, nicht aus, so kann die Bauvereinigung bei Gericht (bei der Gemeinde, § 39 MRG) zur Deckung des Fehlbetrags eine Erhöhung des Betrags nach § 14 Abs 1 Z 5 WGG begehren. [...] Das Gericht (die Gemeinde, § 39 MRG) hat darüber zu entscheiden, von wann an und in welchem Umfang dieser Betrag erhöht wird und, unter Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Lage der Mieter und sonstigen Nutzungsberechtigten, auf welche Zeit der erhöhte Betrag zu entrichten ist; der Zeitraum beträgt grundsätzlich 20 Jahre, ausgenommen die beantragten Arbeiten weisen in einer Gesamtschau eine erheblich kürzere oder längere Bestanddauer auf. Nach § 14 Abs 2 letzter Satz WGG sind schriftliche Vereinbarungen mit allen Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten über die Erhöhung des Betrags nach Abs 1 Z 5 zulässig. Gemäß § 14 Abs 2b WGG sind alle Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten an schriftliche Vereinbarungen über eine angemessene Erhöhung des Betrags nach Abs 1 Z 5 zur anteiligen Deckung der öffentlich geförderten Kosten 1. von Gemeinschaftseinrichtungen zur Erzeugung und Versorgung mit erneuerbarer Energie, 2. von Gemeinschaftseinrichtungen für Ladepunkte für Elektrofahrzeuge, 3. thermisch/energetischen Sanierungsmaßnahmen oder 4. behinderten‑, kinder‑ oder altengerechten Maßnahmen an allgemeinen Teilen der Baulichkeit dann gebunden, wenn – nach Vorlage einer Stellungnahme eines Sachverständigen, etwa der Förderstelle über die Angemessenheit der Kosten der Maßnahmen – mindestens drei Viertel der Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten, berechnet nach der Zahl der im Zeitpunkt der Vereinbarung vermieteten Miet‑ oder sonstigen Nutzungsgegenstände, zustimmen. Eine Erhöhung gemäß § 14 Abs 2b WGG darf gemäß § 14 Abs 2c WGG unter Berücksichtigung der nicht verbrauchten EVB und der diesen gewidmeten Beträge das zur Deckung der Kosten notwendige Ausmaß nicht übersteigen. Auf Antrag eines Mieters hat das Gericht (die Gemeinde, § 39 MRG) zu entscheiden, ob die Erhöhung den Voraussetzungen gemäß Abs 2b entspricht.

[21] 1.7. § 14 Abs 7 WGG sieht vor, dass Beträge gemäß § 14 Abs 1 Z 1 und 2 WGG (Betrag für die Absetzung für Abnützung bzw – weicht die Tilgung der Fremdmittel einschließlich der Darlehen aus öffentlichen Mitteln von der Absetzung für Abnützung ab – diese Tilgung und die aufgrund des Schuldscheins vorzunehmende angemessene Verzinsung der Fremdmittel einschließlich der Darlehen aus öffentlichen Mitteln), die nicht mehr zur Verzinsung und Tilgung von Fremdmitteln einschließlich von Darlehen aus öffentlichen Mitteln verwendet werden, unverändert der Berechnung des Entgelts zugrunde gelegt werden dürfen. Die Beträge sind 1. zur verstärkten Tilgung anderer noch aushaftender Fremdmittel, soweit Vertragsbestimmungen dem nicht entgegenstehen, 2. zur verstärkten Tilgung von noch aushaftenden Darlehen aus öffentlichen Mitteln, 2.a. im Übrigen für die (verstärkte) Tilgung der von der Bauvereinigung unter besonderer Beachtung der Grundsätze des § 23 WGG zur Deckung von Erhaltungs‑ und Verbesserungsmaßnahmen getätigten Eigenmitteleinsätze zu verwenden, 3. sodann für fünf Jahre den nicht verbrauchten EVB nach Abs 1 Z 5 und 4. danach den Rücklagen zuzuführen. (Unter anderem) Die Frage, ob diese Bestimmung der GBV nun die Möglichkeit bietet, sich bei geplanten Erhaltungsarbeiten auf eine Finanzierung im Weg dieser sogenannten „Auslaufannuitäten“ zu berufen, sodass es einer Erhöhung des EVB nach § 14 Abs 2 WGG nicht bedarf, ist Gegenstand dieses Verfahrens und der Revision.

[22] 1.8. Gemäß § 14a Abs 1 WGG ist die Beklagte nach Maßgabe der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Baulichkeit und die vermieteten oder zur Nutzung überlassenen Wohnungen oder Geschäftsräume und die der gemeinsamen Benützung der Bewohner der Baulichkeit dienenden Anlagen im jeweils ortsüblichen Standard erhalten und erhebliche Gefahren für die Gesundheit der Bewohner beseitigt werden. Die Kosten von Erhaltungsarbeiten sind gemäß § 14a Abs 3 WGG durch die gemäß § 14 Abs 1 Z 5 eingehobenen Beträge (also die EVB) und die ihnen zuzuführenden sonstigen Einnahmen und Mehrerträge zu decken. Reichen diese Beträge zur Deckung der Kosten nicht aus, so gilt § 14 Abs 2 bis 5 WGG. Der Kläger leitet daraus ab, die Einleitung eines Verfahrens nach § 14 Abs 2 bis 5 WGG sei für „größere Erhaltungsarbeiten“ zwingend.

[23] 2.1. Nach dem Wortlaut seines Klagebegehrens macht der Kläger zwar einen ihm (angeblich) zustehenden Feststellungsanspruch gegenüber der Beklagten geltend. Abzustellen ist allerdings auf das erkennbare Rechtsschutzziel der Klage (RS0039010 [T3]), soweit es in seinen Behauptungen eine Grundlage findet (vgl RS0039357; RS0041254). Schon das Berufungsgericht wies zutreffend darauf hin, dass sich die Frage eines rechtlichen Interesses im Sinn des § 228 ZPO hier nicht stellt, weil der Kläger in Wahrheit nicht eine Feststellung, sondern eine Leistung begehrt.

[24] 2.2. Das erkennbare Rechtsschutzziel seiner Klage ist nämlich darauf gerichtet, dass die Beklagte – bevor sie die von ihr geplanten Erhaltungsarbeiten in Angriff nimmt – ein Verfahren gemäß § 14 Abs 2 bis 5 WGG einleitet, also wahlweise entweder eine schriftliche Vereinbarung mit allen Mietern trifft oder ein gerichtliches Verfahren durchführt. Bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens soll die Beklagte es unterlassen, mit den geplanten Arbeiten auch nur zu beginnen. Für einen solchen Anspruch fehlt es aber an einer Rechtsgrundlage:

[25] 2.3. Unzweifelhaft stehen dem Kläger als Mieter vertragliche Ansprüche gegen die Beklagte als seine Vermieterin zu. Diese hat ihm den Gebrauch der gemieteten Wohnung störungsfrei zu überlassen. Ein Antrag auf Erhöhung des EVB nach § 14 Abs 2 WGG steht nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut aber nur der GBV selbst zu (was der Kläger nicht bestreitet). Selbst im Fall, dass die GBV durchzuführende Erhaltungs‑ und Verbesserungsarbeiten unterlässt, in welchem Fall ihr das Gericht (die Gemeinde) auf Antrag die Vornahme der Arbeiten binnen angemessener ein Jahr übersteigender Frist aufzutragen hätte (§ 14c Abs 1 WGG), steht das Antragsrecht neben der Gemeinde, in der die Baulichkeit gelegen ist (§ 14c Abs 1 Z 1 WGG), jedem Mieter oder sonstigem Nutzungsberechtigten der Baulichkeit nur hinsichtlich der Erhaltungsarbeiten nach § 14a Abs 2 Z 1, 2a bis 4 und 6 WGG zu, im Übrigen nur der Mehrheit der Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten (§ 14c Abs 1 Z 2 WGG). Ein Recht auf Unterlassung von Erhaltungsarbeiten ist aus dem WGG nicht abzuleiten.

[26] 2.4. Gemäß § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG ist (unter anderem) § 8 MRG auch auf die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung aus dem Titel eines Mietvertrags mit einer GBV anzuwenden. Das gilt insbesondere auch für die Duldungspflicht des Mieters nach § 8 Abs 2 und Abs 3 MRG im Zusammenhang mit Erhaltungs‑, Verbesserungs‑, Änderungs‑ und Errichtungsarbeiten, die der Mieter zuzulassen hat. Der Fachsenat hat dazu – für den Bereich des WGG – bereits ausgesprochen (5 Ob 145/22t), dass § 8 Abs 2 MRG auch eine dauernde Veränderung des Mietgegenstands jenes Mieters erfasst, dessen Duldungspflicht nach dieser Gesetzesstelle zu beurteilen ist (RS0069346). In Übereinstimmung mit der Lehre (H. Böhm/Pletzer in GeKo Wohnrecht I § 8 MRG Rz 101, Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Wohnrecht4 § 8 MRG Rz 32; Beer/Vospernik in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht3 § 8 MRG Rz 8) ging der Senat davon aus, dass eine Duldungspflicht der – dort – antragstellenden Mieterin nur dann bestehen kann, wenn die Voraussetzungen der §§ 3, 4 MRG bzw §§ 14a, 14b WGG vorliegen. Das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 14a, 14b WGG (also einer Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeit) ist daher als Vorfrage für das Bestehen der Duldungspflicht nach § 8 MRG zu prüfen (so auch RS0101796). Das vom Kläger behauptete Rechtsschutzdefizit besteht daher nicht, weil er – so sein Gebrauchsrecht an der überlassenen Wohnung durch die geplanten Erhaltungsarbeiten beeinträchtigt wird – ohnedies das Recht auf Antragstellung nach § 22 Abs 1 Z 3 WGG hat.

[27] 2.5. Einen solchen Anspruch – der im Übrigen im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren abzuhandeln wäre – macht der Kläger aber nicht geltend. Er will vielmehr (der Sache nach) auf die (ordentliche) Verwaltung der Beklagten Einfluss nehmen und sie entweder zur Einleitung des Verfahrens nach § 14 Abs 2 bis 5 WGG oder aber zur Unterlassung der geplanten Erhaltungsarbeiten zwingen. Auf diesem Weg will er auch die von der GBV geplante Finanzierung vom Gericht überprüfen lassen. Ein solcher Anspruch des Klägers lässt sich aus seiner Mieterstellung aber nicht ableiten.

[28] 2.6. Weder das MRG noch das WGG sieht einen Individualanspruch des einzelnen Mieters oder Nutzungsberechtigten vor, der auf das Setzen und/oder Unterlassen einer konkreten Verwaltungsmaßnahme durch die Vermieterin gerichtet wäre. In diese Richtung weisende Minderheitenrechte kennt (in taxativ aufgezähltem Umfang) nur das WEG in § 30 Abs 1. Auch dort kann aber selbst ein Wohnungseigentümer (§ 30 Abs 1 Z 5 WEG) nur begehren, dass dem Verwalter bei bestimmten Verstößen (nämlich gegen § 20 Abs 2 bis 7 WEG) die Einhaltung dieser Pflichten aufgetragen werden möge. Diese beziehen sich auf die Vorausschau, die Abrechnungspflicht, den Energieausweis, den Abschluss von Rechtsgeschäften mit Personen, die mit dem Verwalter durch ein familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis verbunden sind, die Einmahnung von Rückständen, die Anlegung eines Anderkontos und die Auskunftspflicht betreffend den Verwaltungsvertrag. Selbst im WEG steht dem einzelnen Wohnungseigentümer aber nicht das Recht zu, vom Verwalter die Unterlassung von Erhaltungsarbeiten, eine bestimmte Art von Finanzierung dieser Arbeiten und/oder die Einleitung eines Verfahrens hiezu zu verlangen.

[29] 2.7. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass weder der Mietvertrag des Klägers noch die Bestimmungen des MRG oder des WGG dem Kläger als einzelnem Mieter ein subjektives Recht gegenüber seiner Vermieterin einräumen, von dieser die Unterlassung bestimmter Erhaltungsmaßnahmen und/oder die Einleitung eines bestimmten gerichtlichen Verfahrens zur Prüfung dieser Erhaltungsmaßnahmen auf ihre Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Finanzierbarkeit zu verlangen.

[30] 3.1. Zu prüfen bleibt, ob der Kläger sich darauf stützen kann, dass dem WGG insgesamt eine (uneigennützige) Treuhand zugrunde liegt. Dies ist – wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte – zu verneinen.

[31] 3.2. Gemäß § 1 Abs 2 WGG haben zwar Bauvereinigungen, die aufgrund dieses Bundesgesetzes als gemeinnützig anerkannt wurden, ihre Tätigkeit unmittelbar auf die Erfüllung dem Gemeinwohl dienender Aufgaben des Wohnungs‑ und Siedlungswesens zu richten, ihr Vermögen der Erfüllung solcher Aufgaben zu widmen und ihren Geschäftsbetrieb regelmäßig prüfen und überwachen zu lassen. Gemäß dem mit der WGG‑Novelle 2019 eingeführten § 1 Abs 3 WGG ist das von gemeinnützigen Bauvereinigungen nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Wirtschaftsführung erwirtschaftete Eigenkapital im Sinn eines Generationenausgleichs zur Sicherung einer nachhaltigen Wohnversorgung bestehender und zukünftiger Nutzer auf Dauer für Zwecke des gemeinnützigen Wohnungswesens gebunden und zu verwenden.

[32] 3.3. Die Bestimmungen legen als Programmnormen das in der Folge weiter konkretisierte Vermögensbindungsprinzip fest, wonach die GBV unter staatlicher Fach‑ und Rechtsaufsicht ihre Tätigkeit auf die Erfüllung von dem Allgemeininteresse dienenden Aufgaben des Wohnungs‑ und Siedlungswesens zu richten und die ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel dieser Aufgabe zu widmen hat (vgl VwGH 7. 9. 2021, Ro 2020/15/0024). § 1 Abs 3 WGG betont dies ausdrücklich (Holoubek/Hanslik‑Schneider in Illedits, Wohnrecht TaKomm4 § 1 WGG Rz 2; Prader/Pittl, WGG2.02 § 1 Rz 1). Die Normierung eines „Generationenausgleichs“ soll das Ziel des im WGG gründenden gemeinnützigen Wohnbaus und den Gesetzeszweck des WGG in knapper und anschaulicher Weise programmatisch darstellen (ErläutRV 895 BlgNR 25. GP  5). Dieses Vermögensbindungsprinzip hat eine – in den einzelnen Regelungen des WGG näher ausgestaltete – Verwendungspflicht des gemeinnützigen Vermögens zum Inhalt (Holoubek/Hanslik‑Schneider aaO Rz 3).

[33] 3.4. Der vom Kläger dafür angesprochene Begriff der Treuhand ist im österreichischen Recht nicht geregelt, dessen Inhalt wird allgemein von der Lehre bestimmt und richtet sich grundsätzlich nach der Parteienvereinbarung, der entnommen werden muss, welche Einschränkungen das Eigentum des Treuhänders gegenüber dem allgemeinen Eigentumsbegriff erfährt (RS0010444). Mangels einer festgestellten Vereinbarung einer Treuhandschaft zwischen den Parteien könnte hier nur auf das WGG selbst als Grundlage für eine Treuhand abgestellt werden. Einschränkungen des Eigentums der GBV sieht das WGG aber nur im Sinn einer gewissen Vermögensbindung für nachfolgende Generationen vor. Selbst wenn man dies als Ausformung einer Treuhandschaft interpretieren wollte, ließe sich ein Individualrecht des Klägers auf Einflussnahme auf die ordentliche Verwaltung der GBV daraus aber nicht ableiten. Gegenteiliges ist auch aus der in der Revision zitierten (Straf‑)Entscheidung 14 Os 94/21m nicht abzuleiten. Dort wurde über Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ausgesprochen, die im Beschluss eines Beschwerdegerichts geäußerte Rechtsansicht, das dem WGG inhärente Vermögensbindungsprinzip diene dem Vermögensschutz des wirtschaftlich Berechtigten und die Einwilligung der Anteilseigner einer GBV stehe der Annahme eines Befugnismissbrauchs nicht entgegen, verletze § 153 Abs 1 und Abs 2 StGB. Zu beurteilen war die Frage, ob die Zustimmung der Anteilseigner einer als GmbH organisierten GBV zu bestimmten Organhandlungen eine Untreuehandlung im Sinn des § 153 StGB ausschließen kann. Zu einer Treuhänderstellung der GBV gegenüber ihren Mietern aufgrund des Vermögensbindungsprinzips enthält die Entscheidung keine Aussage.

[34] 3.5. Es lässt sich daher auch aus dem allgemein dem WGG zugrundeliegenden Vermögensbindungsprinzip kein subjektiver Anspruch des Klägers auf Einflussnahme auf die Verwaltung der GBV in Bezug auf die Unterlassung von Erhaltungsarbeiten oder aber Einleitung von gerichtlichen Verfahren im Zusammenhang damit ableiten.

4. Dieses Ergebnis ist wie folgt zusammenzufassen:

[35] Weder das WGG noch das MRG oder der einzelne mit einer GBV abgeschlossene Mietvertrag gewähren dem einzelnen Mieter das subjektive Recht, von der GBV die Unterlassung einer Verwaltungsmaßnahme wie etwa von Erhaltungsarbeiten oder aber die Einleitung eines nach den Bestimmungen des WGG nur von der GBV als antragsberechtigt einzuleitenden Verfahrens zur Überprüfung dieser Erhaltungsmaßnahmen auf ihre Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu verlangen.

[36] 5. Da es dem Kläger daher schon an einer ausreichenden Rechtsgrundlage für das von ihm gestellte Begehren mangelt, haben die Vorinstanzen seine Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Ob die Stellung eines Antrags nach § 14 Abs 2 WGG oder die Einholung der Zustimmung aller Mieter im Sinn des § 14 Abs 2 letzter Satz WGG immer dann unterbleiben kann, wenn eine Erhöhung des EVB gar nicht geplant ist, kann daher ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob § 14 Abs 7 Z 2a WGG der GBV tatsächlich die Möglichkeit einräumt, die in § 14 Abs 7 WGG genannten Beträge (Auslaufannuitäten) zur Tilgung von noch gar nicht getätigten Eigenmitteleinsätzen für künftige Erhaltungsarbeiten zu verwenden und sich aus diesem Grund darauf zu berufen, eine Erhöhung des EVB zur Finanzierung sei nicht erforderlich.

[37] 6. Zwar darf das Gericht die Parteien in seiner Entscheidung nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die sie nicht beachtet haben und auf die sie das Gericht nicht aufmerksam gemacht hat (RS0037300), was auch für den Obersten Gerichtshof gilt (RS0037300 [T9]). Keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen bedarf es aber, wenn der Prozessgegner bereits entsprechende Einwendungen erhoben hat, weil angesichts solcher Einwendungen die andere Partei ihren Prozessstandpunkt selbst zu überprüfen und die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen hat. Auch die Pflicht nach § 182a ZPO bezweckt nämlich nicht, das Gericht zur Erörterung eines Vorbringens zu zwingen, dessen Schwächen bereits der Prozessgegner aufzeigte (RS0122365; jüngst 8 Ob 23/23z). Hier wendete die Beklagte ausdrücklich ein, dass dem Kläger der von ihm behauptete Anspruch nicht zustehe. Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, welche Tatsachenbehauptungen der Kläger zur Begründung eines ausreichenden Rechtsgrundes für den von ihm behaupteten Anspruch noch aufstellen könnte.

[38] 7.1. Der Anregung auf Befassung des Verfassungsgerichtshofs wegen Fehlens eines gesetzlichen Richters war nicht zu folgen, weil – wie bereits erörtert – ein Rechtsschutzdefizit des Klägers nicht zu erkennen ist. Im Weg eines Verfahrens über seine Duldungspflicht nach § 8 Abs 2 und 3 MRG kann er das Vorliegen einer von ihm zu duldenden Erhaltungs‑ oder Verbesserungsarbeit gerichtlich prüfen lassen. Die Zulässigkeit der Verrechnung von Auslaufannuitäten im Sinn des § 14 Abs 7 WGG kann er im Weg des Überprüfungsverfahrens nach § 22 Abs 1 Z 6 WGG (Angemessenheit des Entgelts) an das Gericht herantragen. Im Weg des ihm zustehenden Rückforderungsanspruchs betreffend nicht verbrauchter EVB steht ihm ebenfalls ein gerichtliches Verfahren zur Verfügung (§ 22 Abs 1 Z 11 WGG), in dem die dem Gesetz gemäße Verwendung des EVB zu prüfen ist.

[39] 7.2. Auch der Anregung auf Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens des EuGH war nicht näher zu treten, weil – wie bereits das Berufungsgericht zutreffend erkannte – das Wohnzivilrecht des WGG keinen europarechtlichen Bezug hat und nicht erkennbar ist, inwieweit die Dienstleistungsfreiheit des Art 56 AEUV dadurch beeinträchtigt sein könnte, dass dem Mieter einer Genossenschaftswohnung kein privatrechtlicher Anspruch auf Unterlassung von Verwaltungshandlungen zukommt.

[40] 8. Damit konnte der Revision kein Erfolg beschieden sein.

[41] 9. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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