Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.470,24 EUR (darin 245,04 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Beklagte bewarb im Dezember 2007 ihren Einzelhandel mit Einrichtungsgegenständen und Hausrat mit als Postwurfsendungen verteilten Werbeprospekten im Format von ca 30 cm x ca 35 cm, deren erste Seite im Anhang zu dieser Entscheidung abgebildet ist (Gesamtansicht und Detail). In gleicher Weise bewarb die Beklagte ihr Angebot auch in ihrem Online-Katalog.
Der nach § 14 Abs 1 UWG klagelegitimierte Verein zur Wahrung von Verbraucherinteressen begehrte, der Beklagten aufzutragen, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, a) in ihrer Werbung, insbesondere in Werbeprospekten, ihren Kunden die Finanzierung des Kaufpreises über zinsenlose Kredite in Aussicht zu stellen - hilfsweise b): den unrichtigen Eindruck zu erwecken, sie biete ihren Kunden die Finanzierung des Kaufpreises über zinsenlose Kredite an -, etwa durch die blickfangartig hervorgehobene Ankündigung „0% Zinsen“, wenn die Inanspruchnahme des Kredits tatsächlich mit Entgelten, etwa Bearbeitungs- und Kontoführungsgebühren und damit mit einem Effektivzins von beispielsweise 3,9 % oder 5,02 % verbunden ist; der Kläger begehrte ferner, ihn zur Urteilsveröffentlichung zu ermächtigen. Die Ankündigung verstoße gegen Z 20 Anhang zum UWG, weil sie als Angebot der Vermittlung eines unverzinsten Darlehens, somit einer Dienstleistung zu verstehen und daher an diesem Tatbestand zu messen sei. Als unvermeidbare Kosten nach der genannten Bestimmung seien jedoch nur die staatlichen Rechtsgeschäftsgebühren anzusehen, nicht hingegen die Bearbeitungs- und Kontoführungsentgelte. Überdies sei die Ankündigung irreführend gemäß § 2 Abs 1 UWG. Dem Umworbenen werde ein besonderer Preisvorteil (§ 2 Abs 1 Z 4 UWG) vorgegaukelt, der aufklärende Hinweis auf die anfallenden Bearbeitungs- und Kontoführungsgebühren sei in den Prospekten kaum zu entziffern und im Online-Katalog schlicht unleserlich. Das Versprechen einer zinsenfreien Kreditierung der Kaufpreisforderung sei geeignet, den Durchschnittsverbraucher einerseits zum Kauf eines Produkts und andererseits auch zur Inanspruchnahme eines Kredits zu bewegen, wovon er bei Kenntnis der wahren Umstände Abstand genommen hätte.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bewerbe die beanstandete Finanzierungsaktion durchgehend in farblich untermalten Kästchen. Der im Vergleich zu den übrigen Ankündigungen in diesem Kästchen relativ klein gedruckte Hinweis „0% Zinsen“ beziehe sich auf den Nominalzinssatz und damit auf die reinen Kreditzinsen. Die Ankündigung „2009 zahlen!“ sei mit einer klar erkennbaren Fußnote versehen, die auf weitergehende Informationen verweise. Der erklärende Text sei unmittelbar unterhalb der beanstandeten Äußerung abgedruckt, falle jedermann ins Auge und werde von einem vernünftigen und kritischen Verbraucher auch zweifellos gelesen, weil von einem am Kauf von Möbeln samt allfälliger Finanzierung interessierten Durchschnittsverkäufer ein höherer Grad an Aufmerksamkeit zu erwarten sei. Aus dem erklärenden Text ergebe sich unmissverständlich, dass zwar der reine Kreditzinssatz 0 %, der effektive Jahreszinssatz jedoch aufgrund einer Bearbeitungs- und Rechtsgeschäftsgebühr 3,9 % bzw 5,02 % betrage. Die vermittelte Information sei ausreichend deutlich und rechtzeitig, sodass keine Gefahr bestehe, ein Durchschnittsverbraucher werde durch die Werbung zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die er sonst nicht getroffen hätte. Die beanstandete Ankündigung bewerbe keine Ware oder Dienstleistung als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder ähnlich und verstoße damit auch nicht gegen Z 20 Anhang zum UWG. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 20. 11. 2008 bot die Beklagte „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ den Abschluss eines Vergleichs an; ihr - vom Kläger abgelehntes - Angebot umfasste das Unterlassungshauptbegehren mit dem Zusatz „ohne dass darauf ausreichend deutlich hingewiesen wird“ sowie die Veröffentlichung im Sinne des Klagebegehrens.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Ob die beanstandete Werbung irreführend sei, richte sich nach dem Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten, der eine dem Anlass angemessene Aufmerksamkeit aufwende. Da sich die Werbung an potentielle Käufer von Möbelstücken als Waren mit einem nicht unerheblichen Preis und mit relativ hoher Lebensdauer richte, sei zu unterstellen, dass sich der interessierte Verbraucher einer entsprechenden Ankündigung mit normaler Aufmerksamkeit zuwende und einer Kaufentscheidung erst dann näher trete, nachdem er sich weiter informiert habe. Maßgeblich für die Eignung zur Irreführung sei der Gesamteindruck einer Ankündigung; bei blickfangartigem Herausstellen einzelner Teile könne die Irreführungseignung durch einen ausreichend deutlichen aufklärenden Hinweis beseitigt werden. Die weiterführenden Informationen bei der beanstandeten Ankündigung seien trotz kleinerer Schriftgröße klar und deutlich aufzufassen und gäben die Bedingungen der Kreditierung des Kaufpreises ausreichend richtig wieder. Damit bestehe keine Gefahr, dass ein Kunde zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werde, die er sonst nicht getroffen hätte. Die Werbung verstoße auch nicht gegen Z 20 Anhang zum UWG, weil dem Durchschnittsverbraucher aufgrund des aufklärenden Hinweises bewusst sei, dass er für die Kreditierung des Kaufpreises eine Gegenleistung zu erbringen habe.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es dem Unterlassungshauptbegehren und dem Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung stattgab; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die unrichtige Beschreibung eines Produkts als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder ähnlich auch dann nach Z 20 Anhang zum UWG zu untersagen sei, wenn die Ankündigung einen deutlichen Hinweis auf etwaige Zusatzkosten enthalte. Mit der Ankündigung „0% Zinsen“ werde ein zinsenfreies und damit unentgeltliches Darlehen (bzw die Vermittlung eines solchen) angeboten, somit eine Leistung, die vom weiten Produktbegriff in Z 20 Anhang zum UWG umfasst sei. Es werde der Eindruck der Kostenlosigkeit vermittelt. Diese Beschreibung entspreche nicht den Tatsachen, weil der Kunde trotz eines Nominalzinssatzes von 0 % aufgrund der Bearbeitungs- und Kontoführungsgebühren je nach Laufzeit einen Effektivzinssatz 3,9 % bzw 5,02 % zu zahlen habe. Nur die vom Kunden zu leistende Rechtsgeschäftsgebühr sei als im Rahmen des Eingehens auf die Geschäftspraktik unvermeidbar anzusehen, nicht hingegen die Bearbeitungsgebühr und die Kontoführungsgebühren. Die Ankündigung verstoße daher gegen Z 20 Anhang zum UWG. Die Tatbestände des Anhangs zum UWG seien per se-Verbote und führten ohne weitere Prüfschritte zur Beurteilung als unlautere Geschäftspraktiken; es könne daher selbst ein deutlicher Hinweis auf etwaige Zusatzkosten die mögliche Irreführung bei Verwendung der Begriffe „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ und ähnliches nicht beseitigen. Damit erweise sich das Vergleichsangebot der Beklagten, die sich dem Unterlassungshauptbegehren nur mit einem einschränkenden Zusatz unterwerfen habe wollen, als nicht ausreichend, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen, sodass der Kläger mit diesem Begehren durchdringe. Davon abgesehen gehe die aufklärende Information über den Effektivzinssatz gegenüber der blickfangartigen Ankündigung „0% Zinsen“ im Kleindruck unter und habe keineswegs den gleichen Auffälligkeitswert, weshalb die Werbung als irreführend auch gegen § 2 UWG verstoße.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig. Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab.
1. Nichts geändert hat die UWG-Novelle 2007 an der Rechtsprechung, wonach eine Ankündigung nach ihrem Gesamteindruck zu beurteilen ist (RIS-Justiz RS0043590 [T49]). Der Gesamteindruck ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Gesamtinhalt der Ankündigung, da der Gesamteindruck durch einzelne Teile der Ankündigung, die als Blickfang besonders herausgestellt sind, bereits entscheidend geprägt werden kann. In solchen Fällen darf auch der blickfangartig herausgestellte Teil der Ankündigung für sich allein nicht irreführend iSd § 2 UWG sein (vgl RIS-Justiz RS0078542).
2. Das Berufungsgericht ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen. Seine Auffassung, die beanstandete Ankündigung vermittle den unrichtigen Eindruck einer kostenlosen Finanzierung, weil dem aufklärenden Hinweis über anfallende Gebühren nicht der gleiche Auffälligkeitswert zukomme wie der blickfangartige Hinweis „0% Zinsen“, wendet die Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Irreführung durch Unterlassung vertretbar auf den Einzelfall an: Enthält eine Ankündigung wesentliche Informationen als Voraussetzung einer informierten geschäftlichen Entscheidung des Marktteilnehmers nicht (bzw hier: nicht mit gleicher Auffälligkeit wie blickfangartig hervorgehobene Informationen), liegt nach § 2 Abs 4 UWG eine irreführende Geschäftspraktik vor (vgl 4 Ob 163/08m = RIS-Justiz RS0124473). Ob eine Ankündigung im Einzelfall zur Irreführung geeignet ist, ist keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0053112).
3. Das dem Hauptbegehren entsprechende Unterlassungsgebot orientiert sich am Kern der geltend gemachten und bescheinigten Verletzungshandlung (vgl RIS-Justiz RS0037645, RS0037607 [T34]) und beschreibt das künftig gebotene Verhalten hinreichend deutlich, sodass in einer für das Gericht und die Parteien unverwechselbaren Weise feststeht, was geschuldet wird (RIS-Justiz RS0119807); es ist daher auch ohne jenen begründenden Zusatz berechtigt, den die Beklagte zur Bedingung ihres Vergleichsangebots gemacht hat. Letzteres konnte daher die Wiederholungsgefahr nicht beseitigen.
4. Das bekämpfte Unterlassungsgebot sanktioniert eine Verletzungshandlung, die jedenfalls unter den Tatbestand der irreführenden Geschäftspraktik (§ 2 Abs 1 UWG) fällt. Ob darüber hinaus der Tatbestand der Nr 20 Anhang zum UWG erfüllt ist, bedarf bei dieser Sachlage keiner weiteren Prüfung.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente sein Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)