European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0030OB00223.23Z.0403.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Exekutionsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung:
[1] Die Betreibende beantragte die Pfändung und Verwertung der dem Verpflichteten angeblich zustehenden Ansprüche auf Feststellung der Nichtigkeit eines näher bezeichneten Schenkungsvertrags betreffend bestimmte mit Wohnungseigentum verbundene Liegenschaftsanteile sowie auf Löschung der aufgrund dieses Schenkungsvertrags erfolgten bücherlichen Eintragungen, und zwar „all dies ua mangels wirklicher Übergabe“.
[2] Das Erstgericht wies den Antrag ab, weil die von der Betreibenden behaupteten Ansprüche keine pfändbaren Vermögensrechte seien.
[3] Das Rekursgericht änderte die Entscheidung dahin ab, dass es die beantragte Exekution bewilligte, ein Drittverbot aussprach und sich die Entscheidung über den Verwertungsantrag vorbehielt. Jedes Vermögensrecht, das zum Vermögen des Schuldners gehöre und nicht der Exekution entzogen sei, sei auch ein taugliches Exekutionsobjekt. Aus der Nichtigkeit eines Vertrags resultierende Ansprüche könnten bereits vor erfolgreich durchgeführter Anfechtung abgetreten werden; dies gelte auch für das Begehren auf Feststellung der Ungültigkeit eines Vertrags. Die im Exekutionsantrag bezeichneten Ansprüche des Verpflichteten seien daher grundsätzlich pfändbar. Aus dem allein maßgeblichen Vorbringen im Exekutionsantrag folge keine Heilung des Formmangels, die im Übrigen im Exekutionsverfahren auch nicht zu klären sei.
[4] Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil „keine (neuere) Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob der Anspruch auf Anfechtung eines Vertrags wegen Nichteinhaltung eines Formgebots (...) pfändbar“ sei.
[5] Dagegen wendet sich der Revisionsrekurs des Verpflichteten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluss wiederherzustellen.
[6] Die Betreibende beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[7] Der Revisionsrekurs ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§§ 510 Abs 3, 528a ZPO iVm § 78 Abs 1 EO).
[8] 1. Die erst nach Zustellung der zweitinstanzlichen Entscheidung erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Verpflichteten berührt das vorliegende Exekutionsverfahren nicht (vgl 3 Ob 50/19b).
[9] 2. Gemäß § 65 Abs 3 EO ist das Rekursverfahren – von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen – einseitig (vgl RS0118686). Die vom Rekursgericht ausgesprochene Zurückweisung der Rekursbeantwortung des Verpflichteten begründet nicht eine von ihm behauptete Nichtigkeit, hatte der Verpflichtete doch mit seinem Revisionsrekurs die – auch wahrgenommene – Möglichkeit, seinen Standpunkt darzulegen.
[10] 3. Allgemeine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Exekution auf Vermögensrechte ist, dass das zu pfändende Recht zur Zeit der Exekutionsführung dem Verpflichteten zusteht (RS0053189; vgl auch RS0106938) und dieses Recht – zumindest der Ausübung nach – verwertbar (übertragbar) ist (vgl RS0004046).
[11] 3.1 Schon nach der bisherigen Rechtsprechung vor Inkrafttreten der GREx – von der abzugehen kein Anlass besteht – musste der betreibende Gläubiger im Exekutionsantrag nicht bescheinigen oder beweisen, dass das in Rede stehende Vermögensrecht tatsächlich existiert (3 Ob 26/08g), tatsächlich dem Verpflichteten zusteht (3 Ob 28/99k) oder gepfändet und verwertet werden kann (RS0001249; Schneider in Mohr/Pimmer/Schneider, EO17 Anm zu § 326; Frauenberger in Deixler-Hübner, EO, § 326 Rz 16 mwN). In die Prüfung der Frage, ob die behauptete Forderung, deren Pfändung begehrt wird, überhaupt besteht, hat sich das zur Bewilligung der Exekution berufene Gericht nicht einzulassen (RS0000085).
[12] 3.2 Wegen des Nichtbestands oder fehlender Pfändbarkeit oder Verwertbarkeit des in Exekution gezogenen Rechts darf der Exekutionsantrag nur dann abgewiesen werden, wenn sich schon aus diesem selbst oder aus den Akten des Bewilligungsgerichts zweifelsfrei ergibt, dass das gepfändete Recht nicht besteht oder nicht pfändbar oder nicht verwertbar ist (vgl 3 Ob 28/99k; vgl auch RS0084555; RS0000085 [T9]). Ein Antrag auf Rechteexekution ist nicht einmal deshalb abzuweisen, weil nach dem Vorbringen des Betreibenden nur eines der in Exekution gezogenen Vermögensrechte bestehen kann, jedoch im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Exekutionsantrag weder nach dessen Vorbringen noch nach dem sonstigen Inhalt der Akten beurteilbar ist, welches der betroffenen Rechte nicht besteht (3 Ob 170/03a).
[13] 3.3 Hier datiert der Exekutionsantrag vom 14. Juni 2023, weshalb die Bestimmungen der EO idF der GREx (BGBl I 2021/86) anzuwenden sind. Die Exekution auf Vermögensrechte wurde durch die GREx ausdrücklich erweitert: Gemäß § 326 Abs 1 zweiter Satz EO zählen nun (entgegen der früheren Rechtsprechung zu § 331 EO aF, vgl RS0004202) ex lege auch Miteigentumsanteile an „Liegenschaften, die durch deren Teilung verwertet werden sollen“, zu den Vermögensrechten (näher dazu Frauenberger in Deixler‑Hübner, EO, § 326 Rz 24). Bei der Beurteilung, ob ein Vermögensrecht diesen Bestimmungen unterfällt, ist daher – wie schon nach der bisherigen Rechtsprechung – auch weiterhin großzügig vorzugehen und im Zweifel die Exekutionsunterworfenheit anzunehmen (RS0120349; Frauenberger in Deixler-Hübner, EO, § 326 Rz 4 mwN).
[14] 3.4 Schließlich genügt für die Tauglichkeit eines Rechts als Exekutionsobjekt iSd §§ 326 ff EO deren mittelbare Verwertbarkeit. Das Recht muss daher nicht selbst verwertbar sein, sondern es genügt, dass dessen Ausübung den Zugriff auf verwertbares Vermögen ermöglicht (vgl 3 Ob 177/10s).
[15] 4.1 Es mag zutreffen, dass hinsichtlich der Tauglichkeit als Exekutionsobjekt bisweilen zwischen „Gesamtrecht“ und daraus resultierenden Einzelbefugnissen unterschieden werden muss (vgl etwa 3 Ob 99/79 [Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers und bloßes Benützungsrecht]). Dass die begehrte Exekution – wie der Verpflichtete meint – (nur) eine unzulässige „Übertragung des Prozessführungsrechts“ bedeute, trifft aber hier nicht zu. Aus dem auf Verkauf gerichteten Verwertungsantrag folgt vielmehr, dass die Betreibende das „Gesamtrecht“ und nicht bloß eine Prozessführungsbefugnis anstrebt.
[16] 4.2 Weshalb die Möglichkeit zur Anfechtung eines Schenkungsvertrags – wie der Verpflichtete meint – ein höchstpersönliches Recht sein soll, ist nicht ersichtlich.
[17] 4.3 Ob die Verfolgung der gepfändeten Rechte Erfolg haben wird, ist im Rahmen der Entscheidung über den Exekutionsantrag nicht zu prüfen. Die Frage einer allfälligen Heilung des gegebenenfalls bestandenen Formmangels des Schenkungsvertrags ist daher hier nicht zu beurteilen.
[18] 5. Die Entscheidung des Rekursgerichts stimmt mit den dargelegten Grundsätzen überein, eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung ist nicht erkennbar. Eine erhebliche Rechtsfrage zeigt der Verpflichtet nicht auf; sein Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.
[19] 6. Ein Anlass dafür, dem Betreibenden im einseitig gestalteten Exekutionsverfahren ausnahmsweise (RS0116198 [T1]) die Möglichkeit einer Äußerung zum Revisionsrekurs einzuräumen, ist nicht erkennbar. Die Revisionsrekursbeantwortung ist zwar mangels gesetzlicher Anordnung nicht zurückzuweisen (RS0118686 [T11]), sie diente allerdings nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und ist daher nicht zu honorieren (RS0118686 [T12]).
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