Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die erstgerichtliche Exekutionsbewilligung wiederhergestellt wird.
Text
Begründung
Mit Beschluss vom 10. September 2002 bewilligte das Erstgericht der Betreibenden aufgrund des vollstreckbaren Beschlusses des Bezirksgerichts Döbling vom 3. September 2001 und des vollstreckbaren Urteils dieses Gerichts vom 13. September 1996 die Exekution gemäß § 331 EO zur Hereinbringung von 58.138,27 EUR sA und 19.985,02 EUR sA durch Pfändung der "Gesamtrechte" des Verpflichteten aus dem im Rahmen eines Verlassenschaftsverfahrens abgeschlossenen Pflichtteilsübereinkommens, falls es rechtswirksam zustande gekommen sein sollte, sollte es dagegen nicht rechtswirksam zustande gekommen sein, durch Pfändung der dem Verpflichteten am Nachlass "zustehenden Rechte (insbesondere Erbrechts- und Pflichtteilsansprüche)". Die Entscheidung über den Verwertungsantrag wurde vorbehalten.
Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag zur Gänze ab und sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Dem Wesen des Exekutionsantrags entsprechend solle "die Bewilligung der beantragten Exekutionsmittel vom Vorliegen einer außer im streitgegenständlichen Exekutionsverfahren liegenden Bedingung (Zulässigkeit eines Pflichtteilsübereinkommens) abhängig" gemacht werden. Das sei unzulässig. Es werde zwar bei Bewilligung der Forderungsexekution - gleichviel, ob nach § 294 oder § 331 EO - das Bestehen der als Exekutionsobjekte betroffenen Forderungen nicht geprüft, sodass die Exekution auch ins Leere gehen könne, eine Exekutionsbewilligung dürfe jedoch im Exekutionsantrag "nicht von der Zulässigkeit" einer vom Verpflichteten "abgeschlossenen Vereinbarung und daher vom Bestehen" der ihm "zustehenden Rechte abhängig gemacht werden". Prozesshandlungen, die auf den Eintritt außerprozessualer Bedingungen gestützt würden, seien ausnahmslos unzulässig; andernfalls wäre "der Prozessablauf unvorhersehbar und auch zeitlich schwerst beeinträchtigt". Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil "zur Frage der eventualiter gestellten Exekutionsanträge" nur die zu 3 Ob 125/72 ergangene Entscheidung existiere.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Betreibenden ist - nach den folgenden Ausführungen - zulässig; er ist im Ergebnis auch berechtigt.
1. Aus dem angefochtenen Beschluss folgt, dass das Rekursgericht offenbar die Begriffe "Exekutionsobjekt" und "Exekutionsmittel" verwechselte. Die Betreibende will mit einem Exekutionsmittel - nämlich jenem nach §§ 331 ff EO - auf unterschiedliche Vermögensrechte des Verpflichteten als Exekutionsobjekte greifen. Nach dem Antragsvorbringen kann allerdings nur eines der in Exekution gezogenen Rechte bestehen. Nicht beurteilbar war dagegen im Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung - für die Berechtigung eines Exekutionsantrags ist die Sachlage in diesem Zeitpunkt maßgebend (RIS-Justiz RS0000019) -, ob der Verpflichtete das eine oder das andere der vom Exekutionsantrag betroffenen Vermögensrechte erlangte. Hier stellt sich daher - entgegen der Ansicht des Rekursgerichts - nicht die Frage, ob "die Entscheidung über die Bewilligung der beantragten Exekutionsmittel (Hervorhebung durch den erkennenden Senat) vom Vorliegen einer außer im streitgegenständlichen Exekutionsverfahren liegenden Bedingung (Zulässigkeit eines Pflichtteilsübereinkommens) abhängig" gemacht werden könne, es ist vielmehr zu klären, ob die Betreibende gleichzeitig auf zwei Vermögensrechte des Verpflichteten exekutiv greifen kann, wenn der Verpflichtete nach ihrem Vorbringen nur Gläubiger eines dieser Rechte sein kann, aber im Zeitpunkt der Entscheidung über den Exekutionsantrag noch ungewiss ist, welches dieser Rechte besteht oder nicht besteht. Zur Beurteilung dieser Frage vermag die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung des erkennenden Senats zu 3 Ob 125/72, die Anlass für den Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses war, nichts beizutragen, ging es doch dort um "Anträge auf Bewilligung weiterer Exekutionsmittel ... für den Fall der Erfolglosigkeit der primär beantragten Exekutionsmittel" in "zeitlichen Abständen". Die einzig relevante Fragestellung wird jedoch auch von der Betreibenden verkannt. Diese meint, es wäre zumindest derjenige ihrer "Anträge" zu bewilligen gewesen, der die "die besten Erfolgsaussichten" habe. Sie stützt diese Ansicht auf die Entscheidung des erkennenden Senats zu 3 Ob 106/89. Dort wird allerdings die Zulässigkeit von Alternativ- und Eventualexekutionsanträgen, die sich auf unterschiedliche Exekutionsmittel beziehen, erörtert.
2. Bei der Forderungsexekution entspricht es der - im Schrifttum gebilligten (Heller/Berger/Stix, EO III 2112; Oberhammer in Angst, EO, § 294 Rz 37; Resch in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 294 Rz 9; Zechner, Forderungsexekution, § 290 Rz 5) - stRsp des Obersten Gerichtshofs, das Bewilligungsgericht habe grundsätzlich nicht zu prüfen, ob die behauptete Forderung, deren Pfändung beantragt werde, überhaupt bestehe. Der Exekutionsantrag sei nur dann abzuweisen, wenn sich das Nichtbestehen der als Exekutionsobjekt behaupteten Forderung schon aus ihm selbst oder sonst aus den Akten des Bewilligungsgerichts ergebe. Stelle sich später heraus, dass die gepfändete Forderung in Wahrheit nicht existiere, so sei die Exekution ins Leere gegangen (3 Ob 28/99k = SZ 72/108; 3 Ob 63/95 = SZ 68/158 uva). An diesen Leitlinien ist festzuhalten. Diese Rechtslage ist auch für die Bewilligung eines Exekutionsantrags nach § 331 EO maßgebend. Das Gericht hat bei diesem Exekutionsmittel vor der Exekutionsbewilligung ebenso nicht zu prüfen, ob jenes Vermögensrecht, das nach den Behauptungen des Betreibenden gepfändet werden soll, tatsächlich besteht (3 Ob 28/99k).
2. 1. Nach dem Vorbringen der Betreibenden im Exekutionsantrag ist klar, dass nur eines der behaupteten Vermögensrechte des Verpflichteten bestehen kann. Es war aber weder nach dem Antragsvorbringen noch nach der sonstigen Aktenlage mit Sicherheit beurteilbar, welches der beiden Rechte nicht besteht. Das Erstgericht gab daher dem - bloß ungeschickt formulierten - Exekutionsantrag zu Recht statt, ist doch das Antragsvorbringen dahin zu verstehen, die Betreibende wolle die Pfändung beider behaupteten Vermögensrechte des Verpflichteten gleichzeitig erwirken, weil zwar jedenfalls eines dieser Rechte bereits entstanden sei, jedoch erst nach der künftigen Entwicklung beurteilbar sein werde, um welches der beiden Rechte es sich dabei handle. Daher sind die bisherigen Erwägungen wie folgt zusammenzufassen:
Ein Antrag auf Exekutionsbewilligung gemäß § 331 EO ist nicht schon deshalb abzuweisen, weil nach dem Vorbringen des Betreibenden zwar nur eines der in Exekution gezogenen Vermögensrechte bestehen kann, jedoch im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Exekutionsantrag weder nach dessen Vorbringen noch nach dem sonstigen Inhalt der Akten des Bewilligungsgerichts beurteilbar ist, welches der betroffenen Rechte nicht besteht.
Nach dieser Rechtslage gab das Erstgericht dem Exekutionsantrag zutreffend statt. Somit ist aber dem im Rahmen der Rechtsrüge gesetzmäßig ausgeführten Revisionsrekurs - auf dem Boden einer allseitigen rechtlichen Beurteilung - stattzugeben. Das hat die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Exekutionsbewilligung zur Folge. Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, weil im Revisionsrekurs Kosten nicht verzeichnet wurden.
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