Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Vorinstanzen verpflichteten die Beklagte als Verkäuferin einer Liegenschaft samt einem erst in gekuppelter Bauweise zu errichtenden Einfamilienhaus gegenüber den Klägern als Käufer zur Leistung von Mängelbehebungskosten aus dem Titel des Schadenersatzes in der Gesamthöhe von 58.280 EUR sA; darunter zu 34.560 EUR als Kosten der Beseitigung unzureichenden Luftschallschutzes, der durch Schallbrücken zwischen den Außenwänden des Hauses der Kläger und des in gekuppelter Bauweise errichteten Nachbarhauses hervorgerufen wird. Es entspricht dem Stand der Technik, dass bei gekuppelter Bauweise die beiden aneinander grenzenden Außenwände (= Feuermauern) schalltechnisch zu entkoppeln sind und keine mechanischen Kontakte (= Schallbrücken) bestehen dürfen. Bei Einhaltung dieser Bauweise ist vom Erreichen eines Mindestluftschallschutzes von 60 dB auszugehen. Der im Haus der Kläger vorhandene Luftschallschutz liegt durchgehend unter dem Wert von 60 dB. Die von der Beklagten eingewendete Verjährung der Schadenersatzansprüche (Übergabe des Hauses im Juli 2008; Erhebung der Zahlungsbegehren am 15. November 2011) wurde verneint, weil Kenntnis der Kläger von Schaden, Schädiger, Ursachenzusammenhang und den das Verschulden der Beklagten betreffenden Tatsachen nicht vor dem Vorliegen des von ihnen eingeholten Privatgutachtens vom 24. Juni 2009 angenommen werden könne.
Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung in eine Klageabweisung. Als erhebliche Rechtsfragen macht die Beklagte Verfahrensmängel des Berufungsurteils wegen unterbliebener Auseinandersetzung mit zwei Beweisrügen geltend. Inhaltlich wendet sich die Revision zusammengefasst gegen alle Zusprüche wegen Verjährung; die Kläger hätten ihre Erkundigungspflicht nach § 1489 ABGB durch unbegründet zu späte Einholung des Privatgutachtens verletzt. Im Übrigen richtet sich die Revision nur gegen den Zuspruch der Mängelbehebungskosten von 34.560 EUR. Wegen Erfüllung des gesetzlichen Schallschutzwerts von 42 dB für Außenwände liege kein Baumangel zum Luftschallschutz vor; Fehler bei der Errichtung der benachbarten Feuermauer stellten keine Vertragsverletzung gegenüber den Klägern dar. Der Beklagten gelingt es damit nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, weshalb ihre Revision als nicht zulässig zurückzuweisen ist:
Rechtliche Beurteilung
1. Bei der Frage des Ausmaßes der Erkundungsobliegenheit des Geschädigten zu den Voraussetzungen einer erfolgreichen Anspruchsverfolgung kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an (RIS‑Justiz RS0113916), sie darf aber nicht überspannt werden (RIS‑Justiz RS0034327; RS0034524 [T48]; RS0034603 [T22]). Deshalb wird nach herrschender Ansicht eine Verpflichtung zur Einholung eines Privatgutachtens im Allgemeinen verneint (Mader/Janisch in Schwimann³ § 1489 ABGB Rz 21; M. Bydlinski in Rummel³, § 1489 ABGB Rz 3; Dehn in KBB³ § 1489 ABGB Rz 3 jeweils mwN; RIS‑Justiz RS0034327 [T2]; RS0034524 [T19]; 4 Ob 144/11x) und nur in besonderen Ausnahmefällen bejaht (RIS‑Justiz RS0034327 [T3] und [T26]; RS0113916 [T4]). Ist der Geschädigte Laie und setzt die Kenntnis des Kausalzusammenhangs und ‑ bei verschuldensabhängiger Haftung ‑ die Kenntnis der Umstände, die das Verschulden begründen, Fachwissen voraus, so beginnt die Verjährungsfrist regelmäßig erst zu laufen, wenn der Geschädigte durch ein Sachverständigengutachten Einblick in die Zusammenhänge erlangt hat (4 Ob 144/11x mwN; RIS‑Justiz RS0034603 [T23]; vgl RS0113727).
Die Beklagte, die ja als Schadenersatzpflichtige die Behauptungs‑ und Beweislast für den Beginn der Verjährungsfrist und die relevante Kenntnis zu einem bestimmten Zeitpunkt trifft (RIS‑Justiz RS0034456; RS0034326), hat gar nicht versucht, einen solchen Ausnahmefall darzustellen. Deshalb ist dem Berufungsgericht mit der Annahme des Fristbeginns für die Kläger als Laien erst mit Vorlage des Privatgutachtens und der Verwerfung der Verjährungseinrede keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung vorzuwerfen.
Die Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, es sei schon vor der Vorlage des Privatgutachtens klargestellt gewesen, dass es zur Verbesserung nicht mehr kommen werde (vgl RIS‑Justiz RS0022078), sodass sich eine Auseinandersetzung damit erübrigt(e).
2.1. Der im von den Streitteilen geschlossenen Vertrag neben dem Kauf einer Liegenschaft vorgesehene Erwerb eines erst herzustellenden Hauses drängt die Frage auf, ob dieser Teil der Vereinbarung als Kauf‑ oder Werkvertrag zu qualifizieren ist. Bei dieser Beurteilung ist es wesentlich, was nach dem Willen der Parteien der eigentliche Vertragsinhalt sein sollte, ob nämlich das Gewicht erkennbar auf der Erbringung einer nach den Bedürfnissen und Wünschen des Bestellers individualisierten Leistung oder mehr auf der Lieferung einer nur gattungsmäßig bestimmten Sache lag (2 Ob 85/05x mwN; RIS-Justiz RS0021657). Bei der Herstellung eines Einfamilienhauses handelt es sich regelmäßig um eine speziell auf den Besteller abgestellte Leistung, sodass hier ungeachtet des Umstands, dass das Werk nicht aus Stoffen der Kläger herzustellen war (vgl § 1166 ABGB), von einem werkvertraglichen Charakter dieser Leistungspflicht der Beklagten auszugehen ist (vgl Kletečka in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON 1.01 §§ 1165, 1166 Rz 102; M. Bydlinski in KBB³ § 1166 ABGB Rz 1). Wegen der zu unterstellenden Verknüpfung von Liegenschaftskauf- und Bauwerkvertrag als untrennbare Einheit liegt somit ein gemischter Vertrag vor. Bei diesen ist für die Beurteilung jeder einzelnen Leistungspflicht die sachlich am meisten befriedigende Vorschrift heranzuziehen, das ist nach der herrschenden Kombinationstheorie die Vorschrift jenes Vertragstyps, dem die einzelne Pflicht entstammt (RIS‑Justiz RS0013941). Für die Beurteilung der Leistungspflichten der Beklagten betreffend den Hausbau ist deshalb Werkvertragsrecht anzuwenden.
2.2. Eine Leistung ist nur dann mangelhaft im Sinne des § 922 ABGB, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem Geschuldeten, dh hinter dem Vertragsinhalt, zurückbleibt (RIS‑Justiz RS0018547).
Bei einem Werkvertrag hat der Unternehmer das vertraglich geschuldete Werk herzustellen. Welche Eigenschaften das Werk aufzuweisen hat, ergibt sich in erster Linie aus der konkreten Vereinbarung, hilfsweise ‑ soweit eine Detailvereinbarung nicht besteht ‑ aus Natur und (erkennbarem) Zweck der Leistung, letztlich aus der Verkehrsauffassung, sodass das Werk so auszuführen ist, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (RIS‑Justiz RS0021694, RS0021716). Das vom Unternehmer Geschuldete ist daher mittels Vertragsauslegung zu ermitteln (RIS‑Justiz RS0109226). Bestimmen sich die Eigenschaften des Werks nach der Verkehrsauffassung, sind die anerkannten Regeln der Technik des jeweiligen Fachs nach dem im Zeitpunkt der Leistungserbringung aktuellen Stand zu beachten (2 Ob 92/08f = RIS‑Justiz RS0021694 [T3]; Kletečka Rz 46; Krejci in Rummel³ §§ 1165, 1166 ABGB Rz 86; Rebhahn in Schwimann³ § 1165 Rz 32). Wie das Werk ausgeführt sein muss, damit es dem Stand der Technik entspricht, betrifft keine Rechtsfrage, sondern den Tatsachenbereich (1 Ob 564/95 = SZ 68/105 = RIS‑Justiz RS0048339).
2.3. In der hier zu beurteilenden Vereinbarung sagte die Beklagte die Errichtung des Hauses nur pauschal und undifferenziert nach den einzelnen Gewerken „den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen entsprechend“ zu, was einer im wesentlichen inhaltsleeren Floskel gleichkommt. Es ist überdies unstrittig, dass die maßgebliche Bauordnung für Wien für die gekuppelte Bauweise im Jahr 2007 kein besonderes Mindestluftschalldämmmaß für die Feuermauern vorsah. Eine Detailvereinbarung über das Ausmaß und die Ausgestaltung der im Revisionsverfahren allein noch strittigen Luftschallschutzdämmung wurde somit nicht getroffen, sodass das Werk in diesem Bereich so auszuführen war, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Die geschuldete Luftschallschutzdämmung ist daher anhand der dafür anerkannten Regeln der Technik zu ermitteln.
Dazu steht fest, dass es dem Stand der Technik entspricht, bei gekuppelter Bauweise die beiden aneinander grenzenden Außenwände (= Feuermauern) schalltechnisch zu entkoppeln und mechanische Kontakte (= Schallbrücken) auszuschließen; bei Einhaltung dieser Bauweise ist vom Erreichen eines Mindestluftschallschutzes von 60 dB auszugehen. Nach der Verkehrsauffassung durften die Kläger daher annehmen, dass dieser Wert ‑ unabhängig vom Inhalt einer Ö‑Norm ‑ aufgrund einer sach‑ und fachgerechten Entrichtung der Feuermauer des Hauses der Kläger einschließlich Entkopplung von der Feuermauer des Nachbarhauses erreicht wird, weshalb er auch als vereinbart gilt.
2.4. Dem Einwand der Beklagten, der sinngemäß lautet, die Errichtung der Feuermauer des Nachbarhauses sei nicht von ihrem Vertrag mit den Klägern umfasst, sodass ein dabei verursachter Mangel keine Verletzung des Vertrags zwischen den Streitteilen bewirke, ist Folgendes zu entgegnen.
Es steht fest, dass Schallbrücken mechanische Kontakte zwischen den angrenzenden Feuermauern sind und solche hier bestehen. Die Beklagte hat zugestanden (ON 4 S 2), im Erdgeschossbereich sogenannte Roststeine „durchgemauert“ zu haben, was zweifellos im Deckenbereich zu mechanischen Kontakten zwischen den beiden Gebäuden führte. Diese mussten im Zuge der ‑ ebenso zugestandenen (ON 31 S 4) ‑ gleichzeitigen Herstellung des Rohbaus beider Gebäude geschaffen worden sein. Deshalb sind diese Arbeiten auch der den Klägern geschuldeten Werkerstellung zuzuordnen. Damit stellen sie aber (auch) eine mangelhafte Erfüllung des mit den Klägern geschlossenen Werkvertrags dar, weil sie (Mit‑)Ursache dafür sind, dass der als vereinbart geltende Mindestluftschallschutzwert in keinem der Geschosse des Hauses der Kläger erreicht wurde.
3. Ausgehend von diesen Überlegungen vermag die Beklagte auch nicht, wesentliche Mängel des Berufungsurteils aufzuzeigen.
Der Ö‑Norm 8115 kommt nämlich für die Beurteilung des von der Beklagten Geschuldeten keine Relevanz zu, sodass es auch unerheblich ist, für welche Bereiche sie den Stand der Technik wiedergab. Ebenso irrelevant ist die Frage, ob die Feuermauer im Haus der Kläger einen Schalldämmwert von 42 dB oder bis zu 59 dB erreicht, weil damit jedenfalls der vereinbarte Mindestwert von 60 dB unterschritten wird.
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