OGH 2Ob85/05x

OGH2Ob85/05x6.10.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Stefan Glaser, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider die beklagte Partei Stefanie H*****, vertreten durch Dr. Hans Leitner, Rechtsanwalt in Wels, wegen EUR 26.059,78 sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 22. Dezember 2004, GZ 4 R 206/04y‑32, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 30. August 2004, GZ 2 Cg 142/02p‑28, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2005:0020OB00085.05X.1006.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Aufhebungsbeschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.827,30 (darin enthalten EUR 304,55 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung sowie die mit EUR 2.376,08 (darin enthalten EUR 1.061 Barauslagen und EUR 219,18 USt) bestimmten Kosten des Rekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Beklagte beabsichtigte, ein Haus zu errichten. Ab 1998 führte sie „Entwurfsbesprechungen" mit dem Geschäftsführer der klagenden Partei, Christian W*****. Am 8. 4. 2000 kam es in Anwesenheit der Eltern der Beklagten und einer weiteren Person zu einem etwa dreistündigen Treffen mit dem Geschäftsführer der klagenden Partei, im Zuge dessen dieser „das Vertragsformular" ausfüllte und dessen Inhalt „samt Einreichplan, Leistungen und Angeboten" mit der Beklagten besprach. Auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der klagenden Partei, die W***** der Beklagten noch vor Vertragsunterfertigung übergab, wurden durchbesprochen. Die Streitteile unterfertigten noch am 8. 4. 2000 einen Vertrag über die Materiallieferung für ein „H*****‑Blockhaus" zu einem Pauschalpreis von S 1,972.950 (EUR 143.379,87). Der Liefertermin wurde unverbindlich mit der Kalenderwoche 35 des Jahres 2000 festgelegt. Ferner sollte die Vertragssumme bis 1. 6. 2000 auf dem Geschäftskonto der klagenden Partei einbezahlt sein. Unmittelbar über den Unterschriften der Streitteile enthielt der Vertragstext den Hinweis, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der klagenden Partei (Stand 03/2000) weitere Vertragsgrundlage seien und ihre Aushändigung bestätigt werde.

§ 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der klagenden Partei, der mit „Stornierung des Auftrages" überschrieben ist, lautet:

„Bei einer Stornierung des Auftrages bis 10 Wochen vor dem Liefertermin ab Werk hat der Auftraggeber eine Stornogebühr von 20 % der Gesamtauftragssumme zu bezahlen. In der Zeit von 10 bis 6 Wochen vor Lieferung beträgt die Stornogebühr 50 % der Gesamtauftragssumme. Ab der 6. Woche vor der Lieferung ab Werk ist eine Stornierung nicht mehr möglich."

Mit Schreiben vom 11. 4. 2000 bestätigte die klagende Partei den Auftrag mit der vereinbarten Auftragssumme und einem voraussichtlichen Liefertermin in der Kalenderwoche 37 des Jahres 2000. Am 12. 4. 2000 stellte sie der Beklagten den vereinbarten Pauschalpreis, zahlbar bis 1. 6. 2000 ohne jeden Abzug, in Rechnung. Am 28. 6. 2000 teilte die Beklagte W***** telefonisch mit, dass es „Schwierigkeiten mit dem Grundstück" sowie „mit dem Vater familiäre Probleme" gebe. Sie ersuchte um Verschiebung des Liefertermins bis zum Jahresende. W***** war einverstanden und informierte „das finnische Werk". Am 14. 11. 2000 stellte die klagende Partei der Beklagten S 36.000 (EUR 2.616,22) inklusive 20 % USt in Rechnung. In dem Schreiben lautete es:

„Wie mit Herrn W***** besprochen, erhalten Sie hiermit die erste Teilrechnung.....für die bereits entstandenen Kosten der Einreichplanung. Im Hinblick auf Ihre Situation sehen wir davon ab, die bereits fällige Anzahlung einzufordern. Wir sehen uns jedoch weiterhin an den Vertrag gebunden und rechnen, Ihren Aussagen entsprechend, mit der Vertragserfüllung innerhalb des Jahres 2001. Wir hoffen, Ihnen mit dieser Regelung entgegenzukommen und ersuchen Sie, uns Änderungen Ihrer Situation umgehend mitzuteilen, um die Lieferung und Montage Ihres H*****‑Wohnblockhauses rechtzeitig planen zu können."

Die Beklagte überwies den Rechnungsbetrag am 19. 12. 2000. Am 21. 5. 2001 richtete die klagende Partei folgendes Schreiben an die Beklagte:

„Im Hinblick auf Ihre Situation waren wir damit einverstanden, die Hauslieferung.... von Kalenderwoche 37/2000 auf ein nicht näher festgelegtes Datum im Jahr 2001 zu verschieben. Da wir für die Hauslieferung sowohl unsere Terminplanung als auch die Kapazitätenplanung in Finnland berücksichtigen müssen, ist es nötig, dass Sie uns Ihren gewünschten Liefertermin bis spätestens 5. Juni bekannt geben. Sollten wir bis zu diesem Datum keine Angabe eines Liefertermins von Ihnen erhalten, sehen wir den Vertrag als storniert und werden, unter Hinweis auf § 7 unserer Allgemeinen Geschäftsbedingungen, eine Stornogebühr von 20 % der Vertragssumme einfordern."

Darauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 28. 5. 2001:

„Ich möchte auf Ihr Schreiben vom 21. 5. 2001 schriftlich Stellung nehmen. Ich möchte derzeit keinen Liefertermin mit Ihrer Firma vereinbaren. In einigen Jahren werde ich mir meinen Traum erfüllen und mir ein Holzhaus bauen. Doch möchte ich mir wirklich ernsthaft überlegen, ob ich Ihnen noch die Treue halte. Mit 20 % Stornogebühr den Liefertermin zu erzwingen, ist für mich sehr befremdend. Sollte ich in den nächsten Jahren meinen Ärger über Ihr Verhalten überwunden haben, melde ich mich wieder. Den Plan für das Holzhaus habe ich ja bereits mit S 38.000 bezahlt."

Die klagende Partei begehrte Zahlung von zuletzt EUR 26.059,78 samt Anhang mit der Begründung, die Beklagte habe den Kaufvertrag vom 8. 4. 2000 nicht eingehalten und ihn vertragswidrig storniert. Sie sei daher gemäß § 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Zahlung einer Stornogebühr in Höhe von 20 % der Gesamtauftragssumme, dies seien EUR 28.676 verpflichtet, wobei die bereits geleistete Zahlung von EUR 2.616,22 anzurechnen sei. Die klagende Partei stütze ihre Forderung auch auf Schadenersatz, weil ihr wegen der unberechtigten Vertragsstornierung der Gewinn aus dem Verkauf des Blockhauses entgangen sei. Dieser Gewinnentgang entspreche dem kalkulierten Deckungsbeitrag, der nach Abzug der variablen Kosten mit 33,67 % der Verkaufssumme, demnach mit EUR 48.276 anzusetzen sei. Hievon werde ein Teil in Höhe der vereinbarten Stornogebühr als Vertragsstrafe geltend gemacht. Die richterliche Mäßigung dieses Betrages komme nicht in Betracht.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und wandte ein, sie sei aus familiären Gründen gezwungen gewesen, im Juli 2000 vom Vertrag zurückzutreten. Die klagende Partei habe ihr in mehreren Gesprächen ausdrücklich zugesichert, keine Stornogebühr bezahlen zu müssen. Der klagenden Partei sei kein Schaden entstanden. Die Stornovereinbarung enthalte daher eine gröbliche Benachteiligung der Beklagten und sei gemäß § 879 Abs 3 ABGB nichtig. Die Beklagte begehrte die richterliche Mäßigung der Stornogebühr auf den schon bezahlten Betrag. Dazu brachte sie vor, seit Anfang des Jahres 2004 arbeitslos zu sein. Sie beziehe Einkünfte von monatlich EUR 208, verfüge über kein Vermögen, wohne bei den Eltern und habe Schulden in Höhe von ca EUR 150.000.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es ging vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt aus und stellte noch fest:

Nicht festgestellt werden kann, dass die Streitteile vereinbart oder in Aussicht genommen hätten, dass im Falle eines Vertragsrücktritts keine Stornogebühr (sondern nur die Kosten der Planerrichtung) zu bezahlen sei. Der Verdienstentgang der klagenden Partei beträgt EUR 30.097,82, dies entspricht dem Deckungsbeitrag von 25,19 % (des Nettoverkaufspreises).

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Beklagte müsse wegen Nichterfüllung ihrer Leistungsverpflichtung „Ersatz leisten". Sie habe den Zustand herzustellen, der im Vermögen der klagenden Partei bei gehöriger Erfüllung bestünde. Der Deckungsbeitrag liege über dem geltend gemachten Betrag. Außerdem sei zwischen den Streitteilen für den Fall der Stornierung des Auftrages bis 10 Wochen vor dem Liefertermin eine Stornogebühr von 20 % der Gesamtauftragssumme vereinbart gewesen.

Das von der Beklagten angerufene Berufungsgericht hob die angefochtene Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Das Berufungsgericht führte aus, dem Abschluss des Vertrages auf Lieferung eines „H*****‑Blockhauses" seien Entwurfsbesprechungen vorangegangen und die klagende Partei habe einen Einreichplan erstellt. Daraus sei bereits ersichtlich, dass sich die klagende Partei gegen Entgelt verpflichtet habe, ein unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse, individuellen Umstände und Wünsche der Beklagten entsprechendes Werk entweder persönlich herzustellen oder unter persönlicher Verantwortung herstellen zu lassen. Es handle sich daher um einen Werkvertrag gemäß §§ 1151 Abs 1, 1165 ff ABGB. Dieses Rechtsgeschäft unterliege dem Konsumentenschutzgesetz, weil die Beklagte als Verbraucherin gehandelt habe und an der Unternehmereigenschaft der klagenden Partei nicht zu zweifeln sei. Eine hinter dem vereinbarten Werklohn zurückbleibende vertragliche „Stornogebühr", die der Besteller nach Abbestellung des Werks an den Unternehmer zu zahlen habe, sei Reugeld; es bezwecke die Pauschalierung des Entgeltanspruches gemäß § 1168 Abs 1 erster Satz ABGB in ‑ gemessen am Entgelt für den Fall der Werkausführung ‑ geringerer Höhe. Auf eine solche Reugeldvereinbarung sei § 27a KSchG unmittelbar anwendbar (1 Ob 268/03y). Nach dieser Rechtslage entbehre die Ansicht der Beklagten, eine „Stornogebühr in Höhe von 20 % der Gesamtauftragssumme" sei sittenwidrig, jeder Grundlage. Es könne für sich nicht sittenwidrig sein, wenn der Besteller nach Bestellung des Werks ohnehin nur einen ‑ gemessen am Entgelt für den Fall der Werkausführung ‑ gekürzten Anspruch nach § 1168 Abs 1 erster Satz ABGB zu befriedigen hat (1 Ob 268/03y). Die Vereinbarung des Werklohnes in sittenwidriger Höhe oder das Vorliegen besonderer, die Annahme einer gröblichen Benachteiligung rechtfertigender Umstände habe die Beklagte nicht behauptet. Gemäß § 7 KSchG könne auch das von einem Verbraucher nach der vertraglichen Absprache zu leistende Reugeld in sinngemäßer Anwendung des § 1336 Abs 2 ABGB gemäßigt werden. Der Oberste Gerichtshof habe sich in der Entscheidung 1 Ob 268/03y detailliert mit dieser Bestimmung auseinandergesetzt und dabei klargestellt, dass die richterliche Mäßigung des Reugeldes als pauschalierter Entgeltanspruch nach § 1168 Abs 1 erster Satz ABGB nicht in sinngemäßer Anwendung des § 1336 Abs 2 ABGB, sondern auf dem Boden der ersteren Norm zu prüfen sei. Nachdem § 27a KSchG auch auf die in Rede stehende Reugeldvereinbarung anwendbar sei, sei die klagende Partei verpflichtet, der Beklagten die Gründe dafür mitzuteilen, dass sie „infolge Unterbleibens der Arbeit weder etwas erspart noch durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat". Derartiges habe die klagende Partei bislang nicht substantiiert dargelegt. Diese Information sei aber Voraussetzung für den Eintritt der Fälligkeit des Anspruches gemäß § 1168 Abs 1 erster Satz ABGB (1 Ob 268/03y; Apathy in Schwimann, ABGB² § 27a KSchG Rz 4).

Auch Rechtsmittelgerichte dürften die Parteien nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die diese nicht bedacht hätten und auf die sie vom Gericht nicht aufmerksam gemacht worden seien. Dieses Verbot der „Überraschungsentscheidung" sei nunmehr in § 182a ZPO „positiviert". Die ‑ soweit ersichtlich ‑ vom Obersten Gerichtshof erstmals mit der Entscheidung 1 Ob 268/03y dargestellten rechtlichen Gesichtspunkte zur Anwendbarkeit des § 27a KSchG auf eine Reugeldvereinbarung bei einem Werkvertrag und zur Mäßigung des Reugeldes seien bislang mit den Parteien nicht erörtert worden. Das bekämpfte Urteil sei daher aufzuheben. Im fortgesetzten Verfahren werde die klagende Partei ihrer Informationspflicht gemäß § 27a KSchG zu entsprechen haben. Dafür genügten bloß allgemein gehaltene Behauptungen im Sinne des Gesetzeswortlauts nicht. Es werde vielmehr konkret zur Frage nach einer Ersparnis „infolge Unterbleibens der Arbeit" Stellung zu nehmen und auszuführen sein, aus welchen ‑ etwa durch den Betriebsgegenstand, die Betriebsstruktur und den Auftragsgegenstand bestimmten ‑ Gründen die klagende Partei „durch eine anderweitige Verwendung" weder etwas erworben noch zu erwerben versäumt habe (1 Ob 268/03y).

Den Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof begründete das Berufungsgericht damit, dass zur richterlichen Mäßigung des von einem Verbraucher als pauschalierten Entgeltanspruch nach § 1168 Abs 1 erster Satz ABGB zu entrichtenden Reugeldes nach § 7 KSchG ‑ mit Blick auf den Wortlaut dieser Bestimmung ‑ noch keine gefestigte Judikatur des Obersten Gerichtshofes existiere.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das klagsstattgebende Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragte in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs der klagenden Partei nicht Folge zu geben.

 

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil das Berufungsgericht den Sachverhalt unzutreffend nach den nur den Werkvertrag betreffenden Regelungen des § 1168 Abs 1 ABGB und des § 27a KSchG beurteilt hat.

Das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Die klagende Partei geht in ihrem Rekurs erkennbar weiterhin davon aus, der Beklagten Material für ein erst herzustellendes Blockhaus „verkauft" zu haben. Selbst wenn jedoch der Vertrag als Werkvertrag zu qualifizieren sei, habe sie durch ihr Prozessvorbringen zum Deckungsbeitrag der ihr nach § 27a KSchG auferlegten Informationspflicht entsprochen.

Hiezu wurde erwogen:

Bei der Beurteilung, ob ein Vertragsverhältnis als Kaufvertrag oder als Werkvertrag anzusehen ist, ist es wesentlich, was nach dem Willen der Parteien der eigentliche Vertragsinhalt sein sollte, ob nämlich das Gewicht erkennbar auf der Erbringung einer nach den Bedürfnissen und Wünschen des Bestellers individualisierten Leistung oder mehr auf der Lieferung einer nur gattungsmäßig bestimmten Sache lag (JBl 1971, 630; JBl 1987, 662; RdW 1992, 269; RIS‑Justiz RS0021657; Krejci in Rummel, ABGB³ §§ 1165, 1166 Rz 127 mwN; Rebhahn in Schwimann, ABGB² § 1166 Rz 2).

Gegenstand des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrages war nach den Feststellungen des Erstgerichtes die „Materiallieferung für ein 'H*****‑Blockhaus'", deren Bestellung „Entwurfsbesprechungen" sowie die Erstellung eines Einreichplanes vorangegangen waren. Weitere Leistungen, wie etwa die angebotene Montage oder Richtmeisterleistungen, waren vom Auftrag der Beklagten hingegen nicht umfasst. Vertragsinhalt wurde demnach nicht die Herstellung der von der Beklagten gewünschten und nach ihren Bedürfnissen individualisierten Sache (das „H*****‑Blockhaus"), sondern der Kauf des dafür notwendigen Materials. Dessen Anpassung an das den besonderen Wünschen der Beklagten entsprechende Bauvorhaben ändert nichts daran, dass lediglich die Lieferung der für den Zusammenbau bestimmten einzelnen Teile des Werkes, nicht aber die Errichtung des Werkes selbst von der klagenden Partei geschuldet war. Davon abgesehen wurden auch die Teile selbst nicht von der klagenden Partei, sondern im „finnischen Werk" erzeugt. Die in der Rekursbeantwortung aufgestellte Behauptung der Beklagten, die klagende Partei habe (zuletzt im Rekurs) vorgebracht, vom „finnischen Werk" nur mit den Holzbalken für den jeweiligen Blockhaussatz beliefert zu werden, während dessen umfangreichere kleinere Einheiten sie in ihrem Standort selbst herstelle, widerspricht nicht nur der Aktenlage, sondern auch ihrem erstinstanzlichen Vorbringen, wonach die Bausätze „im Massenbetrieb" erstellt werden würden, die Baupläne „standardisierte Computer‑Ausdrucke" seien und der „finnische Vertragspartner" der klagenden Partei Produzent der Blockhäuser sei. Dessen Leistung konnte aber nur das Vertragsverhältnis zur klagenden Partei, nicht aber die Rechtsbeziehung zwischen den Parteien dieses Rechtsstreites betreffen (vgl 6 Ob 532/76). Als einziges werkvertragliches Element des zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrages verbleibt daher die geleistete Planungsarbeit, die aber gegenüber der vorgesehenen Materiallieferung in den Hintergrund tritt. Der zu beurteilende Vertrag ist somit rechtlich als gemischter Vertrag zu qualifizieren, innerhalb dessen die Elemente des Kaufvertrages überwiegen (ebenso zur Lieferung von sonderangefertigten Küchenelementen: 6 Ob 532/76; vgl auch zur Lieferung eines Blockhaus‑Bausatzes: 10 Ob 350/99i; anders die Lieferung und Montage einer Einbauküche aus vorfabrizierten genormten Bestandteilen - Werkvertrag: 6 Ob 249/74).

Bei gemischten Verträgen ist für die Beurteilung jeder einzelnen Leistungspflicht die sachlich am meisten befriedigende Vorschrift heranzuziehen (RIS‑Justiz RS0013941), das ist nach der herrschenden Kombinationstheorie die Vorschrift jenes Vertragstyps, dem die einzelne Pflicht entstammt (JBl 1986, 648; 7 Ob 120/98t; RdW 2000, 22; Bollenberger in KBB, § 859 Rz 15).

Nach den maßgeblichen Umständen des hier zu beurteilenden Falles hat die Beklagte die ihr gesondert in Rechnung gestellten Planungsarbeiten der klagenden Partei bereits zur Gänze bezahlt, während sie von ihrer Materialbestellung mit dem Schreiben vom 21. 5. 2001 Abstand nahm. Gegenstand des geltend gemachten Anspruches ist daher die Leistungspflicht der Beklagten aus dem kaufvertraglichen Teil des Vertrages, dem auch die geschuldete Hauptleistung der klagenden Partei entspricht. Danach ist für die Beurteilung dieser Leistungspflicht die Anwendung kaufvertraglicher Grundsätze sachgerecht.

Dies hat zur Folge, dass die vom Berufungsgericht wiedergegebenen Rechtssätze der Entscheidung 1 Ob 268/03y (= JBl 2004, 634 = RdW 2004, 465 = ecolex 2004, 528) zur Lösung des vorliegenden Falles nicht herangezogen werden können.

Eine Stornogebühr kann je nach den Umständen des Einzelfalles Reugeld oder Konventionalstrafe sein. Auf diese mitunter schwierige Abgrenzung (Reischauer in Rummel, ABGB³ § 909 Rz 7 ff; Krejci in Rummel aaO § 7 KschG Rz 7f; Schilcher in Krejci, HBzKschG, 421 ff; Mayrhofer in FS Herdlitczka, „Zur Rechtsnatur der Stornogebühr im österreichischen Privatrecht", 187 ff) kommt es im vorliegenden Fall aber aus den folgenden Erwägungen gar nicht an:

Der in ihrer Berufung aufrecht erhaltene Einwand der Beklagten, die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der klagenden Partei enthaltene „Stornoklausel" sei wegen gröblicher Benachteiligung ihrer Person sittenwidrig, wurde schon vom Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend verneint.

Die Beklagte zieht insoweit die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, die Streitteile hätten eine Reugeldvereinbarung geschlossen, in der Rekursbeantwortung nicht mehr in Zweifel. Dieses Auslegungsergebnis setzte die Ermächtigung der Beklagten zur Ausübung eines (hier zeitlich begrenzten) Wahlrechts, entweder den Vertrag zu erfüllen oder sich durch Zahlung eines Reugeldes von ihrer Vertragsverpflichtung zu befreien, voraus (Krejci aaO Rz 4; Reischauer aaO Rz 2). Das Reugeld ist Entgeltersatz und ‑ im Gegensatz zur Konventionalstrafe ‑ nicht Schadenersatz (Reischauer aaO Rz 2a). Da das Reugeld nicht der Verstärkung, sondern der Abschwächung vertraglicher Pflichten dient, scheidet die Sittenwidrigkeit einer solchen Vereinbarung aus. Selbst ein übergebührlich hoch zu bezahlendes Rücktrittsrecht wäre eine Besserstellung des Schuldners im Vergleich zu seiner vom Gesetzgeber vorgesehenen Bindung an den Vertrag (Krejci aaO Rz 4).

Zu keinem anderen Ergebnis käme man, wenn die vereinbarte Stornogebühr nicht als Reugeld, sondern - wie dies der Auffassung der klagenden Partei entspricht - als Konventionalstrafe zu qualifizieren wäre. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung EvBl 1992/109 ausgesprochen, dass die Vereinbarung einer Stornogebühr in der Höhe des durch die Stornierung tatsächlich erlittenen Schadens des Vertragspartners jedenfalls in diesem Umfang keine gröblich benachteiligende Vertragsbestimmung und daher gültig ist.

Die Beklagte hat den ihr nach § 1298 ABGB obliegenden Beweis des mangelnden Verschuldens an der unterbliebenen Vertragserfüllung (RIS‑Justiz RS0017471) nicht einmal angetreten und insbesondere die ins Treffen geführten „familiären Gründe" nicht näher substantiiert. Der in ihrer Berufung noch vermissten ergänzenden Feststellungen „zu Rechtswidrigkeit und Verschulden" bedurfte es daher nicht, selbst wenn die Stornogebühr als pauschalierter Schadenersatz zu qualifizieren ist. Die (implizit) vertretene Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, die Beklagte habe (mit ihrem Schreiben vom 21. 5. 2001) den Vertrag storniert, wird von dieser nicht mehr bekämpft. Es ist auch nicht mehr strittig, dass sie sich als Verbraucherin auf das Konsumentenschutzgesetz berufen kann.

Eine Konventionalstrafe unterliegt zufolge § 1336 Abs 2 ABGB der richterlichen Mäßigung, wenn sie vom Schuldner als übermäßig erwiesen wird. Gemäß § 7 KSchG ist diese Bestimmung sinngemäß anzuwenden, wenn der Verbraucher zur Zahlung eines Reugeldes verpflichtet ist. Auch die Übermäßigkeit des Reugeldes hat dann der Verbraucher darzutun (Krejci aaO Rz 11). Beachtlich ist dabei insbesondere die Relation zwischen zugesagter Summe einerseits und dem durch die Nichterfüllung des Vertrages dem Gläubiger wahrscheinlich drohenden oder entstandenen Schaden andererseits (Krejci aaO Rz 13). In ständiger Rechtsprechung vertritt der Oberste Gerichtshof ferner die Ansicht, dass die Mäßigung nach § 1336 Abs 2 ABGB nicht unter die Höhe des tatsächlichen Schadens erfolgen kann (SZ 54/4; JBl 2004, 634; RIS‑Justiz RS0032156; Danzl in KBB, ABGB § 1336 Rz 9).

Der geltend gemachte Anspruch der klagenden Partei liegt der Höhe nach unter ihrem wirklichen Schaden, nämlich dem entgangenen Deckungsbeitrag („Verdienstentgang"), also jenem Betrag, der sich bei Abzug der variablen Kosten vom Verkaufsnettoerlös ergibt und der zur Deckung der Fixkosten dient (vgl 3 Ob 304/02f). Eine Mäßigung dieses Betrages kommt daher in (sinngemäßer) Anwendung des § 1336 Abs 2 ABGB nicht in Betracht.

Damit ist aber die Rechtssache bereits jetzt spruchreif. Der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes war zu beseitigen und in der Sache selbst dahin zu entscheiden, dass das klagsstattgebende Urteil des Erstgerichtes wieder herzustellen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Für die Berufungsbeantwortung waren lediglich 150 % Einheitssatz zuzusprechen.

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