Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben, und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten im Verfahren über die Berufung der klagenden Partei.
Begründung
Dem Kläger wurde am 14. April 2002 in einem Salzburger Krankenhaus eine Hüftprothese implantiert. Da die Schmerzen anhielten, wandte er sich am 28. Mai 2003 an den Zweitbeklagten, der am Landeskrankenhaus Innsbruck die Universitätsklinik für Orthopädie leitete. Betreiber dieses Krankenhauses war die Erstbeklagte. Der Kläger wünschte ausdrücklich eine Behandlung durch den Zweitbeklagten; dieser erhielt dafür von der Zusatzversicherung des Klägers ein eigenes Honorar.
Der Zweitbeklagte veranlasste mehrere Untersuchungen und operierte den Kläger am 21. Jänner 2004 neuerlich an der Hüfte. Dabei tauschte er die Prothesenpfanne aus, nicht aber den Schaft. Dies führte zunächst zu einer Besserung des Zustands. Nach etwa dreieinhalb Monate traten aber wieder Schmerzen auf, und der Kläger wurde nach weiteren Untersuchungen am 20. Jänner 2005 ein drittes Mal an der Hüfte operiert. Diesmal wurde auch der Schaft ausgetauscht. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt war die Prothese infiziert.
Bereits am 28. Dezember 2004 hatte sich der Kläger an die Salzburger Patientenvertretung gewandt und einen Kunstfehler des Erstoperateurs geltend gemacht. Dabei gab er an, dass die Innsbrucker Universitätsklinik „die Situation eventuell bagatellisiert habe“. Die Betreuung sei dort aber sehr gut gewesen, weswegen er die dortige Klinik „nicht weiter involvieren“ wolle.
Am 11. April 2005 verfasste der Kläger folgendes Gedächtnisprotokoll:
„Warum wurde 2004 nicht der Schaft gewechselt? Wohl wissend, dass sich Keime im Bereich der Pfanne bzw. des Schaftes befunden haben + Infekt!! Wäre man im Vorjahr in Innsbruck, so genau, so penibel gewesen, hätte man den Schaft gewechselt etc., wie 2005, ich bin mir sicher, die Operation von heuer wäre nicht mehr notwendig gewesen!! Die irre Schmerzen, die ich zwischendurch immer hatte, wären mir dann auch erspart geblieben.“
Am 26. April 2005 erklärte der Kläger gegenüber der Salzburger Patientenvertretung, er wünsche eine Zuziehung der Tiroler Patientenvertretung, weil der Zweitbeklagte hätte wissen müssen, dass sich Keime in der Pfanne oder am Schaft befunden hätten. Der Kläger sah die Behandlung durch den Zweitbeklagten als Ursache für seine Schmerzen.
In weiterer Folge erteilte der Kläger der Tiroler Patientenvertretung am 25. Juli 2005 eine Vollmacht für die Durchsetzung seiner Ansprüche. Die Erstbeklagte gab einen Verjährungsverzicht bis 1. Juni 2007 ab. Am 17. April 2007 teilte die Tiroler Patientenvertretung dem Kläger mit, dass die Erstbeklagte die Haftung nicht anerkenne und er eine allfällige Klage daher „vor Ende des Verjährungsverzichts“ einbringen müsse. Grundlage dafür war ein von den Patientenvertretungen eingeholtes Gutachten vom 25. März 2007, das (auch) einen Kunstfehler des Zweitbeklagten verneint hatte. Daraufhin bemühte sich der Kläger erfolglos um eine Entschädigung beim Tiroler Patientenentschädigungsfonds. Die Tiroler Patientenvertretung stellte am 7. August 2007 ihre Tätigkeit ein.
Bereits am 5. Juni 2007 hatte der Kläger beim Landesgericht Salzburg eine Klage gegen den Erstoperateur erhoben. Sie wurde in der Folge rechtskräftig abgewiesen, weil dem dort Beklagten kein Kunstfehler unterlaufen sei. In der Erörterung des vom Gericht eingeholten Gutachtens führte der Sachverständige am 3. Februar 2009 aus, dass bei der Operation durch den Zweitbeklagten im Jänner 2004 kein Verdacht auf eine infizierte Prothese bestanden habe. Die Infektion sei erst nach dieser Operation aufgetreten.
Mit seiner am 22. Februar 2010 eingebrachten Klage begehrt der Kläger Schmerzengeld von 15.000 EUR. Er habe mit der Erstbeklagten einen (totalen) Krankenhausaufnahmevertrag und mit dem Zweitbeklagten einen (Zusatz-)Vertrag über dessen ärztliche Leistungen geschlossen. Die Beklagten hafteten daher solidarisch für Behandlungsfehler des Zweitbeklagten. Dieser habe es unterlassen, bei der Operation im Jänner 2004 auch den Schaft der Prothese auszutauschen, obwohl das wegen einer Infektion medizinisch indiziert gewesen sei. Hätte er lege artis gehandelt, so hätte der Kläger in weiterer Folge an keinen Schmerzen gelitten, und auch die weitere Operation wäre nicht erforderlich gewesen. Zudem sei es bei der Operation im Jänner 2004 zu einer Infektion gekommen, die Schmerzen verursacht und die dritte Operation erforderlich gemacht habe. Die Schadenersatzforderung sei nicht verjährt. Die Verjährungsfrist beginne erst zu laufen, wenn der Geschädigte ausreichende Kenntnis von Schaden, Kausalität und Schädiger habe. Das setze in Arzthaftungsfällen regelmäßig das Vorliegen eines Gutachtens voraus. Damit beginne die Verjährungsfrist frühestens mit Vorliegen des Gutachtens vom 25. März 2007. Außerdem sei nach § 58a ÄrzteG der Lauf der Verjährung so lange gehemmt, bis Vergleichsgespräche gescheitert seien. Die Ablehnung der beklagten Parteien sei dem Kläger erst mit Schreiben vom 17. 4. 2007 mitgeteilt worden, sodass die Verjährung bis zu diesem Zeitpunkt gehemmt gewesen sei.
Die Beklagten wenden ein, dass der Zweitbeklagte den Kläger lege artis behandelt habe. Zudem seien dessen Ansprüche verjährt. Der Kläger habe schon 2005 gegenüber der Patientenvertretung jene Vorwürfe gegen den Zweitbeklagten erhoben, die er nun der Klage zugrunde lege. Er sei daher schon damals in der Lage gewesen, die aus seiner Sicht zu Recht bestehenden Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Mit dem Zweitbeklagten sei kein Behandlungsvertrag zustande gekommen, sodass ihm gegenüber kein Anspruch bestehe.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Zwar sei auch mit dem Zweitbeklagten ein Behandlungsvertrag zustande gekommen. Dem Kläger sei aber schon am 26. April 2005 „objektiv bewusst“ gewesen, dass bei der Operation im Jänner 2004 auch der Schaft getauscht hätte werden müssen. Er hätte daher schon damals ein schlüssiges Vorbringen zu Schaden, Schädiger und Kausalität erstatten können. Damit habe die Verjährungsfrist (spätestens) an diesem Tag begonnen. Bei Einbringung der Klage sei die Frist auch unter Bedachtnahme auf § 58a ÄrzteG bereits abgelaufen gewesen. Zudem falle dem Zweitbeklagten aus näher dargestellten Gründen kein Behandlungsfehler zur Last.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die Revision zunächst nicht zu. Der Kläger sei bereits im April 2005 überzeugt gewesen, dass der Zweitbeklagte den Prothesenschaft schon bei der Operation im Jänner 2004 wegen einer Infektion hätte austauschen müssen. Dabei habe es sich nicht um bloße Mutmaßungen gehandelt. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens seien genau jene Vorwürfe, die der Kläger schon damals erhoben habe. Die Verjährung habe daher (spätestens) am 26. April 2005 begonnen. § 58a ÄrzteG sehe eine (höchstens) 18‑monatige Fortlaufhemmung vor; nach Ablauf dieser Frist gelte nach allgemeinen Grundsätzen bis zum endgültigen Scheitern der Vergleichsverhandlungen eine Ablaufhemmung. Unter Berücksichtigung der Fortlaufhemmung sei die Verjährungsfrist am 26. Oktober 2009 abgelaufen. Damit sei der Anspruch bei Erhebung der Klage am 22. Februar 2010 bereits verjährt gewesen. Auf die Verfahrens- und Beweisrügen zum Vorliegen eines Behandlungsfehlers sei daher nicht mehr einzugehen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich eine mit einem Antrag nach § 508a ZPO verbundene Revision des Klägers. Er strebt eine stattgebende Entscheidung über sein Klagebegehren an, hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Das Berufungsgericht ließ die Revision mit der Begründung zu, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, ob schon die subjektive Überzeugung des Klägers über Schaden, Schädiger und Ursachenzusammenhang ausreiche, um die Verjährungsfrist in Gang zu setzen, oder ob dafür noch weitere objektive Grundlagen erforderlich seien.
Die Beklagten beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, die Revision des Klägers zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und berechtigt.
1. Die Verjährung bezieht sich auf den jeweils geltend gemachten Anspruch; dieser wiederum wird ‑ wie der Streitgegenstand (RIS-Justiz RS0039255) ‑ durch die zu seiner Begründung vorgebrachten Tatsachen konkretisiert. Stützt der Kläger sein Begehren alternativ auf verschiedene Sachverhaltsvarianten, liegen in Wahrheit zwei Ansprüche vor, die auch verjährungsrechtlich getrennt zu beurteilen sind. Dies ist in der Rechtsprechung für die Ableitung eines Amtshaftungsanspruchs aus dem Handeln verschiedener Organe anerkannt (RIS-Justiz RS0050355), ebenso dann, wenn wiederholte schädigende Handlungen vorliegen, von denen jede den Tatbestand einer neuen Rechtsverletzung verkörpert und jede für sich einen (weiteren) Schaden verursacht („fortgesetzte Schädigung“, RIS-Justiz RS0034365, RS0034536). Die Behauptung zweier verschiedener Behandlungsfehler anlässlich einer Operation, die jeweils für sich allein den geltend gemachten Schaden verursacht hätten, kann nicht anders beurteilt werden.
Ein solcher Fall liegt hier vor: Der Kläger bringt einerseits vor, dass der Zweitbeklagte bei der Operation im Jänner 2004 wegen eines bereits damals bestehenden Infekts auch den Prothesenschaft hätte austauschen müssen. In diesem Fall wären die weiteren Schmerzen und die dritte Operation unterblieben. Andererseits behauptet er, dass es (erst) bei der Operation durch den Zweitbeklagten zu jener Infektion gekommen sei, die die weiteren Schmerzen verursacht und die dritte Operation notwendig gemacht habe. Er macht daher zwei Behandlungsfehler geltend, die jeweils für sich allein seinen Schaden verursacht hätten. Der Beginn der Verjährungsfrist ist daher für beide Ansprüche gesondert zu beurteilen.
2. Die Rechtsprechung zum Beginn der Verjährungsfrist kann wie folgt zusammengefasst werden (7 Ob 96/10h = ZVB 2010, 435 [Hiltz]):
2.1. Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen so weit kennt, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann (RIS-Justiz RS0034524; vgl auch RS0034374). Die Kenntnis muss dabei den ganzen anspruchsbegründenden Sachverhalt umfassen, insbesondere auch die Kenntnis des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Schaden und einem bestimmten, dem Schädiger anzulastenden Verhalten, in Fällen der Verschuldenshaftung daher auch jene Umstände, aus denen sich das Verschulden des Schädigers ergibt (RIS-Justiz RS0034951 [T1, T2, T4 bis T7] uva). Der anspruchsbegründende Sachverhalt muss dem Geschädigten zwar nicht in allen Einzelheiten, aber doch so weit bekannt sein, dass er in der Lage ist, das zur Begründung seines Anspruchs erforderliche Sachvorbringen konkret zu erstatten (RIS-Justiz RS0034366 und RS0034524). Bloße Mutmaßungen über die angeführten Umstände genügen hingegen nicht (3 Ob 560/86 = JBl 1987, 450; 1 Ob 64/00v = JBl 2001, 384; 7 Ob 249/01w = ecolex 2002/66; 1 Ob 162/10w = ecolex 2011, 702; 8 Ob 35/11x = ecolex 2011/256; RIS-Justiz RS0034524 [T6, T18]). Hat der Geschädigte als Laie keinen Einblick in die für das Verschulden maßgeblichen Umstände, so beginnt die Verjährung nicht zu laufen (RIS-Justiz RS0034603; 7 Ob 93/02f mwN). Die bloße Möglichkeit der Ermittlung einschlägiger Tatsachen vermag ihr Bekanntsein nicht zu ersetzen (7 Ob 93/02f mwN; RIS-Justiz RS0034603).
2.2. Der Geschädigte darf sich allerdings nicht einfach passiv verhalten und es darauf ankommen lassen, dass er von der Person des Ersatzpflichtigen eines Tages zufällig Kenntnis erhält. Wenn er die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann, gilt die Kenntnisnahme schon als in dem Zeitpunkt erlangt, in welchem sie ihm bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre (RIS-Justiz RS0034327; vgl auch RS0034335). Dabei ist auf die Umstände des konkreten Falls abzustellen (RIS-Justiz RS0113916). Die Erkundigungspflicht des Geschädigten, die sich auf die Voraussetzungen einer erfolgversprechenden Anspruchsverfolgung schlechthin und nicht nur auf die Person des Schädigers erstreckt (vgl RIS‑Justiz RS0034327), darf dabei nicht überspannt werden (RIS‑Justiz RS0034327; 7 Ob 242/01w mwN).
2.3. Ist der Geschädigte Laie und setzt die Kenntnis des Kausalzusammenhangs und ‑ bei verschuldensabhängiger Haftung ‑ die Kenntnis der Umstände, die das Verschulden begründen, Fachwissen voraus, so beginnt die Verjährungsfrist regelmäßig erst zu laufen, wenn der Geschädigte durch ein Sachverständigengutachten Einblick in die Zusammenhänge erlangt hat (10 Ob 1/03z mwN; 1 Ob 162/10w = ecolex 2011, 702; RIS-Justiz RS0034603 [T2, T4, T23]; RS0113727). Zwar ist er im Regelfall nicht verpflichtet, ein Privatgutachten einzuholen ( Mader / Janisch in Schwimann 3 § 1489 Rz 21; M. Bydlinski in Rummel 3 , § 1489 Rz 3; Dehn in KBB 3 § 1489 Rz 3; RIS-Justiz RS0034327 [T2]). Ausnahmsweise kann aber, sofern eine Verbesserung des Wissensstands nur so möglich und dem Geschädigten das Kostenrisiko zumutbar ist, auch ‑ nach einer gewissen Überlegungsfrist (1 Ob 261/01s = ecolex 2002, 172) ‑ die Einholung eines Sachverständigengutachtens als Obliegenheit des Geschädigten angesehen werden (1 Ob 151/00p; 8 Ob 285/00w; 7 Ob 249/01w = ecolex 2002, 171; Mader / Janisch aaO; aM Helmich , ecolex 2002, 171 f).
3. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall führt zu folgendem Ergebnis:
3.1. Soweit sich der Kläger auf eine Infektion anlässlich der Operation im Jänner 2004 stützt, ist der Anspruch keinesfalls verjährt. Denn diese mögliche Anspruchsgrundlage ergab sich erst aus der Erörterung des Sachverständigengutachtens im Vorprozess. Vorher bestand für den Kläger, der eine andere Schadensursache (unterbliebener Schaftaustausch) annahm, kein Anlass, insofern Nachforschungen anzustellen. Eine Obliegenheitsverletzung (unterbliebene Einholung eines Gutachtens) lag insofern nicht vor, weil der Kläger annehmen durfte, dass das von ihm eingeleitete Schlichtungsverfahren zu einer Klärung des Sachverhalts führen würde.
3.2. Auch der auf die unterbliebene Entfernung des Schafts gestützte Anspruch ist nicht verjährt.
(a) Zwar war der Kläger schon im April 2005 vom Vorliegen des jetzt behaupteten Behandlungsfehlers „überzeugt“. Allerdings ist dem festgestellten Sachverhalt nicht zu entnehmen, dass diese „Überzeugung“ auf objektiven Grundlagen beruht hätte. Vielmehr handelte es sich offenkundig um eine bloße Schlussfolgerung aus zeitlichen Abläufen. Damit lag in Wahrheit eine bloße Mutmaßung vor, die noch nicht der tatsächlichen Kenntnis der relevanten Umstände gleichgesetzt werden kann (3 Ob 560/86 = JBl 1987, 450; 1 Ob 64/00v = JBl 2001, 384; 7 Ob 249/01w = ecolex 2002/66; 1 Ob 162/10w = ecolex 2011, 702; 8 Ob 35/11x = ecolex 2011/256; RIS-Justiz RS0034524 [T6, T18]). Die subjektive „Überzeugung“ vom Vorliegen eines Sorgfaltsverstoßes setzt die Verjährungsfrist für sich allein noch nicht in Gang (1 Ob 162/10w = ecolex 2011, 702). Denn die bloße „Überzeugung“ vom Vorliegen einer bestimmten Schadensursache ermöglicht dem Kläger noch nicht, unter Bedachtnahme auf seine Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht (§ 178 Abs 1 ZPO) ein konkretes Tatsachenvorbringen zu den relevanten Umständen zu erstatten. Die Annahme der Vorinstanzen, dass die Verjährung allein wegen dieser „Überzeugung“ des Klägers (spätestens) am 26. April 2005 begonnen habe, trifft daher nicht zu.
(b) Wohl aber kann im vorliegenden Fall eine Obliegenheit des Klägers angenommen werden, Schritte zur Objektivierung seiner „Überzeugung“ zu setzen. Macht der Geschädigte einen konkreten Anspruch geltend, kann die Gegenseite im Regelfall darauf vertrauen, dass er über ausreichende Grundlagen für seine Behauptungen verfügt. Trifft das nicht zu, wird er sich diese Grundlagen unverzüglich beschaffen müssen.
Dieser Obliegenheit ist der Kläger im konkreten Fall aber dadurch nachgekommen, dass er sich zur Durchsetzung seiner Ansprüche (auch) an die Tiroler Patientenvertretung gewendet hat. Er konnte ‑ ebenso wie die Gegenseite ‑ damit rechnen, dass im folgenden Schlichtungsverfahren ein Gutachten eingeholt würde, und war daher nicht gehalten, selbst entsprechende Schritte zu setzen. Ein Beginn der Verjährungsfrist im April 2005 kann daher auch nicht auf eine Obliegenheitsverletzung des Klägers gestützt werden.
(c) Hätte das im Schlichtungsverfahren eingeholte Gutachten vom 25. März 2007 objektive Anhaltspunkte für einen Kunstfehler ergeben, wäre dadurch die Verjährung in Gang gesetzt worden. In diesem Fall wäre die am 22. Februar 2010 eingebrachte Klage rechtzeitig gewesen. Umso mehr muss das gelten, wenn dieses Gutachten die Mutmaßungen des Klägers nicht bestätigte. Ob eine Obliegenheit des Klägers bestand, innerhalb angemessener Frist weitere Aufklärungsschritte zu setzen, kann hier offen bleiben, weil der Anspruch selbst bei Annahme einer solchen Obliegenheit im Zeitpunkt der Klagseinbringung keinesfalls verjährt gewesen wäre. In diesem Zusammenhang ist zwar richtig, dass die tatsächlich erhobene Klage ebenso wie der seinerzeit erhobene Vorwurf auf Mutmaßungen beruht. Dabei handelt es sich aber um ein vom Kläger aufgrund subjektiver Einschätzung eingegangenes, und zwar angesichts des im Schlichtungsverfahren eingeholten Gutachtens durchaus beträchtliches Risiko, das nicht zur Annahme zwingt, dass die Klage objektiv auch schon im April 2005 möglich gewesen wäre.
(d) Da die Verjährungsfrist jedenfalls nicht vor März 2007 zu laufen begonnen hat, kommt es auf die von den Vorinstanzen erörterte Verjährungshemmung nach § 58a ÄrzteG nicht an. Diese Bestimmung steht der hier vertretenen Lösung auch nicht entgegen. Denn sie behält ihren Anwendungsbereich, wenn der Patient ‑ anders als hier ‑ über objektive Anhaltspunkte für einen Behandlungsfehler verfügt, aber zur Vermeidung eines Rechtsstreits zunächst eine außergerichtliche Lösung anstrebt.
4. Der vom Berufungsgericht herangezogene Abweisungsgrund trägt daher nicht. Das Erstgericht hat die Abweisung der Klage allerdings auch darauf gestützt, dass dem Zweitbeklagten kein Behandlungsfehler vorzuwerfen sei. Die insofern erhobenen Beweis- und Verfahrensrügen hat das Berufungsgericht ‑ aufgrund der von ihm angenommenen Verjährung folgerichtig ‑ nicht erledigt. Wegen der abweichenden Beurteilung der Verjährung durch den Obersten Gerichtshof liegt darin ein Mangel des Berufungsverfahrens. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben, und die Rechtssache ist zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung des Klägers an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.
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