OGH 2Ob229/14m

OGH2Ob229/14m22.1.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** P*****, vertreten durch Dr. Costantino De Nicolò, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, gegen die beklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Robert Steiner, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, wegen Unterlassung und Duldung (Streitwert 7.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 8. Oktober 2014, GZ 3 R 123/14v‑16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Spittal an der Drau vom 15. Mai 2014, GZ 3 C 316/13k‑11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Begründung

Der Kläger räumte als Eigentümer der EZ ***** KG ***** mit dem Grundstück 35/5 mit dem am 16. 1. 1992 vor dem Erstgericht zu 3 C 1412/91a geschlossenen Vergleich der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei als Eigentümerin mehrerer daran angrenzender Grundstücke samt einer darauf befindlichen Hotelanlage die Grunddienstbarkeit des Gehens und Fahrens über das Grundstück 35/5 als Zufahrtsweg zur Hotelanlage ein. Die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei räumte dem Kläger gleichzeitig die kostenlose Benützung von zehn Pkw-Parkplätzen in der Parkgarage des Hotels ein.

„Zunehmend in den letzten fünf Jahren“ (gerechnet ab 2014) stellten Hotelgäste der beklagten Partei häufig ihre Fahrzeuge auf dem Grundstück 35/5 zu Ladezwecken für kurze Zeit (im Durchschnitt ca 10 Minuten) ab. Im Dezember 2012 parkte ein Fahrzeug von einem Unternehmen, das im Hotel Arbeiten durchführte, ca drei Stunden. Das Halten und Parken von Gästen des Hotels behinderte auch den Zufahrtsverkehr zum Tischlereibetrieb des Klägers. Die beklagte Partei beauftragte ihre beiden Haustechniker, die auf dem Weg anhaltenden Gäste zum Wegfahren aufzufordern.

Seit 2010 haben Gäste oder Mitarbeiter der beklagten Partei ihre Fahrzeuge mehr als 30 Mal auf einen der zehn Abstellplätze des Klägers ‑ teilweise tagelang ‑ geparkt. Die Gäste des Hotels werden auf den beim Einchecken ausgehändigten Parkscheinen sowie einem ebenfalls beim Einchecken ausgefolgten Informationsblatt (nur) „gebeten“, auf den zehn Parkplätzen des Klägers (in der Parkgarage) nicht zu parken, sowie hingewiesen, dass „vor dem Haus geparkte Fahrzeuge von der örtlichen Polizei kostenpflichtig abgeschleppt“ werden können. Sollte ein Hotelgast dort parken, wird versucht, ihn zu kontaktieren und zum Wegfahren aufzufordern.

Der Kläger begehrte (neben zweier bereits rechtskräftig abgewiesener Begehren) die beklagte Partei zur Unterlassung zu verpflichten, auf dem über das Grundstück 35/5 führenden Weg und auf den zehn Parkplätzen im Parkhaus zu halten und parken. Seit die nunmehrige beklagte Partei die Eigentümerin der Hotelanlage sei, komme es immer wieder zu Verstößen gegen das Nutzungsrecht, was auch dem Vergleich widerspreche. Regelmäßig würden auch Fahrzeuge von der beklagten Partei zurechenbaren Personen langfristig auf den Stellplätzen des Klägers im Parkhaus parken. Unterlassungs‑ und Servitutsklagen könnten auch gegen den Eigentümer von dienstbaren Sachen gerichtet werden.

Die beklagte Partei wandte unter anderem ein, dass die Hotelgäste und Dienstnehmer von ihr angewiesen würden, den Weg frei zu halten. Bei den zehn Parkplätzen des Klägers im Parkhaus habe sie keine Störungshandlung gesetzt. Die beklagte Partei habe alles ihr Mögliche unternommen, um das Abstellen von Fahrzeugen zu verhindern.

Das Erstgericht untersagte der beklagten Partei das Halten und Parken von Fahrzeugen auf dem über das Grundstück 35/5 führenden asphaltierten Weg und auf den dem Kläger im Parkhaus zugewiesenen Parkplätzen. Ausgehend vom eingangs referierten Sachverhalt ging es davon aus, dass die Eigentumsfreiheitsklage gegen jeden unberechtigten Eingriff in das Eigentumsrecht erhoben werden könnte. Der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei sei nur das Gehen und Fahren auf dem Grundstück 35/5, nicht aber das Recht des Haltens eingeräumt worden. Der beklagten Partei sei das Halten und Parken der Pkw zuzurechnen. Der aus dem Eigentum des Klägers abgeleitete Abwehranspruch könne sich gegen die beklagte Partei richten, weil sie die Störung mittelbar veranlasst habe. Die beklagte Partei habe auch nicht alle Mittel ergriffen (etwa striktes Verbot, Klagsweg, Abschleppmaßnahmen), um das Parken auf den Abstellplätzen des Klägers zu verhindern.

Der dagegen von der beklagten Partei erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die beklagte Partei sei passiv legitimiert, weil sie die Gäste, von denen die Störungen ausgingen, beherberge. Die Beherbergung diene den Interessen der beklagten Partei, von der auch Abhilfe zu erwarten sei. Das Unterlassungsbegehren sei kein Handlungsverbot, sondern ein Erfolgsverbot, wobei die beklagte Partei in einem allfälligen Impugnationsprozess geltend machen müsse, dass sie alles zur Hintanhaltung von Störungen getan habe. Es stelle sich daher nicht die Frage, ob die beklagte Partei bereits jetzt alles Zumutbare getan habe, um Störungen des Eigentums (bezüglich des Grundstücks 35/5) und der Dienstbarkeit (bezüglich der zehn Parkplätze) zu verhindern. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil eine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage fehle, ob im Unterlassungs- oder erst im Impugnationsprozess die Einwendungen des Beklagten zu prüfen sind, er habe bereits alles Zumutbare zur Verhinderung von Störungen unternommen.

In ihrer Revision erachtet die beklagte Partei die Revision auch deshalb für zulässig, weil das Berufungsgericht die negatorische Eigentumsklage mit der negatorischen Dienstbarkeitsklage gleichgesetzt habe. Zudem fehle Rechtsprechung zum Umfang der Mitwirkungs- und Duldungspflicht des Dienstbarkeitsberechtigten, die hier die beklagte Partei deshalb bejaht, weil bei der Einräumung der Servitut die Störungshandlungen bereits voraussehbar gewesen wären.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Weder in der zweitinstanzlichen Zulassungsbegründung noch im Rechtsmittel wird eine solche Rechtsfrage ausgeführt.

2.1 Nach ständiger Rechtsprechung kann mit einer Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB (actio negatoria) jeder als mittelbarer Störer belangt werden, der Eingriffe veranlasst, indem er durch Handlungen oder Unterlassungen die Voraussetzung für die Störung durch Dritte schafft (RIS‑Justiz RS0012110; RS0011737 [T5, T17]; RS0103058).

2.2 Die unzulässige Benützung des Wegs durch dort haltende und parkende Hotelgäste oder Angestellte wurde durch den Hotelbetrieb der beklagten Partei herbeigeführt. Die Vorinstanzen haben die Einflussmöglichkeit eines Hotelbetreibers auf seine Gäste und Dienstnehmer im Zusammenhang mit der unzulässigen Ausdehnung des Dienstbarkeitsrechts im Einklang mit der Rechtsprechung (vgl etwa 4 Ob 514/85; 3 Ob 509/96; 4 Ob 261/02i; RIS‑Justiz RS0011737) jedenfalls vertretbar bejaht.

2.3 Für die Negatorienklage genügt bereits objektive Rechtswidrigkeit, es kommt weder auf ein Verschulden noch auf eine Störungsabsicht an (RIS‑Justiz RS0012169), zumal das im Eigentumsschutz übliche Unterlassungsbegehren kein Handlungsverbot, sondern ein „Erfolgsverbot“ ist (RIS‑Justiz RS0010566). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass der Einwand der beklagten Partei, sie habe alles Zumutbare zur Hintanhaltung von Störungen getan, nicht im Titelverfahren, sondern im Impugnationsprozess zu erheben sei, deckt sich mit der gefestigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (4 Ob 527/93; 5 Ob 240/03k; 5 Ob 217/07h; 5 Ob 218/07f; 5 Ob 219/07b; RIS‑Justiz RS0011737 [T9]; vgl auch RS0107694) und ist daher nicht korrekturbedürftig. Die knappen Ausführungen der beklagten Partei zu dieser Frage bieten keinen Anlass von der Rechtsprechung abzugehen.

3.1 Das für die Eigentumsfreiheitsklage Gesagte gilt entsprechend für eine Servitutenklage (actio confessoria), mit der eine Störung des Servitutenrechts geltend gemacht wird (vgl etwa RIS‑Justiz RS0011737 [T6]; Spath in Schwimann/Kodek 4 § 523 ABGB Rz 4).

3.2 Mit dem von der beklagten Partei nicht näher begründeten Hinweis, dass die Eigentumsfreiheitsklage nicht mit der Servitutenklage gleichzusetzen sei, wird das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage, von deren Lösung die Entscheidung abhängig ist, nicht dargelegt. Die beklagte Partei zeigt hier weder auf, inwieweit das Berufungsgericht im Zusammenhang mit den Eingriffen in die klägerischen Nutzungsrechte am Parkhaus eine Rechtsfrage unrichtig gelöst habe, noch welche abweichenden Grundsätze dafür gelten sollen.

3.3 Insoweit die beklagte Partei in ihren Revisionsausführungen behauptet, dass bei der Einräumung der Servitut Störungshandlungen bereits voraussehbar gewesen wären, verstößt sie damit gegen das Neuerungsverbots (§ 504 Abs 2 ZPO), weil eine derartige Voraussehbarkeit von Störungen im erstinstanzlichen Verfahren nicht eingewandt wurde. Die in diesem Zusammenhang angeführten Fragen zur Mitwirkungs- und Duldungspflicht des Dienstbarkeitsberechtigten können daher die Zulässigkeit der Revision nicht stützen.

4. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision damit zurückzuweisen.

Da der Kläger auf die Unzulässigkeit der Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht hingewiesen und demgemäß auch nur beantragt hat, dieser nicht Folge zu geben, hat er auch keinen Anspruch auf Honorierung seiner Revisionsbeantwortung (RIS‑Justiz RS0035979; RS0035962).

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