OGH 5Ob240/03k

OGH5Ob240/03k11.11.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Gesellschaft mbH & Co, ***** vertreten durch Dr. Adolf Concin und Partner, Rechtsanwälte in Bludenz, wider die beklagte Partei Ferdinand S*****, vertreten durch Dr. Heinz Klocker, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Feststellung, Unterlassung und Leistung (Streitwert EUR 4.500) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 26. Juni 2003, GZ 3 R 159/03k-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bezau vom 18. April 2003, GZ 5 C 423/02y-10, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil wird dahin abgeändert, dass es in seinen Punkten 1 und 2 wie folgt zu lauten hat:

Teilurteil

"1. Das Klagebegehren, es werde festgestellt, dass der Beklagte nicht berechtigt sei, die auf der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** befindlichen Parkplätze Nr 39 sowie 42 bis 52 während der Geschäftszeiten zu benützen und

2. der Beklagte sei bei sonstiger Exekution schuldig, unbefugtes Parken auf diesen Parkplätzen während der Geschäftszeiten zu unterlassen, wird

abgewiesen."

Im Übrigen, somit hinsichtlich Punkt 3 des angefochtenen Teilurteils, wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster, zweiter und dritter Instanz bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist zu 2107/5730-Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, mit welchen Anteilen das Wohnungseigentum an den Einheiten IS 4 (Imbissstube), W 10 (top 10), G 36 (Garage), G 37 (Garage) sowie an SM 1 (Supermarkt) verbunden ist. An den Parkplätzen Nr 39 und 42 bis 52 ist Zubehörwohnungseigentum zu top Nr 1 (Supermarkt) begründet.

Der Beklagte ist zu 2340/5730-Anteilen Miteigentümer der bezeichneten Liegenschaft, mit welchen Anteilen das Wohnungseigentum an den Wohnungen top 6, 7, 11 bis 20, 22 bis 32 und 32a sowie an den Garagen top 38 bis 48 und top Nr 54 verbunden ist.

Der Beklagte hat seine Eigentumswohnungen vermietet. Bei Mietvertragsabschluss hat er den jeweiligen Mietern jeweils mündlich mitgeteilt, dass sie auf den Parkplätzen direkt vor den Geschäftslokalen während der Geschäftszeit nicht parken dürfen. Dabei handelt es sich um jene Parkplätze, die im Zubehörwohnungseigentum zu top 1 (Supermarkt) der klagenden Partei stehen. Der Beklagte hat seinen Mietern gegenüber geäußert, dass sie außerhalb der Geschäftszeiten (der klagenden Partei) auf diesen Parkplätzen parken dürften.

Tatsächlich werden die streitgegenständlichen Parkplätze von Mietern des Beklagten sowohl innerhalb als auch außerhalb der Geschäftszeiten der Klägerin zum Abstellen von Fahrzeugen benützt. Der Beklagte hat niemals den Rechtsstandpunkt vertreten, dass er oder seine Mieter während der Geschäftszeiten der klagenden Partei berechtigt wären, die streitgegenständlichen Parkplätze zu benützen. Auch im gegenständlichen Verfahren hat er klargestellt, dass eine solche Berechtigung nicht besteht.

Feststellungen darüber, dass der Beklagte selbst die streitgegenständlichen Parkplätze zum Abstellen von Fahrzeugen benützt, wurden nicht getroffen.

Uneinigkeit hingegen besteht darüber, ob der Beklagte bzw seine Mieter berechtigt sind, die verfahrensgegenständlichen Parkplätze außerhalb der Geschäftszeiten der Klägerin zu benützen. Dies deshalb, da im Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag unter Punkt 6a vereinbart wurde, dass die einzelnen Wohnungseigentümer "jedoch" keinen Rechtsanspruch auf ausschließliche Benützung eines fix zugewiesenen Platzes hätten. Gemäß der Gemeinschaftsordnung vom 7. 8. 1981 dürften während der Geschäftszeiten die entlang des Wohn- und Geschäftsgebäudes befindlichen Abstellplätze nur von den Eigentümern oder dinglich Berechtigten der top Nr 1 bis 5 sowie deren Kunden benützt werden.

Weiters wurde im Realteilungsvertrag zwischen Klägerin und Beklagter vereinbart, dass "wegen der Parkplatzbenutzung und der Betriebskosten eine eigene Vereinbarung zwischen der klagenden Partei und dem Beklagten andererseits zu treffen" sei.

Mit der vorliegenden Eigentumsfreiheitsklage begehrt die Klägerin, festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt sei, die im Zubehörwohnungseigentum der Klägerin stehenden (genauer bezeichneten) Parkplätze zu benützen, dass er bei sonstiger Exekution schuldig sei, Parken auf diesen Parkplätzen zu unterlassen und, dass er verpflichtet sei, alles zu tun, insbesondere durch den Ausspruch von Verboten und Anweisungen gegenüber seinen Mietern, damit diese die Nutzung der bezeichneten Parkplätze unterließen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im gesamten Umfang statt.

Ausgehend von den oben wiedergegebenen Feststellungen gelangte das Erstgericht zu dem Schluss, dass die entgegen der Bestimmung des § 1 Abs 2 WEG 1975 vorgenommene Begründung von Zubehörwohnungseigentum an mehr als zwei Parkplätzen zur Wohnungseigentumseinheit top 1 wirksam (und nicht nichtig) sei. Die Klägerin habe daher ein dingliches ausschließliches Verfügungs- und Nutzungsrecht an diesen Parkplätzen. Die in Frage stehende Bestimmung des Wohnungseigentumsvertrags sei bei gesetzeskonformer Interpretation dahin auszulegen, dass davon nur jene Kfz-Abstellplätze umfasst seien, die nicht im Zubehörwohnungseigentum eines der Wohnungseigentümer stünden. Es bestehe daher kein Recht des Beklagten oder seiner Mieter, die im Zubehörwohnungseigentum der Klägerin stehenden Abstellplätze zu benützen. Weil der Beklagte seinen Mietern gegenüber den Standpunkt vertrete, sie dürften die Parkplätze außerhalb der Geschäftszeiten benützen, bestünde Wiederholungsgefahr. Auch das Feststellungsinteresse sei zu bejahen. Weil der Beklagte die rechtliche Möglichkeit und Verpflichtung besitze, seine Mieter zur Unterlassung anzuhalten, sei auch das Unterlassungsbegehren gerechtfertigt.

Damit sei insgesamt das Klagebegehren berechtigt.

Einer dagegen von der beklagten Partei erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz teilweise Folge. Als Teilurteil bestätigte es das erstinstanzliche Urteil dahin, dass festgestellt wurde, der Beklagte sei nicht berechtigt, die streitgegenständlichen Abstellplätze während der Geschäftszeiten zu benützen, er sei verpflichtet, ein Parken während der Geschäftszeiten zu unterlassen und überdies schuldig, alles zu tun, damit seine Mieter die Nutzung der verfahrensgegenständlichen Parkplätze während der Geschäftszeiten unterließen.

Im Übrigen gab das Berufungsgericht der Berufung Folge und hob das Urteil im darüber hinausgehenden Teil, nämlich hinsichtlich der Benützung der Parkplätze außerhalb der Geschäftszeiten der Klägerin, zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Das Berufungsgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass zwar gemäß § 1 Abs 2 WEG 1975 Wohnungseigentumszubehör für höchstens zwei Abstellplätze pro Wohnung bzw sonstiger Einheit begründet werden durfte, dass ein Verstoß gegen diese Bestimmung jedoch nicht Nichtigkeit der diesbezüglichen Vereinbarung begründe. Auch eine Anfechtbarkeit nach § 24 WEG sei zu verneinen.

Der Beklagte könne sich nicht auf ein ihm eingeräumtes obligatorisches Nutzungsrecht an den im Zubehörwohnungseigentum der Klägerin stehenden Abstellplätzen während der Geschäftszeit berufen. Damit sei das gegenständliche Feststellungs- und Unterlassungsbegehren berechtigt. Die Klägerin sei zur Erhebung einer Eigentumsfreiheitsklage gegen einen Dritten, auch gegen einen anderen Wohnungseigentümer, selbständig aktiv legitimiert. Der Beklagte sei passiv legitimiert, weil er dafür Sorge zu tragen habe, dass eine derartige Benutzung durch Mieter unterbleibe. Ein mündlicher Hinweis anlässlich des Vertragsabschlusses reiche nicht aus.

Auch gegen die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens bestünden keine Bedenken, da dieses über das Unterlassungsbegehren hinausgehe und überdies die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien abschließend und endgültig zu regeln imstande sei.

Das Klagebegehren sei also, soweit es die Benützung der Abstellplätze während der Geschäftszeiten der Klägerin betreffe, spruchreif.

Hingegen erachtete das Berufungsgericht die Rechtssache hinsichtlich jener Zeiträume, die außerhalb der Geschäftstätigkeit der Klägerin lägen, noch nicht als entscheidungsreif. Es sei noch eine vom Beklagten vorgetragene Behauptung zu prüfen, wonach 1994 im Rahmen einer Eigentümerversammlung vereinbart worden sei, dass eine Liste jener Parkberechtigten erstellt werde, die auf den verfahrensgegenständlichen Parkplätzen ihre Fahrzeuge außerhalb der Geschäftszeiten abstellen dürften. Eine solche Liste sei auch erstellt worden, sodann sei die Benützung der streitgegenständlichen Autoabstellplätze in dieser Form bis April des Jahres 2002 unstrittig gewesen.

Es sei daher vom Erstgericht noch zu prüfen, ob sich der Beklagte bzw seine Mieter hinsichtlich der Benützungsrechte außerhalb der Geschäftszeiten tatsächlich auf eine solche Vereinbarung stützen könnten.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes hinsichtlich des Teilurteils EUR 4.000, nicht aber EUR 20.000 übersteige und die ordentliche Revision gegen das Teilurteil zulässig sei.

Gegen dieses Teilurteil richtet sich die Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht von bestehender Rechtsprechung zur Zulässigkeit eines Feststellungs- und Unterlassungsbegehrens gegen den mittelbaren Störer abgewichen ist. Die vom Berufungsgericht als erheblich aufgeworfene Rechtsfrage, ob die Begründung von Zubehörwohnungseigentum nach § 1 Abs 2 WEG 1975 hinsichtlich von mehr als zwei Abstellplätzen Nichtigkeit der Wohnungseigentumsbegründung bewirke, ist hingegen für die Erledigung des Teilurteils rechtlich unerheblich (dazu unten).

Die Revision des Beklagten ist auch teilweise berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass der sich Beklagte nicht das Recht anmaßt, er oder seine Mieter dürften während der Geschäftszeiten der Klägerin die in deren Zubehörwohnungseigentum stehenden Abstellplätze benützen. Fest steht auch, dass der Beklagte an den Störungen durch seine Mieter weder persönlich mitgewirkt noch sie dazu veranlasst hat. Der beklagte Wohnungseigentümer hat vielmehr seine Mieter schon bei Mietvertragsabschluss auf die bestehenden Alleinbenützungsrechte der Klägerin jedenfalls während deren Geschäftszeiten ausdrücklich hingewiesen. Damit ist aber ein Begehren auf Feststellung und Unterlassung gegenüber dem Beklagten nicht berechtigt.

Die Eigentumsfreiheitsklage kann gegen jeden unberechtigten Eingriff in das Eigentum erhoben werden, im Allgemeinen aber nicht wegen Handlungen Dritter, außer der Beklagte hat den Eingriff veranlasst, hält den unerlaubten Zustand aufrecht oder es ist sonst von ihm Abhilfe zu erwarten (vgl zu allem Hofmann in Rummel 3 Rz 9 zu 3 523 ABGB mwN). Damit gesagt werden kann, vom Beklagten wäre Abhilfe gegen das Verhalten seiner Mieter zu erwarten, muss er die rechtliche Möglichkeit oder Pflicht haben, den Eingriff und die Beendigung des störenden Verhaltens zu erwirken, wobei grundsätzlich dem Beklagten die Wahl unter mehreren Möglichkeiten frei steht (EvBl 1978/165; 5 Ob 86/03p). Die Verpflichtung des Beklagten (gegenüber dem Kläger) ergibt sich aus dem gegenseitigen Verhältnis zwischen Mit- und Wohnungseigentümern, wonach eine bestehende Gebrauchsordnung und erst recht eine auf dem Wohnungseigentumsvertrag fußende bücherliche Einverleibung von ausschließlichen Nutzungs- und Verfügungsrechten zu respektieren ist. Eine solche Verpflichtung bestreitet der Beklagte im Übrigen nicht, indem er selbst darauf hinweist, dass sich eine solche Verpflichtung zumindest aus einer bestehenden Gebrauchsordnung ergäbe, wenn nicht aus dem dinglichen Recht der Klägerin.

Eine Unterlassungspflicht schließt auch die Verpflichtung in sich, auf den störenden Dritten im Sinn der Unterlassung einzuwirken (SZ 5/216; MietSlg 22.037; 29.096, 33.048 ua; RIS-Justiz RS0011737). Daraus folgt aber nicht, dass das Begehren der Eigentumsfreiheitsklage in jenen Fällen, in denen der Beklagte für die Eigentumseingriffe Dritter verantwortlich ist, ohne selbst tätig geworden zu sein, auf Unterlassung durch den Beklagten selbst zu richten ist. Auf Unterlassung einer Handlung, die von einem anderen begangen wurde, kann nicht geklagt werden (MietSlg 18.179; 22.135; 26.491; 35.055, 4 Ob 514/85). In solchen Fällen kann nur begehrt werden, das Verhalten jener Personen abzustellen, d.h. auf sie einzuwirken, die die Störung begehen. Eine persönliche Unterlassungspflicht trifft nur denjenigen, der an der Störung zumindest persönlich mitgewirkt oder andere dazu veranlasst hat. Wegen eines Verhaltens Dritter kann also bei fehlender Beteiligung nur Einwirkung auf diesen begehrt werden, nicht aber begehrt werden, selbst solche Störungen zu unterlassen (MietSlg 35.055, 22.135; 4 Ob 514/85; 5 Ob 86/03p).

Dass mangels Bestreitung des Rechts kein selbständiges rechtliches Interesse an der Feststellung der Unterlassungspflicht besteht, ergibt sich von selbst.

Diese Erwägungen hatten zur Abweisung des Feststellungs- und Unterlassungsbegehrens hinsichtlich des Beklagten zu führen, soweit das Teilurteil über Störungen während der Geschäftszeiten der Klägerin abgesprochen hat.

Weil der Beklagte klargestellt hat, dass ein Recht zur Benützung der Abstellplätze während der Geschäftszeiten der Klägerin weder für ihn noch für seine Mieter besteht, was er damit begründete, dass selbst bei Nichtigkeit der Wohnungseigentumszubehörbegründung sich ein solches (fehlendes) Benützungsrecht aus einer Gebrauchsordnung ergäbe, braucht im vorliegenden Verfahren entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes nicht geklärt werden, ob die Wohnungseigentumszubehörbegründung unwirksam war.

In Frage steht also nur noch, ob der Beklagte durch den Hinweis gegenüber seinen Mietern bei Vertragsabschluss seiner Verpflichtung zur Einwirkung auf diese bereits ausreichend entsprochen hat.

Dies ist zu verneinen. Es wurde nicht festgestellt, dass der Beklagte nach Kenntnis der Störungen durch seine Mieter irgend etwas unternommen hätte, um deren Verhalten abzustellen. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes ist zutreffend, dass es nicht ausreichte, dass der Beklagte bei Begründung der jeweiligen Bestandverhältnisse seine Mieter darauf hingewiesen hat, während der Geschäftszeiten der Klägerin deren Parkplätze nicht zu benützen. Der Beklagte hat für eine Benützung der Abstellplätze der Klägerin durch seine Mieter einzustehen, wenn er nicht alles Zumutbare getan hat, um die unrechtmäßige Benützung zu verhindern. Dass er alles getan hat, was ihm zumutbar ist, hat der Beklagte in einem allfälligen Impugnationsstreit (§ 36 EO) geltend zu machen (4 Ob 527/93). Welche Mittel er dazu ergreift, vom einfachen Verbot bis zum Klagsweg oder letztlich Entfernung der störenden Bestandnehmer, bleibt ihm überlassen (RS0011737).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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