European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0020OB00001.13F.1219.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung
Die Kinder stammen aus der Ehe des Vaters mit der Mutter, die am 2. 6. 2008 gemäß § 55a EheG im Einvernehmen geschieden wurde. Im Scheidungsfolgenvergleich wurde in Punkt I. vereinbart, dass die Kinder ihren hauptsächlichen Aufenthalt bei der Mutter haben sollen und die Obsorge beider Elternteile aufrecht bleiben soll. Der Vater verpflichtete sich zur Leistung eines monatlichen Unterhalts von 300 EUR je Kind ab 1. 11. 2007. Punkt II. enthält einen wechselseitigen Unterhaltsverzicht der Elternteile. In Punkt III. trafen die Eltern Vereinbarungen über die Aufteilung des ehelichen Vermögens. Gemäß lit a) übertrug die Mutter dem Vater „im Zuge der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse“ ihre Hälfteanteile an insgesamt fünf Liegenschaften. Lit b) bis g) betrafen Hausrat, Fahrzeuge, Lebensversicherungen, Bausparverträge, Konten und Schulden. Lit h) dieses Abschnitts lautet:
„ Der Erstantragsteller [Vater] verpflichtet sich, der Zweitantragstellerin [Mutter] aus dem Titel der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse eine Ausgleichszahlung im Betrag von 105.000 EUR zu bezahlen. Die Bezahlung dieser Ausgleichsleistung erfolgt in sieben Raten wie folgt: [jährliche Raten von je 15.000 EUR bis 1. 4. 2014].“
Der Vater bezieht sein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit.
Auf Antrag der Kinder erhöhte das Erstgericht die monatliche Unterhaltspflicht des Vaters für die Zeit vom 1. 1. 2009 bis 31. 12. 2010 um unterschiedlich hohe Beträge und ab 1. 1. 2011 auf 600 EUR je Kind. Ein Erhöhungsmehrbegehren wurde abgewiesen. Das Erstgericht ermittelte anhand der durchschnittlichen Privatentnahmen des Vaters die Unterhaltsbemessungsgrundlage mit 3.847,54 EUR und gelangte unter Berücksichtigung der weiteren Sorgepflichten des Vaters nach der Prozentsatzmethode zu den zuerkannten Beträgen.
Diese Entscheidung wurde im Umfang ihres abweisenden Teils und einer Erhöhung der monatlichen Unterhaltspflicht auf 363 EUR je Kind ab 1. 1. 2009 unbekämpft rechtskräftig.
Das im Übrigen vom Vater angerufene Rekursgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und sprach zunächst aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Zu der in dritter Instanz allein noch strittigen Frage, ob die Privatentnahmen des Vaters auch in dem zur Leistung der Ausgleichszahlung an die Mutter erforderlichen Umfang in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen seien, führte das Rekursgericht aus, dem Scheidungsfolgenvergleich könne nicht entnommen werden, dass die Ausgleichszahlung „nichts anderes sei, als die Bezahlung der zweiten Hälfte des Unternehmens“. Der gegenteiligen Argumentation des Vaters könne aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens nicht beigepflichtet werden. Danach handle es sich um eine Ausgleichszahlung zur Regelung der nachehelichen Aufteilungsansprüche gemäß §§ 81 ff EheG, also um die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, wie dies auch im Vergleich formuliert worden sei. Weder dem Vergleich noch den im Akt erliegenden Urkunden sei zu entnehmen, dass mit diesen Zahlungen Anteile der Mutter an gemeinsamen Betrieben abgelöst werden sollten. In diesem Zusammenhang sei auch auffällig, dass der Vater in seinem Vorbringen die Ausgleichszahlung einmal als Unterstützung für die Mutter, ein anderes Mal als Investition in den eigenen Betrieb bezeichnet habe.
Aufgrund eines Abänderungsantrags des Vaters sprach das Erstgericht nachträglich aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei. Es existiere keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Fragen, „ob die Leistung einer Ausgleichszahlung als AfA geltend gemacht werden kann, ob überhaupt die Leistung von Ausgleichszahlungen begrifflich als betriebliche Investition verstanden werden kann bzw ob eine Qualifizierung solcher Zahlungen als Privatentnahmen im Sinne eines der Unterhaltsbemessung zugrunde liegenden Einkommens vorzunehmen ist“.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Vater erhobene Revisionsrekurs ist entgegen diesem Ausspruch des Rekursgerichts wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig. Weder in der Zulassungsbegründung des Rekursgerichts noch im Revisionsrekurs des Vaters wird eine solche Rechtsfrage aufgezeigt:
1. Privatentnahmen eines selbständig tätigen Unterhaltspflichtigen sind als Bemessungsgrundlage heranzuziehen, wenn sie entweder den Reingewinn des Unternehmens übersteigen oder die Betriebsbilanz einen Verlust aufweist (7 Ob 52/98t; 6 Ob 119/98p; 1 Ob 257/09i; vgl auch RIS-Justiz RS0011596, RS0047382).
Der Vater zieht in seinem Rechtsmittel nicht in Zweifel, dass im relevanten Zeitraum grundsätzlich seine Privatentnahmen für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage maßgeblich sind.
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zählen zu den Privatentnahmen alle nicht betrieblichen Bar- und Naturalentnahmen (7 Ob 52/98t; 6 Ob 119/98p; 1 Ob 257/09i). Werden Privatentnahmen der privaten Lebensführung zugeführt, sind sie der Unterhaltsbemessung zugrunde zu legen. Soweit sie dagegen nicht privaten Zwecken, sondern der Sicherung und Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz dienen oder sonstige betrieblich veranlasste Aufwendungen bilden, vermindern sie wie sonstige Betriebsausgaben die Bemessungsgrundlage (6 Ob 119/98p mwN; 6 Ob 221/05a; 2 Ob 115/11t).
Vor diesem Hintergrund kommt es für die Lösung der hier strittigen Rechtsfrage darauf an, ob die Leistung der Ausgleichszahlung ‑ wie der Vater meint ‑ betrieblichen oder ‑ so die Ansicht des Rekursgerichts ‑ privaten Zwecken diente.
3. Das Rekursgericht hat diese Frage primär durch Auslegung des Scheidungsfolgenvergleichs gelöst. Dabei geht es um die Auslegung eines Vertrags im Einzelfall, die typischerweise keine erhebliche Rechtsfrage begründet, es sei denn, es läge infolge wesentlicher Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis vor (vgl RIS-Justiz RS0042776, RS0112106).
Eine derartige Verkennung der Rechtslage ist dem Rekursgericht entgegen der Ansicht des Vaters aber nicht vorwerfbar. Der Vater hält der Auslegung des Rekursgerichts zwar weiterhin die Behauptung entgegen, dass die Ausgleichszahlung „nichts anderes als die Bezahlung der zweiten Hälfte des Unternehmens“ bzw „der Kaufpreis für die Unternehmensanteile“ der Mutter sei (es handle sich um „die Hälfte der Schihütte“ und um die „Hälfte des Bauernhofs“). Er verabsäumt es aber auch im Revisionsrekurs darzulegen, woraus sich diese ‑ seiner Ansicht nach zwingende ‑ Schlussfolgerung ergeben soll. Gerade die in den Vergleichstext aufgenommene Formulierung, wonach sich der ‑ auch damals anwaltlich vertretene ‑ Kläger „aus dem Titel der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse“ zu einer ansonsten ungewidmeten Ausgleichszahlung verpflichtete, stützt die Auslegung des Rekursgerichts. Anteile an einem Unternehmen unterliegen nämlich, wie der Vater in seinem Rechtsmittel ohnedies selbst erkennt, nicht der Aufteilung, es sei denn, dass es sich um eine bloße Wertanlage handelt (gemäß § 82 Abs 1 Z 4 EheG). Auch der sonstige Vergleichstext bietet keinen verlässlichen Anhaltspunkt dafür, dass der Zweck der Ausgleichszahlung nur auf die Abgeltung betrieblich genutzter Vermögenswerte gerichtet sein konnte, wie dies der Vater ‑ freilich ohne jede Begründung ‑ geltend macht.
Unter diesen Umständen erweist sich die Auslegung des Rekursgerichts aber jedenfalls als vertretbar. Selbst wenn auch eine andere Auslegung möglich wäre, ändert sich an dieser Beurteilung nichts (vgl 7 Ob 50/11w mwN).
4. Soweit das Rekursgericht den Behauptungen des Vaters (auch) „aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens“ nicht beizupflichten vermochte und dazu auf „die im Akt erliegenden Urkunden“ verwies, handelt es sich überdies um einen vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Akt der Beweiswürdigung. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass dem Vater auch der Nachweis eines vom Vergleichstext allenfalls abweichenden übereinstimmenden Parteiwillens nicht gelungen ist.
5. Der Anschaffungsaufwand für abnutzbare Wirtschaftsgüter, die der Erzielung von Einkünften dienen, wird steuerrechtlich durch die (lineare) Absetzung für Abnutzungen (AfA) berücksichtigt. Er ist, sofern es sich nicht um kurzlebige Wirtschaftsgüter handelt, auf die gewöhnliche Nutzungsdauer aufzuteilen. Kein abnutzbares Wirtschaftsgut ist Grund und Boden (vgl 4 Ob 218/08z mwN; jüngst Wieland , Unterhaltsrecht und steuerliche Abschreibungen, iFamZ 2013, 222).
Nach der ‑ wie erörtert ‑ vertretbaren Auslegung des Rekursgerichts steht die im Scheidungsfolgenvergleich vereinbarte Ausgleichszahlung in keinem Zusammenhang mit „betrieblichen Investitionen“. Es ist auch nicht erkennbar, dass sie den außerbetrieblichen Erwerb eines Wirtschaftsguts (etwa eines Gebäudes) bezweckte, das der Erzielung von Einkünften dienen soll. Die in der Zulassungsbegründung des Rekursgerichts als erheblich erachteten Fragen, ob die Leistung einer Ausgleichszahlung als AfA geltend gemacht werden könne und ob solche Zahlungen überhaupt als betriebliche Investition verstanden werden könnten, stellen sich somit nicht. Die fehlende Relevanz für die Entscheidung des zu beurteilenden Falls schließt aber das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage aus (4 Ob 101/13a; RIS-Justiz RS0088931).
6. Die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse aus Anlass einer Ehescheidung betrifft grundsätzlich die private Lebensführung des Unterhaltspflichtigen. Mit der Festlegung einer Ausgleichszahlung soll im Allgemeinen ein durch die Naturalteilung entstehendes wertmäßiges Ungleichgewicht nach Billigkeit ausgeglichen werden (vgl Koch in KBB³ § 94 EheG Rz 1). Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass anlässlich einer Ehescheidung im Rahmen der Vermögensaufteilung übernommene Verpflichtungen keine Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage begründen (vgl 8 Ob 581/90; 7 Ob 531/95; 1 Ob 154/00d; 4 Ob 101/13i). Auch Zahlungen zu Zwecken der Vermögensbildung schmälern die Bemessungsgrundlage im Allgemeinen nicht (7 Ob 226/11b mwN; RIS-Justiz RS0107278 [T4]).
Wenn daher das Rekursgericht die Privatentnahmen auch in jenem Umfang in die Bemessungsgrundlage einbezog, in welchem sie der Vater zur ratenweisen Leistung der Ausgleichszahlung an die Mutter verwendet, so führt dies entgegen den Rechtsmittelausführungen keineswegs zu einem „paradoxen, um nicht zu sagen perversen Bild“, sondern zu einem Ergebnis, das mit der erörterten Rechtsprechung im Einklang steht.
7. Da somit keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG zu lösen sind, ist der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.
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