OGH 7Ob531/95

OGH7Ob531/9510.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am 28.7.1976 geborenen mj. Martin M*****, vertreten durch seine Mutter Theresia M*****, infolge Revisionsrekurses des Vaters Willibald M*****, vertreten durch Dr.Roger Haarmann und Dr.Bärbl Haarmann, Rechtsanwälte in Liezen, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 8.Februar 1995, GZ 2 R 13/95-38, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Liezen vom 6.Dezember 1994, GZ P 80/79-34, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Martin befindet sich seit der Trennung seiner Eltern bei seiner Mutter, der auch die Obsorge zukommt.

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 3.11.1989, der sich auf das Einvernehmen beider Elternteile gründete, wurde der von Willibald M***** für seinen Sohn Martin zu leistende monatliche Unterhaltsbeitrag mit S 2.840,-- festgesetzt. In der anläßlich der Scheidung am 14.3.1990 geschlossenen und mit Beschluß vom 23.4.1990 pflegschaftsgerichtlich genehmigten Vereinbarung ist festgehalten, daß diese Unterhaltsbemessung beibehalten werde. Ihre vermögensrechtlichen Beziehungen regelten die Eltern im Scheidungsvergleich dahin, daß Theresia M***** ihrem geschiedenen Mann ihren Hälfteanteil am bis dahin gemeinsamen Haus gegen eine Ausgleichszahlung von S 150.000,-- übertrug, sodaß Willibald M***** nunmehr Alleineigentümer dieser Liegenschaft wurde. Er verpflichtete sich, für Theresia M***** monatliche Unterhaltsbeiträge von S 5.000,-- bis 31.3.1995 ungeachtet ihres eigenen Erwerbes zu leisten. Weiters verpflichtete er sich, die nun in seinem Alleineigentum stehende Liegenschaft "unter Lebenden oder Toten an eines der beiden aus der Ehe stammenden Kinder .......... zu übertragen" und erklärte sein Einverständnis, daß ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten der ehelichen Söhne Arno und Martin einverleibt werde. Der damals bereits selbsterhaltungsfähige Sohn Arno ist inzwischen verstorben. Das Veräußerungs- und Belastungsverbot wurde bisher nicht verbüchert.

Martin besuchte zunächst die Heeresversorgungsschule in Langenlebarn, schied aber dort freiwillig aus. Er hielt sich dann einige Monate hindurch in den USA auf und war anschließend kurze Zeit als Hilfsarbeiter beschäftigt. Er besucht seit September 1994 die HTL in Steyr, Fachrichtung Maschinenbau und Kraftfahrzeugbau. Er ist im Internat untergebracht. Hiefür ist ein jährlicher Beitrag von S 37.000,-- zu leisten. Die Wochenenden, die Ferien und die sonstigen schulfreien Tage verbringt er bei seiner Mutter.

Willibald M***** ist Angestellter eines Kfz-Betriebes in T***** und erzielt ein durchschnittliches Nettoeinkommen von S 24.865,-- monatlich. Er hat wieder geheiratet. Seine nunmehrige Ehefrau bezieht nach der Geburt der Tochter am 15.7.1994 ein Karenzgeld von S 180,80 täglich. Willibald M***** hat monatliche Kreditraten von S 3.850,-- für einen Kredit in ursprünglicher Höhe von S 270.000,-- "für Scheidungskosten" und von S 2.450,-- für einen Kredit von ursprünglich S 255.000,-- "für Wohnhaussanierung" zurückzuzahlen.

Am 6.9.1994 stellte die Mutter den Antrag, die Unterhaltsbeiträge für Martin ab 15.9.1994 auf S 5.000,-- monatlich zu erhöhen.

Der Vater sprach sich gegen jede Unterhaltserhöhung aus. Er verwies insbesondere auf seine weiteren Sorgepflichten und seine Kreditverbindlichkeiten und meinte, in der Vergangenheit ohnehin mehr geleistet zu haben als seiner Verpflichtung entsprochen habe.

Das Erstgericht erhöhte die Unterhaltsbeiträge ab 15.9.1994 auf S 3.980,-- monatlich und wies das Mehrbegehren ab. Von den der Altersgruppe zwischen 15 und 19 Jahren zustehenden 22 % Prozent des Einkommens des Unterhaltspflichtigen seien für die Sorgepflicht für die geschiedene Ehefrau 3 %, für die aus der zweiten Ehe stammende Tochter Katja 1 % und für die nunmehrige Ehefrau 2 % abzuziehen, so daß der Unterhaltsbeitrag mit 16 % der Bemessungsgrundlage auszumitteln sei. Die Kreditverbindlichkeiten könnten nicht berücksichtigt werden. Allfällige Mehrleistungen des Vaters in der Vergangenheit könnten gegen den laufenden Unterhalt nicht aufgerechnet werden.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Beschluß. Die Aufwendungen des Vaters für das Haus könnten selbst bei Berücksichtigung der Vereinbarung, daß das Haus einmal dem unterhaltsberechtigten Sohn Martin zugutekommen solle, nicht von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden. Weitere Sorgepflichten seien angemessen berücksichtigt worden. Da Martin während der schulfreien Zeit von der Mutter versorgt werde und die Internatskosten in Betracht zu ziehen seien, sei der Vater gegenüber der Mutter nicht benachteiligt. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Behandlung von Kreditraten für Liegenschaften, die mit einem Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten des Unterhaltsberechtigten belastet seien, fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Vater vertritt darin nach wie vor die Ansicht, daß die Kredite, die teils aus der vor der Scheidung vorgenommenen Sanierung des Hauses (Zentralheizungseinbau, Dacherneuerung) stammten und teils zur Finanzierung der Ausgleichszahlung aufgenommen worden seien, aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden seien. Dieser Auffassung haben sich die Untergerichte zu Recht nicht angeschlossen.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz bilden Ratenzahlungen für Kredite im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Renovierung einer Wohnung bzw einer sonstigen Immobilie und im Zusammenhang mit der nachehelichen Vermögensaufteilung oder Ehescheidung eingegangene Schulden grundsätzlich keine Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage (EFSlg 68.261 ff, 71.269 ff ua). Berücksichtigt werden derartige Verbindlichkeiten nur dann, wenn der Unterhaltsberechtigte in der betreffenden Wohnung wohnt, wenn die Kreditvaluta unmittelbar dem Unterhaltsberechtigten zugutekommt oder wenn die mit Kredit finanzierten Anschaffungen für den Unterhaltspflichtigen existenznotwendig waren. Auch der Oberste Gerichtshof hat bereits in mehreren Entscheidungen ausgesprochen, daß derartige Ratenzahlungen (etwa auf einen Kredit für einen Eigenheimbau: EFSlg 68.263, 68.269; oder auf Wohnbauförderungsdarlehen: EFSlg 68.291) nicht abzugsfähig sind. Grundsätzliche Erwägungen zur Frage des Einflusses von Kreditverbindlichkeiten auf die Höhe des Kindesunterhaltes wurden in der bereits vom Gericht zweiter Instanz zitierten, in JBl 1991, 720 veröffentlichten Entscheidung angestellt: Demnach verwehrt die Kenntnis von der Unterhaltsverpflichtung bei Begründung von Schulden dem Unterhaltspflichtigen in der Regel eine Berufung auf völlige oder teilweise Leistungsunfähigkeit infolge dieser Schulden, es sei denn, es handelt sich um notwendige, nicht anders finanzierbare Anschaffungen für den Beruf oder die allgemeine Lebensführung. Für eine Interessenabwägung, inwieweit Schulden eine Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage darstellen, ist der Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, der Zweck, für den sie aufgenommen worden sind, das Einverständnis des Ehepartners zu dieser Schuldaufnahme, die Dringlichkeit der Bedürfnisse des Verpflichteten und des Berechtigten, das Interesse an einer Schuldentilgung, um die Verbindlichkeit nicht weiter anwachsen zu lassen und dadurch die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten weiter herabzudrücken, maßgeblich. Eine Berücksichtigung von Schulden ist unter diesen Gesichtspunkten nach billigem Ermessen vorzunehmen, wobei bei mj. Kindern das Einverständnis der Eltern, Kredite aufzunehmen, weniger ins Gewicht fällt.

In der Entscheidung 6 Ob 599/93 (= EFSlg 71.275) führte der Oberste Gerichtshof hinsichtlich der Belastung durch eine Darlehensaufnahme zur Errichtung eines Eigenheimes aus, daß die Entscheidung des unterhaltspflichtigen Vaters zur Aufrechterhaltung seines Hausbesitzes unter notwendiger Aufrechterhaltung der monatlichen Darlehensrückzahlungsverpflichtungen zwar verständlich sein möge, den Unterhaltsanspruch des Kindes aber nicht schmälern dürfe. Es dürfe nicht außer acht gelassen werden, daß der Vater gegenüber seinen Unterhaltsgläubigern oder gegenüber sonst jemandem in keiner Weise zur Aufrechterhaltung des Hausbesitzes verbunden sei, er allein die Nutzung des Hauses ziehe und kein Umstand gegen eine zinsbringende Fremdnutzung oder gegen einen die Darlehensbelastung vollkommen abdeckenden Hausverkauf vorgebracht oder aktenkundig sei, so daß mehrere Jahre nach Auflösung der Ehe und Übernahme der Kinder in die alleinige Obsorge der Mutter es in der freien Entscheidung des unterhaltspflichtigen Vaters gelegen sei, ob er sein Haus behalte und die damit verbundenen Lasten weitertrage oder ob er das Haus in einer Weise veräußere, daß er der gesamten Last aller Darlehensrückzahlungsverpflichtungen enthoben wäre.

Der hier vorliegende Fall unterscheidet sich zwar dadurch, daß sich der Vater (bislang mit bloß obligatorischer Wirkung) verpflichtet hat, das Haus irgendwann einmal, spätestens von Todes wegen, dem unterhaltsberechtigten Sohn Martin zukommen zu lassen. Auch ist richtig, daß der Vater das Haus nicht an einen Dritten veräußern kann, ohne dieses Versprechen zu brechen. Es stünde ihm aber jederzeit frei, sich zu einer zinsbringenden Fremdnutzung zu entschließen oder das Haus jetzt schon an den Sohn zu übertragen, wobei die anläßlich der Ehescheidung geschlossene Vereinbarung nicht dagegen spricht, daß der Sohn die mit der Liegenschaft verbundenen Lasten zu übernehmen hat. Vor allem aber ging der Vater die Verpflichtung zur Leistung der Abschlagszahlung und auch die Verpflichtung, die Liegenschaft nicht an Dritte zu veräußern, sondern für den Sohn aufzubewahren, in Kenntnis seiner Sorgepflichten für den Sohn ein, sodaß sein Wunsch, die Liegenschaft trotz der von der Frau geforderten Auflagen nach der Scheidung für sich allein zu behalten, nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten und dessen laufenden Unterhaltsanspruches gehen kann.

Ob die angeführten Sanierungskosten jemals dem Sohn zugutekommen werden, ist mehr als fraglich, weil derartige Investitionen einem ständigen Wertverlust unterliegen und nicht abzusehen ist, wann der Sohn in den Genuß des Hauses kommen wird. Derzeit wirken sich die Kreditrückzahlungen des Vaters weder direkt noch indirekt zugunsten des Sohnes aus und dienen insbesondere auch nicht dessen Vermögensbildung. Es hat daher auch im vorliegenden Fall bei dem Grundsatz zu bleiben, daß Kosten für die Wohnungssanierung, die vor etlichen Jahren getätigt wurden und derzeit auf unabsehbare Zeit ausschließlich dem Vater und seiner neugegründeten Familie zugutekommen, wie auch die Kosten im Zusammenhang mit der Vermögensaufteilung zwischen den ehemaligen Eheleuten nicht zu Lasten des unterhaltsberechtigten Kindes gehen dürfen.

Die Ansicht der Untergerichte, daß die in Karenz befindliche zweite Ehefrau aufgrund ihres Karenzgeldbezuges nur als teilweise konkurrierende Unterhaltsberechtigte zu werten sei, weshalb der den Unterhaltsanspruch von Martin mindernde Prozentsatz nur mit 2 % und nicht mit 3 % (wie der Rekurswerber meint) für die zweite Ehefrau berücksichtigt wurde, hält sich durchaus im Rahmen der Rechtsprechung. Von einer krassen Fehlbeurteilung durch die Untergerichte kann keine Rede sein. Insoweit liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor.

Dem Argument des Vaters, daß auch die Mutter anteilig zum Geldunterhalt beizutragen habe, weil Martin im Internat untergebracht sei, ist entgegenzuhalten, daß sich Martin während seiner gesamten schulfreien Zeit bei der Mutter aufhält und von dieser auch während der Internatszeit mit Kleidung usw versorgt wird. Schließlich kommt die Mutter auch für die Internatskosten auf, ohne hiefür eine Abgeltung in Form eines Sonderbedarfes zu begehren. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner in RZ 1992/5 (= EFSlg 61.794/8) veröffentlichten Entscheidung zum Ausdruck gebracht hat, leistet der Elternteil insbesondere bei Volljährigen oder der Volljährigkeit nahen Kindern, wo die körperliche Pflege und Beaufsichtigung in den Hintergrund tritt und die Erziehungsarbeit, die Gewährung der Unterkunft, Naturalverpflegung und Besorgung der Kleider an Bedeutung gewinnt, auch dann seinen Unterhaltsbeitrag, wenn das Kind unter der Woche zwecks Ausbildung auswärts lebt. Die Entscheidung der Untergerichte entspricht daher auch insoweit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.

Dem Rekurs war somit ein Erfolg zu versagen.

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