European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0020OB00101.24B.1119.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
I. Die Revisionen sowie die Revisionsbeantwortung der drittbeklagten Partei werden zurückgewiesen.
II. Die klagende Partei ist schuldig, den erst- und zweitbeklagten Parteien ihre jeweils mit 3.521,11 EUR (darin enthalten 568,85 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Streitteile sind die leiblichen Kinder des 2014 verstorbenen Erblassers. Den aus erster Ehe stammenden Beklagten wurde der vermögenslose Nachlass aufgrund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers zu je einem Drittel eingeantwortet.
[2] Im September 2012 erlitt der Erblasser einen epileptischen Anfall. Im Zuge der medizinischen Abklärung stellte sich heraus, dass er an einem Gehirntumor litt.
[3] Währenddessen behob seine Ehefrau von seinem Bankkonto 220.000 EUR. Der Erblasser war darüber so erbost, dass er ihre Vollmachten widerrief und auch ihr Arbeitsverhältnis beendete. In diesem Zusammenhang schränkte er auch die finanziellen Zuwendungen an die Klägerin auf Unterhaltszahlungen in Höhe von 400 EUR ein, weil er davon ausging, dass die Klägerin unter anderem durch die aus seiner Sicht unrechtmäßigen Entnahmen der Mutter vom Betriebskonto ausreichend versorgt sei.
[4] Am Tag vor der operativen Versorgung des Gehirntumors im Oktober 2012 übergab der Erblasser mit Notariatsakt den Betrieb „Erbhof E*-S*“ samt dazugehörigen landwirtschaftlichen Liegenschaften an den Erstbeklagten und den Betrieb „Erbhof W*“ samt dazugehörigen landwirtschaftlichen Liegenschaften an den Zweitbeklagten.
[5] Mit letztwilliger Verfügung vom Februar 2014 enterbte der Erblasser die Klägerin, weil er enttäuscht darüber war, dass sie – während seines sich verschlechternden Gesundheitszustands – gemeinsam mit ihrer Mutter einen Beweissicherungsantrag gegen ihn eingebracht und aufgrund seines baldigen Ablebens seine zeugenschaftliche Einvernahme zur Bekämpfung der Übergabsverträge beantragt sowie an einem – vom Anwalt der Mutter initiierten – reißerischen Artikel über sein Familienleben teilgenommen hatte.
[6] Die Klägerin begehrt von den Beklagten als Geschenknehmer die Zahlung ihres Pflichtteils.
[7] Die Beklagten wenden zusammengefasst ein, die Klägerin sei erbunwürdig. Der Erblasser habe sie zu Recht enterbt. Jedenfalls handle es sich bei den übergebenen Betrieben um selbständige Erbhöfe, sodass der Übernahmswert zur Berechnung der Pflichtteile maßgeblich sei.
[8] Die Vorinstanzen gaben der Klage gegenüber den Erst- und Zweitbeklagten teilweise und gegenüber der Drittbeklagten zur Gänze statt. Die Klägerin sei nicht erbunwürdig. Auch die Enterbung durch den Erblasser sei nicht gerechtfertigt. Sie habe ihn weder im Notstand im Stich gelassen noch ihre aus dem Familienverhältnis entspringenden Pflichten gröblich vernachlässigt. Bei den an den Erst- und Zweitbeklagten übergebenen Liegenschaften habe es sich jeweils um – schon vor Übergabe – selbständige landwirtschaftliche Betriebe gehandelt, denen jeweils Erbhofeigenschaft zukomme. Auch eine Teilung durch die Übergabsverträge wäre zulässig gewesen und führe zur analogen Anwendbarkeit des AnerbenG. Der Pflichtteilsanspruch sei daher insoweit unter Zugrundelegung des vom Sachverständigen ermittelten, dem Ertragswert entsprechenden Übernahmswerts (Betrieb des Erstbeklagten: 2.170.679 EUR; Betrieb des Zweitbeklagten: 5.294.558 EUR) zu berechnen. Der Wert der landwirtschaftlichen Maschinen finde Niederschlag im Ertragswert und sei nicht gesondert zu berücksichtigen. Anhaltspunkte für eine Berücksichtigung des Verkehrswerts lägen nicht vor. Die ebenfalls übergebenen Jagden seien hingegen mit dem Verkehrswert zu berücksichtigen. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zur Frage zu, ob bei Teilung eines vormals die Obergrenze des § 1 Abs 1 AnerbenG überschreitenden land- und forstwirtschaftlichen (Gesamt‑)Betriebs in zwei Betriebe, die in der Folge an jeweils eine erbberechtigte Person übergeben werden und die Voraussetzungen der genannten Bestimmung jeweils erfüllen, eine analoge Anwendung des Anerbenrechts bei der Ausmittlung der Pflichtteilshöhe weiterer Erben in Betracht komme.
[9] Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Abänderungsantrag, ihrer Klage vollinhaltlich stattzugeben.
[10] Die Beklagten streben mit ihrer Revision die gänzliche Abweisung der Klage an.
[11] Hilfsweise werden jeweils Aufhebungsanträge gestellt.
Rechtliche Beurteilung
[12] BeideRevisionensind – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts – mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
I. Revision der Beklagten
[13] 1. Aufgrund des Ablebens des Erblassers vor dem 31. 12. 2016 kommt die Rechtslage vor Inkrafttreten des ErbRÄG 2015 zur Anwendung (§ 1503 Abs 7 Z 2 ABGB).
[14] 2. Ein Kind kann ua dann enterbt werden, wenn es den Erblasser im Notstand hilflos gelassen hat (§ 768 Z 2 ABGB aF) oder wenn es seine aus dem Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern sich ergebenden Pflichten dem Erblasser gegenüber gröblich vernachlässigt hat (§ 770 iVm § 540 zweiter Fall ABGB aF).
[15] Der Erbunwürdigkeitsgrund des § 540 zweiter Fall ABGB aF ist im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal „gröbliche Vernachlässigung“ noch enger, keinesfalls aber weiter als jener des § 768 Z 2 ABGB aF zu sehen (RS0037146), sodass er nicht vorliegt, wenn schon der Enterbungstatbestand des § 768 Z 2 ABGB aF zu verneinen ist (2 Ob 252/00y; 6 Ob 80/10y).
[16] Notstand iSd § 768 Z 2 ABGB aF ist jeder Zustand der – nicht nur wirtschaftlichen – Bedrängnis, der nach den Grundsätzen der Menschlichkeit gerechterweise zur Erwartung berechtigt, der Noterbe werde dem Erblasser helfen (RS0012839 [T1]).
[17] 3. Der Enterbungsgrund des § 768 Z 4 ABGB aF ist erfüllt, wenn ein Kind eine gegen die öffentliche Sittlichkeit anstößige Lebensart beharrlich führt. Die Lebensart muss öffentliches Ärgernis erregen und „beharrlich“ geführt werden (RS0012849). „Beharrlichkeit“ setzt ein bewusstes und gewolltes Festhalten an der anstößigen Lebensart voraus, das sich in der Regel in der Fortsetzung der anstößigen Lebensweise durch längere Zeit bzw der Vielzahl der Verstöße zeigt (RS0015375).
[18] 4. Die Frage, ob ein Verhalten den Tatbestand des § 768 Z 2 ABGB aF erfüllt und auch vorwerfbar ist, betrifft wegen der Einzelfallbezogenheit keine erhebliche Rechtsfrage (RS0106221). Dasselbe gilt für die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten oder Unterlassen Erbunwürdigkeit iSd § 540 zweiter Fall ABGB aF oder iSd § 768 Z 4 ABGB aF verwirklicht (RS0106221 [T2]).
[19] 5. Im Hinblick auf die mehrfach erfolgten, letztlich vom Erblasser unterbundenen Besuche der Klägerin während der Spitalsaufenthalte, mögen diese auch dazu gedient haben, allfällige Einflüsse der Beklagten auf den Erblasser zu beweisen, ist die Annahme der Vorinstanzen, die festgestellten, aber von der Mutter der gerade erst volljährig gewordenen Klägerin initiierten Vorkommnisse (insbesondere Beweissicherungsverfahren und Medienberichterstattung) rechtfertigen weder für sich noch in ihrer Gesamtheit eine Enterbung nach § 768 Z 2 ABGB aF, vertretbar.
[20] Ist aber schon der Tatbestand des § 768 Z 2 ABGB aF zu verneinen, scheidet auch eine Enterbung nach § 770 iVm § 540 zweiter Fall ABGB aF aus.
[21] Worausdie Beklagten die behauptete Vermutungsregel, das psychisch belastende Verhalten der Klägerin habe den Heilungsverlauf erschwert, stützen wollen, legen sie nicht dar.
[22] 6. Wenn die Vorinstanzen den Beweissicherungsantrag und die (bloße) Mitwirkung an der von der Mutter initiierten medialen Berichterstattung auch noch nicht zur Erfüllung des Tatbestands des § 768 Z 4 ABGB aF ausreichen haben lassen, stellt auch dies keine Überschreitung des den Vorinstanzen eingeräumten Beurteilungsspielraums dar.
[23] 7. Auch sind die Vorinstanzen nicht korrekturbedürftig davon ausgegangen, dass die Vorkommnisse den Enterbungstatbestand des § 770 iVm § 542 ABGB aF nicht erfüllen, weil durch § 542 ABGB nur Handlungen oder Unterlassungen sanktioniert werden, die in der – hier aus den Feststellungen aber nicht ableitbaren – Absicht geschehen, den letzten Willen des Erblassers zu vereiteln (RS0112469). Sanktioniert wird grundsätzlich ein Eingriff in die Testierfreiheit (vgl zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem ErbRÄG 2015: 2 Ob 81/24m Rz 49). Wenn die Vorinstanzen im Beweissicherungsantrag und der (bloßen) Teilnahme an der medialen Berichterstattung kein Verhalten erblickt haben, das darauf ausgerichtet war, den letzten Willen des Erblassers zu vereiteln, ist dies schon deshalb nicht korrekturbedürftig, weil das Verhalten nur auf die Bekämpfung von Rechtsgeschäften unter Lebenden gerichtet war.
[24] Insgesamt vermögen die Beklagten daher im Zusammenhang mit der von den Vorinstanzen verneinten Wirksamkeit der Enterbung der Klägerin keine aufzugreifende Fehlbeurteilung aufzuzeigen.
[25] 8. Die Höhe des Übernahmswerts richtet sich nach § 11 AnerbenG. Nach dieser Bestimmung ist der Wert des geschlossenen Hofs nach billigem Ermessen so festzusetzen, dass der Übernehmer wohlbestehen kann; dabei ist der Ertragswert des Hofs für die Ermittlung des Übernahmspreises der entscheidende Orientierungspunkt (RS0050409), wobei es auf den objektiven erzielbaren Reinertrag ankommt (2 Ob 38/20g Rz 2).
[26] Besteht für die Wertermittlung durch einen Sachverständigen – wie dies im Anwendungsbereich des § 11 AnerbenG der Fall ist – keine gesetzlich vorgeschriebene Methode, so unterliegt das von den Tatsacheninstanzen gebilligte Ergebnis eines Gutachtens grundsätzlich keiner Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof, weil es um eine Tatfrage geht (RS0118604; 2 Ob 151/16f Pkt 5.). Die von einem Sachverständigen zur Gewinnung von Tatsachenfeststellungen anzuwendenden Regeln der Wissenschaft, Sachkunde und Kunstfertigkeit betreffen die rechtliche Beurteilung nur insoweit als dabei ein Verstoß gegen zwingende Denkgesetze und zwingende Gesetze des sprachlichen Ausdrucks unterlaufen ist (RS0043122).
[27] Beides zeigt die Revision nicht auf. Die vom Sachverständigen verneinte Frage der Berücksichtigung einer allfälligen, sich aus dem Reinertrag ergebenden Steuerlast im Rahmen der Ermittlung des für den Übernahmspreis als Orientierungspunkt dienenden Ertragswerts betrifft lediglich die zur Gewinnung von Tatsachenfeststellungen anzuwendenden Regeln der Wissenschaft und ist damit einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof mangels Vorliegens der Ausnahmetatbestände entzogen. Soweit sich die Beklagten auf 6 Ob 144/00w berufen, ist diese Entscheidung nicht einschlägig, weil sie die Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Erbhofs im Hinblick auf § 1 Abs 1 AnerbenG zum Gegenstand hatte. Abgesehen davon, dass sich die Entscheidung nicht auf den Übernahmspreis, sondern die Leistungsfähigkeit bezieht, wird der Umgang mit Steuerlasten nicht explizit erwähnt. Vielmehr wird auf die Maßgeblichkeit objektiver Kriterien einer durchschnittlichen Wirtschaftsführung und das landwirtschaftliche Nettoeinkommen als rechnerische Größe Bezug genommen. Im Hinblick darauf, dass die Steuerlast stark von subjektiven Faktoren abhängig ist, scheitert eine Berücksichtigung schon aufgrund der Maßgeblichkeit objektiver Umstände.
[28] Die von den Beklagten angestrebte Berücksichtigung einer Schuldlast scheitert zudem schon daran, dass das Erstgericht in tatsächlicher Hinsicht mit den Betrieben im Zusammenhang stehende Schulden verneint hat.
[29] 9. Die behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens wurden geprüft, sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
II. Revision der Klägerin
[30] 1. Eine Rechtsrüge ist nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie vom festgestellten Sachverhalt ausgeht (RS0043312 [T14]). Dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt ist die von der Klägerin unterstellte Teilung eines einheitlichen Gesamtbetriebs durch die Übergabsverträge in zwei die Ertragsgrenzen des § 1 Abs 1 AnerbenG nicht überschreitende Teilbetriebe nicht zu entnehmen. Vielmehr ging das Erstgericht in tatsächlicher Hinsicht vom Vorhandensein (mehrerer) eigenständiger Erbhöfe schon vor den Liegenschaftsübergaben aus. Es stellte unbekämpft fest, dass der Erblasser (noch vor Abschluss der Pacht- und anschließenden Übergabsverträge) Überlegungen im Zusammenhang mit der Aufteilung seines landwirtschaftlichen Vermögens dahingehend anstellte, den Betrieb S* dem Erstbeklagten, den Betrieb E* den Zweitbeklagten zu überlassen und sich selbst das Eigentum am Betrieb W* zu behalten. Auch im Rahmen seiner Beweiswürdigung legte das Erstgericht dar, weshalb es von eigenständigen, wirtschaftlich getrennten Gutsbetrieben ausging.
[31] Dass ein Nachlass auch aus mehreren Erbhöfen bestehen kann, ergibt sich schon aus § 6 Abs 2 AnerbenG.
[32] Die vom Berufungsgericht und der Klägerin als entscheidungserheblich erachtete Rechtsfrage stellt sich daher nicht.
2. Übernahmspreis
[33] 2.1 Bei der Festlegung des Übernahmspreises ist der Ertragswert der entscheidende Orientierungspunkt. Dabei kommt es nicht auf die konkrete Bewirtschaftung, sondern die objektive Nutzungsmöglichkeit an (2 Ob 38/20g Rz 2 mwN). Der Anerbe soll nämlich in der Lage sein, die Abfindung der Miterben aus den Erträgnissen des landwirtschaftlichen Betriebs zu zahlen, ohne zum Abverkauf von Grundstücken genötigt zu sein. Entscheidend ist daher primär ein am Ertrag orientierter Übernahmspreis (2 Ob 151/16v Pkt 2.)
[34] 2.2 Jedenfalls dann, wenn der in der Erhaltung eines lebensfähigen Bauernstands liegende Zweck des Höferechts im konkreten Fall ohnehin nicht erreicht würde, weil dieses zwar aufgrund formaler Kriterien anwendbar ist (§ 1 TirHöfeG [Eintragung in der Höfeabteilung des Grundbuchs]; § 2 Abs 1 KrntErbhöfeG [Betriebsfläche]), ein lebensfähiger und daher zu erhaltender Betrieb aber nicht oder nur in sehr eingeschränktem Ausmaß vorliegt, kann auf den Verkehrswert Bedacht zu nehmen sein (2 Ob 38/20g Rz 5).
[35] Richtig ist zwar, dass der Oberste Gerichtshof in einzelnen Fällen auch bei „lebensfähigen“ geschlossenen Höfen iSd § 1 TirHöfeG bei weitem Auseinanderklaffen von Ertrags- und Verkehrswert letzteren angemessen berücksichtigt hat. Wegen des – im Anwendungsbereich des AnerbenG jedenfalls gegebenen – Vorliegens eines lebensfähigen Hofs widerspricht aber die Berücksichtigung des Verkehrswerts dem Grundsatz des Wohlbestehenkönnens und kann daher ausschließlich mit den Interessen der weichenden Erben oder Pflichtteilsberechtigten begründet werden. Diese Interessen sind aber ohnehin durch die – auch bei Erbhofübergaben unter Lebenden analog anzuwendenden (RS0012934 [T4]) – Vorschriften über die Nachtragserbteilung geschützt (§ 18 AnerbenG). Der Verkehrswert ist daher in diesen Fällen – wenn überhaupt – in geringerem Umfang zu berücksichtigen als dann, wenn der Gesetzeszweck wegen des Fehlens eines lebensfähigen Betriebs ohnehin verfehlt wird (2 Ob 38/20g Rz 6 mwN).
[36] 2.3 Eine Berücksichtigung des vom Ertragswert weit abweichenden Verkehrswerts bei „lebensfähigen Höfen“ wurde bisher in folgenden Konstellationen in Betracht gezogen:
[37] In 6 Ob 109/11i hatte der Hof auch als „Wohngebiet“ gewidmete Grundstücke umfasst.
[38] Zu 6 Ob 156/13d waren Grundstücke im Raumordnungskonzept als Erweiterungsbereich für Sondernutzungen betrieblicher Art oder Mischnutzung vorgesehen.
[39] Bei der – von der Klägerin ins Treffen geführten – Entscheidung 2 Ob 129/16h (Übergabe unter Lebenden) hatte der Übernehmer schon mehrere zum Gutsbestand des Hofs gehörende Grundstücke abverkauft.
[40] Zu 2 Ob 220/16s waren weitere walzende, also nicht zum Gutsbestand des geschlossenen Hofs gehörende Liegenschaften vorhanden, die aber in engem (land‑)wirtschaftlichen Konnex standen, weil sie sinnvoll nur gemeinsam mit dem Hof bewirtschaftet werden konnten.
[41] Zu 2 Ob 38/20g billigte der Oberste Gerichtshof eine mit einer längeren Nutzungsdauer begründete Festsetzung des Übernahmspreises über dem Ertragswert.
[42] 2.4 Ob und in welchem Ausmaß Verkehrswertkomponenten bei Festsetzung des Übernahmspreises zu berücksichtigen sind, begründet nur dann eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung, wenn das Berufungsgericht seinen Beurteilungsspielraum in unvertretbarer Weise überschritten hätte (2 Ob 38/20g Rz 6). Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des Einzelfalls (2 Ob 151/16v Pkt 1.).
[43] 2.5 Besondere Umstände, die bei weitem Auseinanderklaffen von Ertrags- und Verkehrswert – ein solches wäre ohnehin nur in Bezug auf die dem Erstbeklagten übergebenen Liegenschaften anzunehmen – die Berücksichtigung des Verkehrswerts im von der Klägerin angestrebten Ausmaß von zumindest 30 % geboten erscheinen lassen, zeigt die Revision aber nicht auf. Ein Zuschlag im Bereich der von der Klägerin angestrebten Höhe wurde lediglich im Zusammenhang mit einem – hier zweifelsfrei nicht vorliegenden – nicht lebensfähigen geschlossenen Hof als angemessen erachtet (vgl 6 Ob 227/10s [Zuschlag von 36 % des Verkehrswerts]).
[44] Wenn die Vorinstanzen daher – in Übereinstimmung mit dem bäuerlichen Sachverständigen – von der Maßgeblichkeit des Ertragswerts ausgegangen sind, stellt dies keine im Einzelfall aufzugreifende Ermessensüberschreitung dar (vgl 2 Ob 151/16v).
[45] 3. Die Drittbeklagte war nicht Gegnerin der Revision der – gegen sie schon in erster Instanz zur Gänze obsiegenden – Klägerin. Ihr fehlt es daher an der Parteistellung im Revisionsverfahren, sodass (auch) ihre Revisionsbeantwortung zurückzuweisen war.
III. Kosten
[46] 1. Der vom Erstgericht ausgesprochene Kostenvorbehalt nach § 52 Abs 1 Satz 1 ZPO erfasst nicht den Zwischenstreit über die Zulässigkeit der Revision (RS0129365 [T3]).
[47] 2. Die Klägerin hat zwar auf die Unzulässigkeit der Revision der Beklagten hingewiesen, aber keine Kosten verzeichnet.
[48] 3. Da die durch einen Rechtsanwalt vertretenen Erst- und Zweitbeklagten auf die Unzulässigkeit der Revision der Klägerin hingewiesen haben, gebührt ihnen entsprechend ihrer annähernd gleichen Beteiligung am Streitgegenstand (vgl 2 Ob 190/22p Rz 11; M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 II/1 § 46 ZPO Rz 2) gleichteiliger Kostenersatz für die Revisionsbeantwortung, wobei der Streitgenossenzuschlag mangels Beteiligung der Drittbeklagten entsprechend zu kürzen war.
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