European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2000:0010OB00062.00Z.1006.000
Spruch:
Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen und diesem eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Begründung:
Der Kläger bestellte am Vormittag des 20. Juli 1998 beim beklagten Lieferbeton‑Unternehmen 2,25 m3 Sandbeton, um damit die undicht gewordene Terrasse am Haus seines Vaters neu zu belegen. Sandbeton ist gewöhnlicher Beton, der keine chemischen Zusätze enthält, die besonders gefährlich oder aggressiv sind. Bei der Bestellung gab der Kläger, der die benötigte Menge selbst berechnet und zuvor schon mehrfach mit Beton gearbeitet hatte, an, selbst die Arbeiten an der Terrasse durchführen zu wollen. Der von der beklagten Partei noch am Abend desselben Tages gelieferte Sandbeton wurde mittels einer Pumpe und eines Schlauchs nach den Anweisungen des Klägers auf die Terrasse gepumpt. Der Kläger und ein Freund, der ebenfalls bereits Erfahrung im Umgang mit Beton hatte, befanden sich auf der Terrasse, um den Beton sogleich zu verteilen. Beide trugen dabei kein Schuhwerk, sondern standen barfuß im knöcheltiefen Beton. Der Lenker des Lieferfahrzeugs der beklagten Partei sah dies und fragte sie, ob sie keine Stiefel hätten; der Kläger antwortete, dass sie solche nicht bräuchten. Etwa drei bis zehn Minuten nach dem Beginn ihrer Tätigkeit verspürten der Kläger und sein Helfer ein leichtes Brennen an den Füßen. Sie unterbrachen daraufhin ihre Arbeit, spritzten ihre Füße mit Wasser ab und begaben sich, weil sie keine Rötung der Haut wahrnahmen, abermals ohne Schuhe auf die Terrasse. Nach weiteren fünf bis zehn Minuten verspürten sie ein noch stärkeres Brennen. Sie reinigten ihre Füße erneut mit Wasser und bemerkten nunmehr, dass die Haut an einigen Stellen blutunterlaufen war. Der Kläger zog daraufhin zur Weiterarbeit Stiefel an, während sein Freund in Ermangelung eines zweiten Paars nur mehr vom Rand der Terrasse aus arbeitete und den frischen Beton nicht mehr betrat.
Der Kläger erlitt schwere Verätzungen an beiden Füßen und war etwa 19 Wochen in ärztlicher Behandlung.
Der Kläger begehrte von der beklagten Partei, gestützt auf jeden denkbaren Rechtsgrund, die Zahlung von 54.675 S sA (50.000 S Schmerzengeld, 3.675 S Pflegekosten und 1.000 S pauschale Unkosten) sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle weiteren kausalen Schäden aus dem Vorfall vom 20. Juli 1998. Die beklagte Partei habe es unterlassen, ihn bei Auftragserteilung auf die chemischen Zusätze des Spezialbetons und dessen gesundheitsgefährdenden Eigenschaften hinzuweisen, obwohl er angegeben habe, die Betonarbeiten selbst durchführen zu wollen. Zudem habe der Fahrzeuglenker der beklagten Partei von Beginn an beobachtet, dass der Kläger und sein Helfer barfuß in der Betonmasse gestanden seien, und dies ohne einen Hinweis auf die allfällige Gefährlichkeit eines solchen Tuns hingenommen. Die beklagte Partei habe somit grob fahrlässig gegen ihre vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten dem Kläger gegenüber verstoßen und sei deshalb zum Schadenersatz verpflichtet.
Die beklagte Partei wendete ein, bei Betonlieferungen bestehe keine Pflicht zur Aufklärung darüber, dass der unmittelbare Kontakt zwischen Beton und nackter Haut zu einer Gesundheitsgefährdung führen könne. Es entspreche allgemeiner Lebenserfahrung, dass bei Betonarbeiten Schuhe und Handschuhe getragen werden müssen, um eine Gesundheitsschädigung ausschließen zu können. Schließlich habe der Kläger trotz "Brennens der Füße" die Arbeiten nicht eingestellt, sodass ihn allein das Verschulden am Vorfall treffe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es widerspreche allgemeiner Lebenserfahrung, Beton ohne Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von übermäßigem Hautkontakt zu verarbeiten. Gerade bei diesem Baustoff könne der Lieferant davon ausgehen, dass der Besteller auch wisse, wie er damit umzugehen habe. Allenfalls hätte sich der Kläger beim Kauf dieses Baumaterials über die erforderlichen Schutzmaßnahmen genau informieren müssen. Der Kläger habe trotz der Frage des Fahrzeuglenkers der beklagten Partei, ob er keine Stiefel habe, und trotz Verspürens leichter Schmerzen barfuß weitergearbeitet und dadurch bewusst das Risiko einer Gesundheitsbeeinträchtigung in Kauf genommen. Die beklagte Partei treffe kein Verschulden an den Verletzungen des Klägers.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Ein Fehler des Produkts iS des vom Kläger erstmals in der Berufung als haftungsbegründend herangezogenen § 5 PHG könne nur in seiner Darbietung gelegen sein (Instruktionsfehler). Entscheidend sei, welche Sicherheitserwartungen ein durchschnittlicher Produktbenützer berechtigterweise hegen dürfe. In Ermangelung einer festgestellten speziellen Unverträglichkeit des Klägers sei davon auszugehen, dass der von der Beklagten gelieferte "normale", keine chemischen Zusätze enthaltende Beton durch einen acht- bis zwanzigminütigen ständigen Kontakt mit der völlig ungeschützten Haut erhebliche Verätzungen herbeiführen könne. Insoweit sei die von normalem Beton ausgehende Gefahr einer Gesundheitsschädigung festgestellt. Daraus lasse sich eine Instruktionspflicht des Herstellers zumindest dann ableiten, wenn der Beton ‑ wie hier - einem nicht speziell ausgebildeten Produktbenutzer geliefert wird. Die nach § 5 PHG maßgebenden Sicherheitserwartungen seien nur berechtigt, wenn der Benutzer den Anforderungen an seine Eigenverantwortung gerecht werde. Das geübte Verbraucherverhalten müsse für den Hersteller zumindest vorhersehbar sein; nur einem vorhersehbaren Fehlgebrauch habe der Hersteller durch Warnungen oder Hinweise zu begegnen. Es sei eine allgemeinkundige Tatsache, dass bei Bauarbeiten geeignetes Schuhwerk getragen werde, bei der Verarbeitung von Beton, wenn man sich darin aufhalten müsse, üblicherweise Gummistiefel. Der Kläger habe daher unter dem Blickwinkel des "gesunden Hausverstands" eine höchst ungewöhnliche Arbeitsweise an den Tag gelegt. Das von ihm geübte Verbraucherverhalten sei für die beklagte Partei aber nicht unvorhersehbar gewesen, zumal es sich (noch) nicht um einen bloß theoretisch denkbaren Abusus handle. Damit habe die beklagte Partei ihre Instruktionspflicht iSd § 5 Abs 1 Z 1 PHG verletzt.
Dem Kläger sei jedoch ein erhebliches Mitverschulden an seiner Verletzung anzulasten. Seine Sorglosigkeit beginne bereits damit, dass er kein geeignetes Schuhwerk getragen habe und barfuß im Beton gestanden sei. Entscheidend falle aber ins Gewicht, dass er die nicht zu übersehenden Anzeichen der aggressiven Wirkung des Betons auf die Haut (Brennen) missachtet und nach Abspritzen der Füße mittels Wassers die Arbeit - wiederum barfuß ‑ fortgesetzt habe. Damit habe der Kläger die erkennbare Gefahr einer gesundheitsschädigenden Einwirkung des Betons geradezu in Kauf genommen. Da sich das Verhalten des Klägers im Grenzgebiet zwischen vorhersehbarem Fehlgebrauch und Produktmissbrauch bewege, liege ein im Verhältnis zur Schadensverursachung durch den Produktfehler ganz überwiegendes Verschulden des Klägers vor, weshalb die - grundsätzlich zu bejahende ‑ Haftung der beklagten Partei gemäß § 11 PHG gänzlich entfalle.
Die von der zweiten Instanz zugelassene Revision des Klägers ist zulässig und im Ergebnis berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 5 Abs 1 PHG ist ein Produkt fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man unter Berücksichtigung aller Umstände zu erwarten berechtigt ist, besonders angesichts 1. der Darbietung eines Produkts, 2. des Gebrauchs des Produkts, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, 3. des Zeitpunkts, zu dem das Produkt in den Verkehr gebracht worden ist. Die Fehlerdefinition des § 5 PHG, die sich nahezu wörtlich an Art 6 der Richtlinie 85/374/EWG "zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte" anlehnt, bildet daher das Kernstück des PHG (Fitz/Purtscheller in Fitz/Purtscheller/Reindl, Produkthaftung, § 5 Rz 1). Bei einem Instruktionsfehler - nur ein solcher kommt hier in Betracht - macht die unzureichende Darbietung das Produkt fehlerhaft (4 Ob 87/97s = SZ 70/61 = ZVR 1998/19 = ecolex 1997, 749; Fitz/Purtscheller aaO § 5 Rz 45 ff). Zu den Instruktionspflichten des Herstellers gehört es insbesondere auch, den Benützer auf gefährliche Eigenschaften des Produkts hinzuweisen, ja ihn unter Umständen selbst vor widmungswidrigem Gebrauch zu warnen (1 Ob 644/92 = SZ 65/149 = JBl 1993, 524 [Posch] = EvBl 1993/125 = RdW 1993, 179 = ecolex 1993, 237 [Mohr]; 6 Ob 535/94 = SZ 67/105 = ecolex 1994, 674 = RdW 1994, 347, je mwH; 1 Ob 53/98w = ecolex 1999, 315 [Wilhelm] = RdW 1999, 203). Die Pflicht zur Warnung vor gefährlichen Eigenschaften des Produkts besteht aber nur bei einem Schutzbedürfnis des Verbrauchers. Ein solches ist dann gegeben, wenn der Hersteller damit rechnen muss, dass ein Produkt in die Hände von Personen gerät, die mit den Produktgefahren nicht vertraut sind (SZ 65/149; 10 Ob 156/97g ua). Beurteilungsmaßstab ist dabei der Idealtypus des durchschnittlichen Produktbenützers (SZ 65/149, SZ 67/105; ecolex 1999, 315). Was im Erfahrungswissen eines solchen (potentiellen) Abnehmers liegt, muss nicht zum Inhalt einer Warnung gemacht werden (SZ 65/149, SZ 67/105 je mwN; Fitz/Purtscheller aaO Rz 9). Die Erwartungen eines Produktbenützers von der Sicherheit eines Produkts sind nur berechtigt, wenn der Benützer den Anforderungen an seine Eigenverantwortung gerecht wird. § 5 Abs 1 Z 2 PHG nennt daher als weiteren Umstand, der für die Berechtigung von Sicherheitserwartungen von Bedeutung ist, den "Gebrauch des Produkts, mit dem billigerweise gerechnet werden kann." Der Bezug auf die Billigkeit zeigt, dass das Risiko einer missbräuchlichen Produktverwendung nicht auf den Hersteller abgewälzt werden soll. Für unvorhersehbare oder geradezu absurde Gebrauchsarten hat der Hersteller nicht einzustehen (SZ 70/61 ua; RIS‑Justiz RS0107610). Auch unterhalb der Schwelle der Sozialüblichkeit hat der Hersteller mit bestimmten Verbrauchergewohnheiten zu rechnen, solange es sich nicht bloß um einen theoretisch denkbaren, sondern um einen naheliegenden Abusus handelt (SZ 70/61; ecolex 1999, 315).
Der erkennende Senat hat nun bereits in seiner nicht veröffentlichten Entscheidung 1 Ob 323/98a zum typischen Abnehmerkreis von Transportbetonlieferungen Stellung genommen und dabei dort die vorinstanzliche Auffassung, der Transportbetonlieferant habe annehmen dürfen, dass der Besteller über bautechnische Fachkenntnisse verfüge und daher auch mit den spezifischen Produktgefahren von Beton vertraut sei, insofern gebilligt, als die diese Ansicht bekämpfende außerordentliche Revision zurückgewiesen wurde. Dieser Vorentscheidung lag als Sachverhalt zugrunde, dass der Kläger bei seiner Arbeit mit einer Schnürlsamthose bekleidet im Transportbeton gekniet war, danach seine vom Beton feuchte Hose nicht gewechselt und dadurch Verätzungen dritten Grades an beiden Knien sowie an den Unterschenkeln erlitten hatte. Demgemäß durfte auch hier der beklagte Transportbetonlieferant davon ausgehen, der Kläger werde nicht mit bloßen Füssen in den Beton - mit der ätzenden Wirkung des darin enthaltenen Zements (Kalks) - steigen, machte er doch bei der Bestellung des Betons derart konkrete Angaben über die Menge des benötigten Betons und dessen Art und erklärte er, den Beton selbst verarbeiten zu wollen. Die beklagte Partei durfte daher beim Kläger das Wissen eines durchschnittlichen Produktbenutzers von Beton voraussetzen, zumal der von ihr gelieferte Transportbeton normaler Sandbeton ohne außergewöhnliche chemische ‑ etwa besonders gefährliche ‑ Zusätze war. Auch aus dem Vertragsrecht ergab sich bei dieser Sachlage vorerst keine Verpflichtung zu einer Warnung des Klägers.
Der vorliegende Fall ist aber nun dadurch gekennzeichnet, dass der Lenker des Lieferfahrzeugs der beklagten Partei sah, wie der Kläger und sein Mitarbeiter barfuß im angelieferten Fertigbeton standen, und sie fragte, ob sie keine Stiefel hätten, worauf der Kläger antwortete, dass sie solche nicht bräuchten. Der Kläger hat diesen Umstand auch zum Gegenstand seines Vorbringens gemacht. Die Instruktionspflicht besteht nach Auffassung des erkennenden Senats grundsätzlich auch dann, wenn der Unternehmer bei der Bestellung zwar zu Recht davon ausgehen durfte, dass der Käufer von der spezifischen Gefährlichkeit des gekauften Guts Kenntnis hat, sich aber dann bei der Lieferung herausstellt, dass ihm tatsächlich ein solches Wissen fehlt und daher die spezifische Gefährlichkeit zum Tragen kommen kann (hier: Gesundheitsstörung beim Käufer).
Diese Instruktionspflicht nach § 5 Abs 1 Z 1 PHG konnten hier nicht die beklagte Partei selbst bzw ihre Organe wahrnehmen, sondern nur der Lenker ihres Lieferfahrzeugs. Zur Haftung des Unternehmers für Erfüllungsgehilfen verweist das PHG auf § 15 Abs 1. Danach bleiben Bestimmungen des ABGB und anderer Vorschriften, nach denen Schäden in weiterem Umfang oder von anderen Personen als nach diesem Bundesgesetz zu ersetzen sind, unberührt. Zwischen den Streitteilen bestand ein Schuldverhältnis, zu dessen Erfüllung sich die beklagte Partei ihres Lenkers als Erfüllungsgehilfen bediente. Gemäß § 1313a ABGB haftet, wer einem anderen zu einer Leistung verpflichtet war, für das Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung bediente. Erfüllungsgehilfe ist demnach, wer nach den tatsächlichen Verhältnissen mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung der dem Schuldner obliegenden Verbindlichkeiten als eine Hilfsperson tätig wird (SZ 63/201 mwN ua). Der Lenker der beklagten Partei ist insoweit als ihr Erfüllungsgehilfe anzusehen. § 1313a ABGB gelangt auch dann zur Anwendung, wenn der Gehilfe Schutz‑, Sorgfalts- oder Aufklärungspflichten ‑ nur solche und nicht die Hauptleistungspflichten kommen hier in Betracht ‑ vernachlässigt (SZ 67/40; Harrer in Schwimann2, § 1313a ABGB Rz 13 mwN aus der Rspr). Beim Verschulden des Erfüllungsgehilfen iSd § 1313 a ABGB, für das der Schuldner wie für eigenes Verschulden einzustehen hat, handelt es sich in Wahrheit nur um ein Verhalten des Erfüllungsgehilfen, das dann schuldhaft wäre, wenn es der Schuldner selbst gesetzt hätte; es ist deshalb stets zu prüfen, ob das Verhalten des Gehilfen den Schuldner ersatzpflichtig gemacht hätte, hätte es von diesem selbst hergerührt (JBl 1986, 785; SZ 61/190 = EvBl 1989/27 = JBl 1989, 175 [Hummel]; JBl 1992, 42, je mwN auch aus dem deutschen Schrifttum). Der Maßstab für die Beurteilung, ob das Verhalten des Erfüllungsgehilfen fahrlässig war, ist dem Verkehrskreis und der Stellung des Schuldners zu entnehmen (SZ 61/190; JBl 1992, 42; 9 Ob 1546/95; RIS‑Justiz RS0022747; Harrer aaO § 1313a ABGB Rz 26).
Ausgehend von diesen Erwägungen muss das Verhalten des Erfüllungsgehilfen der beklagten Partei, der sich mit der dargestellten Antwort des Klägers zufrieden gab und diesen trotz seiner Wahrnehmungen nicht vor längerem Kontakt der Haut mit dem Beton warnte, als vorwerfbare und der beklagten Partei zuzurechnende Verletzung ihrer Warnpflicht beurteilt werden. Denn der Lenker konnte angesichts seiner Beobachtungen beim Kläger das Wissen eines durchschnittlichen Produktbenutzers von Beton nicht mehr annehmen. Vielmehr war der Antwort des Klägers zu entnehmen, dass dieser von der spezifischen Gefährlichkeit des gelieferten Guts keine Ahnung hatte. Insoweit besteht auch eine Verpflichtung von Fertigbetonverkäufern, ihre Lenker auf die spezifische Gefährlichkeit von Fertigbeton hinzuweisen, Käufer zu warnen, wenn diese bei der Lieferung sehen, dass der Käufer insoweit erkennbar unerfahren ist.
Damit erweist sich auch die Frage eines Mitverschuldens des Klägers als relevant. Gemäß § 11 PHG ist das Mitverschulden des Geschädigten nach § 1304 ABGB zu beurteilen. Die nach § 5 PHG maßgebenden Sicherheitserwartungen sind nur dann berechtigt, wenn der Benutzer den Anforderungen an seine Eigenverantwortung gerecht wird, spricht doch § 5 Abs 1 Z 2 PHG vom Gebrauch des Produkts, mit dem billigerweise gerechnet werden könne (SZ 70/61; 8 Ob 192/99i). Bei der Abwägung der Verschuldensanteile steht der Haftung der beklagten Partei für eine unterlassene Instruktion ein erhebliches Mitverschulden des Klägers gegenüber. Diesem fällt zur Last, dass er die Frage des Lenkers des Lieferfahrzeugs, ob sie keine Stiefel hätten, nicht zum Anlass nahm nachzufragen, weshalb er diese Frage stellte, vor allem aber, dass er noch dazu in Kenntnis der Frage des Lenkers die nicht zu übersehenden Anzeichen der aggressiven Wirkung des Betons (Brennen) auf seiner ungeschützten Haut missachtete und nach dem Abspritzen der Füsse mit Wasser seine Arbeit im Beton wiederum barfuß fortsetzte. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist aber - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - das Verschulden des Klägers gegenüber der Unterlassung des Erfüllungsgehilfen der beklagten Partei nicht derart gravierend, dass die Haftung des Produktherstellers gänzlich entfallen könnte. Eine Verschuldensteilung 1 : 1 erscheint bei Abwägung des beiderseitigen Fehlverhaltens der Sach- und Rechtslage angemessen.
Kommt der Oberste Gerichtshof zum Ergebnis, dass das Berufungsgericht das Ersturteil infolge einer nicht zu billigenden rechtlichen Beurteilung bestätigte, hat er zu prüfen, ob das Gericht zweiter Instanz bei richtiger Rechtsansicht nach § 473a ZPO hätte vorgehen müssen; bejahendenfalls hat er das Berufungsurteil wegen eines Feststellungsmangels infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung aufzuheben und die Sache an die zweite Instanz zurückzuverweisen (Kodek in Rechberger2, § 473a ZPO Rz 2). Ein solcher Fall ist hier gegeben, weil die erstinstanzlichen Feststellungen über die Höhe des aus Teilforderungen zusammengesetzten Klageanspruchs weder Grundlage der Berufungsausführungen waren, noch nach § 266 ZPO zugestanden und auch nicht in der Berufungsbeantwortung gerügt wurden (Kodek aaO; vgl dazu auch 1 Ob 41/99g = JBl 1999, 50 = EvBl 1999/180 = RZ 1999/42; 6 Ob 1/00s; RIS‑Justiz RS0113745).
Der Revision ist demnach Folge zu geben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
Der Kostenvorbehalt fußt auf § 52 Abs 1 ZPO.
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