OGH 1Ob170/99b

OGH1Ob170/99b29.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria Margaretha B*****, vertreten durch Dr. Alois Schneider, Rechtsanwalt in Rattenberg, wider die beklagte Partei Peter B*****, vertreten durch Dr. Josef Neier, Rechtsanwalt in Innsbruck als Verfahrenshelfer, wegen Ehescheidung infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 14. April 1999, GZ 2 R 33/99p-43, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Vorinstanzen schieden die 1967 geschlossene Ehe der Streitteile aus dem alleinigen Verschulden des beklagten Mannes an der Zerrüttung.

Rechtliche Beurteilung

a) Der an der Zerrüttung der Ehe allein schuldige Teil, der danach weitere Eheverfehlungen setzt, kann sich nicht auf die Verwirkung des Scheidungsrechts durch den an der Zerrüttung schuldlosen Teil mit der Begründung berufen, dieser habe nicht binnen sechs Monaten nach Eintritt der unheilbaren Zerrüttung (§ 57 Abs 1 EheG) die Ehescheidungsklage eingebracht (8 Ob 2119/96t = SZ 70/19). Fortgesetztes unleidliches Verhalten ist nach stRspr (zuletzt 8 Ob 225/97i = EFSlg 84.586 uva; RIS-Justiz RS0057240) jedoch als Einheit zu sehen, sodaß der Fristenlauf erst mit Kenntnisnahme der letzten in diesem Zusammenhang konkretisierbaren Handlung des Partners beginnt.

b) Verzeihung iSd § 56 EheG ist nur dann anzunehmen, wenn der gekränkte Ehegatte durch sein Gesamtverhalten zum Ausdruck bringt, daß er das als Eheverfehlung empfundene Fehlverhalten seines Ehepartners nicht mehr als solches betrachtet und daher vorbehaltlos bereit ist, mit ihm die Ehe fortzusetzen (stRspr, zuletzt 1 Ob 73/98m; RIS-Justiz RS0057069, RS0057075; Pichler in Rummel2, § 56 EheG Rz 2). Die erlittene Kränkung muß innerlich überwunden sein. Für die Verzeihung ist der Ehegatte beweispflichtig, der die Verfehlung(en) begangen hat (7 Ob 23/97a = EFSlg 84.585 mwN ua). Ob Verzeihung anzunehmen ist, betrifft einen inneren Vorgang, der in erster Linie nach freier Beweiswürdigung festzustellen und somit dem vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Tatsachenbereich zuzuordnen ist (RZ 1980/29; EFSlg 69.238 uva, zuletzt 1 Ob 4/98i). In der Tatsache des Geschlechtsverkehrs (hier ein- bis zweimal wöchentlich im Mai und Anfang Juni 1998) allein kann noch keine Verzeihung erblickt werden, wenn nicht aus dem gesamten Verhalten des gekränkten Ehegatten hervorgeht, daß er dadurch unzweideutig zum Ausdruck bringen wollte, daß er die Eheverfehlungen des anderen Teils, wodurch er sich zuerst gekränkt erachtete, nun als solche nicht mehr empfinde und vorbehaltlos bereit sei, mit ihm die Ehe fortzusetzen (RZ 1978/51; 8 Ob 1577/92 ua, zuletzt 1 Ob 4/98i; RIS-Justiz RS0057022). Hier stellten die Tatsacheninstanzen fest, daß die Klägerin nur aus Angst vor weiteren Beschimpfungen und Mißhandlungen zum Geschlechtsverkehr bereit gewesen sei und damit die Hoffnung verbunden habe, der Beklagte werde sein verletzendes und beleidigendes Verhalten einstellen. Von einer Aussöhnung der Streitteile kann dabei wohl keine Rede sein. Die Voraussetzungen für eine Verzeihung wurden demnach von der zweiten Instanz zutreffend verneint.

Erhebliche Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO stellen sich nicht. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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