Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Am 2.Dezember 1983 wurde der damals 36jährige Ehemann der Klägerin von einem in Ausübung des Dienstes befindlichen Gendarmeriebeamten getötet. Im Verfahren AZ 21 Cg 1008/90 (ex 52a Cg 1001/86) des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien (im folgenden Vorverfahren) machte die Klägerin neben hier nicht bedeutsamen Ansprüchen entgangenen Unterhalt gegen die (auch dort) beklagte Partei geltend. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien erkannte mit Zwischenurteil nach § 393 Abs 1 ZPO vom 27.Jänner 1988 das Klagebegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend und verhielt mit dem unangefochten gebliebenen Endurteil vom 21.August 1990 die beklagte Partei zur Zahlung von 130.000 S sA an entgangenem Unterhalt für die Zeit von Dezember 1983 bis Dezember 1985 sowie zur Leistung einer monatlichen Rente von 5.000 S für die Zeit vom 1.Jänner bis 31.Mai 1986 bzw von 6.000 S ab 1.Juni 1986. Die Klägerin erhob gegenüber dem beklagten Rechtsträger weder ein Feststellungsbegehren iSd § 228 ZPO für dessen Haftung für künftige Schäden noch stellte sie im Vorverfahren einen Zwischenantrag auf Feststellung.
Die Klägerin als unterhaltsberechtigte Hinterbliebene nach ihrem Ehemann begehrte mit ihrer am 18.Oktober 1995 eingebrachten Klage von dem nach § 1 AHG iVm § 1327 ABGB ersatzpflichtigen beklagten Rechtsträger aus dem Titel der Rentenerhöhung wegen geänderter Verhältnisse die Nachzahlung entgangenen Unterhalts ab 1.Jänner 1993 in der Höhe von insgesamt 209.086,37 S sowie eine ab 1.November 1995 zu leistende monatliche Rente von 12.909,35 S brutto, somit um monatlich 6.909,35 S mehr als bisher. Dazu führte sie im wesentlichen aus, seit der Rentenfestsetzung hätten sich die Verhältnisse wesentlich geändert: Während noch 1990 Konsumquoten für drei Kinder zu berücksichtigen gewesen seien, seien inzwischen zwei Kinder selbsterhaltungsfähig geworden. Die Witwenpension der Klägerin sei von 5.000 S auf derzeit 8.000 S gestiegen. Außerdem hätten sich die fiktiven betrieblichen Bezüge des getöteten Ehemanns der Klägerin geändert und sei schließlich eine wesentliche Geldentwertung eingetreten.
Die beklagte Partei wendete, soweit hier relevant, Verjährung der Schadenersatzansprüche der Klägerin ein; die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für künftige Schäden sei unterblieben.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren wegen Verjährung ab, weil die Klägerin keine Feststellungsklage erhoben habe. Für das hier vorliegende Problem der zeitlich gedehnt entstehenden Teilschäden könne aus dem Gesetzestext, der lediglich von „dem Schaden“ spreche, nur im Weg der Auslegung eine Lösung gefunden werden. Es sei F.Bydlinski (in Festschrift Steffen) beizupflichten, daß teleologische Argumente für eine gemäßigte Einheitsschadentheorie und gegen die Theorie des verjährungsrechtlich isolierten Teilschadens sprechen. Diese mittlere Lösung entspreche den allgemeinen Funktionen des Verjährungsrechts besser, ohne gegen seinen zentralen Leitgedanken zu verstoßen, daß die Verjährung, damit sie gegenüber dem Gläubiger zu rechtfertigen sei, nicht beginnen dürfe, ohne daß dieser, wenigstens objektiv und generell betrachtet, mit den nach den Umständen indizierten Maßnahmen der Rechtsverfolgung säumig gewesen sei. Vor Entstehung eines Schadens sei die Verfolgung von Schadenersatzansprüchen nicht zu erwarten, wohl aber danach im Rahmen des Möglichen auch in Ansehung voraussehbarer künftiger Schäden im Interesse tunlichst einheitlicher und zeitgerechter Erledigung des Schadensfalls. Der Verjährung brauche nur bei solchen künftigen Schäden nicht durch Feststellungsklage vorgebeugt werden, die seinerzeit nicht vorhersehbar gewesen seien; die Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder, die Änderung der Höhe der Witwenpensionen und die Geldentwertung seien hier vorhersehbar gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Die von der zweiten Instanz zugelassene Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt.
a) Erfolgt aus einer körperlichen Verletzung der Tod, so muß gemäß § 1327 ABGB den Hinterbliebenen, für deren Unterhalt der Getötete nach dem Gesetz zu sorgen hatte, das, was ihnen dadurch entgangen ist, ersetzt werden. Diese Bestimmung, die § 844 BGB entspricht und eine Sonderregelung zugunsten mittelbar Geschädigter enthält, gewährt dem nach dem Gesetz Unterhaltsberechtigten originäre Ansprüche auf Ersatz einer entgangenen tatsächlichen Unterhaltsleistung und keinen Unterhaltsanspruch (stRspr; so etwa SZ 45/143; EvBl 1975/104; ZVR 1994/90 uva; Reischauer in Rummel 2, § 1327 ABGB Rz 13 mwN; Harrer in Schwimann 2, § 1327 ABGB Rz 12). Auch der Anspruch der Witwe nach § 1327 ABGB ist ein derartiger originärer Schadenersatzanspruch gegen den Schädiger. Die Verurteilung zu künftig fällig werdenden Leistungen nach den §§ 1325 und 1327 ABGB ist iSd § 406 ZPO zulässig (ZVR 1975/168). Der Hinterbliebene ist grundsätzlich so zu stellen, wie er stünde, wenn der zum Unterhalt Verpflichtete nicht getötet worden wäre. Da im vorliegenden Fall der Schaden unbestrittenermaßen durch ein schuldhaft rechtswidrig handelndes Organ in Vollziehung der Gesetze eintrat, hat die Klägerin zufolge § 1 Abs 1 AHG einen Schadenersatzanspruch aus dem Rechtsgrund der Amtshaftung gegen den Rechtsträger Bund. Der Ersatz des den Hinterbliebenen Entgangenen erfolgt regelmäßig in Form einer Rente (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 162 mwN in FN 71). Im Vorverfahren wurde der Klägerin neben einem Kapitalsbetrag für den schon in der Vergangenheit entgangenen Unterhalt auch eine ab 1.Jänner 1986 zu leistende monatliche Rente für den künftigen Unterhaltsentgang zugesprochen.
Bei der schadenersatzrechtlichen Bemessung einer Hinterbliebenenrente ist zunächst von den Verhältnissen (bis) zum Todes- bzw Verletzungszeitpunkt (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 154 mwN) auszugehen (ZVR 1989/76 ua; Reischauer aaO Rz 23). Das gilt insbesondere für das Einkommen des Getöteten, aber auch für konkurrierende Unterhaltspflichten („Konsumquote“; vgl Reischauer aaO Rz 23). Als „entgangen“ iSd § 1327 ABGB ist auch „künftig Entgehendes“ zu verstehen (ZVR 1975/116). Künftige Entwicklungen der Einkommens- und Lebenshältnisse sind, soweit möglich, schon bei der erstmaligen Zumessung einer Rente im Rahmen einer Prognose zu berücksichtigen; künftig Entgehendes ist daher nach dem gewöhnlichen, das heißt wahrscheinlichen Lauf der Dinge (§ 1293 ABGB) zu bemessen (stRspr: ZVR 1957/158; ZVR 1973/160, ZVR 1994/90; 2 Ob 33/92, insoweit nicht veröffentlicht in EFSlg uva; RIS-Justiz RS0031835; Reischauer aaO Rz 24; Harrer aaO Rz 28 mwN; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 155 mwN in FN 21); dagegen sind aber bloße Möglichkeiten, für deren Eintritt hinlängliche Anhaltspunkte fehlen, nicht zu beachten (ZVR 1990/86 = EFSlg 60.060; 2 Ob 33/92 mwN ua; Reischauer aaO Rz 24). Eine Prognose der künftigen Entwicklung für einen längeren Zeitraum oder gar auf Jahrzehnte hinaus ist nicht zu stellen; dies gilt insbesondere auch für die künftige Entwicklung der Löhne, Gehälter und Pensionen, weil sie von nicht zu überblickenden Faktoren abhängig ist (ZVR 1973/160; ZVR 1978/23; ZVR 1980/71 ua; RIS-Justiz RS0031721). Aber auch auf die in der Zukunft liegenden Möglichkeiten einer Änderung des Einkommens des Getöteten wie auch seiner Sorgepflichten ist, sofern deren bevorstehender Eintritt nicht zweifelsfrei dargetan werden kann, keine Rücksicht zu nehmen (ZVR 1979/43).
b) Daraus folgt aber zwingend, daß im Zeitpunkt der erstmaligen Rentenbemessung unvorhersehbare Änderungen in einem späteren Rechtsstreit mit Klage geltend gemacht werden dürfen (Reischauer aaO Rz 24; Harrer aaO Rz 58 mwN; vgl auch Palandt, BGB54, § 843 Rz 17 mwN), gilt doch für Renten nach § 1327 ABGB die clausula rebus sic stantibus, insbesondere für deren Höhe und die dafür maßgeblichen Komponenten wie etwa die Geldentwertung (SZ 36/132 = EvBl 1964/80 = ZVR 1964/80 = RZ 1964, 39; 8 Ob 84/77; vgl auch 1 Ob 737/82 zu einer Rente nach § 1325 ABGB; RIS-Justiz RS0019276; Reischauer aaO Rz 26; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 163 mwN in FN 83, der allerdings nur auf eine wesentliche Geldentwertung abstellt). Ist somit eine Hinterbliebenenrente nach § 1327 ABGB rechtskräftig zuerkannt, so können doch sowohl der Berechtigte wie auch der Verpflichtete eine spätere Änderung der Urteilsgrundlagen, insbesondere der Lohn- und Wirtschaftsverhältnisse, geltend machen. Daraus ergibt sich aber schon, daß nicht nur die reine Geldentwertung, sondern auch andere Gründe in Anwendung der Regeln der clausula rebus sic stantibus in einer solchen Klage Berücksichtigung finden können. Gegen das Erhöhungsbegehren können die Höhe und Dauer des Anspruchs betreffende Einwendungen erhoben werden, die im früheren Verfahren nicht geltend gemacht oder nicht berücksichtigt worden sind, weil dort eine Rente für die Zukunft nur auf Grund von Hypothesen zugesprochen werden konnte (SZ 24/252). Dies gilt - bei einem Erhöhungsbegehren - freilich nur, wenn ein Feststellungsurteil über künftige Schäden vorliegt, das der Klarstellung der Haftungsfrage dem Grunde nach dient (SZ 56/38, SZ 68/156; 1 Ob 2201/96z ua). Die in der Entscheidung SZ 36/132 vertretene Rechtsauffassung, die Aufwertung einer vereinbarten Hinterbliebenenrente wegen Geldentwertung könne unabhängig von einer allfälligen Verjährung weiterer Schadenersatzansprüche begehrt werden, weil es sich insoweit nur um einen Aufwertungsanspruch handle, muß deshalb nicht näher erörtert werden, weil hier Prozeßgegenstand keine vertraglich eingeräumte Hinterbliebenenrente ist. Die begehrte Erhöhung einer gesetzlichen Hinterbliebenenrente wegen geänderter Verhältnisse bleibt inhaltlich Schadenersatz, und zwar auch dann, wenn eine Neuberechnung der Rente etwa wegen Erhöhung der Konsumquote oder wegen höherem (fiktiven) Einkommens des Getöteten begehrt wird.
c) Ein Feststellungsbegehren wird selbst dann als zulässig erachtet, wenn der Anspruch nur eine Rente nach § 1327 ABGB zum Gegenstand hat (SZ 40/158 = EFSlg 8.899; JBl 1974, 47 [Schriefl] = ÖA 1977, 93; 2 Ob 277/75, worin ausgesprochen wurde, weder die noch so große Wahrscheinlichkeit einer Wiederverehelichung noch der derzeitige hohe Stand der Sozialgesetzgebung ließen es zu, die Witwe ohne ein Feststellungsurteil als vor den Wechselfällen des Lebens und Schicksalsschlägen welcher Art immer rechtlich gesichert erscheinen zu lassen; JBl 1990, 723 uva; Reischauer aaO Rz 25; Harrer aaO Rz 13 mwN), sofern nur die Möglichkeit eines künftigen (unfall)bedingten Schadenseintritts nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dient doch eine solche Klage nicht nur dem Ausschluß der Gefahr der Verjährung, sondern auch der Vermeidung späterer Beweisschwierigkeiten und der Klarstellung der Haftungsfrage dem Grunde und dem Umfang nach. Dementsprechend wurde in der Entscheidung 2 Ob 317/74 auch ausgesprochen, möge auch die Wahrscheinlichkeit einer künftigen Veränderung des Anspruchs der Klägerin nicht besonders groß sein, so könne dies doch nicht ausgeschlossen werden, verwiesen doch die Beklagten selbst auf die Möglichkeit einer Vermehrung der Bedürfnisse der Klägerin, die durch das Alter oder durch Schicksalsschläge eintreten könne.
Die Frage der Zulässigkeit des Begehrens auf Aufwertung einer Forderung (Rente) kann aber nicht Gegenstand einer Feststellungsklage oder eines Zwischenantrags auf Feststellung sein, weil die Aufwertbarkeit einer Forderung weder ein Rechtsverhältnis noch ein Recht iSd §§ 228 und 236 ZPO, sondern nur eine Eigenschaft des geltend gemachten Anspruchs ist (SZ 25/182 = JBl 1953, 237; RIS-Justiz RS0024195). Vergleichbaren Erwägungen entspringt auch die Auffassung, die Anpassung eines Leistungsurteils an künftige Entwicklungen könne nicht mit einer neben dem usprünglichen Leistungsbegehren eingebrachten Feststellungsklage erwirkt werden, weil das Feststellungsbegehren, der Beklagte hafte für die Leistungen des Sozialversicherungsträgers an die minderjährigen Kinder des Getöteten zu 25 % des von diesem jeweils erzielbaren Einkommens, nicht zulässig sei, bezwecke es doch lediglich die Anpassung des mit der Entscheidung über das Leistungsbegehren zugesprochenen Betrags an künftige Änderungen der Verhältnisse (SZ 39/42 = EvBl 1966/311 = ZVR 1966/340; RIS-Justiz RS0031639; Reischauer aaO Rz 24) und ebenso, der Zuspruch einer wertgesicherten Rente sei nicht zulässig (vgl dazu JBl 1985, 551 und jüngst 2 Ob 79/97z). Es besteht aber kein Hindernis, generell die Haftung des Schädigers für zukünftige Schäden festzustellen.
Feststellungsklagen sind bei Zutreffen ihrer allgemeinen Voraussetzungen auch im Amtshaftungsrecht zulässig (1 Ob 17/93 mwN ua; Schragel aaO Rz 222; Vrba/Zechner, Kommentar zum Amtshaftungsrecht 212).
d) Zu prüfen gilt es nun, ob der Anspruch der Klägerin auf Erhöhung ihrer aus der Amtshaftung, somit schadenersatzrechtlich abgeleiteten Hinterbliebenenrente wegen geänderter Verhältnisse verjährt ist. Nach der maßgeblichen Sonderregelung des § 6 Abs 1 AHG verjähren Ersatzansprüche nach § 1 AHG in drei Jahren nach Ablauf des Tages, an dem der Schaden dem Geschädigten bekannt geworden ist, keinesfalls aber vor einem Jahr nach Rechtskraft einer rechtsverletzenden Entscheidung oder Verfügung. Ist dem Geschädigten der Schaden nicht bekannt geworden, so verjährt der Ersatzanspruch erst nach zehn Jahren nach der Entstehung des Schadens. Für den Beginn des Fristenlaufs stellen die Verjährungsbestimmungen des AHG nicht auf das schädigende Ereignis und die Kenntnis des Schädigers, sondern auf die Entstehung (= Wirksamkeit) des Schadens und bei der dreijährigen Verjährungsfrist auf dessen Kenntnis ab (JBl 1992, 253 mwN; 1 Ob 2/93 = ZfRV 1993, 248 = ecolex 1993, 521; Schragel aaO Rz 221 f). Wie der erkennende Senat dazu bereits mehrfach (SZ 64/23 = JBl 1991, 647; 1 Ob 18/92, 1 Ob 17/93 ua unter Berufung auf Schragel AHG2 Rz 222 f; vgl dazu auch Mader in Schwimann 2, § 6 AHG Rz 5 mwN) ausgesprochen hat, beginnt zwar die in § 6 Abs 1 AHG vorgesehene dreijährige Verjährung nicht vor dem tatsächlichen Schadenseintritt zu laufen, mit dessen positiver Kenntnis wird sie aber auch schon dann vom Schaden in Kenntnis gesetzt, wenn der Geschädigte die Schadenshöhe noch nicht beziffern kann oder ihm noch nicht alle Schadensfolgen bekannt oder diese auch noch nicht zur Gänze eingetreten sind (so auch Vrba/Zechner aaO 208 f mwN in FN 4 f). Entwickeln sich nun aus einer einzigen schädigenden Verhaltensweise fortlaufend gleichartige schädliche Folgen, die in überschaubarem Zusammenhang stehen und schon ursprünglich voraussehbar waren, so handelt es sich um einen einheitlichen Schaden, der schon durch die erste schädliche Auswirkung entstand. In solchen Fällen sind die Wirkungen des schädigenden Ereignisses bekannt, auch wenn erst ein Teil von ihnen eingetreten ist; die Verjährungsfrist beginnt daher ab Kenntnis der ersten schädigenden Auswirkung zu laufen (SZ 60/27; 1 Ob 17/93 ua; Vrba/Zechner aaO 209). Die schon eingetretenen und die aus demselben Schadensereignis voraussehbaren künftigen Schäden (Teil[folge]schäden) bilden verjährungsrechtlich eine Einheit. Diese Folgeschäden lösen verjährungsrechtlich keinen gesonderten Fristenlauf aus. Der drohenden Verjährung des Ersatzsanspruchs für solche Folgeschäden ist ebenso wie nach § 1489 erster Satz ABGB mit einer Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist zu begegnen (1 Ob 41, 42/94 = JBl 1996, 315 [Riedler] = RdW 1996, 261 ua, zuletzt 1 Ob 2201/96z; RIS-Justiz RS0087613).
Zum Beginn des Laufs der Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB hat der Oberste Gerichtshof nun mit der Entscheidung des erkennenden Senats als verstärkter Senat 1 Ob 621/95 (SZ 68/238 = JBl 1996, 331 [Apathy] = EvBl 1996/11 = ZVR 1996/77 = ecolex 1996, 19 [Wilhelm]), entsprechend der Rspr zu § 6 Abs 1 AHG, ausgesprochen, daß die kurze Verjährung von Ersatzansprüchen (§ 1489 erster Satz ABGB) nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginne. Im Falle der zeitlich gedehnten Entstehung mehrerer Teilschäden habe dies nur für den relevanten „Erst- oder Primärschaden“ uneingeschränkt Gültigkeit. Auch die Frage der Risikoüberwälzung sei im Falle der Beurteilung von Folgeschäden differenziert zu sehen, sei doch die Erhebung einer Feststellungsklage bei vorhersehbaren Folgeschäden dann kaum beschwerlich und risikoreich, wenn aufgrund des Eintritts des „Erstschadens“ die Leistungsklage ohnedies bereits indiziert sei. In diesem Sinne habe der erkennende Senat (als einfacher Senat) in dem eine Amtshaftungssache betreffenden Urteil vom 22.November 1995, 1 Ob 41, 42/94 unter Berufung auf F.Bydlinski, Schadensentstehung und Verjährungsbeginn im österreichischen Recht, in Festschrift Steffen ([1995], 72 f und 80 ff), entschieden, daß die kurze Verjährungszeit des § 1489 erster Satz ABGB zwar nicht vor dem tatsächlichen Eintritt der Rechtsgutverletzung, also des „Erstschadens“ zu laufen beginne; die Berücksichtigung leitender, insbesondere der Prozeßökonomie dienender Zwecke des Verjährungsrechts verbiete es aber, die Verjährung jedes folgenden Teilschadens erst mit dessen Entstehung beginnen zu lassen; vielmehr sei bei Verfolgung eines aktuellen Schadenersatzanspruchs auch die Erhebung einer Feststellungsklage betreffend die bei Entstehung des „Erstschadens“ vorhersehbaren Folgeschäden (vgl dazu Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht3 I Rz 15/13 mwN in FN 53) zumutbar, dies auch unter Berücksichtigung der in der Zukunftsprognose liegenden Unsicherheitsfaktoren. Für nicht vorhersehbare neue schädigende Wirkungen eines Schadensfalls beginnt die Verjährungsfrist vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme an zu laufen (vgl ZVR 1960/166; SZ 48/27 = ZVR 1976/50; ZVR 1988/83 uva, zuletzt 2 Ob 93/95 = JBl 1996, 321 [Riedler]; RIS-Justiz RS0034527; Mader in Schwimann 2, § 1489 ABGB Rz 10, 13 mwN). Unvorhersehbare Nachteile liegen dann vor, wenn sie sich von den früheren schon durch ihre Beschaffenheit und namentlich dadurch unterscheiden, daß sie auf bis dahin nicht wahrgenommene Zwischenursachen zurückzuführen sind (ZVR 1960/166; 8 Ob 270/75; ZVR 1988/83 ua; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht3 I Rz 15/13 mwN in FN 54; Mader aaO § 1489 ABGB Rz 13). Objektiv und generell betrachtet besteht insoweit nach den Umständen keine Säumigkeit des Geschädigten mit indizierten Maßnahmen der Rechtsverfolgung. Es wäre nicht sinnvoll, wollte man dem Geschädigten zur Wahrung seiner Interessen die Klageerhebung auferlegen, obwohl weitere Schadensfolgen nicht vorhersehbar sind und daher die Überzeugung gerechtfertigt erscheint, daß die Geltendmachung weiterer Ansprüche nicht in Betracht kommt (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht3 I Rz 15/13 mwN).
In der Folge wurde in der Rspr bekräftigt, daß der Geschädigte dann, wenn er - wegen des Eintritts eines „Erstschadens“ - zu einer Leistungsklage genötigt ist, gleichzeitig alle vorhersehbaren künftigen Schäden mit Feststellungsklage geltend machen muß, um die Verjährung des Erstanspruchs wegen derartiger Schäden zu vermeiden (zuletzt eingehend 4 Ob 2197/96h = JBl 1997, 43 = ZVR 1997/129; 7 Ob 54/97k mwN). Der 2.Senat hat sich in seiner Entscheidung 2 Ob 2019/96t (= SZ 69/55) den in 1 Ob 41, 42/94 ausgesprochenen Erwägungen angeschlossen: Sei ein wenn auch der Höhe nach noch nicht bezifferbarer Schaden einmal eingetreten, seien damit alle Voraussetzungen für den Ersatzanspruch gegeben und sei dieser dem Grunde nach entstanden. Die Meinung Riedlers (Judikaturwandel in der Frage der Verjährung von Entschädigungsforderungen nach § 1489 ABGB ? in ZVR 1993, 44, 51; ders auch in JBl 1994, 756), der Schadenersatzanspruch werde wie jeder einzelne Folgeschaden erst mit dem Schadenseintritt existent und mittels Leistungsklage durchsetzbar, sodaß bei einem „zeitlich gedehnten Schaden“ jeder Teilschaden, mit dessen Kenntnis durch den Geschädigten eine besondere Frist in Gang gesetzt werde, wurde ausdrücklich abgelehnt und ausgeführt, die Ingangsetzung der Verjährungsfrist mit dem „Erstschaden“ stehe auch mit dem Wortlaut des § 1489 ABGB in Einklang, weil dieser nur den Fall des - einheitlichen - „Schadens“ treffe; zum Problem „zeitlich gedehnter“ Teilschäden äußere sich diese Bestimmung nicht. Der drohenden Verjährung seines Anspruchs auf Ersatz der künftigen, aber schon vorhersehbaren Folge- oder Teilschäden habe der Geschädigte daher dann, wenn ihm schon ein „Erstschaden“ entstanden sei, mit einer Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist zu begegnen. Von dieser Auffassung, die letztlich mit der schon bisher in Amtshaftungssachen ergangenen Rechtsprechung im Einklang steht, abzugehen, besteht kein Anlaß, zumal der Meinung, der Schadenersatzanspruch werde bei jedem einzelnen Folgeschaden erst mit dem Schadenseintritt existent und (mit Leistungsklage) durchsetzbar, leitenden Zwecken des Verjährungsrechts wie der Rechtssicherheit und der Vorbeugung von Beweisschwierigkeiten zuwiderläuft, was auch das Berufungsgericht zutreffend erkannte.
e) Damit hängt die Beurteilung der Verjährungsfrage im vorliegenden Fall davon ab, ob die nach den Klagsbehauptungen eingetretenen Schäden vorhersehbar waren, entstand doch der „Erstschaden“ der Klägerin mehr als drei Jahre vor Einbringung der neuen Klage. Bei Vorhersehbarkeit der nun geltend gemachten Schäden hätte innerhalb von drei Jahren eine Feststellungsklage eingebracht oder im Vorverfahren ein Zwischenantrag auf Feststellung gestellt werden müssen, um die Verjährung eines vorhersehbaren Teilschadens „Rentenerhöhung“ wegen geänderter Verhältnisse hintanzuhalten; bei fehlender Vorhersehbarkeit hätte es dagegen keiner Feststellungsklage bedurft, muß doch der Verjährung unvorhersehbarer Folgewirkungen des schädigenden Verhaltens der Organe des beklagten Rechtsträgers - wie erwähnt - nicht durch Feststellungsklage vorgebeugt werden (vgl SZ 68/238 ua).
Unvorhersehbare Änderungen der für die Bemessung einer Hinterbliebenenrente (Unterhaltsentgangsrente) nach § 1327 ABGB maßgeblichen Tatumstände können in einem späteren Rechtsstreit mit Klage geltend gemacht werden (Harrer aaO Rz 58 mwN), auch wenn kein Feststellungsurteil des Hinterbliebenen gegenüber dem Schädiger vorliegt. Wie auch sonst bei Anwendung der clausula rebus sic stantibus sind daher neben der Geldentwertung auch solche Umstände bei einer allfälligen Rentenerhöhung zu berücksichtigen, auf die bei der Erstbemessung der Schadenersatzrente nicht Bedacht genommen werden konnte. Insoweit bedarf es nicht des Rückgriffs auf eine Wiederaufnahmsklage. Im Verfahren über eine Klage auf Erhöhung einer Hinterbliebenenrente stehen dem Verpflichteten auch alle Einwendungen aus dem Anspruchsgrund zu, wenn ein Feststellungsurteil zugunsten des Anspruchswerbers fehlt.
Bei der Anpassung einer Hinterbliebenenrente nach § 1327 ABGB an geänderte Verhältnisse durch Klage ist die Frage der Verjährung unvorhersehbarer Folgewirkungen des schädigenden Verhaltens differenziert zu beurteilen; maßgebend ist dabei das Klagsvorbringen, mit dem die begehrte Rentenerhöhung begründet wird. Während der Wegfall konkurrierender Unterhaltspflichten, etwa wegen Eintritts der Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder des Getöteten, und damit die Erhöhung der „Konsumquote“ der Witwe als vorhersehbar bezeichnet und daher zur Vermeidung des Verjährungseintritts eine Feststellungsklage oder ein Zwischenantrag auf Feststellung erhoben werden muß, gilt dies für die Geldentwertung, die Erhöhung des (fiktiven) Einkommens des Getöteten nach einem längeren Zeitraum zur Anpassung der Rente an das allgemeine Preis- und Lohngefüge (SZ 36/132; EFSlg 36.216) sowie die Erhöhung der Witwenpensionen als Gründe für die begehrte Rentenerhöhung als nicht vorhersehbare Umstände nicht.
f) Da, soweit § 6 AHG nicht Sonderbestimmungen enthält, auch für die Verjährung die allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts gelten, kommen neben den Hemmungsvorschriften des § 8 AHG - nun idFd Art XXII Z 3 der WGN 1989 - grundsätzlich auch die allgemeinen Hemmungs- und Unterbrechungsgründe der §§ 1494 ff ABGB zur Anwendung (1 Ob 2/93; Schragel aaO Rz 227; Vrba/Zechner aaO 211; Mader aaO § 6 AHG Rz 8). Dazu gehört gemäß § 1497 ABGB auch das für alle zukünftigen, aus dem betreffenden Rechtsverhältnis abgeleiteten Klagsansprüche ergangene Feststellungsurteil, das vorbeugenden Rechtsschutz gewähren soll und daher immer schon dann zulässig ist, wenn aufgrund des Verhaltens des Beklagten eine erhebliche objektive Ungewißheit über den Bestand des Rechts entstanden ist und diese Ungewißheit durch die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils beseitigt werden kann (SZ 54/164, SZ 57/203; 1 Ob 2201/96z uva). Das Leistungsbegehren der Klägerin im Vorverfahren bezog sich nur auf den „Erstschaden“; das Feststellungsbegehren hätte sich dagegen auf Folgeschäden beziehen können. Gerade dieser Fall wurde in der Entscheidung des verstärkten Senats SZ 68/238 vom Anwendungsbereich des dort formulierten Rechtssatzes, die kurze Verjährung von Ersatzansprüchen beginne nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen, ausgenommen.
g) Das im Vorverfahren ergangene Zwischenurteil nach § 393 Abs 1 ZPO idF des Art X Z 8 der WGN 1989 kann weder die unterlassene Feststellungsklage noch ein Zwischenurteil nach § 393 Abs 2 ZPO ersetzen. Ist in einem Rechtsstreit ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig und die Verhandlung zunächst bloß in Ansehung des Grundes zur Entscheidung reif, so kann das Gericht vorab über den Grund des Anspruchs durch Urteil entscheiden (Zwischenurteil), auch wenn noch strittig ist, ob der Anspruch überhaupt mit irgendeinem Betrag zu Recht besteht (§ 393 Abs 1 ZPO). Ferner kann durch ein der Entscheidung der Hauptsache vorausgehendes Zwischenurteil im Fall der §§ 236 und 259 ZPO über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses oder Rechts entscheiden werden, sobald die Verhandlung über den Feststellungsantrag zur Entscheidung reif ist (§ 393 Abs 2 ZPO). Zwischen diesen beiden Zwischenurteilen ist streng zu unterscheiden: Da das „Grundurteil“ nach § 393 Abs 1 ZPO über den Grund des Anspruchs auch ohne Urteilsantrag ergehen kann, nicht über eine Vorfrage entscheidet und nur die prozeßökonomische Gestaltung jenes Verfahrens zum Ziel hat, in dem es ergeht, kommt ihm keine über den Rechtsstreit hinausreichende materielle Urteilswirkung (SZ 34/51 = JBl 1961, 428 = EvBl 1961/307 = ZVR 1961/345; JBl 1976, 651 = ImmZ 1977, 43; 1 Ob 737/82 ua; RIS-Justiz RS0041011; Fasching III 593) und auch nicht die Wirkung eines Feststellungsurteils zu (EvBl 1959/157; 1 Ob 737/82; Fasching, Lehrbuch2 Rz 1432). Dagegen ist das nur über Antrag zu fällende „Grundlagenurteil“ nach § 393 Abs 2 ZPO, somit das Zwischenurteil über einen Zwischenfeststellungsantrag nach den §§ 236 bzw 259 ZPO, ein echtes Feststellungsurteil, das materielle Rechtskraft zu entfalten (WoBl 1989/88 [Call]; Fasching, Lehrbuch2 Rz 1437; Rechberger in Rechberger, § 393 ZPO Rz 14) und dem Urteil über das Klagebegehren hinausgehende Bedeutung zu geben vermag. Das Zwischenurteil nach § 393 Abs 1 ZPO ist anders als das Zwischenurteil nach § 393 Abs 2 ZPO kein Feststellungsurteil iSd § 228 ZPO und demnach nicht geeignet, die kürzere Verjährungsfrist eines Leistungsanspruchs in die längere Verjährungsfrist einer Judikatschuld zu ändern.
Die Vorinstanzen durften demnach das Klagebegehren nicht ohne weiteres wegen Verjährung infolge unterlassener Feststellungsklage oder unterlassenen Zwischenantrags auf Feststellung abweisen. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht über den Anspruch der Klägerin und die übrigen Einwendungen der beklagten Partei zu befinden haben. Aus dem Wegfall konkurrierender Unterhaltspflichten und damit der Erhöhung der „Konsumquote“ zugunsten der Klägerin kann allerdings wegen insoweit eingetretener Verjährung das Erhöhungsbegehren nicht abgeleitet werden.
Der Kostenvorbehalt fußt auf dem § 52 Abs 1 ZPO.
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